Urteil vom Amtsgericht Iserlohn - 42 C 496/06
Tenor
1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 3.254,03 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.4.2006 zu zahlen.
2. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 1.193,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.4.2006 zu zahlen.
3. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 366,06 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.4.2006 und die Beklagte zu 2) darüber hinaus weitere 16,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.4.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 24% und der Beklagte zu 1) darüber hinaus zu weiteren 42%, die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt die Klägerin zu 11 % und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin zu 7 %, die Gerichtskosten tragen der Beklagte zu 1) zu 66% und die Beklagte zu 2) zu 24% und die Klägerin zu 10%. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, gegen den Beklagten zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages. Der Beklagten zu 2) bleibt vorbehalten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrtages abzuwenden, es sei denn, dass die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, begehrt von den Beklagten die Begleichung dreier Rechnungen.
3Die Klägerin war für die Beklagten viele Jahre steuerberatend tätig. Ende 1999/Anfang 2000 beabsichtigte der Beklagte zu 1), der unter anderem einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb besaß, diesen möglichst steuergünstig an seinen Sohn, Herrn T, zu übertragen. Die Klägerin empfahl hierzu die Einbringung des Betriebsvermögens in eine neu zu gründende GbR, die jetzige Beklagte zu 2). Im Mai 2000 fand zu diesem Zweck eine gemeinsame Vorbesprechung zwischen der Klägerin, dem Beklagten zu 1) und seinem Sohn sowie dem Notar X statt. In dieser Besprechung lag ein Entwurf eines zu beurkundenden Gesellschaftsvertrages vor, in welchem hinsichtlich des einzubringenden Grundbesitzes auf eine Anlage verwiesen wurde, die zu diesem Zeitpunkt noch alle zum Betriebsvermögen des Beklagten zu 1) gehörenden Grundstücke enthielt. Nach dieser Vorbesprechung im Mai 2000 nahm die Klägerin an weiteren Vertragsverhandlungen nicht mehr teil. Endgültig beurkundet wurde der Vertrag Ende August 2000. In der beurkundeten Fassung des Vertrages wurden allerdings einige Parzellen, die zum Betriebsvermögen des Beklagten zu 1) zählten, nicht mit in die GbR eingebracht. Umgekehrt waren Parzellen eingebracht worden, die privat genutzt wurden und werden sollten. Das nicht mit in die GbR eingebrachte betriebliche Grundstück Flur x Flurstück x, welches bislang nur einen Buchwert von ca. 16.000,00 Euro aufwies, veräußerte der Beklagte zu 1) nach Gründung der GbR zum Preis von 468.548,75 DM an die Stadt Iserlohn.
4Im August/September 2005 fand eine Betriebsprüfung hinsichtlich beider Beklagten statt. Der Betriebsprüfer stellte Unstimmigkeiten bei der Grundstücksübertragung und –zuordnung fest und gab den Beklagten Gelegenheit zu einer korrigierenden Nachtragsbeurkundung. Diese wurde im Oktober 2005 durchgeführt und kostete 187,34 Euro. Hinsichtlich des bereits an die Stadt veräußerten Grundstücks war eine solche Korrektur jedoch nicht mehr möglich.
5Unter dem 26.01.2006 und dem 06.02.2006 erhielt der Beklagte zu 1) Nachforderungsbescheide des Finanzamts für die Jahre 1999 und 2000. Diese Nachforderungsbescheide verhalten sich unter anderem zu der Veräußerung des Grundstücks an die Stadt Iserlohn. Das Finanzamt bewertete diese Veräußerung als Entnahme und besteuerte diese entsprechend. Gemäß den Nachforderungsbescheiden sollte für das Jahr 1999 ein Betrag von 47.877,92 Euro und für das Jahr 2000 ein Betrag von 115.797,18 Euro nachgezahlt werden. Der Beklagte zu 1) übermittelte beide Bescheide mit Schreiben vom 30.01.2006 bzw. vom 07.02.2006 der Klägerin. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin jeweils Einspruch ein.
