Urteil vom Amtsgericht Kaiserslautern - 3 C 2565/03

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Klägerin verlangt Erstattung ihr entstandener Rechtsanwaltskosten für eine von ihren Prozessbevollmächtigten außergerichtlich an die Beklagte gerichtete Abmahnung wegen eines Verstoßes gegen die Kennzeichnungsvorschriften der Verordnung über die Zuzahlung bei der Abgabe von Arznei- und Verbandmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung vom 9. September 1993 (nachfolgend: ZuzahlungsVO).

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Am 08.10.2003 nahm die Beklagte aus im einzelnen nicht näher bekannten Gründen per E-Mail Kontakt zu der Klägerin auf. Ein Mitarbeiter aus der Rechtsabteilung der Klägerin antwortete mit Schreiben vom 09.10.2003 und bat die Beklagte unter Berufung "auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs" um Übersendung einer Musterverpackung des Arzneimittels A. Außerdem teilte er mit, das Inverkehrbringen eines Medikaments durch die Beklagte stelle ohne vorherige Überlassung eines solchen Musters eine Markenrechtsverletzung dar. Daraufhin erklärte der Geschäftsführer der Beklagten mit Schreiben vom 10.10.2003, man werde der Klägerin so bald als möglich eine Musterverpackung von A zuschicken. Dies geschah am 16.10.2003. Versehentlich hatte es die Beklagte versäumt, das übermittelte Musterexemplar auch mit der von der ZuzahlungsVO geforderten Angabe "N 1" zu beschriften. In der Folgezeit meldete sich die Klägerin zunächst nicht mehr bei der Beklagten. Anfang November 2003 ließ sie durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten die Beklagte auffordern, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, Auskunft über den Umfang der vorausgegangenen Verstöße zu erteilen, den bereits entstandenen und noch zu erwartenden Schaden auszugleichen sowie die angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 804,50 (7,5/10 aus einem Gegenstandswert von EUR 50.000,00) zu erstatten. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gaben in deren Namen mit Schreiben vom 11.11.2003 die geforderte Unterlassungserklärung ab und erteilten Auskunft. Alle weitergehenden Forderungen, insbesondere die Kostenerstattung, wurden zurückgewiesen. Eine ihr mit Schreiben vom 18.11.2003 gesetzte Zahlungsfrist bis zum 02.12.2003 ließ die Beklagte unbeachtet.

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Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne aus Geschäftsführung ohne Auftrag die ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten als Aufwendungen gegenüber der Beklagten geltend machen. Zudem ergebe sich ein Zahlungsanspruch zu ihren Gunsten unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes. Ihrem Begehren stehe nicht entgegen, dass sie eine eigene Rechtsabteilung unterhalte, denn diese sei nicht mit der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen befasst.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 804,50 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung führt sie aus, die Beauftragung einer externen Rechtsanwaltskanzlei sei objektiv nicht notwendig gewesen, so dass ein Erstattungsanspruch nicht in Betracht komme. Da die Klägerin eine eigene Rechtsabteilung unterhalte, sei es ihr ohne weiteres möglich, einfach gelagerte Fälle von Wettbewerbsverstößen im eigenen Hause bearbeiten zu lassen.

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Die Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Alle in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlagen greifen im Ergebnis nicht durch.

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So steht der Klägerin gegen die Beklagte kein Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB in Höhe der Rechtsanwaltskosten (EUR 804,50) zu. Dies selbst dann nicht, wenn man zu Gunsten der Klägerin von einem Verstoß der Beklagten gegen die ZuzahlungsVO ausgeht und darin ein wettbewerbswidriges Verhalten sieht (so das HansOLG Hamburg – Urteil vom 21.08.1997, Az.: 3 U 87/97). Zwar billigt die herrschende Meinung (vgl. die zahlreichen Nachweise bei Martin Schmid, GRUR 1999, 312 ff., Fn. 11) demjenigen, der einen Rechtsanwalt mit der Abmahnung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens beauftragt, unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu. Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen, die nachfolgend skizziert werden, jedoch nicht erfüllt.

