Urteil vom Amtsgericht Gummersbach - 10 C 230/08
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,
1. an die Klägerin 680,64 € sowie an den Sachverständigen
T, I-Straße, ####1 N
weitere 472,43 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
08.11.2008 zu zahlen,
2. die Klägerin von einer Gebührenforderung der
Rechtsanwälte K, L und C in Höhe von
149,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2008 freizustellen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 20 % der Klägerin und zu 80 % den Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags leistet.
1
T a t b e s t a n d
2(abgekürzt gemäß § 313 II ZPO)
3Die Beklagten haften der Klägerin in vollem Umfang für die Folgen eines Verkehrsunfalls vom 15.07.2008 in H. Vorgerichtlich zahlte die Beklagte zu 2) am 18.09.2008 einen Betrag von 1.073,33 €.
4Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin die Erstattung des restlichen Sachschadens gemäß dem Gutachten des Sachverständigen T vom 18.07.2008, eine Wertminderung von 150,- €, eine Unkostenpauschale von 25,- € sowie Erstattung der Sachverständigengebühren von 472,43 € an den Sachverständigen.
5Die Klägerin beantragt,
6die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 1. an die Klägerin 969,24 € sowie an den Sachverständigen Peter T, I-Straße, ####1 N weitere 472,43 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.11.2008 zu zahlen, 2. die Klägerin von einer Gebührenforderung der Rechtsanwälte K, L und C in Höhe von 186,24 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2008 freizustellen.
7Die Beklagten beantragen,
8die Klage abzuweisen.
9Sie sind der Ansicht, bei einer fiktiven Abrechnung des Sachschadens könnten nicht die höheren Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt sondern nur diejenigen einer freien Werkstatt verlangt werden. Kosten für die Fahrzeugverbringung seien fiktiv nicht erstattungsfähig. Ein Einlackieren der angrenzenden Fahrzeugteile sei bei dem Fahrzeug der Klägerin nicht erforderlich. Eine Wertminderung sei nicht eingetreten.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die nachfolgenden Entscheidungsgründe sowie die von den Parteien im Laufe des Rechtsstreits eingereichten Schriftsätze und deren Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
12(kurzgefasst, § 313 III ZPO)
13Die Klage ist überwiegend aus §§ 7 I StVG; 823 BGB; 115 VVG begründet.
14Die Beklagten haben der Klägerin im Wesentlichen die in dem Gutachten des Sachverständigen T vom 18.07.2008 angesetzten Reparaturkosten von netto 4.276,46 € zu erstatten, weil diese gemäß §§ 249 ff. BGB als der erforderliche Reparaturaufwand anzusehen sind.
15Das von der Klägerin zur Berechung des Sachschadens herangezogene Gutachten des Sachverständigen ist hinreichend ausführlich und wird dem Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht. Insbesondere ist unstreitig, dass die vom Sachverständigen T angesetzten Stundenverrechnungssätze und Ersatzteilpreise bei einer Reparatur in einer markengebundenen Vertragswerkstatt tatsächlich anfielen.
16Die Klägerin braucht sich nicht darauf verweisen zu lassen, dass die von den Beklagten benannten Fachwerkstätten günstigere Stundenverrechnungssätze berechnen als eine markengebundene Fachwerkstatt. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist vielmehr auch bei der fiktiven Abrechnung der Reparaturkosten berechtigt, die Stundensätze einer markengebundenen Vertragswerkstatt anzusetzen. Nach den Grundsätzen des Schadensersatzrechts gemäß §§ 249 ff. BGB ist der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens. Er ist in den durch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 254 BGB) und das Verbot der Bereicherung gezogenen Grenzen in der Regel frei in der Wahl und der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung (BGH NJW 1989, 3009; BGH NJW 2003, 2085; BGH NJW 2005, 1108). Der Geschädigte ist damit weder dazu verpflichtet, sein Fahrzeug zu reparieren noch es zur Reparatur in eine bestimmte Fachwerkstatt zu geben. Es bleibt vielmehr ihm überlassen, ob und auf welche Weise er sein Fahrzeug tatsächlich instandsetzt (BGH NJW 1992, 1618; BGH NJW 2003, 2085; BGH NJW 2005, 1108). Mit der Verweisung auf Stundenverrechnungssätze bestimmter Werkstätten würde in diese Dispositionsfreiheit des Geschädigten eingegriffen, denn der Geschädigte wäre trotz einer möglichen fiktiven Abrechnung auf Gutachtenbasis gleichsam auf die Abrechnung der möglichen Kosten in einer bestimmten Werkstatt beschränkt, auch wenn er sein Fahrzeug gar nicht reparieren lässt.