6Die streitgegenständliche Rechnung Nr. 101 vom 14.03.2006 bezieht sich auf das Tätigwerden der Klägerin im Zusammenhang mit den beiden Nachforderungsbescheiden und ist alleine an den Beklagten zu 1) adressiert. Die Rechnung Nr. 101 vom 14.03.2006 wies einen zu begleichenden Gesamtbetrag in Höhe von 2.345,06 Euro aus, wobei für die Tätigkeit der Klägerin in Form der Einspruchseinlegungen beim Finanzamt Iserlohn jeweils eine 8/10 Gebühr in Ansatz gebracht wurde. Die beiden anderen Rechnungen mit den Rechnungsnummern 99 und 100 vom 14.03.2006 beziehen sich auf die Betriebsprüfung die im Herbst 2005 stattfand. Die Rechnung mit der Rechnungsnummer 100 ist an den Beklagten zu 1), die Rechnung mit der Rechnungsnummer 99 an die Beklagte zu 2) adressiert. Die Rechnungen weisen einen Stundensatz von 91,00 Euro aus. Die Klägerin brachte insgesamt 23 Arbeitsstunden in Ansatz und sie stellte den entsprechenden Betrag inklusive Mehrwertsteuer und bezüglich der Rechnung Nummer 100 mit einer Auslagenpauschale in Höhe von 60,00 Euro und bezüglich der Rechnung Nummer 99 mit einer Auslagenpauschale in Höhe von 40,00 Euro den Beklagten jeweils zur Hälfte in Rechnung. Die Rechnung Nummer 100 wies einen zu zahlenden Gesamtbetrag in Höhe von 1.296,88 Euro und die Rechnung Nummer 99 einen zu zahlenden Gesamtbetrag in Höhe von 1.273,68 Euro aus. Aus den den Rechnungen beigefügten Stundennachweistabellen ergibt sich ein summenmäßiger Zeitaufwand von 21,37 Stunden. Die Klägerin rechtfertigte die Aufrundung auf die in Ansatz gebrachten 23 Stunden durch einen angeblich üblicherweise vorzunehmenden fünfprozentigen Aufschlag.
7Im März 2006 teilte der jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten der Klägerin mit, dass er ebenfalls Einspruch gegen die Nachforderungsbescheide des Finanzamts Iserlohn vom 26.01.2006 und dem 06.02.2006 eingelegt habe und die Klägerin nicht mehr mandatiert sei. Die Klägerin erteilte daraufhin unter dem 14.02.2006 die streitgegenständlichen Honorarrechnungen Nummern 99 bis 101 gegenüber den Beklagten. Die Klägerin forderte die Beklagten vergeblich zur Begleichung der Rechnungen bis zum 31.03.2006 auf. Nach Fristablauf beauftragte die Klägerin ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Durchsetzung der Forderungen.
8Am 22.11.2006 hat die Klägerin bei dem Amtsgericht Iserlohn – basierend auf den streitgegenständlichen Rechnungen – eine entsprechende Zahlungsklage erhoben, mit der sie außerdem die Begleichung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begehrt.
9Unter dem 20.12.2006 erklärten die Beklagten die Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung wegen angeblicher Schlechtberatung durch die Klägerin im Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die GbR. Nachdem das Gericht ein Sachverständigengutachten nebst Ergänzungsgutachten zu diversen Steuerberatervergütungsfragen eingeholt hatte, erstellte die Klägerin für den Beklagten zu 1) unter dem 19.02.2009 als Ersatz für die Rechnung Nummer 101 vom 14.03.2006 eine weitere Rechnung, die mit einem zu begleichenden Gesamtbetrag in Höhe von 2.037,19 Euro abschließt. In dieser Rechnung ist statt der ursprünglichen 8/10 Gebühr nunmehr eine 6/10 Gebühr in Ansatz gebracht worden. Darüber hinaus werden in dieser Rechnung erstmals Gebühren für die Prüfung der beiden Nachforderungsbescheide, die sich auf die Jahre 1999 und 2000 bezogen, Kosten in Höhe von insgesamt 250,00 Euro in Ansatz gebracht.
