Beschluss vom Amtsgericht Hamm - XVI 160/06
Tenor
In der Adoptionsanerkennungssache wird die Anerkennung der thailändischen Adoptionsentscheidung betreffend die beiden im Rubrum genannten Kinder für den deutschen Rechtsbereich versagt.
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G r ü n d e :
2Die Antragsteller Eheleute Q beantragen, zwei nach thailändischem Recht ergangene Adoptionsentscheidungen nach dem Adoptionswirkungsgesetz in Deutschland anzuerkennen und die rechtlichen Wirkungen dieser Adoption festzustellen. Die antragstellende Ehefrau ist thailändische Staatsangehörige, der antragstellende Ehemann ist deutscher Staatsangehöriger. Beide sind seit Dezember 1995 miteinander verheiratet und leben mindestens seitdem durchgehend in Deutschland.
3Die Antragsteller tragen folgendes vor:
4Bei dem Kind A handele es sich um den Sohn aus der geschiedenen Ehe der Schwester der antragstellenden Ehefrau, bei dem Kind B handele es sich um die Tochter aus der ebenfalls geschiedenen Ehe des Bruders der antragstellenden Ehefrau. Aus beiden Ehen sei noch jeweils ein weiteres Kind hervorgegangen.
5Die leiblichen Eltern der Kinder hätten sich mit der Adoption einverstanden erklärt.
6Wegen der familiären Umstände hätten sie sich entschlossen, die Kinder zu adoptieren. Sie seien nach Thailand gefahren und hätten dort die Adoption bei den zuständigen Behörden beantragt. In Deutschland hätten sie das örtliche Jugendamt nicht eingeschaltet. Während die antragstellende Ehefrau als thailändische Staatsangehörige beide Kinder adoptieren konnte, hätte der antragstellende Ehemann lediglich eines der Kinder adoptieren können, weil er als Nicht-Thailänder nach den dortigen Vorschriften nur ein Kind habe adoptieren dürfen.
7Demzufolge sei B von beiden Eheleuten gemeinsam adoptiert worden, A hingegen von der antragstellenden Ehefrau allein.
8Beide Kinder leben seit etwa drei Jahren in Deutschland und besuchen hier die Schule.
9In den Protokollen über die Registrierungen der Adoptionen der beiden Kinder des Registeramts des Bezirks Müang Saraburi, Provinz Saraburi/Thailand vom 30.05.2005 wird jeweils festgestellt, dass die Genehmigungen des Adoptionsausschusses vom 27.05.05 vorgelegen hätten. Die Registrierung der Adoptionen wurde daher am 30.05.05 durch das Bezirksamt Müang Saraburi vorgenommen.
10Das thailändische Department of Social Development and Welfare (DSDW) hat jeweils bestätigt, dass die leiblichen Eltern der Adoption zugestimmt haben und dass wegen der bestehenden Verwandtschaftsverhältnisse auf die Einhaltung der Adoptionspflegezeit verzichtet werden konnte.
11Die Adoptionen wurden in Thailand offensichtlich als Inlandsadoptionen durchgeführt, obwohl beide Antragsteller zu diesem Zeitpunkt längst in Deutschland lebten und beide Kinder im Zusammenhang mit der Adoption von Thailand nach Deutschland verbracht werden sollten.
12Die Durchführung einer internationalen Adoption nach den thailändischen Rechtsvorschriften (Child Adoption Act vom 22.4.79 und der Ausführungsverordnung dazu vom 14.1.80 in der Fassung Nr. 9 vom 22.10.2000) geschieht dergestalt, dass bei Einreichung eines Adoptionsantrags neben den Urkunden über Gesundheitszustand, Familienstand und finanzielle Verhältnisse eine Eignungsfeststellung des Heimatlandes der Bewerber, ein Bericht über die häuslichen Verhältnisse sowie eine Zustimmungserklärung einer Heimatbehörde zur Übernahme der Überwachung während der Probezeit beizufügen sind. Bei positiver vorläufiger Entscheidung dürfen die
13Adoptionsbewerber das Kind für eine Probezeit von sechs Monaten zu sich nehmen. Eine Probezeit ist im Falle der Blutsverwandtschaft entbehrlich. Nach Ablauf der Probezeit entscheidet ein Adoptionsausschuss (Child Adoption Board) endgültig
14über die Adoption. Diese Adoption ist dann innerhalb einer Frist von sechs Monaten bei der zuständigen thailändischen Botschaft/Generalkonsulat oder bei einem Bezirksamt in Thailand zu registrieren und wird erst mit ihrer Registrierung wirksam.
