Beschluss vom Amtsgericht Hamm - 18 AR 18/11
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 30 a EGGVG ist unzulässig.
1
G r ü n d e
2I.
3Der frühere Angeklagte D hat aus dem vorbezeichneten Strafverfahren gegen die Staatskasse einen Erstattungsanspruch von 1222,13 €. Hiervon wurde ein Teilbetrag von 502,63 € an den Verteidiger des Freigesprochenen ausgezahlt. Mit Schreiben vom 26.01.2011 hat die Beteiligte zu 2) die Aufrechnung mit einem Anspruch gegen den Freigesprochenen über 719,50 € erklärt. Der Beteiligte zu 1) hat mit einem am 27.01.2011 eingegangenen Schriftsatz eine Abtretung des Freigesprochenen hinsichtlich seiner Kostenerstattungsansprüche eingereicht. Mit einem Schreiben vom 25.01.2011 beantragt der Beteiligte zu 1) auch die Auszahlung von 719,50 €.
4Das Amtsgericht Minden hat die Akte dem Amtsgericht Hamm zur Entscheidung vorgelegt.
5II.
6Der Beteiligte zu 1) hat einen Antrag gemäß § 30 a EGGVG ausdrücklich nicht gestellt. Soweit der Rechtspfleger des Amtsgerichts Minden meint, es handele sich um einen Antrag, der nach Art. XI § 1 des Kostenänderungsgesetzes vom 26.07.1957 zu entscheiden sei, ist dieses Gesetz durch Art. 115 des ersten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 19.04. 2006 aufgehoben worden. In Betracht käme nur ein Antrag gemäß § 30 a EGGVG. Wenn der Antrag des Beteiligten zu 1) als ein solcher Antrag ausgelegt wird, ist dieser Antrag unzulässig.
7Verwaltungsakte im Bereich der Kostengesetze können mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 30 a EGGVG nur angefochten werden, wenn eine Anfechtung nach sonstigen Vorschriften nicht möglich ist (§ 30 a Abs. 1 S. 1 am Ende). § 30 a EGGVG ist eine Auffang-Generalklausel, wenn eine Anfechtung nach vorrangigen Spezialvorschriften nicht möglich ist (vgl. Zöller-Lückemann, ZPO, 28.A., § 30 a EGGVG, Rdn. 1). Die Rechtsmittel nach §§ 66 GKG, 56 RVG, 14 KostO, 4 JVEG oder § 8 JBeitrO gehen vor.
8Gemäß § 8 JBeitrO sind nicht nur Einwendungen gegen den beizutreibenden Anspruch, sondern auch solche gegen die Haftung für den Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung im Wege der Erinnerung gegen den Kostenansatz geltend zu machen (vgl. Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. A., § 8 JBeitrO, Rdn.1). Auch ohne diese besondere Zuweisung ist allgemein die Frage der Zahlungspflicht für eine Gerichtskostenrechnung (Erfüllung, Aufrechnung, Erlass, Stundung, Ratenzahlung) im Wege der Erinnerung gegen den Kostenansatz geltend zu machen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. A., 2010, § 66 GKG, Rdn. 22).
9Für die Aufrechnung speziell gilt Folgendes:
10§ 30 a EGGVG erfordert einen Verwaltungsakt im Bereich der Kostengesetze. Die Aufrechnungserklärung ist die Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts und stellt keinen Verwaltungsakt dar (vgl. BVerwG NJW 1983, 776). Die Erklärung der Aufrechnung kann sowohl vom Bürger als auch von der Behörde erklärt werden und erfolgt damit nicht aus einer hoheitlichen Position. § 30 a EGGVG ist daher unanwendbar (Hartmann, Kostengesetze, a.a.O., § 30a EGGVG, Rdn. 4, Stichwort: Aufrechnung; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, 18. A., 2010, Kostenordnung, § 30a EGGVG, Rdn. 9).
11Es kommt daher nicht darauf an, dass eine Aufrechnung gemäß § 43 S.2 RVG auch bei vorheriger Abtretung nur dann unwirksam ist, wenn sich im Zeitpunkt der Erklärung der Aufrechnung (26.01.2011) bereits eine Urkunde über die Abtretung in den Akten befunden hat. Eine solche Urkunde ist erst am 27.01.2011 eingegangen.
12III.
13Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§§ 30 a Abs. 2 S. 3 EGGVG, 14 Abs. 9 KostO).
14IV.
15Gegen diesen Beschluss findet die Beschwerde gem. §§ 30 a Abs. 2 S. 3 EGGVG, 14 Abs. 3 S. 1 KostO statt.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.