Beschluss vom Amtsgericht Gummersbach - 40 VI 564/13
Tenor
Der Erbscheinsantrag vom 10.07.2013 wird zurückgewiesen
1
Gründe
2Die Antragsteller beantragen den Erlass eines Erbscheins, in welchem der Ehemann sowie die drei Nachkommen der Erblasserin als Erben zu je 1/4 aufgeführt sind.
3Dieser Antrag entspricht allerdings nicht der tatsächlichen gesetzlichen Erbfolge hinsichtlich des in Deutschland belegenen Grundbesitzes.
4Nach der gesetzlichen Erbfolge wurden Erben der Ehemann der Erblasserin zu 1/2 und die drei Abkömmlinge der Erblasserin zu je 1/6.
5Der Erbteil des Ehemanns der Erblasserin ergibt sich aus den § 14 II der Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrages zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich vom 28.05.1929, § 1931 I BGB, Art. 15 I, 14 I EGBGB, Art. 15 II türkisches Gesetz über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht, § 1371 I BGB.
6Gemäß § 14 II der Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrages zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich bestimmen sich die erbrechtlichen Verhältnisse in Ansehung des unbeweglichen Nachlasses nach den Gesetzen des Landes, in dem dieser Nachlass liegt und zwar in der gleichen Weise, wie wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes Angehöriger dieses Landes gewesen wäre. Somit findet vorliegend deutsches Erbrecht Anwendung. Nach § 1931 I BGB beträgt der Erbteil des Ehemanns der Erblasserin danach 1/4.
7Dieser Erbteil wird um ein weiteres Viertel erhöht. § 1371 I BGB findet zwar direkt keine Anwendung, da dies eine güterrechtliche Vorschrift ist und die Erblasserin sowie ihr Ehemann nicht im deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet waren, allerdings wird auf das deutsche Güterrecht verwiesen, sodass die Norm vorliegend Anwendung findet.
8Gemäß Art. 15 I, 14 I EGBGB verweist das deutsche IPR für die Frage, welches Güterrechtsstatut Anwendung findet, auf das türkische IPR, da sowohl die Erblasserin als auch ihr Ehemann türkische Staatsangehörige sind bzw. waren. Das türkische IPR nimmt die Verweisung allerdings nicht an. Art. 15 II des türkischen Gesetzes über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht sieht vor, dass auf die güterrechtliche Auseinandersetzung hinsichtlich unbeweglicher Sachen das Recht des Landes angewandt wird, in dem die belegen sind. Folglich verweist das türkische IPR auf das deutsche IPR zurück. Gemäß Art. 4 I 1 EGBGB nimmt das deutsche IPR die Rückverweisung an. Somit findet § 1371 I BGB Anwendung. Dieser Anwendung steht auch nicht entgegen, dass die Erblasserin und ihr Ehemann nicht im deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten sondern im Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, denn die Verweisung des Art. 15 II türkisches IPR würde leer laufen, wenn allein aufgrund dessen § 1371 I BGB keine Anwendung finden würde. Die Anwendung von § 1371 I BGB ist gerade auch deshalb angebracht, weil die deutsche Zugewinngemeinschaft und die türkische Errungenschaftsbeteiligung vergleichbar sind.
9Die von den Antragstellern angegebenen Entscheidungen rechtfertigen vorliegend keine abweichende rechtliche Beurteilung.
10Der Entscheidung des BGH (NJW-RR 2013, 201) lag ein anderer Fall zugrunde. Vorliegend verweist das deutsche IPR auf das türkische IPR, welches auf deutsches Recht zurückverweist. In dem vom BGH entschiedenen Fall verwies das deutsche IPR auf deutsches Güterrecht. Im Ergebnis aber ist in beiden Fällen § 1371 I BGB neben dem deutschen Erbrecht mit der Folge anwendbar, dass der Erbteil des Ehemannes der Erblasserin ½ beträgt.
11Auch der Entscheidung des OLG Stuttgart (NJW-RR 2005, 740) lag ein anderer Fall zugrunde. In diesem ging es um die Anwendung deutschen Güterrechts neben ausländischem Erbrecht, welche nicht aufeinander abgestimmt seien. Vorliegend geht es aber gerade um die Anwendung deutschen Erbrechts neben deutschem Güterrecht, welche natürlich aufeinander abgestimmt sind.
12Rechtsbehelfsbelehrung:
13Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Gummersbach, Moltkestr. 6, 51643 Gummersbach schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Soweit sich die Beschwerde nur gegen die Kostenentscheidung richtet, ist diese nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.
14Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
15Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht – Gummersbach eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
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