Urteil vom Amtsgericht Hannover - 514 C 14075/07

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 231,96 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 62 % und die Beklagte zu 38 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz, weil diese - aus seiner Sicht - zu Unrecht gegenüber dem Kreis R mitteilte, dass der Haftpflichtversicherungsschutz für das Fahrzeug aufgrund des Nichtentrichtens der Prämie erloschen sei, weswegen durch den Landkreis eine Stilllegungsverfügung über sein Fahrzeug ergangen ist.

2

Der Kläger hat bei der Beklagten ein Fahrzeug versichert mit dem amtlichen Kennzeichen ....... Für das Jahr 2006 ist der Kläger bei der Beklagten mit der Versicherungsprämie im Rückstand gewesen.

3

Mit Mitteilung, welche beim Kreis R am 04.04.2006 einging, hat die Beklagte diesem mitgeteilt, dass der Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung erloschen sei. Daraufhin erließ der Kreis R am 05.04.2006 eine Ordnungsverfügung gegen den Kläger. Der Kläger zahlte daraufhin bei der Beklagten den Versicherungsbeitrag, welcher am 07.04.2006 bei der Beklagten einging. Zum 20.04.2006 erhielt der Kläger die Mitteilung vom Kreis R, dass Versicherungsschutz wieder bestehe und er sein Fahrzeug weiterhin nutzen könne.

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Der Kläger hat für die Ordnungsverfügung einen Betrag von 19,90 € zahlen müssen. Gegen diese Ordnungsverfügung hat er Widerspruch eingelegt. Mit Schreiben vom 13.06.2006 wies ihn der Kreis R auf die Aussichtslosigkeit des Widerspruches hin. Nachdem der Kläger gleichwohl seinen Widerspruch aufrechterhalten hat, ist dieser zurückgewiesen worden und der Kläger mit Kosten in Höhe von 25,62 € belastet worden.

5

Der Kläger behauptet, er habe sein Fahrzeug während der 14 Tage, während der er es nicht benutzen konnte, nutzen wollen. Der Kläger bemisst die Entschädigung für den Nutzungsausfall pro Kalendertag auf 50,00 €, so dass er insoweit insgesamt einen Betrag von 560,00 € geltend macht. Desweiteren beansprucht der Kläger seine nichtanrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 689,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.08.2007 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie behauptet, sie habe dem Kläger rechtzeitig eine qualifizierte Mahnung zugesandt, so dass der Versicherungsschutz zum Zeitpunkt, als sie den Kreis R die Mitteilung über die Stilllegung gemacht habe, bereits erloschen sei.

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Wegen des weiteren Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Inhalt zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

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Die zulässige Klage ist im Ergebnis nur teilweise begründet.

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1. Dem Grunde nach hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 BGB iVm mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag. Die Beklagte hat zumindestens leicht fahrlässig eine vertragliche Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag verletzt, die darin bestand, gegenüber der Kfz-Zulassungsbehörde keine falschen Mitteilungen über das Erlöschen des Versicherungsschutzes zu machen.

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Zwar besteht eine grundsätzliche Verpflichtung der Haftpflichtversicherung dafür den Ordnungsämtern mitzuteilen, wenn der Haftpflichtversicherungsschutz für bei ihr versicherte Fahrzeuge erlischt. Dass diese Voraussetzungen vorlagen, hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht beweisen können. Für das Erlöschen der Haftpflichtversicherung wäre gemäß § 39 Abs. 3 VVG a.F. erforderlich, dass dem Versicherungsnehmer eine qualifizierte Mahnung zugeht. Den Zugang eines entsprechenden Schreibens hat die Beklagte nicht beweisen können. Aus der Tatsache, dass sie ein entsprechendes Schreiben abgesandt hat, wofür sie Beweis angeboten hat - was aber als wahr unterstellt werden kann - folgt nicht, dass ein entsprechendes Schreiben auch bei dem Versicherungsnehmer tatsächlich zugegangen ist. Nach ständiger Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes gibt es keinen Anscheinsbeweis dahingehend, dass ein mit einfacher Post versandtes Schreiben auch ankommt.

15

Auch aus den Gesamtumständen ist für das Gericht nicht mit hinreichender Sicherheit erkennbar, dass die qualifizierte Mahnung bei dem Kläger einging. Der Kläger hat unstreitig den Versicherungsbeitrag erst gezahlt, nachdem ihm die Ordnungsverfügung des Kreises R zugegangen ist, so dass die Zahlung kein Indiz für den Zugang der Mahnung ist.

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Soweit die Beklagte meint, aus dem Satz in der Klagschrift es habe nach Zahlung „wieder“ Versicherungsschutz bestanden, lasse sich der Zugang der qualifizierten Mahnung herleiten, folgt dem das Gericht nicht. Die Klagschrift ist geraume Zeit, nachdem der Streit entstanden ist, geschrieben worden. Zu diesem Zeitpunkt wusste der Klägervertreter spätestens durch das Verwaltungsverfahren, dass die Beklagte dem Kreis R die Mitteilung gemacht hat, dass der Versicherungsschutz erloschen ist, so dass sich aus dieser Wendung im Klägerschriftsatz nicht ergibt, dass eine Mahnung tatsächlich zugegangen ist.

