Urteil vom Amtsgericht Ibbenbüren - 30 C 66/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 222,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2014 zu zahlen.
Weiterhin wird die Beklagte verurteilt, den Kläger von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte L und Kollegen in Höhe von 83,53 € freizustellen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
3Entscheidungsgründe:
4Die zulässige Klage ist begründet.
5Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 7, 17 Abs. 1, 2 StVG, §§ 249, 254 BGB, 115 I 1 Nr. 1 VVG.
6Der Kläger hat durch das vorgelegte Schadensgutachten der Firma X KFZ-Sachverständige vom 30.12.2013 dargelegt, dass für die ordnungsgemäße Reparatur einschließlich Lackierung der Unfallschäden an seinem VW T4 TDI Multivan in einer ortsansässigen VW-Fachwerkstatt Kosten in Höhe von netto 3.144,70 € erforderlich sind.
7Gemäß § 249 Abs. 1, 2 BGB kann der Kläger als Geschädigter von der beklagten Haftpflichtversicherung der Schädigerin an Stelle der Wiederherstellung des durch den Unfall vom 20.12.2013 beschädigten klägerischen VW T4 TDI Multivans auch den für die ordnungsgemäße Reparatur erforderlichen Geldbetrag verlangen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte (BGH Urteil vom 29.04.2003, VI ZR 393/02). Dabei ist es zulässig, dass der Kläger seiner Schadensersatzforderung die Werte zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Der Beklagten ist darin zuzustimmen, dass der Geschädigte, der mühelos auf eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturtätigkeit zurückgreifen kann, sich auf diese verweisen lassen muss. Dies setzt aber nicht nur voraus, dass diese andere Werkstatt eine technisch gleichwertige Reparatur zu günstigeren marktüblichen Preisen anbietet. Vielmehr muss für den Geschädigten auch zumutbar sein, eine Reparaturmöglichkeit in der alternativ angebotenen Werkstatt in Anspruch zu nehmen, und dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Pkw des Klägers ist zwar bereits älter als drei Jahre, und der Kläger hat überdies nicht substantiiert dargelegt, dass er sein Fahrzeug in der zurückliegenden Zeit regelmäßig in einer markengebundenen Fachwerkstatt warten und reparieren ließ. Der Verweis auf einem dem Geschädigten bislang nicht bekannte Werkstatt kann aber auch aus anderen Gründen unzumutbar sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie für den Geschädigten nicht völlig problemlos erreichbar ist. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte eine Werkstatt aus Lengerich benannt, die von dem Wohnort des Klägers ca. 22 km entfernt ist. Die Wertung der Beklagten, dass es sich hierbei um einen örtlichen Betrieb handele, teilt das Gericht nicht. Dem Gericht sind die geographischen Verhältnisse bekannt. Wer in Ibbenbüren wohnt und seinen Auto in einer Werkstatt in Lengerich reparieren lassen soll, müsste unzumutbare Beschwernisse auf sich nehmen. Dem steht auch nicht das seitens der Beklagten zitierte Urteil des BGH (NJW 2010,2118) entgegen. Es ist für ein Unfallopfer, dessen Pkw von einem Schädiger zerstört wurde, nicht zumutbar, sich von dem Schädiger eine Werkstatt in einer anderen Stadt benennen zu lassen, von dieser, ohne sie zu kennen und in Augenschein nehmen zu können, seinen Pkw abholen und später repariert wieder zurückbringen zu lassen. Dem von einem unfallgeschädigten Eigentümer eines Pkw, der auf dessen Verkehrssicherheit und Werthaltigkeit nach einer Reparatur angewiesen ist, muss die Möglichkeit erhalten bleiben, sich eine an seinem Wohnort gelegenen Werkstatt seines Vertrauens, die er kennt oder zumindest völlig problemlos kennen lernen und überprüfen kann, zu wenden. Der Verweis auf eine relativ weit entfernt gelegene Werkstatt wird den Interessen des Geschädigten im Regelfall nicht gerecht; in den Fällen wie dem vorliegenden ist er jedenfalls nicht zumutbar.
8Im Übrigen darf der Kläger berechtigterweise auf das Gutachten des öfffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Ing. X vertrauen und die darin aufgelisteten Schadensbeträge einer ortsansässigen Werkstatt seinen Forderungen zugrundelegen. Hierbei berücksichtigt das Gericht auch den Umstand, dass die Schadensrestitution im Rahmen von § 249 BGB nicht auf die kostengünstigste Wiederherstellung der beschädigten Sache beschränkt werden darf. Die Schadensrestitution zielt nämlich vielmehr darauf ab, den Zustand herzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne Schadenseregnis entspricht (vgl. BGH v. 29.04.2003, NJW 2003, 2085).
9Nach Zahlung der Beklagten auf die Nettoreparaturkosten von 4.013,29 € in Höhe von 3.791,12 €, verbleibt ein Anspruch des Klägers von noch zu zahlenden 222,17 €.
10Die Beklagte befindet sich mit Ablauf der durch den Kläger gesetzten Frist zum 16.01.2014 mit Schreiben von 02.01.2014 seit dem 17.01.2014 in Verzug gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, 288 BGB, sodass ab diesem Tag Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins zu zahlen sind.
11Der Kläger hat einen Anspruch auf Freistellung von seinen vorgerichtlichen Anwaltskosten gemäß § 249 Abs.1 BGB in Höhe von 83,53 €.
12Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1, 713 ZPO.
13Eine Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO war nicht zuzulassen.
14Der Streitwert wird auf 222,17 EUR festgesetzt.
15Rechtsbehelfsbelehrung:
16Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
17a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
18b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
19Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Münster, Am Stadtgraben 10, 48143 Münster, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
20Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Münster zu begründen.
21Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Münster durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
22Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
23Unterschrift |
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Referenzen
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