Beschluss vom Amtsgericht Hamm - XVI 84/06
Tenor
wird die beantragte Anerkennung der durch Adoptionsurkunde der Botschaft der Republik Korea vom 6.6.06 festgestellten Adoption der Kinder durch die Adoptiveltern abgelehnt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragsteller beantragen, eine in Südkorea ergangene Adoptionsentscheidung für den deutschen Rechtskreis anzuerkennen und die rechtlichen Wirkungen der Adoption festzustellen.
4Der überreichten Adoptionsurkunde ist zu entnehmen, dass die Antragsteller am 14.4.06 die genannten Kinder in Südkorea adoptiert haben. Es handelt sich um leibliche Kinder des Bruders der antragstellenden Ehefrau und dessen Gattin, die beide in Südkorea leben und geschieden sind. Die Kinder blieben nach der Scheidung beim leiblichen Vater und der Großmutter. Die Kinder haben Erziehungsschwierigkeiten bereitet, sind unter anderem nicht oder nur unregelmäßig zur Schule gegangen. Daher habe man in der Familie beschlossen, dass die Kinder zu Onkel und Tante nach Deutschland gehen sollten, um dort weiter aufgezogen zu werden. Deshalb sei die Adoption durchgeführt worden.
5Dem überreichten Auszug aus dem Familienregister vom 19.4.06 ist nur die Einwilligung des leiblichen Vaters zu entnehmen, nicht jedoch die Einwilligung der leiblichen Mutter. Eine deutsche Fachdienststelle zur Erstellung einer "home study", die nach koreanischem Recht zwingend vorgeschrieben ist, wurde nicht eingeschaltet.
6Seit Mai 2006 halten sich die Kinder in Deutschland im Haushalt der Antragsteller auf. Sie unterhalten intensiven regelmäßigen telefonischen Kontakt zum leiblichen Vater und zur Großmutter.
7II.
8Die koreanische Adoption ist nicht anerkennungsfähig.
9Da die Republik Korea kein Vertragsstaat des Haager Adoptionsübereinkommens (HAÜ) ist, richtet sich die Anerkennungsfähigkeit nach § 16a FGG. Danach ist eine ausländische Entscheidung anzuerkennen, wenn keiner der in § 16a Nr. 1 bis 4 FGG aufgeführten Ausschlussgründe vorliegt. Die Anerkennung ist insbesondere dann ausgeschlossen, wenn sie zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere mit den Grundrechten, offensichtlich unvereinbar wäre.
10Ein wesentlicher Grundgedanke des deutschen Adoptionsrechts ist, dass eine Adoption nur ausgesprochen werden darf, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und wenn bei Ausspruch der Adoption ein Eltern-Kind-Verhältnis zumindest erwartet werden kann. Die Kindeswohlprüfung besteht unter anderem in der Feststellung, dass für das Kind ein Adoptionsbedürfnis besteht.
11Im vorliegenden Fall handelt es sich um Kinder, die beim leiblichen Vater und – nach Scheidung der Ehe der Eltern - bei der Großmutter lebten, also in einem Familienverband, der auch nach hiesigen Vorstellungen nicht unüblich ist. Dass Vater und Großmutter mit den beiden Kindern Erziehungsschwierigkeiten hatten, rechtfertigt kein Verbringen der Kinder aus dem Heimatstaat nach Deutschland, insbesondere auch deshalb nicht, weil sie von ihrem kleineren Bruder getrennt wurden. Es ist nicht ersichtlich, dass den Kindern in Korea angesichts der bestehenden Erziehungsschwierigkeiten nicht auch durch entsprechendes Tätigwerden der Jugendbehörden hätte geholfen werden können. Korea ist ein hochzivilisiertes Land, das sicherlich die entsprechenden Fördermöglichkeiten bietet. Sicherlich können Kinder durch elterliche Anordnung auch durchaus zu Verwandten ins Ausland geschickt werden, um dort besser gefördert zu werden, was allerdings nicht heißt, dass die Kinder zu diesem Zwecke gleich adoptiert werden müssen mit allen daraus resultierenden Konsequenzen.
12Auch das auf allseitigem Einverständnis innerhalb der Familie beruhende Zusammenwirken an der Adoption ändert hieran nichts, da die entsprechenden Rechte der Kinder, bei ihrer Familie und in ihrer Heimat aufzuwachsen, nicht ohne weiteres disponibel sind.
13Nach der UN-Kinderrechtekonvention haben Kinder ein Recht auf Heimat. Nach Art. 21 der Konvention ist es Standard, dass die internationale Adoption als andere Form der Betreuung angesehen werden kann, wenn das Kind nicht in seinem Heimatland in einer Pflege- oder Adoptionsfamilie untergebracht oder wenn es dort nicht in geeigneter Weise betreut werden kann. Diese Voraussetzung liegt ersichtlich nicht vor.
14Der weiterhin bestehende Kontakt der Kinder zum leiblichen Vater und zur Großmutter belegen auch deutlich, dass mit der Adoption nicht bezweckt wurde, ein festgestelltes Adoptionsbedürfnis der Kinder zu befriedigen, sondern die Kinder sollen bei besseren Lebensbedingungen in Deutschland durchaus Mitglieder ihrer Herkunftsfamilie bleiben.
15Da es daher bereits an einem Adoptionsbedürfnis für die Kinder fehlt – was ein zwingendes Adoptionshindernis darstellt -, kommt es nicht mehr darauf an, ob fundamentale Rechte der leiblichen Mutter im Adoptionsverfahren in Südkorea (deren Zustimmung jedenfalls im Familienregister nicht eingetragen ist) gewahrt worden sind oder ob die nicht vorhandene Eignungsprüfung der Antragsteller, die ebenfalls zwingend im koreanischen Recht vorgeschrieben, aber offenbar nicht durchgeführt worden ist, einer Anerkennung im Wege steht.
16Die beantragte Anerkennung war daher abzulehnen.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.