Urteil vom Amtsgericht Halle (Saale) - 120 C 4155/08

Tenor

1. Die Behebung der mangelhaften Wärmezirkulation durch Einbau von thermischen Strangregulierventilen unter Finanzierung aus der bestehenden Instandhaltungsrücklage ist beschlossen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Parteien bilden gemeinsam die W. Halle. Die Kläger machten auf der Grundlage eines privat eingeholten Gutachtens geltend, die Gebrauchswarmwasserversorgung berge Krankheitsrisiken. In der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 12.09.2008 brachten sie einen Beschlussvorschlag ein, wonach Strangregulierventile eingebaut werden sollten, bei einer Finanzierung aus dem laufenden Hausgeld. Der Beschluss wurde mehrheitlich abgelehnt (Bl. 28).

2

Nunmehr wollen die Kläger ihr Ziel gerichtlich durchgesetzt wissen. Sie begehren – inzwischen – eine Finanzierung aus der Instandhaltungsrücklage (von gut 14.000,00 EUR), da – unstreitig – das laufende Hausgeldkonto hierfür nicht ausreicht.

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Die Kläger beantragen,

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die Beklagten zu verpflichten, der Behebung der mangelhaften Wärmezirkulation durch Einbau von thermischen Strangregulierventilen unter Finanzierung aus der Instandhaltungsrücklage zuzustimmen.

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Die Beklagten beantragen,

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die Klage abzuweisen.

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Sie meinen zum einen, die Maßnahme sei bereits nicht erforderlich. Im Übrigen bestünden technisch andere Möglichkeiten, etwaige Mängel bei der Wasserqualität abzustellen. Zudem handele es sich allenfalls um einen Baumangel, die Kläger müssten sich an den Verkäufer des Objekts wenden.

8

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, dessen Inhalt in Bezug genommen wird (Bl. 120 – 135 d. A.).

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Nach Gutachteneinholung strebten die Beklagten im Wege des Umlaufbeschlusses eine Regelung an mit folgendem Inhalt:

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„Die Gemeinschaft beschließt, dem Klageantrag der Parteien G. in Teilen zu folgen. Die Gemeinschaft erkennt den Mangel an und beschließt das Einverständnis zum Einbau der Strangregulierventile. Zur Umsetzung der streitgegenständlichen Maßnahme haben die Kläger die Gelegenheit, ihren Gewährleistungsanspruch beim Bauträger durchzusetzen.“

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Dieser Beschlussvorschlag wurde von sämtlichen Beklagten unterzeichnet.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat Erfolg.

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Materiell-rechtlich besteht ein Anspruch der Kläger, die begehrte Maßnahme durchzuführen (§ 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG). Hiernach hat jeder Wohnungseigentümer ein Recht auf ordnungsgemäße Verwaltung des Objektes. Hierzu gehört die ordnungsgemäße Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums.

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Wohl steht dabei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Verwaltung grundsätzlich gemeinschaftlich zu (§ 21 Abs. 1 WEG). Indes verdichtet sich die Entscheidungsfreiheit der Wohnungseigentümer dann in eine einzige Richtung, wenn die anderen Wege zu einem nicht vertretbaren Ergebnis führen. So liegt es hier. Ausweislich des eingeholten Sachverständigengutachtens sind nach der Richtlinie W 551 der DVGW (Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches), die den anerkannten Stand der Technik darstellen, thermische Strangregulierventile einzubauen. Ansonsten kann ein hygienisch einwandfreier Betrieb nicht gewährleistet werden. Insbesondere das von den Beklagten alternativ genannte Einbauen weiterer Zirkulationspumpen würde das Problem der zu geringen Wassertemperatur mit möglicher Legionellenbildung nicht lösen, da – nach den Feststellungen des Sachverständigen – diese die hydraulischen Probleme in dem Objekt nur noch verstärken würden (Bl. 129). Vielmehr ist danach der Einbau von Strangregulierventilen zwingend notwendig, um den gesundheitsgefährdenden Zustand zu beenden.

