Urteil vom Amtsgericht Gummersbach - 1 C 836/74
Tenor
Unter Abweisung der Klage im übrigen werden die Beklagten als
Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 68,50 DM nebst 4 %
Zinsen seit dem 19. 12. 1974 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger zu 4/5 und die
Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Am 5. 9. 1973 kam es gegen 17.00 Uhr auf der C-Straße in H in Höhe des Hauses Nr. 25 zu einem Verkehrsunfall, indem der zweijährige Sohn der Beklagten plötzlich auf die Fahrbahn lief und vor das Kleinkraftrad des Klägers geriet. Der Kläger kam hierbei zu Fall. Sein Kleinkraftrad wurde beschädigt. Die Reparatur kostete 342,50 DM.
3Bei der C-Straße, auf der sich der Unfall ereignete, handelt es sich praktisch um eine Art Spielstraße, die zwar nicht als solche gekennzeichnet ist, von der aber den wenigen Verkehrsteilnehmern, auch dem Kläger, die diese Straße regelmäßig befahren, bekannt ist, daß dort oft Kinder spielen. Der Kläger hatte auch am Unfalltag vor dem Unfall beobachtet, daß wieder Kinder auf der C-Straße spielten. Nachdem er an einer Gruppe von spielenden Kindern vorbeigefahren war, sah er am rechten Straßenrand noch zwei weitere Kinder, nämlich den zweijährigen Sohn der Beklagten sowie dessen 10 Jahre alte Schwester. Der zweijährige Sohn der Beklagten lief plötzlich vor dem Kläger auf die Fahrbahn. Der Kläger versuchte noch, durch Bremsen einen Unfall zu vermeiden, was ihm jedoch nicht gelang. Die beklagte Ehefrau hatte die Stelle, an der ihre Kinder spielten, auch zum Unfallzeitpunkt, ständig vor Augen, da sich der Unfall praktisch vor der Haustür der Beklagten ereignete, und sie hatte auch immer wieder zu den Kindern hingesehen.
4Der Kläger trägt vor, der zweijährige Sohn der Beklagten, der ihm vor sein Kleinkraftrad gelaufen sei, sei ohne jede Aufsicht gewesen.
5Der Kläger beantragt,
6die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger
7342,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. 2. 1974 zu zahlen.
8Die Beklagten beantragen,
9die Klage abzuweisen.
10Sie meinen, sie seien ihrer Aufsichtspflicht genügend nachgekommen, und der Unfall sei ausschließlich auf das Fehlverhalten des Klägers zurückzuführen.
11Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze.
12Entscheidungsgründe
13Die Klage ist nur begründet in Höhe von 68,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. 12. 1974; im übrigen war sie als unbegründet abzuweisen.
14Der zweijährige Sohn der Beklagten hat dem Kläger unstreitig widerrechtlichen Schaden zugefügt, indem er diesem plötzlich und unvorhersehbar vor dessen Kleinkraftrad auf die Fahrbahn lief. Da der zweijährige Sohn der Beklagten der Aufsicht der Beklagten unterstand, diese nach dem unstreitigen Sachverhalt ihrer Aufsichtspflicht aber nicht genügend nachgekommen sind, sind sie dem Kläger gemäß § 832 zum Schadensersatz verpflichtet. Da der Kläger den Unfall jedoch durch ein Kraftfahrzeug verursacht hat, dessen Betriebsgefahr er sich anrechnen lassen muß, und ihn nach dem unstreitigen Sachverhalt ein ganz erhebliches Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls trifft, sind die Beklagten gemäß § 254 BGB nur verpflichtet, dem Kläger 20 % des ihm unstreitig entstandenen Schadens in Höhe von 342,50 DM zu ersetzen, das sind 68,50 DM.
15Die Beklagten haben ihre Aufsichtspflicht gegenüber ihrem zweijährigen Sohn verletzt, indem sie diesen auf einer öffentlichen Straße spielen ließen, ohne dafür Sorge zu tragen, daß ein mögliches verkehrswidriges Verhalten ihres zweijährigen Sohnes rechtzeitig verhindert wurde. Es reichte nicht aus, daß die beklagte Ehefrau ihren zweijährigen auf der Straße spielenden Sohn aus der Wohnung heraus beobachtete; sie konnte nämlich von dort aus keinesfalls ein verkehrswidriges Verhalten ihres Sohnes verhindern, wie das Zustandekommen des Unfalls beweist. Auch daß der zweijährige Sohn der Beklagten von seiner zehnjährigen Schwester begleitet war, war nicht ausreichend, da ein zehnjähriges, selbst noch nicht hinreichend im Straßenverkehr erfahrenes Mädchen
16nicht befähigt ist, einen zwei Jahre alten Jungen genügend zu beaufsichtigen.
17Das Verschulden der Beklagten wiegt jedoch nicht allzu schwer, da sie ihren zweijährigen Sohn auf einer unstreitig nur wenig befahrenen öffentlichen Straße spielen ließen, von der allgemein den diese Straße befahrenden Verkehrsteilnehmern bekannt ist, daß dort Kinder spielen, auf die Rücksicht genommen wird.
18Der Kläger kann von den Beklagten nur 20 % des ihm entstandenen Schadens ersetzt verlangen, weil der Unfall, von ihm in ganz erheblichem Umfang mit verursacht worden ist. So muß sich der Kläger zunächst die von seinem Kleinkraftrad ausgehende Betriebsgefahr als Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB anrechnen lassen. Außerdem hat sich der Kläger aber auch ganz erheblich verkehrswidrig verhalten und dadurch den Unfall mitverursacht. Er hat nämlich, obwohl er den zweijährigen Sohn der Beklagten und dessen zehnjährige Schwester am Straßenrand spielen sah, seine Geschwindigkeit nicht so herabgesetzt, daß er bei einem plötzlichen verkehrswidrigen Verhalten der Kinder, mit dem er rechnen mußte, anhalten und einen Unfall vermeiden konnte; denn er hat unstreitig trotz Bremsens den Unfall nicht vermeiden können.
19Der Zinsanspruch des Klägers ist begründet in Höhe von 4 % seit dem 19. 12. 1974, das heißt seit dem Tage der Zustellung der Klage an die Beklagten, gemäß §§ 291, 288 BGB; der weitergehende Zinsanspruch des Klägers war als unbegründet zurückzuweisen, weil er in keiner Weise substantiiert ist.
20Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 und 709 Ziffer 4 ZPO.
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