Urteil vom Amtsgericht Flensburg - 62 C 45/02

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.408,09 € (2.753,98 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 06.10.2001 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.600€ vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt von der Beklagten Auszahlung eines Sparguthabens.

2

Das Sparbuch war der Klägerin von ihrem Mieter ... unter Abtretung des Anspruches auf Auszahlung des Guthabens zur Sicherung der Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Räumlichkeiten auf dem Grundstück der Klägerin ... übergeben worden. Nachdem ... am 20.04.2001 Verlust des Sparbuches bei der Beklagten angezeigt hatte, wurde ihm ohne Durchführung eines Aufgebotsverfahrens ein neues Sparbuch ausgestellt und das Guthaben darin ausgewiesen. Dieses ließ er sich unter Vorlage des neuen Sparbuches in der Folgezeit in zwei Raten auszahlen. Das Guthaben betrug 2.753,98 DM.

3

Die Klägerin legte nach Beendigung des Mietverhältnisses wegen ihrer titulierten Forderungen gegen den Mieter ... in Höhe von 18.325,39 DM das Sparbuch bei der Beklagten vor und begehrte Auszahlung des Sparguthabens, was die Beklagte jedoch verweigerte. Sie berief sich auf § 407 BGB.

4

In Nummer 1 Ziffer 3 der Bedingungen für Sparkonten ist aufgeführt: Bei Auszahlungen ist das Sparbuch vorzulegen.

5

Die Klägerin meint, die Zahlung der Beklagten an Herrn ... habe keine schuldbefreiende Wirkung gehabt. Die Beklagte sei aufgrund ihrer Allgemeinen Sparbuchbedingungen verpflichtet gewesen, sich vor Auszahlung des Guthabens das Sparbuch vorlegen zu lassen bzw. das Aufgebotsverfahren durchzuführen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.408,09 Euro (=2.753,98 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 06.10.2001 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

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Sie meint, sie habe das Guthaben mit schuldbefreiender Wirkung an den Sparer ausgezahlt, weil sie die Abtretung mangels Offenlegung nicht gegen sich gelten lassen müsse. Der Sparer habe glaubhaft erklärt, dass das Sparbuch abhanden gekommen sei. Mit der Anzeige des Verlustes entfalle die Legitimationswirkung des Sparbuches, eine Zahlung daraus könne nicht mehr erfolgen. Aufgrund der Verlustanzeige sei das bisherige Sparkonto aus Sicherheitsgründen geschlossen und unter neuer Nummer fortgeführt worden.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat Erfolg.

13

Die Klägerin kann Zahlung in Höhe des Guthabens aus dem Sparbuch verlangen, weil die Beklagte nicht mit befreiender Wirkung an den ursprünglichen Gläubiger ... bezahlt hat. Die Klägerin war unstreitig Inhaberin der Forderung dadurch geworden, dass der Mieter ... ihr die Forderung abgetreten und das Sparbuch übergeben hat.

14

Die Beklagte hat die Forderung durch Auszahlung an den vorherigen Gläubiger ... beglichen, aber nicht mit befreiender Wirkung der Klägerin gegenüber, denn die neue Gläubigerin, die Klägerin, muss die Leistung nicht gegen sich gelten lassen. Die Beklagte kann sich nicht wirksam auf § 407 BGB berufen. Danach muss zwar der neue Gläubiger die Leistung der Schuldnerin an den alten Gläubiger gegen sich gelten lassen, wenn der Schuldnerin die Abtretung bei der Leistung nicht bekannt war. Dies war hier der Fall, die Abtretung der Forderung war der Beklagten nicht angezeigt worden. Der Zeuge ... hatte die Abtretung und Übergabe des Sparbuches an die Klägerin vielmehr verschwiegen.

15

Eine Benachrichtigung der Beklagten war aus Sicht der Klägerin allerdings auch nicht erforderlich, weil die Beklagte nur gegen Vorlage des Sparbuches auszahlen durfte. Dies ergibt sich aus den Bedingungen für Sparkonten Nr. 1 Abs. 3. Das Gericht folgt der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Hamm (WM 1984, 801) und Düsseldorf (NJW-RR 1991, 1337). Danach kann sich eine Bank auf die Schuldnerschutzvorschrift des § 407 BGB trotz Unkenntnis von der Abtretung dann nicht berufen, wenn sich der neue Gläubiger nach den Sparbedingungen darauf verlassen durfte, dass die Bank nur gegen Vorlage des Sparbuches leisten werde. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf die zitierten Entscheidung Bezug genommen, denen das Gericht in vollem Umfange folgt.

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Der Hinweis der Beklagten, dass Verfügungen über Sparguthaben auch ohne Vorlage des Sparbuches vorgenommen werden können, wenn der Verlust des Sparbuches angezeigt worden ist, geht fehl. Das Bundesaufsichtsamt hat Verfügungen über Sparkonten auch ohne Vorlage des Sparbuches und Überweisungen in Ausnahmefällen für zulässig erklärt. Wenn aber die Bank selber sich in ihren Bedingungen für Sparkonten dahin festgelegt hat, dass für eine Auszahlung die Vorlage des Sparbuches erforderlich ist, ist sie daran gebunden.

17

In dem vorliegenden Fall weist die Beklagte daraufhin, dass der Zeuge ... die Auszahlung ja nicht ohne Vorlage eines Sparbuches erhalten habe, vielmehr das neue Sparbuch vorgelegt habe. Dies ist aber nur eine formale Position. Er hat sich das neue Sparbuch erschlichen. Dies ist ihm nicht berechtigterweise ausgestellt worden, weil das erste nicht tatsächlich verloren gegangen war. Die Ausstellung des neuen Sparbuches und Übertragung des vorhandenen Guthabens auf das neue Sparkonto ohne Vorlage des Sparbuches und ohne Durchführung eines Aufgebotverfahrens ist wie eine Auszahlung ohne Sparbuch zu behandeln, weil dadurch letztlich das gleiche Ergebnis eintritt. Der Zeuge ... hat ohne Vorlage des alten Sparbuches ein neues Sparbuch erlangt, das er vorgelegt hat, um die Zahlung zu erhalten.

18

Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO stattzugeben.

19

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.


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