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Die Beklagten können die Kläger auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, jene möchten sich (jedenfalls zunächst) an den Bauträger halten. Dafür kann offen bleiben, ob den Klägern gegen den jeweiligen Veräußerer der Wohnungseigentumsobjekte werkvertragliche Ansprüche zustehen. Denn dies entbindet die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht von einer Mitwirkung daran, die erforderliche Instandsetzung selbst in Angriff zu nehmen. Zu der dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört die Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG). Dem steht die Herstellung des Gemeinschaftseigentums gleich. Die Beseitigung anfänglicher Mängel des Gemeinschaftseigentums berührt die Interessen der Wohnungseigentümer in gleicher Weise wie die Behebung von Mängeln, die später – etwa nach Ablauf der Gewährleistungsfrist – auftreten (BGH vom 15.01.2010, VZR 80/09).

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Verfahrensrechtlich war das Gericht befugt, die von den Wohnungseigentümern vorzunehmende Handlung selbst vorzunehmen, das heißt im vorliegenden Fall, den fraglichen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung zu erlassen. Wenn die Wohnungseigentümer verpflichtet sind, einen bestimmten Beschluss zu fassen, so handelt es sich hierbei um eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme (im Sinne von § 21 Abs. 8 WEG).

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Dabei ist zwar grundsätzlich die Wohnungseigentümerversammlung primär zuständig für die Beschlussfassung, insbesondere auch für die nähere Ausgestaltung einer Maßnahme (BGH vom 15.01.2010, V ZR 114/09). Indes kann das Gericht im Einzelfall die Ausübung der Ermessensentscheidung an sich ziehen.

18

Das ist zum einen der Fall, wenn der Ermessensspielraum der Wohnungseigentümerversammlung für eine Beschlussfassung auf null reduziert ist (z. B. für das „ob“ einer Maßnahme, OLG München vom 22.12.2009, 32 WX 82/09). So ist die Lage hier zu der Frage, ob überhaupt eine Instandhaltungsmaßnahme durchzuführen ist, die die hygienischen Risiken in der Warmwasserversorgung beseitigt.

19

Gleiches gilt, wenn sich die Wohnungseigentümerversammlung mehrheitlich weigert, eine den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechende Entscheidung herbeizuführen (LG Berlin vom 17.06.2008, 55 S 23/08). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

20

Dies betrifft zunächst die Auswahl der Instandsetzungsmaßnahme. Die von den Beklagten als Alternative genannte Einbaumöglichkeit von Zirkulationspumpen ist nach dem Sachverständigengutachten nicht geeignet. Anderweitige Instandsetzungsmaßnahmen werden von den Beklagten nicht konkret benannt und sind jedenfalls nicht beschlossen worden; weder seinerzeit in der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.09.2008 noch im Zuge des gerichtlichen Verfahrens.

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Darüber hinaus zieht das Gericht die Entscheidung über die Art und Weise der Finanzierung an sich. Die Kosten der Maßnahme sind von der Wohnungseigentümergemeinschaft gemeinsam zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG). Dafür kommen drei Wege in Frage: Die Finanzierung aus dem laufenden Hausgeld, die Erhebung einer Sonderumlage oder der Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage. Die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst hat hierzu keinen Mehrheitsbeschluss zu fassen vermocht. Selbst der Versuch des Umlaufbeschlusses (für dessen Gültigkeit ohnehin die schriftliche Zustimmung der Kläger fehlt, § 23 Abs. 3 WEG) nach Einholung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens enthält hierzu keine Regelung, da die Kostentragung ersichtlich allein den Klägern überlassen bleiben sollte. Das laufende Hausgeldkonto wäre mit den voraussichtlichen Kosten laut Gutachten (knapp 2.000,00 EUR) überlastet. Da andererseits die Instandhaltungsrücklage (mit gut 14.000,00 EUR) noch ein deutliches Polster aufweist, hält es das Gericht für zweckmäßig, ohne aktuelle Sonderumlage auf den Betrag zurückzugreifen.

22

Der Kostenausspruch ergibt sich aus § 91 ZPO. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass die Kläger ihren ursprünglichen Antrag zu Ziff. 1 (Ungültigerklärung des Negativbeschlusses vom 12.09.2008, Bl. 17) zurückgenommen haben. Dies wirkt sich aber deshalb auf die Kostenquote nicht aus, da jenem Anfechtungsantrag keine eigene wirtschaftliche Bedeutung zukam; entscheidend war allein das Rechtschutzziel der Kläger, positiv eine Instandsetzungsregelung zu erreichen.

23

Auch für die Streitwertfestsetzung (§ 49 a GKG) blieb daher der ursprüngliche Anfechtungsantrag ohne Bedeutung.

24

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

25

Beschluss

26

Der Streitwert wird auf 1.200,00 EUR festgesetzt.


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