Urteil vom Amtsgericht Essen - 108b F 29/90
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 800,-- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Die Parteien sind seit dem 26.05.1987, rechtskräftig seit dem 19.10.1987, geschiedene Eheleute – Amtsgericht Essen 108b F 13/86 -. Aus ihrer Ehe ist der am 27.03.1972 geborene Sohn hervorgegangen, der bei der Klägerin wohnt und von ihr versorgt wird.
3Durch Urteil vom 27.10.1988 – 108b F 182/87 Amtsgericht Essen – wurde der Beklagte ausgehend von einem monatlichen durchschnittlichen Nettoeinkommen bei der Firma T von 2.530,-- DM verurteilt, an die Klägerin, die als selbständige Fußpflegerin über eigene monatliche Einkünfte von rund 300,-- DM verfügte und seit April 1988 als unselbständige Fußpflegerin in Halbtagsstellung ein monatliches Nettoeinkommen von rund 900,-- DM erzielte, für Dezember 1987 300,13 DM, für Januar bis März 1988 monatlich je 467,54 DM und für April 1988 354,24 DM sowie ab Mai 88 laufenden monatlichen Unterhalt in Höhe von 250,-- DM zu zahlen.
4Gegen dieses Urteil legte der Beklagte am 12.12.1988 Berufung ein. In dem Berufungsverfahren stellte sich durch Schriftsatz des Beklagten vom 10.08.1989 heraus, daß der Beklagte bereits zum 30.06.1988 im beiderseitigen Einvernehmen aus den Diensten der T AG ausgeschieden ist, und daß ihm für die Zeit vom 01.07.1988 bis 31.12.1988 6 x 2.863,-- DM als Überbrückungszuschuß, für die Zeit vom 01.01.1989 bis 31.01.1993 49 x 900,-- DM Beihilfe als Anerkennung für langjährige Dienste und ab 01.07.1988 monatlich 296,-- DM Ruhegehalt gezahlt wurden neben einem Arbeitslosengeld von monatlich 1.505,-- DM.
5Nachdem die Klägerin durch den vorerwähnten Schriftsatz davon Kenntnis erhielt, legte sie Anschlußberufung am 16.10.1989 ein. Dadurch, daß der Beklagte im Termin vom 14.12.1989 die Berufung zurücknahm, wurde auch über die Anschlußberufung nicht mehr entschieden.
6Die seinerzeit beabsichtigten Anträge verfolgt die Klägerin nunmehr mit vorliegender Abänderungsklage.
7Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe, um sie zu schädigen, seine wahren Einkünfte zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung verschwiegen. Eine Abänderung sei deshalb auch jetzt noch rückwirkend möglich. Bei der Kenntnis des wahren Sachverhalts hätte sie damals höhere Unterhaltsansprüche für die Zeit ab Dezember 1987 bzw. Juli 1988 geltend gemacht. Der Beklagte habe nämlich statt über 2.530,-- DM tatsächlich über ein Einkommen von 2.923,-- DM in der Zeit von Januar 1988 bis Juni 1988 verfügt und in der Zeit von Juli 1988 bis Dezember 1988 über monatlich 4.739,-- DM. Damit ergebe sich ein durchschnittliches monatliches Einkommen für 1988 in Höhe von 3.831,-- DM. Ab Januar 1989 habe ihm monatlich 2.742,-- DM inklusive einer anteiligen Steuerrückerstattung zur Verfügung gestanden. Unter Berücksichtigung des tatsächlich gezahlten Kindesunterhalts von monatlich 165,-- DM und der Kreditrate von 211,-- DM sowie des auch während der Ehe schon erzielten Verdienstes von 300,-- DM ihrerseits errechne sich ein 3/7 Anspruch von 1.352,-- DM, auf den zu 6/7 das restliche aus erst nach der Trennung aufgenommenen Tätigkeit erzielte Einkommen mit 601,-- DM anzurechnen sei, so dass sich ein berechtigter Unterhaltsanspruch von monatlich 751,-- DM errechne für 1988 und für 1989 ein solcher von 355,-- DM sowie ab Juni 1989 ein laufender Unterhaltsanspruch von 446,-- DM, da die Kredittilgung seitdem entfallen sei.
8Die Klägerin beantragt,
9den Beklagten zu verurteilen, ab sie in Abänderung des Urteils vom 27.10.1988 - 108b F 182/87 – (Amtsgericht Essen) für die Monate April bis einschließlich Dezember 1988 über titulierte monatlich 300,13 DM, weitere monatliche 265,58 DM und ab Mai 1988 über titulierte 250,-- DM hinaus, weitere 196,-- DM zu zahlen, wobei der laufende Unterhalt zahlbar ist im voraus fällig bis zum 3. Werktag eines jeden Monats.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er ist der Ansicht, für die Klage bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da der Unterhalt weitgehend bereits tituliert sei. Er habe seinerzeit keine falschen Angaben gemacht, denn das Urteil sei auf eine vom Gericht eingeholte Lohnauskunft bei seinem Arbeitgeber gestützt worden. Monatsanteilige Steuererstattungen können nicht hinzuaddiert werden, da er eine solche nicht erhalten habe. Die Klägerin sei auch nicht bedürftig. Sie erziele ein deutlich höheres Einkommen als monatlich 900,-- DM. Im übrigen sei der Unterhaltsanspruch der Klägerin begrenzt durch den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten und monatlich vorgetragenen Schriftsätze Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15Die Klage ist unzulässig, soweit Abänderung für die Vergangenheit begehrt wird und unbegründet, soweit die Zukunft betroffen ist.
16I.