10Die Klägerin ist der Ansicht, die Aufrundungen des in den Rechnungen Nummern 99 und 100 aufgeführten Zeitaufwands auf 23 Stunden durch Addition eines fünfprozentigen Aufschlags sei ortsüblich und angemessen. Sie meint außerdem, dass ihrem Tätigwerden im Zusammenhang mit den beiden Nachforderungsbescheiden zwar keine ausdrückliche, aber eine konkludente Beauftragung durch die Beklagten zugrunde gelegen habe. Dies gelte insbesondere angesichts des langjährigen Steuerberatungsmandats, das die Klägerin für den Beklagten zu 1) wahrgenommen habe.
11Die Klägerin beantragt,
12- 13
1. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie 3.641,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2006 zu zahlen;
- 14
2. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie 1.273,68 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2006 zu zahlen;
- 15
3. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 411,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.04.2006 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
17die Klage abzuweisen.
18Sie sind der Ansicht, dass der Klägerin der mittels der Rechnung Nummer 101 angeforderte Betrag bereits mangels eines entsprechenden Vertragsabschlusses nicht zustehe. Sie behaupten hierzu, die Klägerin habe schon seit Herbst 2005 gewusst, dass die Beklagten einen anderen Steuerberater beauftragt hätten. Sie sind außerdem der Ansicht, dass die angesetzte 8/10 Gebühr übersetzt sei. Den Beklagten stehe auch ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin zu. Die Klägerin habe es unterlassen, die Beklagten über die steuerrechtlichen Gefahren der Herausnahme von Betriebsgrundstücken aus dem GbR-Einbringungsvertrag aufzuklären. Hierdurch sei den Beklagten ein Schaden entstanden, der in Gestalt der für den Korrekturvertrag aufgewandten Notarkosten von 187,34 Euro und der Zinsen von monatlich 375,00 Euro ab Mai 2006 für ein wegen der Steuernachforderungen aufgenommenes Darlehen von 150.000, 00 Euro bestehe.
19Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen F und X sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen N vom 23.Juni 2008 nebst Ergänzungsgutachten vom 23.Januar 2009. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2007 (Bl. 187 f. d. A.) bzw. auf die Sachverständigengutachten (Bl. 217 f., Bl. 290 f. d. A.) verwiesen.
20Entscheidungsgründe
21Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
22Die Klägerin hat als Gegenleistung für ihr Tätigwerden im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung im Herbst 2005 einen Anspruch gegen den Beklagten zu 1) auf Zahlung von 1.216,84 Euro und gegen die Beklagte zu 2) auf Zahlung von 1.193,64 Euro aus §§ 675, 611 I Alternative 2 BGB.
23Zwischen den Parteien ist ein entsprechender Steuerberatungsvertrag zustande gekommen; dieser ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des §675, auf den im Wesentlichen dienstvertragsrechtliche Vorschriften Anwendung finden. Die genannten Beträge stellen eine angemessene Vergütung im Sinne des §611 I Alternative 2 BGB dar. Insbesondere war es angemessen, seitens der Klägerin für das Tätigwerden im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Betriebsprüfung den Höchstsatz vom 92,00 Euro in Ansatz zu bringen. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen N in seinem Gutachten vom 23.06.2008 bzw. dem Ergänzungsgutachten vom 23.1.2009. Darin erläutert der Sachverständige, dass die Anforderungen an Arbeiten im Rahmen einer Betriebsprüfung von ihrem Schwierigkeitsgrad deutlich über dem Mittel liegen. Auch den konkreten Fragestellungen im vorliegenden Fall habe ein höherer Schwierigkeitsgrad zugrunde gelegen. Gegenstand der Betriebsprüfung sei nicht die Anerkennung von Spenden-, Bewirtungsbelegen oder die Feststellung des korrekten Privatanteils für die private Nutzung eines betrieblichen PkW, sondern die Anerkennung einer steuerlichen Gestaltung, die im Rahmen der Betriebsprüfung noch eine vertragliche Änderung erfahren, habe gewesen. Ein Stundenhonorar von 92,00 Euro sei für Arbeiten im Rahmen der Betriebsprüfung erfahrungsgemäß zudem durchaus üblich. Zusammenfassend kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass das von der Klägerin durchweg angesetzte Stundenhonorar von 92,00 Euro in den Rechnungen Nummer 99 und 100 vom 14.02.2006 angemessen und üblich und nicht zu beanstanden sei.
24Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Betriebsprüfung einen Zeitaufwand von 21,5 Stunden erbracht hat. Dies steht zum einen fest auf Grund der Aussagen der Zeugin X und des Zeugen F. Die Zeugin X bekundete, dass die Mitarbeiter der Klägerin zwecks Erfassung des benötigten Zeitaufwands in einem Mandat Stoppuhren verwenden, sobald sie das Büro verlassen. Sie bekundete ferner, dass die entsprechend ermittelten Stunden täglich erfasst und in ein PC-Formular eingetragen würden. Dieses Formular werde dann täglich abgerechnet und in das Honorarprogramm übertragen. Auf diese Weise könne man, wenn man das Mandat abrechne, dann durch die Addition aller Zeiten ganz genau herausfinden, wie lange man gearbeitet habe.
25Die Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Obwohl sich ihre Ausführungen mehr auf das allgemeine Abrechnungs- und Zeiterfassungssystem der Klägerin beziehen, ist kein Grund ersichtlich, weshalb im streitgegenständlichen Mandat ein anderer Zeiterfassungsvorgang eingeleitet gewesen sein soll. Es bestehen auch keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin. Diese räumte insbesondere ein, dass sie sich nicht mehr an die konkrete Stundenzahl erinnere und dass sie nur auf Grund der Terminsvorbereitung wisse, dass für das streitgegenständliche Mandat 23 Stunden abgerechnet worden seien.
26Der Zeuge F bekundete auf Vorhalt, dass im streitgegenständlichen Mandat 23 Stunden für die Betriebsprüfung abgerechnet worden seien, dass er die konkrete Stundenzahl nicht angeben könne, ihm die Abrechnung von 23 Stunden aber jedenfalls im Vergleich eher gering zu sein scheine. Er bekundete ferner, dass er manchmal bei Betriebsprüfungen sehr hohe Steuerberaterrechnungen sehe und sich dann frage, wie diese denn wohl zustande gekommen seien. Diesen Eindruck habe er bei dem streitgegenständlichen Mandat nicht gehabt.
27Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft, sie ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Der Zeuge verfügt als Finanzbeamter über einige Erfahrung mit Betriebsprüfungen. Ferner ist der Zeuge glaubwürdig. Bei ihm ist als vollständig unbeteiligten Dritten keinerlei Belastungstendenz erkennbar.
28Unter Zugrundelegung der Stundennachweise ist ein Zeitaufwand von 21,5 Stunden in Rechnung zu stellen. Dies folgt aus der Zusammenschau der Zeugenaussagen mit den Ausführungen des Sachverständigen N in seinem Gutachten vom 23.06.2008. In diesem Gutachten bestätigte der Sachverständige die Ansicht der Beklagten, dass es nicht üblich und vielmehr unangemessen sei, bei der Abrechnung eines Zeithonorars bei Vorliegen einer konkreten Zeitverfassung einen fünfprozentigen Aufschlag vorzunehmen. Zu diesem Schluss kommt der Sachverständige in nachvollziehbarer Weise durch Darstellung des Abrechnungssystems der Steuerberatergebührenverordnung unter Hinweis auf die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Wert- und Zeitgebühren, die keinen Raum für Pauschalaufschläge auf die vorgegebenen Gebührentypen lässt.
29Schließlich war es angemessen, den Zeitaufwand der Klägerin bei der Betriebsprüfung für den Einzelbetrieb des Beklagten zu 1) und für die Beklagte zu 2) pauschal jeweils hälftig abzurechnen, obwohl die Betriebsprüfung einheitlich durchgeführt wurde, da Prüfungsgegenstand die Überführung des Einzelbetriebes in die GbR gewesen war. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen N in seinem Gutachten vom 23.01.2009. In diesem Gutachten konstatiert der Sachverständige, dass der Steuerberater gemäß §11 StBGebV im Einzelfall bei der Entscheidung über den in Rechnung zu stellenden zutreffenden Gebührenbetrag nach billigem Ermessen entscheiden kann. Von diesem Ermessen werde auch die Entscheidung erfasst, die hälftige Aufteilung der Gebühren vorzunehmen. Diese Vorgehensweise sei auch angemessen und üblich.
