Beschluss vom Amtsgericht Halle (Saale) - 103 II 107/12
Tenor
Auf die Erinnerung vom 20. März 2012 wird der Beschluss des Rechtspflegers vom 27. Februar 2012 abgeändert.
Der Antragstellerin wird für die Angelegenheit „Geltendmachung von Rechten wegen Mängeln der Mietwohnung im Haus A.. H… … in … H…“ Beratungshilfe gewährt.
Die Sache wird an den Rechtspfleger zurückverwiesen zur Entscheidung über den Vergütungsfestsetzungsantrag vom 3. Januar 2012.
Gründe
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Der angefochtene Beschluss und die Erinnerung finden sich in der - leider nicht foliierten - Akte 103 II 106/12. Die Erinnerung ist zulässig gemäß § 6 Abs. 2 BerHG in Verbindung mit §§ 11 Abs. 2, 24a RPflG. Die Erinnerung ist auch begründet.
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Die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BerHG liegen vor. Die Antragstellerin hat auch ein Rechtsproblem vorgetragen, welches Beratungsbedarf begründet, nämlich die Geltendmachung von Rechten wegen Mängeln der Mietwohnung.
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Entgegen der Ansicht des Rechtspflegers sind von der Antragstellerin auch keine weiteren Eigenbemühungen als die mündlich bereits vorgenommenen zu verlangen.
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Im Ansatz zutreffend weist allerdings der Rechtspfleger darauf hin, dass vor Beantragung von Beratungshilfe der Rechtssuchende regelmäßig schriftlich versuchen muss, das Problem selbst zu lösen: Oft stellt sich erst nach erfolglosen Eigenbemühungen heraus, ob ein Beratungsbedarf begründendes Rechtsproblem überhaupt vorliegt (Beschluss des Gerichts vom 4. Februar 2011, Az. 103 II 4313/10, veröffentlicht bei juris).
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Allerdings betrifft diese Rechtssprechung in erster Linie die Abwehr von gegen den Rechtssuchenden geltend gemachten Forderungen. Vorliegend geht es aber um die Geltendmachung eines Anspruchs des Rechtssuchenden gegen einen anderen. Hier ist zu prüfen, welche Rechte dem Rechtssuchenden (der Mieterin einer Wohnung) überhaupt zustehen (Mietminderung, Zurückbehaltungsrecht, Mangelbeseitigungsanspruch, Schadensersatzanspruch, fristlose Kündigung etc.) Schon dies kann ein juristischer Laie nur schwer beurteilen. Bei der Frage der Mietminderung, des Zurückbehaltungsrechts und des Schadensersatzanspruchs ist auch die Frage zu beantworten, in welcher Höhe derartige Rechte ausgeübt werden sollen. Dies ist für einen juristischen Laien erst recht nicht zu beurteilen. Zu bedenken ist auch, dass eine unberechtigte Mietminderung sogar zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter wegen Zahlungsverzuges führen kann. All dies zeigt, dass weitergehende Eigenbemühungen für die Antragstellerin nicht zumutbar sind.
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Dies gilt umso mehr, als eine Mitarbeiterin der Vermieterin in einem Gespräch bereits eine Verantwortung des Vermieters zurückgewiesen hat.
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Für Schadensersatzansprüche hat das Gericht schon mit Beschluss vom 28. März 2012 (Az. 103 II 6366/11, veröffentlicht bei juris) entschieden, dass die Prüfung der Frage, ob und in welchem Umfang ein durchsetzbarer Anspruch besteht, jedenfalls bei nicht ganz einfacher Sach- und Rechtslage nicht durch Eigenbemühungen zu erledigen ist. Vorliegend gilt nichts anderes.
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Zur Entscheidung über den Vergütungsfestsetzungsantrag ist die Sache an den hierfür zuständigen Rechtspfleger zurückzuverweisen. Im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens wird auch zu prüfen sein, ob die vorliegende Sache dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 2 Abs. 2 BerHG ist wie die Sache 103 II 106/12.
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Referenzen
- §§ 11 Abs. 2, 24a RPflG 2x (nicht zugeordnet)
- § 6 Abs. 2 BerHG 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BerHG 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 Abs. 2 BerHG 1x (nicht zugeordnet)
- 103 II 106/12 2x (nicht zugeordnet)
- 103 II 4313/10 1x (nicht zugeordnet)
- 103 II 6366/11 1x (nicht zugeordnet)