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Gem. § 670 BGB kann der Kläger nur die Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Dabei hat der Beauftragte bzw. Geschäftsführer ohne Auftrag nach seinem verständigen Ermessen aufgrund sorgfältiger Prüfung bei Berücksichtigung aller Umstände über die Notwendigkeit der Aufwendungen zu entscheiden. Er hat sich am Interesse des Auftraggebers und daran zu orientieren, ob und inwieweit die Aufwendungen angemessen sind und in einem vernünftigen Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts und zum angestrebten Erfolg stehen. Soweit die Aufwendungen auch im Fremdinteresse erfolgten, können sie nur bis zur sachlich gebotenen Höhe als erforderlich angesehen werden. Bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung, die auch der Vermeidung hoher Rechtsverfolgungskosten dienen soll, ist es daher geboten, die Aufwendungen möglichst niedrig zu halten; die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwalts sind daher nur erstattungsfähig, wenn diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (BGH, NJW 1984, 2525; BGHZ 52, 393, 400; LG Kaiserslautern, BB 1984, 1065). Bei klar zu erkennenden und entsprechend leicht zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen kann der davon Betroffene keine Erstattung von Abmahnkosten verlangen (vgl. LG Aachen, NJW-RR 1987, 1326; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 1991, Rdnr. 408 m.w.N.). Dies gilt sogar dann, wenn er keine eigene Rechtsabteilung unterhält, aber aufgrund früherer, gleich gelagerter Fälle über hinreichende eigene Erfahrungen verfügt, um in einer einfachen Wettbewerbssache eine erste Abmahnung auszusprechen (AG Bad Kreuznach, NJWE-WettbR 1999, 207 f.).

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Für die Feststellung, dass auf dem von der Beklagten übersandten Muster die nach der ZuzahlungsVO erforderliche Kennzeichnung "N 1" fehlte, bedurfte es keiner besonderen Spezialkenntnisse rechtlicher Art. Vielmehr dürften solche und ähnliche Überprüfungen von Arzneimittelverpackungen zum Alltagsgeschäft eines Pharmaunternehmens gehören, das sich – wie dem Gericht aus der allgemeinen Wirtschaftspresse bekannt ist – selbst als eines der führenden in Deutschland bezeichnet und nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von rund 3,1 Milliarden EUR erzielt. Abgesehen davon lassen die Formulierungen in dem Schreiben der Rechtsabteilung vom 09.10.2003 durchaus darauf schließen, dass die Klägerin Mitarbeiter mit den für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erforderlichen Kenntnissen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes beschäftigt. Vor diesem Hintergrund wäre von ihr zu erwarten gewesen, dass sie sich mit Blick auf den bereits bestehenden Kontakt zur Beklagten zunächst einmal unmittelbar an diese wendet. Dies gilt um so mehr, als die Beklagte ohne weiteres der Aufforderung zur Vorlage eines Musters nachgekommen ist und damit alles andere als ein die Klägerin schädigendes Verhalten gezeigt hat. Ausgehend von den soeben geschilderten Umständen durfte die Klägerin hier nicht die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung für erforderlich halten.

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Entgegen ihrer Auffassung kann die Klägerin Ersatz der Rechtsanwaltskosten nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes gem. §§ 823, 826 BGB, 1, 3, 13 Abs. 6 UWG verlangen. Ungeachtet der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften fehlt es aufgrund der vorstehenden Erwägungen jedenfalls an einem ersatzfähigen Schaden im Sinne des § 249 BGB, denn die Kosten eines Rechtsanwalts sind vom Schädiger nur dann zu tragen, wenn die Beauftragung erforderlich war (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 249 Rdnr. 39).

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Schließlich rechtfertigt sich das Klagebegehren auch nicht aus §§ 91 ff. ZPO (analog). Nach diesen Vorschriften sind nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu erstatten. Daran fehlt es vorliegend, wie bereits ausgeführt wurde.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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