Urteil vom Amtsgericht Eschweiler - 22 C 125/01
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Sicherheitsleistung kann auch in Form einer unwiderruflichen, unbedingten, unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft eines in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Kreditinstituts bewirkt werden.
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Tatbestand
2Am 29.03.2000 befuhr die Klägerin mit dem Personenkraftwagen der Marke D mit dem amtlichen Kennzeichen AC1- gegen 14.30 Uhr die J-T-Straße aus Richtung Weisweiler kommend auf der rechten der beiden Geradeausspuren und beabsichtigte nach rechts in die L-Gasse einzubiegen. Obwohl die Lichtzeichenanlage grün zeigte, musste sie zunächst hinter einem weiteren Wagen warten, damit Fußgänger die T-Straße überqueren konnten. Der Beklagte zu 1), der Halter und Fahrer des bei der Beklagten zu 2) versicherten Wagens mit dem amtlichen Kennzeichen AC-2 ist, fuhr nunmehr auf die linke hintere Fahrzeugecke des Wagens der Klägerin auf. Die Sachschäden sind von den Beklagten ausgeglichen worden. Mit Schreiben vom 16.01.2001 unter Fristsetzung bis zum 26.01.2001 hat die Klägerin die Beklagten zur Zahlung des Haushaltsführungsschadens und eines Schmerzensgeldes aufgefordert. Diese Ansprüche macht sie mit der vorliegenden Klage geltend, wobei sie ein Schmerzensgeld von mindestens 3.000.- DM für angemessen erachtet.
3Hierzu behauptet sie, sie habe den Kopf nach rechts gedreht, um die Fußgänger zu beobachten als der Beklagte zu 1) aufgefahren sei. Aufgrund des Unfalls habe sie eine HWS-Distorsion, eine BWS-Stauchung, eine Hörstörung und Geschmacksveränderungen sowie einen eingeklemmten Nerv erlitten. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei aufgrund von Schmerzen eingeschränkt gewesen. Sie sei in der Zeit vom 23.09. bis 14.10.2000 zu 100 %, bis zum 23.10.2000 zu 30 % und bis zum 07.11.2000 zu 20 % erwerbsunfähig gewesen. Als Hausfrau mit zwei Kleinkindern im Alter von 2 Jahren und 2 Monaten und einem Ehemann, der im Schichtdienst arbeitet, was zwischen den Parteien unstreitig ist, begehrt sie einen fiktiven Haushaltsführungsschaden in Höhe von 3.246,60 DM abzüglich 252.- DM Krankenkassenleistungen und zuzüglich einer Kostenpauschale in Höhe von 50.- DM.
4Nachdem die Klägerin zunächst neben ihren Leistungsanträgen auch die Feststellung begehrt hat, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, weitere materielle und immaterielle Schäden zu erstatten, hat sie den Antrag mit Zustimmung der Beklagte mit Schriftsatz vom 17.07.2001 zurückgenommen.
5Nunmehr beantragt sie,
6die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.556,68 EUR sowie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, welches 1.533,88 EUR nicht unterschreiten sollte, nebst 8,75 % Zinsen seit dem 27.01.2001 zu zahlen.
7Die Beklagten beantragen,
8die Klage abzuweisen.
9Sie behaupten, dass die von der Klägerin dargestellten Verletzungen nicht vorlägen. Sie könnten insbesondere nicht durch den Unfall verursacht worden sein, sondern beruhten allenfalls auf einer Reaktion infolge der Verarbeitung des Unfallgeschehens.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze und zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
11Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 25.06.2001 (Bl. 103 f d. A.) und vom 17.01.2002 (Bl. 178 f d. A.) durch Vernehmung von Zeugen und Einholung zweier Sachverständigengutachten, die der Sachverständige Dr.-Ing. Q unter dem 28.11.2001 (Bl. 137 f d. A.) und 26.02.2002 (Bl. 184 f d. A.) vorgelegt hat.
12Entscheidungsgründe
13Die Klage ist unbegründet.
14Der Klägerin stehen keinen Ansprüche aus §§ 823 Abs. 1, 847 BGB, 7, 18, 9, 17 StVG, 3 PflVG gegen die Beklagten zu. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.
15Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die von der Klägerin dargestellten Krankheitssymptome nicht auf den Unfall zurückzuführen sind. Nach den umfassenden, detaillierten und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen Dr.-Ing. Q haben die auf den Körper der Klägerin bei dem Zusammenstoß wirkenden Kräfte die Harmlosigkeitsschwelle nicht überschritten. Der Sachverständige hat seine Feststellungen anhand der Simulation des Unfallgeschehens, Auswertung des Akteninhaltes und Bewertung der Anstoßstellen an den beteiligten Kraftfahrzeugen getroffen. Am Unfallort lagen keine Besonderheiten insbesondere im Hinblick auf die Fahrbahnbeschaffenheit vor, die zu einer anderen Beurteilung der Verletzungsrelevanz des Unfallgeschehens Anlass geben könnten. Aufgrund einer Kollisionssimulation unter Berücksichtigung der fahrzeugbedingten Verformungen vermochte der Sachverständige die kollisionsbedingt umgesetzte Verformungsenergie zu ermitteln. Bei einer Geschwindigkeit von 7 km/h bis 14 km/h des Beklagtenfahrzeugs konnten dann die an dem Wagen der Klägerin festgestellten Schäden entstehen. Bei dem Wagen der Klägerin waren die kollionsbedingten Geschwindigkeitsänderungen zwischen 3 km/h bis 7 km/h einzuordnen. Anhand dieser gutachterlichen Feststellungen vermochte der Sachverständige dann in seinem Ergänzungsgutachten aufgrund umfassender wissenschaftlicher Studien und seines vorhandenen langjährigen Erfahrungsschatzes auch Feststellungen zur Verletzungsrelevanz zu treffen. Unabhängig von der Haltung des Kopfes der Klägerin steht damit zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der von der Klägerin erlittene Unfall zu den von ihr dargestellten Beeinträchtigungen nicht geführt haben kann. Auch wenn die sie behandelnden Ärzte im Rahmen ihrer Vernehmung die Wahrnehmung von Symptomen geschildert haben, so beruhen diese im wesentlichen auf den subjektiven Bekundungen der Klägerin. Die Bekundungen des Zeugen L stehen angesichts der Feststellungen des Sachverständigen im Widerspruch zu dem gegenwärtigen Stand der Technik. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei eine Biegung des Kopfes zwei verschiedene Belastungsmechanismen in Form einer Scherung und einer Biegung des HWS-Bereiches vorliegen und der von dem Sachverständigen ermittelten Kollisionsgeschwindigkeiten, ergibt sich, dass Verletzungen erst ab einer kollisionsbedingten Geschwindigkeit von 11 km/h möglich sein können. Diese Geschwindigkeit hatte der Wagen der Klägerin bei maximal 7 km/h nicht erreicht, so dass mangels weitere Besonderheiten des Unfallhergangs oder der Konstitution der Klägerin im Sinne von Vorbelastungen Verletzungen in der von ihr beschriebenen Weise über der Harmlosigkeitsschwelle im Vergleich zu den von den Sachverständigen ausgewerteten Vielzahl von Fällen ausgeschlossen sind. Der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens insbesondere unter Berücksichtigung der medizinischen Aspekte des Falles bedurfte es nicht, da der Sachverständige bereits umfassend auch zu dem Stand der medizinischen Fachliteratur und Forschungen Stellung genommen hat. Da bereits aus technischer Sicht keine Verletzungsrelevanz gegeben ist, läßt eine weitere sachverständige Beurteilung des Falles ein anderes Ergebnis im Hinblick auf die bereits umfassend getroffenen Feststellungen nicht erwarten. Das Gericht hat von einer Wiederholung der Beweisaufnahmen bezüglich der vernommenen Zeugen abgesehen, da hiervon gerade im Hinblick auf die Glaubwürdigkeitsbeurteilung der Zeugen keine weitere Sachaufklärung von Belang zu erwarten ist.
16Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 1. HS, 269, 708 Nr. 11, 709, 711, 108 Abs. 1 n.F. ZPO.
17Streitwert: 3340,56 EUR (Antrag zu 1: 1.556,68 EUR, Antrag zu 2: 1.533,88 EUR, Antrag zu 3: 250 EUR)
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Referenzen
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