Beschluss vom Amtsgericht Hagen - 8 III 152/06
Tenor
Die Berichtigung des Geburtenbuches des Standesamts
L.. Nr. .. dahin, dass der Familienname des
Vaters und des Kindes K..s..is lautet, die Mutter den Ehenamen
K..s..ou führt und der Vorname des Kindes G. lautet , wird
abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Vater als Antragsteller.
1
Der Gegenstandswert wird festgesetzt auf 4.000,00 Euro.
2G r ü n d e:
3Frau Ch..s. K..s..ou hat am in L. einen Sohn geboren, der im Geburtenbuch des Standesamts L Nr. eingetragen worden ist. Die Mutter ist mit dem Vornamen "Ch..ss", dem Familiennamen "K..ss..ou" und dem Geburtsnamen "S....k..ou", der Vater mit dem Vornamen "V.ss..os" und dem Familiennamen "K..ss..is" und das Kind mit dem Vornamen "Ch....os" und dem Familiennamen "K..ss..is" im Geburtseintrag beurkundet worden. Der Kindesvater ist im Jahr 1965 und die Kindesmutter im Jahr 1966 nach Deutschland gekommen. Von 1965 bis zum Jahr 2001 und damit über einen Zeitraum von mehr als 35 Jahren hatten die Eltern griechische Nationalpässe, in welchen ihre Familiennamen eingetragen waren mit "C..ss..is" bzw. "C..ss..ou". Erstmals in den neuen aktuellen Pässen sind die Schreibweisen geändert worden in "Ch..s. K..s..ou" und "V.s...os K..s..is". Eine Berichtigung der Schreibweise der Vornamen der Eltern ist nicht beantragt. Der Vater beantragt jedoch die Berichtigung des Familiennamens dahin, dass dieser für ihn und den Sohn "K..s..is" und für die Mutter "K..s..ou" geschrieben wird, der Vorname des Sohnes soll in die Schreibweise "G......os" berichtigt werden.
4Die beantragten Berichtigungen waren abzulehnen. Nach § 47 PStG ist eine Eintragung in einem Personenstandsbuch auf Antrag eines Beteiligten zu berichtigen, wenn die Eintragung bereits im Zeitpunkt der Beurkundung falsch war. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Die Kindeseltern hatten im Zeitpunkt der Geburt des Sohnes ausschließlich die griechische Staatsangehörigkeit. Der Name einer Person unterliegt nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB dem Recht des Staates, dem die Person angehört, hier also dem griechischen Recht. In Griechenland werden griechische Buchstaben und nicht die lateinische Schreibweise benutzt. Soweit das griechische Generalkonsulat in Köln in seiner Bescheinigung ausführt, die Namen seien nach der Transliterationsnorm ELOT aus der griechischen Schrift in die lateinische Schrift zu übertragen, so ist das nicht richtig und verstößt gegen deutsches Recht. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 27.10.1993 (StAZ 1994, 42 ff) festgestellt, dass der in einem Reisepass auch in lateinischen Schriftzeichen wiedergegebene Name ohne Transliteration oder sonstige Veränderungen in einen deutschen Personenstandseintrag zu übernehmen ist, auch wenn die im Pass eingetragene lateinische Schreibweise gegen die geltenden Transliterationsnormen verstößt.