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2. Hat daher die Beklagte nicht nachweisen können, dass die Mitteilung an den Kreis R zu Recht ergangen ist, hat der Kläger grundsätzlich für die hierauf kausal entstandenen Schäden einen Schadensersatzanspruch.

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Insoweit ist jedoch ein Mitverschulden des Klägers zu berücksichtigen, da er durch das nichtfristgerechte Zahlen der geschuldeten Versicherungsprämie erst die Ursache für die Mitteilung der Beklagten an den Kreis R gesetzt hat. Indem er die laufende Prämie nicht fristgerecht entrichtete, hat er ebenfalls schuldhaft gegen die Zahlungsverpflichtung aus dem Versicherungsvertrag verstoßen.

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Im Rahmen der Abwägung der gegenseitigen Verursachungsbeiträge im Rahmen des § 254 BGB ist zu berücksichtigen, dass das Verschulden der Beklagten im Rahmen der einfachen Fahrlässigkeit als äußerst gering einzuschätzen ist. Ihr kann lediglich der Vorwurf gemacht werden, dass sie auf den Zugang der mit einfacher Post versandten Mahnung vertraute und sich davon leiten ließ, dass im Regelfall mit einfacher Post versandte Briefe auch beim Empfänger ankommen. Andererseits ist bei der Abwägung allerdings zu berücksichtigen, dass die Beklagte problemlos den Weg der Zustellung des Mahnschreibens hätte wählen können, wobei § 39 I VVG a.F. ausdrücklich eine Kostenerstattung für diese Mahnung durch den Versicherungsnehmer anordnet. Hinzu kommt, dass der Schadenseintritt ausschließlich durch das Verhalten der Beklagten bestimmt ist.

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Gleichwohl ist im Ergebnis das Verschulden des Klägers an der Nichtzahlung der Versicherungsprämie höher zu bemessen, da er es war, der sich als erster nicht vertragsgetreu verhalten hat und somit die Kausalkette, die zu den vorliegenden Schäden führte, in Gang setzte. Die Zahlung der laufenden Prämie ist die Hauptpflicht des Versicherungsnehmers und zum vereinbarten Termin - unabhängig von einer erneuten Zahlungsaufforderung - zu erbringen. Dieser Schuldnerverzug muss bei der Bemessung der Quote in erheblicher Weise zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden.

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Bei einer Abwägung dieser Verursachungsbeiträge gelangt das Gericht zu einer Haftungsquote von 60 : 40 %.

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Eine Erhöhung des Verursachungsbeitrages der Beklagten unter dem Blickwinkel, dass diesen erst am 12.04.2006 mit einfacher Post die Mitteilung über den Zahlungseingang an den Kreis R versandt ist, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat die Mitteilung drei Arbeitstage nach Eingang der Versicherungsprämie am Freitag, den 07.04.206 gemacht. Eine Bearbeitungszeit von 3 Tagen ist üblich und hinzunehmen. Auch die Tatsachen, dass die Beklagte das Schreiben mit einfacher Post versandte ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist weder gezwungen den Weg des Telefaxes zu wählen noch eine entsprechende Meldung über das Internet zu versenden, sondern kann den von ihr üblicherweise gewählten Weg der Versendung mit einfachem Brief wählen.

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3. Hinsichtlich der Schadenshöhe ist der von dem Kläger geltend gemacht Nutzungsausfall mit 40,00 € pro Tag nicht zu beanstanden, er wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt, so dass insoweit ein Schaden in Höhe von 560,00 € besteht. Ein adäquat kausaler Schaden ist auch die Gebühr für die Stilllegungsverfügung des Landkreises R in Höhe von 19,90 €.

24

Die Gebühr für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 25,62 € stellt demgegenüber keinen erstattungsfähigen Schaden da. Der Kläger ist von dem Kreis R darauf hingewiesen worden, das sein Widerspruch aussichtslos ist, wenn er ihn dann gleichwohl aufrecht erhält und eine gebührenpflichtige Entscheidung gegen sich ergehen lässt, so ist dies kein Schaden, für welchen die Beklagte einstandspflichtig ist.

25

Dieses gilt auch für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Der Kläger hat bereits nicht vorgetragen, dass sich die Beklagte bereits im Verzug befunden hat, als der Klägervertreter eingeschaltet wurde. Die verzugsbegründende Mahnung ist keinesfalls erstattungsfähig. Da die Beklagte, bei der es sich um eine Versicherung handelte, hier jedoch bereits auf das Anspruchsschreiben hin zu erkennen gegeben hat, dass sie nicht bereit ist, Schadensersatz zu leisten, stellt die Beauftragung eines Rechtsanwaltes im vorgerichtlichen Verfahren einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht dar. Zwar mag es für den Kläger hilfreich sein sich der Hilfe eines Rechtsanwaltes zu bedienen, erstattungsfähig und somit notwendig im Sinne des Schadensrechtes ist die vorprozessuale Beauftragung eines Rechtsanwaltes allerdings nicht, wenn ersichtlich ist, dass es ohnehin zu einem Klageverfahren kommen wird. Dieses ist jedenfalls bei der Ablehnung von Ansprüchen durch Versicherungen der Fall.

26

Im Ergebnis hat der Kläger daher nur einen Anspruch auf 40 % des Schadens aus 579,90 €, dieses sind 231,96 €.

II.

27

Die Kostenquote folgt aus § 92 Abs. 1, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlagen in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

 


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