Urteil vom Amtsgericht Gronau - 1 C 148/11
Tenor
Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner 516,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2011 zu zahlen.
Sie werden ferner verurteilt, den Kläger als Gesamtschuldner von den Kosten der Rechtsanwälte L., S., S1. und M., S2straße 6 in ##### H. in Höhe von 83,54 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu ¼ und die Beklagten zu ¾.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Von der Darstellung eines Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
2Entscheidungsgründe:
3Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
4Dem Kläger steht aus Anlass des Vorfalls vom 24.02.2011 ein Schadensersatzanspruch im tenorierten Umfang gegen die Beklagten gemäß §§ 7, 18 StVG, 115 VVG, 823 BGB zu.
5Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der durchgeführten Beweisaufnahme sieht es das Gericht als erwiesen an, dass der Beklagte zu 1. beim Rückwärtsrangieren gegen den PKW des Klägers gestoßen ist und diesen hierbei im behaupteten Umfang beschädigt hat.
6Bereits der Umstand, dass der Beklagte zu 1. nach dem Rangiervorgang die Polizei hinzu gerufen hat, ist nachvollziehbar nur dadurch zu erklären, dass er selbst von einer Kollision mit dem klägerischen Fahrzeug ausgegangen ist, was wiederum nachvollziehbar nur dadurch zu erklären ist, dass er eine solche Kollision entgegen seiner Behauptung bemerkt hat.
7Das Gericht hält es für gänzlich abwegig und lebensfremd, dass der Beklagte zu 1. subjektiv davon ausgegangen sein will, dem klägerischen Fahrzeug beim Rangieren nicht näher als 30 bis 40 cm gekommen zu sein und gleichwohl anschließend Veranlassung gesehen haben will, die Polizei hinzu zu rufen, obwohl keinerlei Beschädigungen am klägerischen Fahrzeug erkennbar gewesen sein sollen. Ein solches Verhalten macht nicht den geringsten Sinn und wird auch nicht dadurch plausibel, dass der Beklagte zu 1. ca. ein halbes Jahr vor dem streitgegenständlichen Unfall mit einem Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort konfrontiert worden sein soll. Er hat nämlich auf Nachfrage eingeräumt, nicht grundsätzlich nach Rangiervorgängen in beengten Parksituationen die Polizei hinzu zu rufen.
8Auf die wiederholte Frage, warum er es denn am 24.02.2011 getan habe, hat er keine ansatzweise plausible Antwort geliefert.
9Entscheidend kommt hinzu, dass der Beklagte zu 1. unmittelbar nach dem Vorfall nach Darstellung der Zeugin B. dieser gegenüber eingeräumt hat, dass er glaube, gegen das Fahrzeug des Klägers gefahren und hierbei die fragliche Beschädigung verursacht zu haben. Dies habe er dann allerdings später den Polizeibeamten gegenüber massiv relativiert.
10Das Gericht glaubt der Zeugin. Es hält insbesondere für nachvollziehbar, dass die prägende Erinnerung der Zeugin sich maßgeblich nicht auf den präzisen Wortlaut der geführten Dialoge sondern auf das von der Zeugin sehr authentisch geschilderte Gefühl der Sprach- und Hilflosigkeit infolge des für diese völlig überraschenden Sinneswandels des Beklagten zu 1. bezieht.
11Das Gericht hält die Darstellung der Zeugin insgesamt für nachvollziehbar, plausibel und glaubhaft. Die von ihr geschilderte Gesprächssituation mit dem Beklagten zu 1. wird hinsichtlich der bekundeten Rahmenumstände durch Bild 1 der Ermittlungsakte belegt.
12Welche Angaben die Zeugin gegenüber den Polizeibeamten über die Abstelldauer ihres Fahrzeuges gemacht hat, hält das Gericht unter Würdigung der Gesamtumstände demgegenüber für unerheblich. Mindestens jeder zweite OWI-Richter wird bestätigen können, dass es im Bundesgebiet kaum Verkehrsteilnehmer gibt, die ihr Fahrzeug verbotswidrig länger als zehn Minuten abgestellt haben.