5Soweit die Auffassung vertreten wird, diese Rechtsprechung gelte nicht für Beurkundungen aus der Zeit vor Erlass des Beschlusses vom 27.10.1993, ist dies nicht richtig. Der Bundesgerichtshof hat einen Fall entschieden, in welchem es um eine Beurkundung ging, die viele Jahre zurücklag. Wenn für diesen Fall aus der Zeit vor dem Jahr 1993 gilt, dass die Schreibweise aus dem Pass im Beurkundungszeitpunkt ohne Veränderungen zu akzeptieren ist, so ist nicht ersichtlich, warum andere Fälle aus der Zeit vor 1993 nicht genauso zu behandeln sind. Im Jahr 1968 wurde zwar für die Umschreibung von griechischen Buchstaben in die lateinische Schrift die ISO-Norm R843-1968 in Kraft gesetzt, welche sowohl in Deutschland als auch in Griechenland durch Staatsvertrag als verbindlich vereinbart wurde. Die griechischen Behörden haben sich dennoch nicht daran gehalten. Nach der ISO-Norm R843-1968 wird der Familienname des Vaters "K..s..is" und der Familienname der Mutter "K..s..ou" und der Vorname des Sohnes "G......os" geschrieben. Dennoch war die Berichtigung abzulehnen. Die Geburtsbeurkundung der lateinischen Schreibweise der Familiennamen der Kindeseltern erfolgte aufgrund einer deutschen Übersetzung der Heiratsurkunde. Eine Übersetzung kann jedoch nicht Rechtsgrundlage für die richtige lateinische Schreibweise sein, da ein Dolmetscher rechtlich nicht befugt ist, die Namensführung von griechischen Staatsangehörigen in Deutschland verbindlich festzulegen. Maßgebend ist vielmehr die von den Betroffenen persönlich seit der Übersiedlung in Deutschland benutzte lateinische Schreibweise, zumindest wenn diese mit der lateinischen Schreibweise in dem griechischen Pass übereinstimmt, diese Schreibweise hat Vorrang vor der Übertragung nach der ISO-Norm. Die Namen der griechischen Staatsangehörigen wurden in Deutschland bei den Ausländerämtern immer in der lateinischen Schreibweise aus dem griechischen Nationalpass geführt. Das war 1965 im Zeitpunkt der Einreise des Kindesvaters so, daran hat sich bis heute nichts geändert. Weil die Griechen bei der Übersiedlung nach Deutschland fast ausnahmslos die lateinische Schrift nicht kannten und die Ausländerbehörde für sie eine wichtige Stellung hatte, drängte es sich für sie auf, die lateinische Schreibweise der Namen aus ihrem Pass im Alltag zu übernehmen. Auf diese Weise haben sie ihre Namen viele Jahre oder gar Jahrzehnte gebraucht.
6Dies wird durch die Ausländerakten der Kindeseltern bestätigt, in welchen sich Bescheinigungen des Arbeitgebers und des Vermieters, eine Schulbescheinigung des Sohnes und andere Unterlagen befinden. Die Eltern haben den Familiennamen mehr als 35 Jahre in der Schreibweise "C..ss..is" bzw "C..ss..ou" geführt. Durch das Inkraftsetzen der ISO Norm im Jahr 1968 konnte den Eltern für ihre Namen keine abweichende lateinische Schreibweise aufgezwungen werden. In Übereinstimmung mit der späteren Rechtsprechung des BGH vom 27.10.1993, welche der BGH nicht neu erfunden, sondern insoweit nur eine bereits vorher bestehende Rechtsauffassung bestätigt hat, gilt auch für alle Altfälle aus der Zeit vor dem Jahr 1993, dass die lateinische Schreibweise aus dem Pass maßgebend ist, wenn diese mit der Namensführung im Alltag übereinstimmt. Im Zeitpunkt der Geburt des Sohnes hatten beide Eltern einen griechischen Nationalpass, in welchem ihre Familiennamen in der Schreibweise "C..ss..is" bzw "C..ss..ou" eingetragen waren. Eine Berichtigung in die Schreibweise "K..ss..is" bzw "K..ss..ou" ist damit unzulässig, da im Zeitpunkt der Beurkundung eine Unrichtigkeit des beurkundeten Inhalts nicht gegeben war.
7Der Geburtseintragung ist nicht rückwirkend dadurch unrichtig geworden, dass die neu ausgestellten Pässe erstmals nach 35 Jahren eine geänderte lateinische Schreibweise der Namen enthalten. Wenn die griechischen Behörden Jahre später bei der Neuausstellung eines Passes die Schreibweise der Namen ändern, wie dies bei den griechischen Konsulaten nach den Erfahrungen der Unterzeichnenden aus mehr 20 Jahren Tätigkeit in Personenstandssachen keine Ausnahme, sondern die Regel ist, so ist dies für die Schreibweise der Namen in den bereits abgeschlossenen deutschen Personenstandsbeurkundungen rechtlich unbeachtlich. Soweit die Entscheidungen des KG vom 04.04.2000 (StAZ, 2000, 216 f) und des OLG Hamm vom 02.02.2006 (15 W 303/05) dahin missverstanden werden, dass aufgrund eines später ausgestellten Passes stets eine Berichtigung der zeitlich früheren deutschen Personenstandsbeurkundung zulässig sei, so ist das nicht richtig. Eine solche Auffassung verstößt gegen § 47 PStG, weil nicht beachtet wird, dass eine Berichtigung nur erfolgen darf, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen oder aber ein Sachverhalt, der eine analoge Anwendung rechtfertigt. Ein späterer Pass berechtigt nur dann zu einer Berichtigung, wenn keine Anhaltspunkte bestehen, dass die Schreibweise in dem späteren Pass von der Schreibweise in den früheren Pässen abweicht. Im vorliegenden Fall sind nicht nur solche Anhaltspunkte gegeben, es steht sogar fest, dass die Schreibweise der Namen in den neuen Pässen von der Schreibweise in den früheren Pässen abweicht. Bei dieser Sachlage ist eine Berichtigung unzulässig, da die Änderung der Schreibweise der Namen durch die griechischen Behörden bei der späteren Neuausstellung eines Passes keinerlei Rückwirkung hat. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 27.10.1993 (StAZ 1994, 42 ff) lässt keinen Zweifel daran, dass es keine richtige oder falsche Transliteration von Namen aus der griechischen Schrift in die lateinische Schrift gibt, sondern die von den griechischen Behörden in den Pass eingetragenen lateinischen Schreibweisen sind für die Geltungsdauer des jeweiligen Passes zu akzeptieren. Folglich kann diese zu akzeptierende Schreibweise später auch nicht "berichtigt", sondern nur geändert werden.