17Soweit die Klägerin Abänderung ihres titulierten Unterhaltsanspruchs für die Vergangenheit begehrt, kann sie ihren Anspruch nur auf § 323 ZPO in Verbindung mit § 826 BGB stützten.
18Zwar hat die Klägerin die Einkommensverhältnisse des Beklagten ab Juli 1988 erst im August 1989, also nach Schluß der mündlichen Verhandlung I. Instanz und Ablauf der Berufungsfrist erfahren, so daß sie den damals rechtlich allein möglichen Weg der Anschlußberufung gewählt hat, die lediglich deshalb nicht zum Tragen kam, weil der Beklagte die Berufung zurücknahm. Bei dieser Fallgestaltung ist die Abänderungsklage der dann richtig Rechtsbehelf. Jedoch setzt die Zulässigkeit der Abänderungsklage für die Vergangenheit in diesen Fällen weiter voraus, daß der Beklagte in Schädigungsabsicht gehandelt hat, als er der Klägerin seine wahren Einkommensverhältnisse verschwieg. Dafür darlegungs- und beweispflichtig ist die Klägerin, es sei dann wegen eines enormen Einkommensunterschiedes läge eine Schädigungsabsicht auf der Hand.
19Zwar hat der Beklagte ab Juli 1988 bis Dezember 1988 aufgrund der Vorruhestandsregelung neben dem Arbeitslosengeld von monatlich 1.505,-- DM noch monatliches Ruhegeld von 286,-- DM und einen Übergangszuschuß von 2.863,-- DM erhalten und damit monatlich tatsächlich 9.739,-- DM zur Verfügung gehabt. Jedoch ist dieses Überbrückungsgeld, wie auch die ab 01.01.1989 gezahlte Beihilfe nach Wegfall des Überbrückungsgeldes nur eine zeitlich absehbare Einkommensquelle. Sie dient dem Beklagten als Anreiz dafür, die Vorruhestandsregelung und die nach Ablauf der Übergangszeit ihn treffende schlechtere Einkommenssituation zu akzeptieren und schmackhaft zu machen. Als der Beklagte im Juni 1988 diese Regelung akzeptierte, wußte er, daß er spätestens ab Auslauf der Beihilfe am 31.01.1993 über wesentlich geringere Einkünfte als das bisherige Erwerbseinkommen verfügen würde, das ihm bei der Rentenberechnung fünf bis zehn Berufsjahre fehlten würden und daß er gehalten war, das Übergangsgeld gewinnbringend anzulegen, damit er auch in Zukunft über ein annähernd gleich hohes Einkommen würde verfügen können. Wenn der Beklagte damit die Einkommensveränderungen, die ihm zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits bekannt waren, nicht angegeben hat, kann allein aus der Tatsache des Schweigens nicht auf Arglist und Schädigungsabsicht geschlossen werden. Damit entfällt die Möglichkeit einer rückwirkenden Abänderung, die im übrigen aber auch schon deshalb entfallen würde, weil die ehelichen Lebensverhältnisse, die von dem Erwerbseinkommen des Beklagten von 2.530,-- DM, dem Kindesunterhalt in Höhe von 345,-- DM und der Kreditrate von monatlich 211,-- DM sowie dem Eigeneinkommen der Klägerin von damals 300,-- DM geprägt waren, bei einem jetzigen Einkommen der Klägerin von wenigstens 900,-- DM seit April 1988 eine Aufstockung um mehr als 250,-- DM nicht zulassen würden. Die ehelichen Lebensverhältnisse wurden nämlich noch nicht von der Erwartung geprägt, daß der Beklagte die Vorruhestandsregelung, falls sie ihm angeboten würde, in Anspruch nehmen würde. Dies hat die Klägerin im Termin selbst erklärt, die bekundete, daß zum Zeitpunkt des Zusammenlebens der Parteien über die Möglichkeit eines Vorruhestandes zwischen ihnen nie gesprochen worden ist.
20II.
21Auch eine Abänderung für die Zukunft, d. h. ab Zustellung der Abänderungsklage und damit ab Juni 1990 kommt nicht in Betracht. Zum eine gilt auch hier, daß die ehelichen Lebensverhältnisse von der Tatsache der Vorruhestandregelung nicht geprägt waren, so daß die Klägerin, selbst wenn die Einkommenssituation des Beklagten sich aufgrund dessen verbessert haben sollte, daran nicht teilhaben würde. Die Einkommenssituation des Beklagten hat sich aber auch nicht wesentlich geändert. Zwar bezieht er zur Zeit Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 1.505,-- DM, Ruhegehalt in Höhe von monatlich 296,-- DM und 900,-- DM Beihilfe und damit effektiv monatlich 2.701,-- DM. Angesichts dessen, daß die Beihilfe und das Überbrückungsgeld jedoch nur zeitlich befristet gezahlt werden, erscheint es angemessen, die tatsächlich gezahlten Beträge auf einen größeren Zeitraum und zwar zehn Jahre – denn diese sollten bei der Vorruhestandsregelung bei einem Alter des Beklagten von damals 55 Jahren bis zum Rentenalter ausgeglichen werden – zu verteilen. Für den Zeitraum vom 01.07.1988 bis 31.01.1993 werden dem Beklagten insgesamt 61.287,-- DM gezahlt, so daß bezogen auf zehn Jahre ein monatliches Einkommen von 510,65 DM zu berücksichtigen wäre. Dem Beklagten steht damit monatlich lediglich mit den übrigen Bezügen 2.312,05 DM zur Verfügung. Damit ist für eine Abänderungsklage der Klägerin, deren Unterhaltsansprüche auf ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von 2.530,-- DM gestützt sind, jedenfalls keinen Raum.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Ziffer 11, 711 ZPO.
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