Beschluss vom Amtsgericht Gummersbach - 068 K 022/11
Tenor
In dem Verfahren zur Zwangsversteigerung des nachstehend näher bezeichneten Grundbesitzes
Grundbuchbezeichnung:
Grundbuch von X Blatt xxxx und xxxx
Gemarkung X, Flur xx,
Flurstück xxx, Gebäude- und Freifläche, I-str. 1, groß 140 m²
Flurstück xxx/1, Gebäude- und Freifläche, I-str. 1, groß 657 m²
Eigentümer: B. v. I. und I. H. v. I.-C.
blieb im Versteigerungstermin Meistbietende:
die K. P.H. C.W. mit Sitz in B.(I-weg xxx, NL xxxx BL B., Nederland)
Das vorbezeichnete Versteigerungsobjekt wird daher der Meistbietenden für den durch Zahlung zu berichtigenden Betrag von
EUR 84.000,00 (i.B. vierundachtzigtausend Euro)
unter folgenden Bedingungen zugeschlagen:
1. Es bleiben keine im Grundbuch eingetragenen Rechte bestehen.
2. Der durch Zahlung zu berichtigende Betrag des Meistgebots ist von heute an in Höhe mit 4 % zu verzinsen und mit diesen Zinsen bis zum Verteilungstermin an das Gericht zu zahlen.
3. Die Kosten dieses Beschlusses fallen der Ersteherin zur Last.
Klarstellend wird ergänzt, dass es sich bei der Ersteherin um eine zum Konzern der Gläubigerin gehörende Firma handelt und somit § 114 ZVG Anwendung findet.
Im Übrigen gelten die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen.
Gleichzeitig wird der Antrag der Schuldner vom heutigen Tage auf weitere Aussetzung der Entscheidung über den Zuschlag zurück gewiesen.
1
Gründe:
2Mit Fax vom heutigen Tage wurde seitens der Schuldner bzw. deren Vertreter erneute Verlegung des Zuschlagsverkündungstermins beantragt und ein Attest des behandelnden Arztes vorgelegt, nachdem sich der Zustand der Schuldnerin weitestgehend stabilisiert habe, sie aber trotzdem weiterhin einer ambulanten Behandlung bedürfe. Ein erfolgversprechender Verlauf vorausgesetzt, sei mit einer weiteren Stabilisierung in ca. 10 Wochen zu rechnen. Ohne weitere Begründung wurde vorgetragen, eine Verlegung des Termins sei daher gem. Rechtsprechung des BGH begründet und der Gläubigerin auch zuzumuten.
3Der Vertreter der Gläubigerin wurde telefonisch zum Vertagungsantrag angehört.
4Er beantragt Zurückweisung des Antrags. Zum einen liege wieder nur ein Attest desselben behandelnden Arztes vor und nicht - wie im gerichtlichen Beschluss vom 22.03. gefordert - ein Sachverständigengutachten, zum anderen entstehe der Gläubigerin durchaus ein Schaden. Die Schuldner leisten keinerlei Zahlungen mehr, so dass die Rückstände auf die Forderung weiter anwachsen. Da sich die Gläubigerin darüberhinaus 7/10 des Steigpreises anrechnen lassen müsse (§ 114 ZVG), sei eine spätere Vermarktung des Objekts mit steigendem Verlustrisiko verbunden. Dies sei ihr nicht zuzumuten.
5Dem Antrag des Gläubiger-Vertreters ist zu folgen.
6Bereits mit Antrag vom 21.03.2012 wurde unter Vorlage eines Attestes beantragt, das Verfahren gem. § 765a ZPO wegen unzumutbarer Härte längstens für 3 Monate auszusetzen. (Bl. 125 -128 d.A.).
7Der behandelnde Arzt bescheinigte damals die langjährige Behandlung der Patientin wegen vorhandener Angstzustände und stellte auf Grund von verschiedenen persönlichen Schicksalsschlägen eine Exazerbation (d.h. die deutliche Verschlimmerung der Symptome einer bereits bestehenden, in der Regel chronischen Erkrankung) fest. Daher sollten aus seiner Sicht weitere „äußere Umstände“, insbesondere die Zwangsversteigerung von der Patientin ferngehalten werden.
8Dem am Tag vor dem Versteigerungstermin gestellten Antrag ist das Gericht durch Aussetzung der Entscheidung über den Zuschlag gefolgt.