30Darüber hinaus steht der Klägerin ein weiterer Zahlungsanspruch in Höhe von 2.037,19 Euro aus §§ 675, 611 I Alternative 2 BGB gegen den Beklagten zu 1) zu.
31Zwischen den Parteien ist ein entsprechender Steuerberatungsvertrag bezüglich der Überprüfung und des Vorgehens gegen die Nachforderungsbescheide des Finanzamts Iserlohn, die sich auf die Steuerjahre 1999 und 2000 bezogen, zustande gekommen. Der Beklagte zu 1) übermittelte der Klägerin ein Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Steuerberatungsvertrages durch Zusendung der beiden Nachforderungsbescheide Ende Januar 2006 bzw. Anfang Februar 2006. Die Zusendung dieser Steuerbescheide ist gemäß den §§133, 157 BGB aus der Sicht eines objektiven Empfängers in der Situation der Klägerin als Angebot auf Abschluss eines Vertrages zu verstehen, wonach die Klägerin zur Prüfung und zum eventuellen Vorgehen gegen diese Steuerbescheide verpflichtet werden sollte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass zwischen den Parteien über mehrere Jahre hinweg immer wieder Steuerberatungsverträge geschlossen wurden. Die Zusendung der beiden Nachforderungsbescheide musste die Klägerin mangels Indizien für einen abweichenden Willen beider Beklagten nicht zuletzt auf Grund der immensen Höhe der Nachforderungsbeträge als Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Steuerberatungsvertrages verstehen. Ein Indiz für einen anderweitigen Willen der Beklagten bzw. für den fehlenden Willen der Beklagten zum Abschluss eines Steuerberatungsvertrages hätte die Kenntnis der Klägerin von der, seitens des Beklagten zu 1) behaupteten, Beauftragung eines anderen Steuerberaters bereits im Jahr 2005 begründen können. Die Beklagten sind allerdings den Beweis schuldig geblieben, dass diese Kenntnis bei der Klägerin Ende Januar 2006 bzw. Anfang Februar 2006 vorlag.
32Die Klägerin nahm das entsprechende Angebot durch Prüfung der Steuerbescheide und durch Einspruchseinlegung objektiv erkennbar konkludent an. Sie musste die Annahme auch nicht ausdrücklich gegenüber den Beklagten erklären(vgl. Palandt, BGB 69. Aufl. 2009, § 151 Rz. 6). Sie durfte vielmehr gemäß § 151 S. 1 BGB nach der kommentarlosen Zusendung der beiden Nachforderungsbescheide davon ausgehen, dass sie ebenso kommentarlos mit der Steuerprüfung beginnen sollte. Auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob die Klägerin nach Zusendung der Nachforderungsbescheide mehrfach versucht habe, mit den Beklagten insbesondere telefonisch Kontakt aufzunehmen, kommt es deshalb nicht an.
33Die unter dem 19.02.2009 als Ersatz für die Rechnung mit der Rechnungsnummer 101 vom 14.03.2006 seitens der Klägerin erstellte Rechnung beinhaltet einen angemessenen Vergütungsbetrag. Die Begründung der Klageforderung durch Bezugnahme auf die neue Rechnung vom 19.02.2009 stellt eine zulässige Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO dar. Durch die Einführung dieser Rechnung änderte sich der Sachverhalt. Dies begründet nach dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff eine Klageänderung. Zwar widersprachen die Beklagten dieser Klageänderung, das Gericht hielt die Einführung der Rechnung vom 19.02.2009 aber für sachdienlich. Mit dieser Rechnung machte die Klägerin erstmals Kosten für die Prüfung der Steuerbescheide geltend. Hätte das Gericht diese Klageänderung nicht zugelassen, wäre ein weiterer Rechtsstreit über die Erstattungsfähigkeit dieser Prüfungsgebühren sehr wahrscheinlich gewesen (vgl. Zöller, ZPO 26. Aufl. 2007, § 263 Rz. 13).
