Beschluss vom Amtsgericht Hagen - 05-1965642-00-N
Tenor
Der Erinnerung wird stattgegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Rechtssache wird der Rechtspflegerin zur weiteren Bearbeitung unter Beachtung des Inhaltes dieser Entscheidung zurück übertragen.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
1
Gründe
2Der Antragsteller begehrt den Erlass eines Mahnbescheides über 6.221,84 €.
3Er bezeichnet den Anspruch in Zeile 36 und 37 des Vordruckes:
4"Pachtvertrag, Forderung ist gleichzeitig Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung gem. § 823 BGB i. V. m. § 263 StGB..."
5Mit Beschluss vom 10.06.2005 ist der Antrag auf Erlass des Mahnbescheides zurückgewiesen worden.
6Als Begründung wird angeführt:
7Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 05.04.2005 -VII Z B 17/05- habe der Antragsteller kein Rechtsschutzinteresse an der Aufnahme der Forderungsbezeichnung "unerlaubte Handlung". Mit der Aufnahme einer solchen Bezeichnung würde eine Feststellung getroffen, die über die reine Titulierung vermögensrechtlicher Ansprüche hinausgehe.
8Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Erinnerung.
9Die Erinnerung ist begründet.
10Der Antragsteller macht eine Geldforderung geltend, die er aus einem tatsächlichen Geschehen herleitet. Diese eine Geldforderung bezeichnet er zweifach. Als ihren Rechtsgrund gibt er an: "Pachtvertrag" und "gleichzeitig Forderung aus unerlaubter Handlung gem. § 823 BGB". Mit der zweifachen Bezeichnung des einen Anspruches wird die geltend gemachte Forderung nicht zu einer teilbaren Forderung. Die Forderung ist und bleibt eine -ungeteilte- Geldforderung. Infolgedessen führt die Verweigerung der Aufnahme eines Rechtsgrundes in den Mahnbescheid auch nicht dazu, das der Mahnbescheid wegen eines Teils des Anspruches nicht erlassen werden kann. § 691 Abs. 2 ZPO betrifft den Fall, dass ein der Höhe nach geringer Anspruch dem Antragsteller zusteht, vgl. Zöller § 691 Rdnr. 2).
11Wenn die Aufnahme eines Rechtsgrundes (unerlaubte Handlung) in den Mahnbescheid nicht zulässig ist -wie im angefochtenen Beschluss entschieden- dann wäre allein diese Aufnahme zurückzuweisen gewesen. Dem Erlass des Mahnbescheides im übrigen mit dem -offensichtlich zulässigen- anderen Rechtsgrund (Pachtvertrag) dürfte aber nichts entgegenstehen.
12Infolgedessen war allein schon deswegen die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
13Nach der ständigen Rechtssprechung des nunmehr erkennenden Gerichtes - vgl. u. a. 04-1940118-00-N- handelt es sich bei der Forderungsbezeichnung "unerlaubte Handlung" um eine im Mahnverfahren zulässige Bezeichnung. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 05.04.2005 -VI Z B 17/05- gibt dem nunmehr erkennenden Gericht keine Veranlassung, seine bisherige Rechtsansicht zu ändern.
14Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes befasst sich einzig mit der Rechtsfrage, ob ein Vollstreckungsbescheid, in dem der Anspruch als ein "Anspruch aus unerlaubter Handlung" bezeichnet ist, dem Gläubiger die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen der Vollstreckung nach § 850 f Abs. 2 ZPO privilegiert vollstrecken zu können. Dazu, ob eine solche Forderungsbezeichnung im Mahnverfahren nicht zulässig ist, wird vom Bundesgerichtshof auch nicht ansatzweise eine Aussage getroffen. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist vielmehr eher das Gegenteil zu entnehmen, nämlich das er von der Wirksamkeit des seinem Fall zugrundeliegenden Vollstreckungsbescheides ausgeht. Würde er dies anders gesehen haben, hätte nichts Näher gelegen als dieses zu problematisieren. Hätte der Vollstreckungsbescheid nämlich einen unzulässigen Inhalt, wäre -grundsätzlich- schon die Vollstreckung aus diesem nicht zulässig (vgl. im Einzelnen Baumbach/Lauterbach, Überblick vor 300 Rdnr. 10 ff. und Grundzüge vor 704 Rdnr. 16). Wäre der Vollstreckungsbescheid aber kein zulässiger Titel, wäre auf die -nachgelagerte- vom Bundesgerichtshof entscheidende Rechtsfrage- der privilegierten Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid überhaupt nicht mehr einzugehen gewesen.
15Der Bundesgerichtshof befasst sich in seiner Entscheidung ausschließlich mit der vollstreckungsrechtlichen Folge in Bezug auf § 850 f ZPO. Die privilegierte Vollstreckung wird verneint, weil im Mahnverfahren eine materiell rechtliche Prüfung des Anspruches der Antragsteller nicht erfolgt. Diese Aussage des Bundesgerichtshofes gilt aber ausnahmslos für alle im Mahnverfahren geltend gemachten Geldforderungen. Keine Forderung wird im Mahnverfahren auf ihre materielle Berechtigung hin geprüft. Dies ist keine Besonderheit bezüglich einer Forderung aus unerlaubter Handlung. Deshalb können - nach Meinung des nunmehr erkennenden Gerichtes - aus den Ausführungen des Bundesgerichtshofes auch nicht die im angefochtenen Beschluss gemachten Folgerungen gezogen werden.
16Das Mahnverfahren ermöglicht die Geltendmachung von Geldforderungen - gleich aus welchem Rechtsgrunde -, vgl. § 688 Abs. 1 ZPO. Irgendeine Einschränkung bezüglich des Rechtsgrundes, aus dem die Forderung hergeleitet wird, findet sich im Gesetz nicht.
17Das Gesetz fordert weiter vom Antragsteller, dass er seine Geldforderung "bezeichnet", vgl. § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Nach allgemeiner Meinung - vgl. im Einzelnen die Entscheidung des erkennenden Gerichtes vom 02.07.2004, a. a. O. und Zöller, § 690 Rdnr 14 m. w. Nw.) - ist die Angabe des Rechtsgrundes eine zulässige Anspruchsbezeichnung. Dies ist -s. o.- auch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht anders zu beurteilen.
18Die Bezeichnung "unerlaubte Handlung" ist ein gesetzlicher Rechtsgrund, vgl. § 823 BGB. Über die materielle rechtliche Qualität und damit auch über eventuelle vollstreckungsrechtliche Folgen wird mit der Aufnahme des Rechtsgrundes in den Vollstreckungsbescheides durch das Mahngericht nichts festgestellt (vgl. BGH. a. a. O.) Die Anspruchsbezeichnung als solche hat somit nachfolgend keine weiteren Folgen.
19Infolgedessen werden - entgegen der angefochtenen Entscheidung- durch die Aufnahme eines Rechtsgrundes - auch nicht der der unerlaubten Handlung- im Mahnverfahren keine Feststellungen getroffen, die über die reine Titulierung hinausgehen.
20Somit ist auch jeglicher -zulässiger Rechtsgrund- als Anspruchsbezeichnung im Vollstreckungsbescheid zuzulassen.
21Da die vom Antragsteller gemachte Forderungsbezeichnung ein zulässiger Rechtsgrund ist, hat er auch ein rechtliches Interesse an der Aufnahme dieser Bezeichnung in den Mahnbescheid.
22Die Entscheidung der Rückübertragung auf die Rechtspflegerin stützt sich auf § 577 ZPO.
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Referenzen
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