Urteil vom Amtsgericht Gummersbach - 11 C 177/09
Tenor
Der Antrag vom 17.04.2009 auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsklägerin auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Verfügungsklägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagten als Gesamtschuldner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
1Die Verfügungsklägerin begehrt Entfernung von Kirrungen für Wildschweine, die sich in der Nähe von ihren landwirtschaftlich genutzten Flächen befinden.
2Die Verfügungsbeklagten sind Pächter eines gemeinschaftlichen Jagdreviers in B. An das Jagdgebiet grenzen die von der Verfügungsklägerin mit Schaf- und Pferdehaltung bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen an. Die Flächen und der zwischen den Parteien streitige Schlafplatz der Wildschweine sind in der Feldblockkarte (Bl.11 GA) markiert, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Die Verfügungsbeklagten brachten in ihrem Jagdgebiet eine Kirrung 300 m nördlich des Flurstücks X und eine weitere Kirrung 100 m südwestlich des Flurstücks X aus. Ferner strichen sie an den Kirrungen Bäume mit Holzteer an. Der Holzteer verströmt einen Duft, der Schwarzwild anlockt. Die Verfügungsbeklagten stellten die Kirrungen im Oktober 2008 ein. Am 10.04.2009 bemerkte die Verfügungsklägerin, dass die Kirrungen wieder betrieben werden.
3Die Verfügungsklägerin behauptet, dass sich auf ihren Flächen 53 Mutterschafe und 48 geworfene Lämmer befinden. Um diese Fläche seien Kirrungen positioniert. Auf Grund dessen erfolge ein Wechsel von ca. 70 Wildschweinen über die von ihr bewirtschafteten Flächen. Dabei wechseln die Wildschweine von ihren Schlafplätzen zu der Kirrung Ameisental, von dort aus zu der Kirrung Pferdeweide und wieder zurück zu ihren Schlafplätzen. Ferner behauptet die Verfügungsklägerin, dass die landwirtschaftlich genutzte Fläche als Weidefläche teilweise unbrauchbar werde, da die Wildschweine die Graßnarbe umdrehen. Zudem hielten sich die Wildscheine an dem Lämmern schadlos. Auch seien die Schafe durch die wechselnden Wildschweine verängstigt. Sie flüchteten teilweise aus den umzäunten Flächen heraus. Die Schäden treten seit 2 Jahren auf.
4Die Verfügungsklägerin beantragt,
51. die Kirreinrichtungen, bestehend aus Lochblechbehältern mit innen liegendem Schweinefutter (u.a. Mais) sowie die dazugehörigen Vorratsbehälter, bestehend aus Plastik-Fässern mit Schweinefutter, befindlich in B, zum einen ca. 300 m nördlich des Gebietes O (Gemarkung Gummersbach Flur X, Flurstück X), zum anderen ca. 100 m südwestlich des Gebietes, A (Gemarkung Gummersbach Flur X, Flurstück X) sowie die dort jeweils befindlichen Holzteer-Anstriche an den jeweils in der Nähe stehenden Bäumen zu entfernen;
62. es unter Androhung der höchstzulässigen Geld- und Haftstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, die genannten Kirreinrichtungen bzw. Futterstellen oder Lockfütterungsstellen für Schwarzwild an den benannten Stellen oder an anderer Stelle in einer Entfernung von weniger als 300 m entfernt von den Grenzen der Schaf- und Pferdeweideflächen der Verfügungsklägerin (zu Eigentum oder gepachtet) oder dergestalt einzurichten, dass sich zwischen den jeweiligen Kirreinrichtungen bzw. Lockfütterungsplätzen oder zwischen diesen und den Ruhe- und Schlafplätzen von Schwarzwild Schaf- und Pferdeweideflächen der Verfügungsklägerin, insbesondere die Flächen Flur X, Flurstücke X, X,X XX befinden.
7Die Verfügungsbeklagten beantragen,
8den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück zu weisen.