17Die Beklagten haben zwar günstigere Reparaturmöglichkeiten vorgetragen. Jedoch ist nicht nachgewiesen, dass diese auch gleichwertig sind. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass markengebundene Fachwerkstätten einem hohen Maß an Qualitätssicherung unterliegen, deren Kosten sich in höheren Stundenverrechnungssätzen niederschlagen. Die zur Reparatur eingesetzten Fachkräfte einer markengebundenen Fachwerkstatt erhalten eine fahrzeugtypbezogene Spezialausbildung, wobei markengebundene Fachwerkstätten fahrzeugtypbezogene Spezialwerkzeuge vorhalten. Dies ist bei freien Werkstätten nicht in jedem Fall gewährleistet.
18Zur ordnungsgemäßen Reparatur des Fahrzeug gehört nach dem Sachverständigengutachten auch ein Einlackieren der angrenzenden Teile zum Farbabgleich. Dies erscheint dem Gericht insbesondere bei modernen Metallic-Lackierungen nachvollziehbar um Farbunterschiede zwischen Neu- und Altteilen auszugleichen. Der Schaden kann insoweit gemäß § 287 ZPO geschätzt werden, weil die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Teilfrage angesichts des Streitwerts wirtschaftlich nicht vertretbar wäre.
19Allerdings sind die vom Sachverständigen angesetzten Verbringungskosten zur Fahrzeuglackierung in Höhe von 138,60 € nicht erstattungsfähig, da sie nicht tatsächlich angefallen sind. Fiktive Verbringungskosten sind nicht ersatzfähig (OLG Karlsruhe, NJW-RR 1998, 1718; Palandt-Heinrichs, 66. Auflage 2007, § 249 BGB, Rn 14). Die Möglichkeit der fiktiven Berechnung des Schadenersatzes nach Verkehrsunfällen beruht allein auf der Dispositionsbefugnis des Geschädigten, dem es freisteht, sein Fahrzeug reparieren zu lassen oder nicht. Wählt er die fiktive Abrechnung auf Basis eines Gutachtens oder Kostenvoranschlags, sind jedoch nur die tatsächlich am Fahrzeug entstandenen Substanzschäden ersatzfähig; es besteht dagegen kein Ersatzanspruch hinsichtlich Begleitschäden, die nur bei tatsächlicher Durchführung der Reparatur entstehen. Die Transportkosten für die Verbringung des Fahrzeugs zur Lackiererei entstehen dem Geschädigten jedoch nur dann, wenn er die Reparatur an seinem Fahrzeug auch tatsächlich durchführt, so dass Verbringungskosten nicht fiktiv, sondern nur bei tatsächlicher Durchführung der Reparatur ersatzfähig sind.
20Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Erstattung eines Minderwerts in Höhe von 150,- €. Beim merkantilen Minderwert handelt es sich um eine Minderung des Verkaufswerts, die trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines bei einem Unfall erheblich beschädigten Kraftfahrzeugs allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Kraftfahrzeuge besteht. Ein Anspruch auf Erstattung des merkantilen Minderwertes ist aber nur dann gegeben, wenn der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug repariert hat und sich nach Reparatur herausstellt, dass für den Fall eines Weiterverkaufs des Pkws eine Werteinbuße verbleiben wird. Unbedingte Voraussetzung ist indes eine Reparatur des Fahrzeugs. Hieran fehlt es, wenn der Geschädigte fiktiv nach Gutachten abrechnet.
21Nach alledem schulden die Beklagten Erstattung des Sachschadens von 1.728,97 €, der Unkostenpauschale von 25,- € und der Sachverständigenkosten von 472,43 €. Von dem Gesamtschaden von 2.226,40 € ist die vorgerichtliche Zahlung von 1.073,33 € abzuziehen, so dass noch 1.153,07 € zu Gunsten der Klägerin verbleiben. Hiervon sind die Sachverständigenkosten unmittelbar an den Sachverständigen zu zahlen.
22Der Zinsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gerechtfertigt, § 288 BGB.
23Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 I; 708 Nr. 11; 711 ZPO.
24Streitwert: 1.441,- €
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