Urteil vom Amtsgericht Essen-Borbeck - 6 C 287/08
Tenor
hat das Amtsgericht Essen-Borbeck
auf die mündliche Verhandlung vom 23.03.2009
durch die Richterin am Amtsgericht N
für Recht er¬kannt:
Der Beklagte wird ver¬ur¬teilt,
an den Kläger 399,72 Euro (in Wor¬ten: dreihundertneunundneunzig Euro und zweiundsiebzig Cent) nebst Zin¬sen in Höhe von 5 Pro¬zent¬punk¬ten über dem je¬wei-li¬gen Ba¬sis¬zins¬satz seit dem 06.09.2008 zu zah¬len.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der beklagten Partei auferlegt.
Das Ur¬teil ist vor¬läu¬fig vollstreck¬bar.
1
Ohne Tatbestand gemäß § 313 a ZPO
2Entscheidungsgründe:
3Die zulässige Klage ist begründet.
4Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Vergütung seiner vorgerichtlichen Tätigkeit zu. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 611, 675 BGB.
5Unstreitig beauftragte der Beklagte den Kläger, seine rechtlichen Interessen im Zusammenhang mit einer Kündigung zunächst außergerichtlich wahrzunehmen. Aufgrund dieser Beauftragung ist eine 1,3 Geschäftsgebühr angefallen, die jedoch zu 0,65 auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird. Zutreffend hat der Kläger die Geschäftsgebühr ausgehend von einem Gegenstandswert von EUR 9.900,00 ermittelt.
6Der Anspruch des Klägers scheitert auch nicht an einer irgendwie gearteten Pflichtverletzung. Denn eine Pflichtverletzung ist dem Kläger nicht vorzuwerfen.
7Die Pflicht zur Aufklärung über die zu erwartenden Kosten hat der Kläger nicht verletzt. Ausweislich der Mandatsbedingungen (dort Ziffer 2) hat der Kläger den Beklagten darüber aufgeklärt, dass sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. In der "Belehrung zu Rechtsschutzversicherungen", die der Beklagte ebenfalls gegen gezeichnet hat, ist weiter die Belehrung enthalten, dass für die außergerichtliche Tätigkeit eine Geschäftsgebühr anfällt.
8Auch liegt keine Aufklärungspflichtverletzung im Hinblick auf die Rechtschutzversicherung des Beklagten vor.
9Eine entsprechende Pflichtverletzung des Klägers liegt schon deshalb nicht vor, weil der Kläger den Beklagten zum einen durch die "Belehrung zu Rechtsschutzversicherungen" ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass einzelne Rechtsschutzversicherungen die Auffassung vertreten, dass im Falle einer arbeitgeberseitigen Kündigung sofort Prozessauftrag erteilt werden müsse.
10Zum anderen aber dürfte dem Beklagten selbst wenn eine Belehrung unterblieben wäre (und man darin eine Pflichtverletzung sehen würde) ein Schaden nicht entstanden sein, da nach diesseitiger Auffassung die Rechtsschutzversicherung des Beklagten eintrittspflichtig wäre.
11Auch unter Berücksichtigung des für den Rechtschutzversicherungsvertrag des Beklagten geltenden § 17 Abs. 5 lit. c) cc) ARB 2000 ergibt sich nichts anderes. Danach folgt allein, dass der Versicherungsnehmer alles zu vermeiden hat, was eine unnötige Erhöhung der Kosten [...] verursachen könnte. Dies gilt jedoch nur, soweit die Interessen des Versicherungsnehmers nicht unbillig beeinträchtigt werden. Eine solche unbillige Beeinträchtigung läge aber vor, wenn der Versicherungsnehmer in jedem Fall sofort Klage erheben und sich mit seinem (bei unwirksamer Kündigung auch zukünftigen) Arbeitgeber gerichtlich auseinandersetzen müsste. Die Möglichkeit, die Angelegenheit – gerade im Interesse der weiteren Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber – ohne großen Aufwand und ohne große Aufmerksamkeit aus der Welt zu schaffen, wäre dem Versicherungsnehmer von Anfang an genommen. Dies ist unbillig und kann auch nicht damit begründet werden, dass ein außergerichtliches Vorgehen regelmäßig keinen Erfolg hat. Ein solcher Erfahrungssatz besteht nicht. Darüber hinaus wäre eine solche Argumentation schon deshalb unzulässig, weil jeder Einzelfall anders gelagert ist.
12Im Übrigen entspricht der Versuch einer vorherigen außergerichtlichen Beilegung eines Rechtsstreits in vollem Umfang der Intention des Gesetzgebers. Dieser stellt die gütliche Beilegung eines Rechtsstreits zur Vermeidung von gerichtlichen Verfahren ganz eindeutig in den Vordergrund. Hierzu setzt sich eine Rechtsschutzversicherung, die für das zunächst außergerichtliche Vorgehen des Versicherungsnehmers nicht einstehen will, in klaren Widerspruch.
13Es werden durch ein vorheriges außergerichtliches Vorgehen die Kosten letztlich auch nicht "unnötig erhöht". Denn die Kosten sind nicht höher, sondern sogar geringer, wenn das außergerichtliche Vorgehen erfolgreich ist. Ob das Vorgehen letztendlich Erfolg hat oder nicht, stellt sich naturgemäß erst hinterher heraus. Die Frage, ob durch ein Vorgehen "unnötige" Kosten verursacht werden, kann aber in diesem Zusammenhang allein aus einer ex-ante-Sicht und nicht aus einer ex-post-Sicht beurteilt werden. Gerade im vorliegenden Fall, in dem die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung auf der Hand lag, war die Erfolgsaussicht eines außergerichtlichen Vorgehens und der damit einhergehenden Vermeidung eines Rechtsstreits unzweifelhaft gegeben.
14Nach alledem steht dem Kläger der geltend gemachte Vergütungsanspruch zu.
15Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB.
16Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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