9Damit verbunden waren jedoch Auflagen. Auf den Beschluss vom 22.03.2012 (Bl. 135 d.A.) wird Bezug genommen. Insbesondere wurde auch die Auflage erteilt, ggfls. durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens nachzuweisen, dass trotz aller aufgeführten – und weiterer evtl. von fachkundigen Medizinern vorgeschlagenen - Hilfsmaßnahmen nachzuweisen, dass der Verlust des Hauses nicht zu verkraften sei.
10Ein solches Gutachten wurde offenbar bis heute nicht erstellt. Das eingeschaltete Betreuungsgericht (4x XVII xxx/12) hat festgestellt, dass eine Betreuung nicht einzurichten sei und geht offenbar nicht von einer akuten Gefährdung der Schuldnerin aus. Dasselbe gilt für die angehörte Betreuungsstelle des P. Kreises. (Vergl. Bl. 166-167 d.A.) Deren Sachbearbeiter gegenüber haben beide Schuldner erklärt, dass die Versteigerung des Eigenheimes sie sehr belaste, da ein Traum zu Ende gehe. Letztendlich sei ihnen klar, dass auch durch die Einrichtung einer Betreuung die Versteigerung nicht zu verhindern sei.
11Unabhängig davon, dass dies nicht der Grund für die Anregung seitens des Versteigerungsgerichts an das Betreuungsgericht war, die Einrichtung einer Betreuung zu prüfen, sondern die drohende Suizidsituation so abzumildern, dass diese auch durch Zuschlagsentscheidung nicht mehr (weiter) bestehe, geht aus dem gesamten Bericht jedoch hervor, dass beiden Schuldnern klar ist, dass sie die Versteigerung auf Dauer nicht verhindern können. Die finanzielle Situation lässt es offenbar nicht zu, das Eigentum auf Dauer zu halten.
12Alleine die Tatsache, dass diese Situation durch unglückliche Umstände herbeigeführt wurde (nicht gelungener Verkauf des früheren Eigenheims und daher Deckungslücke bei der Finanzierung der jetzigen Immobilie) und der für alle Versteigerungsverfahren zutreffende Grund, dass der Verlust des Eigenheimes für die Betroffenen eine hohe Belastung darstellt, kann nicht zur Versagung des Zuschlags oder einer weiteren Aussetzung der Entscheidung führen.
13Letztendlich wird auch durch das heute vorgelegte Attest keine akute Suizidgefährdung mehr bescheinigt. Vielmehr attestiert der behandelnde Arzt, dass eine weitestgehende Stabilisierung des Gesundheitszustandes eingetreten sei. Die Patientin jedoch weiterer ambulanter Behandlung bedürfe.
14Letzteres ist angesichts der chronischen Erkrankung der Schuldnerin auch nicht anders zu erwarten. Eine weitere Therapie bei dem Arzt ihres Vertrauens kann unter Umständen besonders hilfreich sein, den nicht auf Dauer zu verhindernden Verlust des Eigentums zu verkraften.
15Darüberhinaus bedeutet die Erteilung des Zuschlags noch nicht, dass die Schuldner ihr Heim sofort verlassen müssen. Es wird anheimgestellt, mit der Ersteherin eine Nutzungsregelung zu treffen, die evtl. den Verbleib im Hause bis zu einem Weiterverkauf des Objekts sichert. Selbst wenn eine solche (entgeldliche Regelung) nicht getroffen werden kann, ist den Schuldnern eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren, in der sie sich eine neue Bleibe suchen können.
16Nach Abwägung aller Interessen, auch derjenigen der Gläubigerin, einen weiteren finanziellen Verlust zu vermeiden, ist daher der Antrag der Schuldner, auf erneute Aussetzung der Entscheidung, zurückzuweisen.
17Gegen diese Zuschlagsentscheidung kann binnen 2 Wochen sofortige Beschwerde sowohl beim Amtsgericht H. als auch beim Landgericht L. eingelegt werden. Die Frist beginnt für alle im Versteigerungstermin oder im Verkündungstermin erschienenen bzw. vertretenen Beteiligten mit dem heutigen Tag, für die übrigen Beteiligten mit der Zustellung dieser Entscheidung.
18Gummersbach, 20.06.2012
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