8Spätere Namensänderungen fallen nicht unter § 47 PStG, sondern sind analog § 30 PStG zu behandeln (vgl. AG München StAZ 2005, 79). Dies wird nach einer Mitteilung von anderen Standesbeamten aus dem hiesigen Landgerichtsbezirk so auch auf Fortbildungsveranstaltungen für Standesbeamte in Bad Salzschlierf gelehrt. Es ist Sache des Standesbeamten, eine geänderte Schreibweise ohne gerichtliche Anordnung in eigener Zuständigkeit durch einen Randvermerk beizuschreiben, nachdem ihm ein entsprechender Pass vorgelegt worden ist. Sollte der Standesbeamte dies ablehnen, so kann der Betroffene das Ablehnungsschreiben des Standesbeamten bei Gericht vorlegen und bei Gericht beantragen, den Standesbeamten zur Beischreibung der neuen lateinischen Schreibweise der Namen durch einen Randvermerk anzuweisen.
9Auch die Schreibweise des Vornamens des Sohnes kann nicht berichtigt werden. Soweit der Standesbeamte auf jene Rechtsprechung hinweist, nach welcher ein griechisches Kind seinen Vornamen nicht bereits mit der Geburtsbeurkundung, sondern erst mit der Taufe erhalten hat, ist diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Im Jahr 1976 sind die griechischen Gesetze dahin geändert worden, dass das Kind seinen Vornamen rechtswirksam mit der Geburtsbeurkundung durch den Standesbeamten erhält. Das Kind ist im Jahr 1978 geboren und hat seinen Vornamen mit der Eintragung in das deutsche Geburtenbuch am 03.04.1978 bekommen. In der Akte des Standesamts befindet sich ein Aktenvermerk, in welchem festgelegt ist, dass das Kind den Vornamen "Ch......os" erhält, diese Erklärung ist von dem Kindesvater unterschrieben. In dem Berichtigungsantrag hat der Kindesvater eingeräumt, das seiner Frau und ihm damals die "richtige" lateinische Schreibweise des Vornamens des Sohnes nicht bekannt war und er darauf vertraut habe, dass der Standesbeamte den Vornamen richtig übertragen hat. Es war aber Sache der Eltern, sich vorher Kenntnis über die übliche lateinische Schreibweise zu verschaffen. Wenn sie das unterlassen haben, so können sie sich später nicht mehr darauf berufen, dass der Name üblicherweise anders geschrieben wird. Wenn sie die übliche Schreibweise nicht kannten, so entsprach diese Namensführung auch nicht dem Willen der Eltern im Zeitpunkt der Geburtsbeurkundung. Sie haben sich blind auf die von dem Standesbeamten gewählte Schreibweise verlassen und diese damit als verbindlich festgelegt. Es konnte auch eine von der üblichen abweichende Schreibweise gewählt werden. Wenn der BGH es den griechischen Behörden gestattet, die Namen der in Griechenland geborenen Staatsangehörigen ohne Bindung an Transliterationsnormen in die lateinische Schrift zu übertragen, so steht dieses Recht auch den Eltern für die in Deutschland geborenen Kinder zu. Eine Berichtigung ist danach nicht zulässig. Der Sohn kann jedoch von dem Standesbeamten verlangen, dass der Standesbeamte in eigener Zuständigkeit ohne gerichtliche Anordnung analog § 30 PStG durch einen Randvermerk im Geburtenbuch einträgt, dass der Sohn mit Wirkung ab Vorlage eines entsprechenden griechischen Passes seinen Vornamen in der Schreibweise "G......os" führt.
10Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 48 PStG, 13 a FGG.
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