Urteil vom Amtsgericht Essen - 11 C 315/99
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 968,57 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15.04.1999 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 57 %, der Beklagte 43 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.
1
Entscheidungsgründe:
2Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im übrigen unbegründet.
3Der Kläger macht mit der Klage gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Unfallereignis geltend, das sich am 15.01.1999 auf der T-Straße in Essen ereignete.
4Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch in Höhe von 968,57 DM aus §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, 249 BGB, 3 PflichtVG.
5Beide Halter haften für die Unfallfolgen gemäß § 7 Abs. 1 StVG, denn beide haben nicht nachweisen können, dass der Unfall für den jeweiligen Fahrer ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG dargestellt hat. Wird ein Schaden von mehreren Fahrzeugen verursacht, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, § 17 StVG.
6Danach haften der Halter und damit auch die Beklagten hier zu 50 %.
7Nach dem Vortrag der Parteien, dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowie den sonstigen zur Verfügung stehenden Erkenntnissen steht der genaue Unfallhergang zur Überzeugung des Gerichts nicht fest.
8Der Zeuge N wollte mit dem Pkw der Klägerin einen Fahrspurwechsel vornehmen. Er durfte gemäß § 7 Abs. 5 StVO nur auf die linke Spur wechseln, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Die Parteien streiten darüber, ob der Pkw der Klägerin vor der Kollision gestanden hat oder ob er in diesem Moment in Bewegung war und in die linke Fahrspur hinein gelenkt wurde.
9Während die Zeugen N, M und K die Behauptung der Klägerin bestätigt haben, indem sie bekundet haben, dass der Zeuge N sein Fahrzeug vor der Kollision angehalten habe, hat der Zeuge P entsprechend der Unfalldarstellung der Beklagten bekundet, der Zeuge N sei ihm von rechts in die Seite gefahren.
10Während die Aussage der Zeugen P sicher und in sich widerspruchsfrei war, war dies bei den Angaben der übrigen Zeugen jedenfalls nicht durchgängig der Fall. Der Zeuge N hat beispielsweise bekundet, dass er zu dem parkenden Pkw einen Abstand von weniger als einem Meter eingehalten habe. Auf den Vorhalt, dass er dann nicht ohne Probleme an dem parkenden Pkw hätte vorbeifahren können, hat er dann erklärt, dass er sein Fahrzeug später auch zunächst zurücksetzen musste, um anschließend an dem parkenden Pkw vorbeifahren zu können. Auch bezüglich der Position des Pkw hat der Zeuge N widersprüchliche Angaben gemacht. Zunächst hat er angegeben, er habe mit seinem Pkw leicht schräg nach rechts gestanden. Als er dann mit Modellautos den Unfallhergang darstellen sollte, hat er sein Fahrzeug so gestellt, das es leicht nach links schräg stand.
11Auch bezüglich der Standzeit haben die Zeugen unterschiedliche Angaben gemacht. Während der Zeuge N angegeben hat, er habe vor der Kollision etwa zwei bis drei Sekunden gestanden, hat die Zeugin M bekundet, er habe etwa eine halbe bis eine Minute gestanden. Die Zeugin K hat erklärt, dass sie die Dauer nicht angeben könne, auf weitere Nachfrage die Zeit auf 30-40 Sekunden geschätzt.
12Bei den Zeugen ist außerdem zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Zeugen N um den Fahrer und Sohn der Klägerin handelt, der ein nicht unerhebliches eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Bei den Zeuginnen M und K handelt es sich um die Beifahrerinnen.
13Auf der anderen Seite handelt es sich bei dem Zeugen P um den Fahrer des Pkw auf Beklagtenseite.
14Unbeteiligte Zeugen standen nicht zur Verfügung.
15Der Sachverständige L hat zum einen festgestellt, dass keines der Fahrzeuge vor der Kollision verzögert worden ist, also keiner der Fahrer gebremst hat. Außerdem hat er ausgeführt, dass die Beschädigung an dem Pkw der Beklagtenseite an der rechten Fondtür mit geringer Intensität beginne und dann deutlich an Intensität zunehme. Dies sei ein Indiz dafür, dass das klägerische Fahrzeug Geschwindigkeit in den Stoß eingebracht habe. Aufgrund der spitzwinkligen Anstoßkonstellation lasse sich jedoch mit der notwendigen Sicherheit der Nachweis einer Kollisionsgeschwindigkeit des klägerischen Pkw nicht führen. Insgesamt hat der Sachverständige ausgeführt, dass bei Überprüfung der unterschiedlichen Hergangsschilderungen der der Beklagten bzw. des Zeugen P die höhere Wahrscheinlichkeit zuzuordnen sei. Dies begründet er u.a. damit, dass das von der Klägerseite behauptete Fahrverhalten des Zeugen P nicht dem üblichen Ablauf im Straßenverkehr entspreche, während sich die Schilderung des Zeugen P sinnvoll darstellen lasse. Diese Begründung allein überzeugt das Gericht aber nicht von der Richtigkeit der Unfalldarstellung der Beklagten, da es häufig zu Unfällen kommt, gerade weil Fahrer sich unüblich verhalten.
16Insgesamt spricht daher das Gutachten mehr für die Richtigkeit der Unfalldarstellung des Beklagten, während die Mehrheit der Zeugen die Unfallschilderung der Klägerin bestätigt haben.
17Das Gericht ist weder von Richtigkeit der einen noch von der Richtigkeit der anderen Unfalldarstellung mit der gemäß § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit überzeugt, so dass sich auch nicht feststellen lässt, dass einen der beiden Fahrer ein ausschließliches oder überwiegendes Verschulden trifft.
18Danach haftet jede Seite hier je zur Hälfte.
19Zur Schadenshöhe gilt folgendes:
20Soweit die Klägerin eine Nutzungsausfallentschädigung geltend macht, ist die Klage insgesamt unbegründet, da sie nicht dargelegt hat, dass ihr Pkw repariert worden ist. Sie hat vielmehr im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, dass der Pkw noch unrepariert sei.
21Soweit die Klägerin die Reparaturkosten geltend macht sind davon die Verbringungskosten in Höhe von 145,00 DM zuzüglich MwSt in Abzug zu bringen. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts und zahlreicher anderer Gerichte sind die Verbringungskosten bei der fiktiven Abrechnung nicht als notwendige Kosten im Sinne von §§ 249 ff. BGB anzusehen. Verbringungskosten sind nur dann zu ersetzen, wenn diese Kosten tatsächlich angefallen sind. Dies war hier nicht der Fall, da der Pkw der Klägerin, wie bereits ausgeführt, noch nicht repariert worden ist.
22Danach ergibt sich folgende Berechnung:
23Reparaturkosten: 1.549,13 DM
24Gutachterkosten: 348,00 DM
25Auslagenpauschale: 40,00 DM
26ergibt: 1.937,13 DM
27davon 50 %: 968,57 DM.
28Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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