Beschluss vom Amtsgericht Hannover - 703 M 35562/10
Tenor
In der Zwangsvollstreckungssache ...
wird der Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 28. 06. 2010 kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
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Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Hannover – Familiengericht – vom 23. 06. 2010 – 625 F 6770/09 UK-, der hier in bloßer Ausfertigung, also ohne Klausel und Zustellungsnachweis, vorgelegt wurde der aus dem Tenor ersichtliche Antrag gestellt.
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Mit Zwischenverfügung vom 02. 07. 2010 wurde der Verfahrensbevollmächtigte des Gläubigers aufgefordert, die Vollstreckungsklausel und die Zustellung nachzuweisen.
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Dieser Ansicht wurde seitens des Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers mit Schriftsatz vom 14. 07. 2010, auf dessen Wortlaut zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, verwiesen.
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Der auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist wegen fehlender Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen nach § 750 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 120 Abs. 1 FamFG zurückzuweisen.
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Der hier vorgelegt Titel stellt auch keine einstweilige Anordnung dar, so dass § 53 Abs. 1 FamFG nicht zur Anwendung kommt.
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Entgegen der Ansicht des Anwalts des Gläubigers bedürfen grundsätzlich auch Titel nach dem FamFG im Regelfalle der Vollstreckungsklausel und des Zustellungsnachweises, da § 120 Abs. 1 FamFG für Unterhaltsbeschlüsse gerade bestimmt, dass die §§ 704 bis 915 h ZPO, also insbesondere auch die §§ 724 und 750 ZPO, für die Zwangsvollstreckung derartiger Titel gelten Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 86 Abs. 2 und 3 FamFG, da diese Vorschrift vorliegend gerade durch die Bestimmung des § 120 Abs. 1 FamFG verdrängt und für nicht anwendbar erklärt wird. Die Zwangsvollstreckung aus dem hier vorliegenden Unterhaltsbeschluss richtet sich also einzig und allein nach dem 8. Buch der ZPO, so dass neben dem Titel grundsätzlich auch Klausel und Zustellung erforderlich sind (vgl. HK – ZV/Wolff 1. Aufl. FamFG Rn. 47, 54 und 309).
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Es ist zwar richtig, dass der Titel gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG sofort vollziehbar ist, dies hat jedoch keine Auswirkungen auf die in § 750 Abs. 1 ZPO geregelten Grundvoraussetzungen der Zwangsvollstreckung. Die Anordnung nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG bedeutet nämlich nur, dass aus dem Titel bereits vor Rechtskraft vollstreckt werden kann und dass die Vorschriften über Sicherheitsleistung und Abwendungsbefugnis nach dem 8. Buch der ZPO insoweit keine Anwendung finden, um nicht eine rasche Durchsetzung des Unterhalts zu verzögern. Insoweit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass der Unterhalt der Sicherung des Lebensbedarfs dient, jedoch sollen insoweit nicht die Grundvoraussetzungen der Zwangsvollstreckung nach dem 8. Buch der ZPO, also Titel, Klausel und Zustellung, ausgehebelt werden (Zöller/Philippi ZPO 28. Aufl. § 116 FamFG Rn. 10; "So wird nach der Novelle vollstreckt" VE 2009, 144 ff). Es bedarf daher, wie § 750 Abs. 1 ZPO es fordert, des Zustellungsnachweises.
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Im Übrigen ergäbe sich auch aus § 87 Abs. 2 FamFG die Pflicht zur Zustellung des Titels, da der Unterhaltsbeschluss gerade nicht anordnet, dass die Vollstreckung bereits vor Zustellung zugelassen wird (Dr. Michael Giers Die Vollstreckung in Familiensachen und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach dem FamFG" DGVZ 2009, 127 ff).
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Ferner ist es zwar durchaus zutreffend, dass nach § 86 Abs. 3 FamFG nicht in allen Fällen die Vollstreckungsklausel als Voraussetzung der Zwangsvollstreckung nachzuweisen ist. Hier liegt der Fall jedoch, wie bereits oben ausgeführt, anders. Dies ergibt sich eigentlich schon aus dem Wortlaut des § 86 Abs. 3 FamFG: "Vollstreckungstitel bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollstreckung nicht durch das Gericht erfolgt, das den Titel erlassen hat." Lediglich das Erlass- oder Erkenntnisgericht, das einen Titel geschaffen hat, kann selbst ohne Klausel vollstrecken; das Vollstreckungsgericht oder aber der Gerichtsvollzieher oder in den Fällen des § 88 Abs. 1 FamFG ein anderes Familiengericht als das, das den Titel erlassen hat (Zöller/Feskorn ZPO 28. Aufl. § 86 FamFG Rn. 13). Hier vollstreckt im Übrigen auch nicht das Gericht, sondern eine Partei gegen die andere Partei, so dass allein deshalb die Anwendung des § 86 Abs. 3 FamFG aufgrund seines eindeutigen Wortlauts ausgeschlossen ist. Soll in solchen Fällen die Forderungsvollstreckung durch Vollstreckungsgericht oder aber die Sachpfändung durch den Gerichtsvollzieher erfolgen, bedarf es nach den §§ 724 und 750 Abs. 1 ZPO zwingend der Klausel (Zöller/Feskorn ZPO 28. Aufl. aaO; Dr. Michael Giers aaO; Burmiller/Hardes FamFG 1. Aufl. § 86 Rn. 14; Bassenge/Roth/Gottwald FamFG/RpflG 12. Aufl. § 86 FamFG Rn. 7).
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Im Übrigen ist die Gläubigerbezeichnung im Titel nicht mit der im Antrag identisch, da der Titel unmissverständlich den Antragsteller Mo F und nicht dessen gesetzlichen Vertreter als Gläubiger ausweist. Vollstrecken dürfte nur Mo F, gesetzlich vertreten durch M F. Die im Gesetz (§ 750 Abs. 1 ZPO) geforderte Gläubigeridentität ist daher ebenfalls nicht gegeben. Dies ist zwar offenbar erst jetzt aufgefallen, ändert aber aufgrund der Ausführungen des Gläubigeranwalts nichts am Ergebnis dieser Entscheidung, so dass von einer erneuten Beanstandung abgesehen wurde.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO
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