13Dass die Zeugin ebenso laienhaft wie im Ergebnis unzutreffend von den hellen Kratzern am Fahrzeug des Klägers auf einen Lackabrieb des vom Beklagten zu 1. geführten hellen Fahrzeugs geschlossen hat, steht der Überzeugungskraft ihrer Aussage ebenfalls nicht entgegen. Darin zeigt sich vielmehr, dass die Zeugin ihre Aussage offensichtlich nicht auf das Ergebnis des gerichtlichen Gutachtens und den Akteninhalt der Bußgeldakte abgestimmt hat.
14Der Beklagte zu 1. ist der Darstellung der Zeugin, er sei zunächst total aufgeregt gewesen und habe sich noch bei ihr entschuldigt und betont, die Beschädigungen nicht absichtlich verursacht zu haben, weder ansatzweise substantiiert entgegengetreten, noch hat er während der Aussage der Zeugin – worauf das Gericht bewusst wiederholt geachtet hat – auch nur mimisch Protest oder Widerspruch zu deren Darstellung zum Ausdruck gebracht.
15Abgerundet wird die Überzeugungsbildung des Gerichts dadurch, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. T. sich ein Kontakt zwischen den Fahrzeugen unter Beachtung der Schadenszonen sowie der örtlichen Gegebenheiten problemlos nachvollziehen lässt. Zwecks von Vermeidung von Wiederholungen wird insofern auf die Ausführungen in dem schriftlichen Gutachten vom 30.07.2012, denen keine der Parteien entgegengetreten ist, Bezug genommen.
16Bei der gemäß § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verschuldens- und Verursachungsbeiträge hat sich der Kläger entgegen seiner Auffassung die Betriebsgefahr seines Fahrzeuges in Höhe von 25 % anspruchsmindernd zurechnen zu lassen.
17Eine solche Anrechnung ist in der Rechtsprechung bei verkehrswidrig abgestellten Fahrzeugen anerkannt, wenn diese neben oder gegenüber einer Ausfahrt parken (vgl. Christian Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 12. Auflage 2012, Vorbemerkung zu Rdn. 296).
18Hinsichtlich der Schadenshöhe ist der Kläger berechtigt, auf Basis des Kostenvoranschlages der Firma T1. vom 26.02.2011 abzurechnen. Die erforderlichen Reparaturkosten umfassen insbesondere auch die Verbringungskosten zum Lackierer, da gerichtsbekannt in H. entgegen der Behauptung der Beklagten die ansässigen Fachwerkstätten regelmäßig nicht über eine eigene Lackiererei verfügen.
19Die Ersatzpflicht umfasst ebenfalls die geltend gemachten Kosten für den Kostenvoranschlag. Solche Kosten sind, wenn anstelle eines teuren Gutachtens ein Kostenanschlag eingeholt wird, als Aufwand zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung als erforderlich und erstattungsfähig im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzen, da insofern der Geschädigte auch seine Schadensminderungspflicht nachkommt (vgl. Landgericht Hildesheim, Urteil vom 04.09.2009, Aktenzeichen 7 S 107/09).
20Die Nebenkostenpauschale schätzt das Gericht in ständiger Rechtsprechung gemäß § 287 ZPO auf 25,00 EUR.
21¾ des sich danach ergebenden Gesamtschadens ergeben den zugesprochenen Betrag.
22Anwaltskosten kann der Kläger auf dieser Grundlage lediglich zum Streitwert seines Obsiegens ersetzt verlangen.
23Die prozessualen Nebenansprüche beruhen auf §§ 280 f. BGB.
24Die prozessualen Nebenentscheidungen finden ihre Grundlage in §§ 92, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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Referenzen
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