15Diese Voraussetzungen sind offensichtlich von den thailändischen Behörden nicht eingehalten worden. Der Adoptionsausschuss ist offensichtlich nicht eingeschaltet gewesen. Üblicherweise (wie aus zahllosen thailändischen Anerkennungsverfahren gerichtsbekannt) sind die Bewerber bei internationalen Adoptionen im Besitz einer entsprechenden Bestätigung über die Bewilligung der Adoption durch das Child
16Adoption Board. Da diese Bewilligung durch das Child Adoption Board nicht vorgelegt werden konnte im vorliegenden Falle, steht fest, dass den thailändischen Behörden zum Zeitpunkt des Ausspruches der Adoptionen nicht bekannt gewesen sein konnte, dass die Antragsteller in Deutschland lebten und hier ihren Lebensmittelpunkt hatten. Die thailändischen Behörden hatten daher auch keinen Anlass, sich mit der Tatsache auseinander zu setzen, dass die Kinder ins Ausland verbracht werden und damit von ihrer Ursprungsfamilie, insbesondere auch von den jeweiligen Geschwistern, getrennt werden sollten. Die thailändischen Behörden haben die Frage des Kindeswohls somit ausnahmslos anhand der inländischen, von den Antragstellern vorgetragenen Verhältnisse geprüft und die Adoptionen unter diesen Umständen ausgesprochen.
17Die auf diese Weise zustande gekommenen thailändischen Adoptionen können für den deutschen Rechtsbereich nicht anerkannt werden. Es ist nämlich davon auszugehen, dass der Adoptionsausschuss in Thailand bei seiner Entscheidung von unrichtigen Voraussetzungen und unrichtigen Angaben der Antragsteller ausgegangen ist. Ob es sich hierbei um eine bewusste Täuschung handelt, um die Adoption auf eine einfache Art und Weise zu erreichen, oder ob es lediglich Unkenntnis über die einzuhaltenden Vorschriften war, kann dahin stehen. Denn grundsätzlich sind ausländische Adoptionsentscheidungen, die in grundlegenden Punkten auf einem unwahr vorgetragenen Sachverhalt beruhen, nicht anerkennungsfähig, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass das ausländische Gericht bzw. die ausländischen Behörden die Adoption auch ausgesprochen hätten, wenn die wahren Umstände bekannt gewesen wären. Denn in einem solchen Fall hätte der thailändische Adoptionsausschuss auch die persönlichen Verhältnisse der Antragstellerin im Ausland im Hinblick auf ihre Adoptionseignung prüfen müssen. Das Ergebnis einer solchen Prüfung ist völlig ungewiss. Es kann daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der thailändische Adoptionsausschuss die Adoptionen auch ausgesprochen hätte, wenn ihnen die wahren Hintergründe der Lebensumstände der Antragsteller bekannt gewesen wären.
18Eine auf solche Art und Weise zustande gekommene, also auf falschen Voraussetzungen beruhende ausländische Adoption wie vorliegend für den deutschen Rechtsbereich anzuerkennen hieße, einen Rechtszustand in Deutschland herzustellen, der nicht auf einer tragfähigen Grundlage einer ausländischen Entscheidung beruht. Das kann nicht rechtens sein.
19Da die Adoption schon aus diesem Grunde nicht anerkannt werden kann, kommt es nicht mehr darauf an - worauf die Bundeszentralstelle hinweist – und kann dahinstehen, ob die thailändischen Behörden die Adoptionsbedürftigkeit der Kinder in ausreichendem Maße berücksichtigt hat. Grundsätzlich ist hierzu anzumerken, dass die Adoptionsentscheidungen des thailändischen Adoptionsausschusses den Adoptionsbewerbern erfahrungsgemäß nicht ausgehändigt werden und auch nicht nachträglich an ausländische Behörden übersandt werden, so dass keine positiven Feststellungen zur Frage des Umfangs der Prüfungen des Adoptionsausschusses getroffen werden können. Grundsätzlich muss daher davon ausgegangen werden, dass eine ausländische Entscheidungsbehörde die rechtlichen Voraussetzungen ihres eigenen Rechts richtig angewandt hat, also auch die Frage der Adoptionsbedürftigkeit zutreffend beantwortet hat.
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