34In der Rechnung vom 19.02.2009 hat die Klägerin zulässigerweise für die Einspruchseinlegungen jeweils eine 6/10 Gebühr in Ansatz gebracht. Diese Gebühr erachtet das Gericht aufn Grund der Ausführungen des Sachverständigen N in seinem Gutachten vom 23.06.2008 für angemessen. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass er unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der beruflichen Tätigkeit einen Gebührensatz von 6/10 nach Tabelle E für angemessen halte. Zur Begründung führt er in überzeugender Weise aus, dass der Gebührenrahmen für die Geschäftsgebühr, die mit jeder auf die Durchführung des Rechtsbehelfs gerichteten Tätigkeit entsteht, 5/10 bis 10/10 betrage. Mit der Ansetzung einer 8/10 Gebühr habe die Klägerin somit eine mittlere Gebühr des Gebührenrahmens gemäß § 41 I StBGebV gewählt. Diese Gebühr sei allerdings gemäß § 41 III in Verbindung mit § 28 StBGebV zu reduzieren. Die Klägerin habe nämlich die Prüfungsgebühr nach § 28 StBGebV verdient; darauf, dass sie diese Gebühr zunächst in der Rechnung mit der Nummer 101 vom 14.03.2006 nicht abgerechnet habe, komme es für die Frage nach der Kürzung nicht an. Diese Ansicht bestätigte der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 23.01.2009.
35Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Sachverständigen zur Entstehung der Prüfungsgebühr nach § 28 StBGebV erklärt sich auch die Angemessenheit der im Übrigen mit der Rechnung vom 19.02.2009 geltend gemachten Beträge. Diese Rechnung führt erstmals die entsprechenden Kosten für die Prüfung der durch den Beklagten zu 1) Ende Januar 2006 bzw. Anfang Februar 2006 zugesandten beiden Steuerbescheide auf. Die Beträge sind schließlich auch rechnerisch richtig ermittelt.
36Die Klägerin hat ferner einen Anspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in dem tenorierten Umfang aus §§ 280 II, 286 BGB. Die Beklagten befanden sich infolge der vergeblichen Zahlungsaufforderung durch die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 31.03.2006 seit dem 01.04.2006 mit der Zahlung der tenorierten Hauptforderungen in Verzug. Die entsprechenden Zahlungsansprüche, insbesondere auch hinsichtlich des Betrages, der sich aus der Rechnung vom 19.02.2009 ergibt, waren gemäß § 271I BGB sofort zur Zahlung fällig. Die Fälligkeit dieser Ansprüche hängt insbesondere nicht davon ab, dass zunächst eine entsprechende Rechnung zugesandt wird. Die Prozessbevollmächtigen der Klägerin wurden gegenüber dem Beklagten erstmals mit Schreiben vom 06.04.2006 tätig. Die geltend gemachte Nebenforderung ist im Übrigen auch rechnerisch richtig ermittelt. Sie steht der Klägerin im Verhältnis ihres Obliegens zu.
37Die Ansprüche der Klägerin werden durch die erklärte Aufrechnung der Beklagten nicht tangiert gemäß § 389 BGB. Den Beklagten steht kein aufrechenbarer Gegenanspruch zu. Ein solcher Anspruch resultiert insbesondere nicht aus §§ 280 Abs. 1 i. V. m. § 675 BGB. Eine Pflichtverletzung der Klägerin im Zusammenhang mit der Beratung hinsichtlich einer möglichst steuergünstigen Grundstücksübertragung ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hatte vielmehr eine steuergünstige Vorgehensweise in Form der Übertragung sämtlicher Grundstücke auf eine noch zu gründende GbR vorgeschlagen und an der Vorbereitung der entsprechenden Verträge mitgewirkt. Dass diese Verträge letztlich abweichend und damit steuerlich ungünstig umgesetzt wurden, ist nicht mehr dem Pflichtenkreis der Klägerin zuzuordnen.
38Die Zinsansprüche folgen aus §§280 II, 286, 675 I, 288 I, II BGB.
39Die Kostenentscheidung beruht auf §§91 I, 92 I S 1 letzte Alternative ZPO.
40Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §709 S 1, S 2 ZPO bzw. hinsichtlich der Beklagten zu 2) auf §708 Ziffer 11, §711 ZPO.
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