9Die Verfügungsbeklagten behaupten, dass die Wildschweine keine festen Schlafplätze haben. Zudem würden die Wildschweine durch die enorme Anzahl von Schafen, insbesondere durch deren Kot, angelockt werden. Die Kirrungen würden bereits seit 14 Jahren betrieben. Bevor die Verfügungsklägerin die landwirtschaftlichen Flächen als Weidefläche für Schafe und Pferde genutzt habe, sei es nicht zu Wildschäden gekommen.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
11Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Es fehlt bereits an einer Eilbedürftigkeit und darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Beseitigung der Kirrungen und Teeranstriche.
12Es fehlt bereits an einem Verfügungsgrund. Die Verfügungsklägerin hat die Eilbedürftigkeit der Sache nicht dargelegt. Soweit der streitige Vortrag der Verfügungsklägerin, dass seit zwei Jahren Wildschäden auf Grund der Kirrungen entstehen, als richtig unterstellt wird, spricht bereits die lange Zeitdauer bis zur Beantragung der einstweiligen Verfügung gegen die Notwendigkeit der Durchführung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens.
13Ferner besteht auch kein Verfügungsanspruch. Der Verfügungsklägerin steht kein Anspruch auf Beseitigung der Kirreinrichtungen und Teeranstriche gemäß §§ 1004, 823 BGB zu. Die Verfügungsklägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsbeklagten als Handlungsstörer anzusehen sind. Handlungsstörer ist, wer mit seiner Handlung Beeinträchtigungen durch Natureinwirkungen auslöst oder verstärkt. Hierzu gehört auch das fütternde Anlocken von Tieren (Palandt, § 1004, Rn. 18). Das Gericht erachtet es jedoch nicht als wahrscheinlich, dass die Kirrungen und Teeranstriche die Wildschweine auf die Weidefläche locken.
14Dies liegt hinsichtlich der nördlich vom Flurstück X gelegene Kirrung und der Holzanstriche bereits an ihrer Entfernung von 300 m. Eine Entfernung von 300 m ist regelmäßig als ausreichend zu erachten (vgl. Petrak, Rheinisch-Westfälischer Jäger 2009, 6 (7)).
15Die 100 m südwestlich des Flurstücks X gelegene Kirrung und der Holzteeranstrich liegt zwar näher an den Weideflächen. Dennoch hat das Gericht Zweifel an der Kausalität der Kirrung. Dies liegt zum einem daran, dass Wildschäden mit der Zunahme der Population von Wildschweinen zwangsläufig mit anwachsen. Zum anderen ist auch ein Mitverschulden der Klägerin zu berücksichtigen. Dies folgt aus der großen Anzahl der gehaltenen Schafe und ihrem Kot. Die Schafe selber bilden bereits einen anziehenden Faktor. Wildschweine sind Allesfresser und fressen damit auch Fleisch. Hinzu kommen die sich unter dem Kot bildenden, eiweißhaltigen Maden, welche auch von den Wildschweinen gefressen werden. Auch finden die Wildschweine unter der Graßnarbe Käfer u.a., welche sie in anderen Gebieten nicht so gut finden. Wildschweine sind intelligente Tiere (vgl. Petrak, Rheinisch-Westfälischer Jäger 2009, 6 (7)). Sie erkennen eine gute Nahrungsquelle. Schon aus diesem Grunde ist eine Rückkehr der Wildschweine auf die Weidefläche sehr wahrscheinlich.
16Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Anordnung der Kirrungen. Zum einen haben Wildschweine nach der Kenntnis des Gerichts keinen festen Schlafplatz. Zum anderen beträgt die zu überwindende Strecke zwischen den Kirrungen weit über 300 m, so dass schon aus diesem Grunde eine Kausalität zwischen dem Kirren und den behaupteten Schäden der Klägerin nicht wahrscheinlich ist.
17Der Antrag auf Anordnung der Klageerhebung gemäß § 926 Abs. 1 ZPO wird als unzulässig zurück gewiesen, da die einstweilige Verfügung nicht erlassen worden ist.
18Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 6, 711 S. 1 und 2 ZPO.
19Streitwert: 4.000,00 €
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Referenzen
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