Urteil vom Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) - 3a C 183/16

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Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, die montierte Parabolantenne an der Balkonbrüstung der im Erdgeschoss links gelegenen Wohnung in dem Anwesen W... Straße … in … Frankenthal (Pfalz) zu entfernen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1

Die Klage ist zulässig und begründet.

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Die Klägerin hat einen Anspruch auf Beseitigung der Parabolantenne gemäß §§ 535, 541 BGB.

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Gem. § 541 BGB hat ein Vermieter einen Anspruch auf Unterlassung, wenn sein Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz einer Abmahnung fortsetzt. Der Anspruch umfasst auch die Beseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustands.

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Die Aufstellung oder Anbringung einer Parabolantenne auf dem Balkon der gemieteten Wohnung ohne Zustimmung des Vermieters ist vertragswidrig, wenn sich die Parteien bei Mietvertragsschluss darauf geeinigt haben, dass dergleichen jedenfalls ohne Genehmigung des Vermieters verboten ist. Das Erfordernis einer vorherigen Zustimmung ergibt sich vorliegend aus § 8 Abs. 2 (e) des Mietvertrages vom 11.06.1994, der von beiden Mietvertragsparteien auch taggleich gesondert unterschrieben wurde (Bl. 4 - 14 der Akte). Eine solche Genehmigung oder Zustimmung wurde der Beklagten als Mieterin vorliegend seitens der Vermieterin nicht erteilt, so dass sich bereits hieraus eindeutig die Vertragswidrigkeit des Handelns der Mieterin ergibt mit der Folge eines entsprechenden Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs (z. B. BGH v. 16.11.05 - VII ZR 5/05).

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Etwas anderes müsste allerdings gelten, wenn der Vermieter aufgrund einer aus § 242 BGB herzuleitenden Nebenpflicht aus dem Mietvertrag verpflichtet ist, die Anbringung einer Parabolantenne durch den Mieter zu dulden. Der Vermieter, der die Beseitigung einer vom Mieter angebrachten Parabolantenne verlangt, kann sich nach Treu und Glauben nicht auf das bloße Fehlen seiner Zustimmung berufen, wenn er diese hätte erteilen müssen (z. B. BGH NZM 2006, 98).

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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist dem Grundrecht des Mieters aus Art. 5 GG, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, auch in zivilrechtlichen Streitigkeiten über die Anbringung von Satellitenempfangsanlagen an Mietwohnungen Rechnung zu tragen, wobei zu berücksichtigen ist, dass das - gleichrangige - Grundrecht des Vermieters als Eigentümer aus Art. 14 GG berührt ist, wenn von ihm verlangt wird, eine Empfangsanlage an seinem Eigentum zu dulden. Die Fernwirkung von Grundrechten in die Beziehungen von Vertragsparteien bedeutet daher notwendigerweise eine einzelfallbezogene Abwägung der von dem eingeschränkten Grundrecht und dem grundrechtsbeschränkenden Gesetz geschützten Interessen, die im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale der §§ 535, 242 BGB zu erfolgen hat, wobei stets die konkreten Umstände des Einzelfalles entscheidend sind und sich jede schematische Lösung verbietet (BGH NZM 2006, 98).

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Nach obergerichtlicher Rechtsprechung ist anerkannt, dass in einem Mietverhältnis dem durch Art. 5 GG grundrechtlich geschützten Informationsbedürfnis des Mieters grundsätzlich hinreichend Rechnung getragen wird, wenn der Vermieter beispielsweise einen Breitbandkabelanschluss bereitstellt. Dies gilt prinzipiell auch gegenüber ausländischen Mietern, wenn über den Kabelanschluss ein ausreichender Zugang zu Programmen in ihrer Sprache und aus ihrem Heimatland besteht (BGH a. a. O.). Nichts anderes hat auch zu gelten, wenn der Mieter ohne nennenswerte Schwierigkeiten die von ihm gewünschten Heimatsender über das Internet empfangen kann. Ob hierdurch dem Mieter Zusatzkosten entstehen, ist grundsätzlich unbeachtlich.

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Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen hat vorliegend die Beklagte keinen Anspruch auf Zustimmung zur und auf Duldung der Anbringung oder Aufstellung der streitgegenständlichen Parabolantenne, weshalb die Klägerin die Beseitigung der ohne ihre Zustimmung angebrachten Parabolantenne verlangen kann.

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Nach den klägerischen Darlegungen befindet sich die Parabolantenne nach wie vor auf dem Balkon und überragt dessen Geländer. Die optische Beeinträchtigung und der dadurch bedingte Eingriff in das Eigentum der Klägerin ist jedenfalls solange augenscheinlich gegeben, solange die Parabolantenne über das Balkongeländer hinausragt und demzufolge gut sichtbar ist. Diese Beeinträchtigung ist auch nicht völlig unerheblich, da nicht entscheidend sein kann, von wo überall die Antenne nicht sichtbar ist, solange sie fraglos aus anderen Perspektiven sichtbar bleibt. Von einer fehlenden optischen Beeinträchtigung könnte allenfalls dann gesprochen werden, wenn ein weniger störendes Erscheinungsbild zum Einsatz käme, etwa eine quadratische Antenne von Größe und Aussehen eines leicht gekrümmten Bildes oder die Anbringung einer kleinen Antenne auf dem Boden eines komplett sichtgeschützten Balkons.

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Auch aus dem Umstand, dass in der jeweiligen Muttersprache eines Mieters Rundfunk- und Fernsehsendungen empfangen werden sollen, folgt nichts anderes. Die Möglichkeiten via Internet fern zu sehen sind regelmäßig ohne größeren Aufwand gegeben und erfordern bei technischer Unversiertheit kaum mehr Unterstützung durch Dritte als bei technischer Unversiertheit auch die Inanspruchnahme via Parabolantenne erfordert. Fernsehen via Internet ist nicht nur via PC sondern mit TV-Geräten neuer Generation auch über WLAN direkt mit dem Fernseher möglich. Das Verbot einer optisch das gesamte Mietshaus verunstaltenden Parabolantenne verhindert nicht das Recht des Mieters auf heimatsprachige Informationen, sondern verweist ihn nur auf einen anderen Zugang zu diesem Recht. Dementsprechend hat ein Vermieter auch das Recht, Mieter auf andere Empfangsmöglichkeiten zu verweisen, die sein Eigentumsrecht weniger beeinträchtigen.

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Schließlich ist nicht ersichtlich, dass diese Empfangsmöglichkeit für die Beklagte unzumutbar wäre. Darlegungs- und beweispflichtig für solche Umstände wäre die Beklagte, da es sich um für sie günstige Tatsachen handelt. Entsprechender Sachvortrag ist nicht gegeben, vielmehr hat sich die Beklagte trotz Belehrung über die Folgen einer Fristversäumung nicht zur Sache eingelassen, weshalb der Tatsachenvortrag der Klägerin als zugestanden gilt, § 138 Abs. 3 ZPO.

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Demzufolge besteht der Beseitigungsanspruch der Klägerin als Vermieterin, nachdem die Beklagte trotz Aufforderung am 13., 18. und 26.04.2016 durch die Vermieterin nicht zur Beseitigung bereit war und den vertragswidrigen Zustand bewusst beibehalten hat, § 541 BGB, zumal wie oben dargelegt, ein Anspruch auf Duldung der Antenne durch die Vermieterin gerade nicht besteht.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

14

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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