Urteil vom Amtsgericht Kaiserslautern - 3 C 655/05
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Der klagende Sachverständige - nicht im Besitz einer Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) - nimmt die Beklagte als Kfz-Haftpflichtversicherung zum wiederholten Male gerichtlich auf Zahlung von Schadensersatz aus abgetretenem Recht in Anspruch.
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Am 27.01.2005 verursachte ein Versicherungsnehmer der Beklagten, Herr Herbert Rahm, in Kaiserslautern mit seinem Fahrzeug (amtliches Kennzeichen: KL - HL 42) einen Verkehrsunfall, bei dem ein auf die Stadt Kaiserslautern (Amt für Umwelt) zugelassener Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen KL - 6623 beschädigt wurde. Zur Feststellung der Schadenshöhe beauftragte die Stadt Kaiserslautern (nachfolgend: Geschädigte) am 23.02.2005 den Kläger mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Im Zusammenhang mit der Auftragserteilung ließ sich der Kläger - seiner ständigen Geschäftspraxis entsprechend - von der Geschädigten ein vorgedrucktes und mit „Sicherungsabtretung“ überschriebenes Formular (Bl. 28 d. A.) mit folgendem Inhalt unterzeichnen:
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„Aus Anlass des oben beschriebenen Schadenfalles habe ich den o. g. Kfz-Sachverständigen beauftragt, ein Gutachten zur Schadenshöhe zu erstellen.
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Ich trete hiermit meine Schadensersatzansprüche aus dem genannten Unfall sicherungshalber gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeuges in Höhe der Gutachterkosten unwiderruflich an den Kfz-Sachverständigen ab.
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Der Kfz-Sachverständige ist berechtigt, diese Abtretung den Anspruchsgegnern offen zu legen und die sicherungshalber abgetretenen Ansprüche gegenüber den Anspruchsgegnern im eigenen Namen geltend zu machen, wenn und soweit ich das Sachverständigenhonorar zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht bezahle. Für diesen Fall weise ich hiermit die Anspruchsgegner an, den Forderungsbetrag des Kfz-Sachverständigen unmittelbar dorthin zu begleichen.
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Durch diese Sicherungsabtretung werden die Ansprüche des Kfz-Sachverständigen aus dem Sachverständigenvertrag gegen mich nicht berührt. Er kann die Ansprüche zu jeder Zeit gegen mich geltend machen, verzichtet dann jedoch Zug um Zug gegen die Erfüllung auf die Rechte aus der Sicherungsabtretung gegenüber den Anspruchsgegnern.
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Ich habe für die Geltendmachung und Durchsetzung meiner Schadensersatzansprüche gegen die Anspruchsgegner selbst zu sorgen.“
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Mit Schreiben vom 02.03.2005 (Bl. 29 d. A.) übersandte der Kläger der Beklagten das von ihm erstellte Gutachten im Original zusammen mit seiner an die Geschädigte adressierten Rechnung vom selben Tage (Bl. 27 d. A.) unter Hinweis auf die vorliegende Sicherungsabtretung. Der Rechnungsbetrag belief sich auf EUR 487,20. Die geforderte Vergütung setzte sich - der regelmäßigen Abrechnungspraxis des Klägers entsprechend - aus einer an den ermittelten Bruttoreparaturkosten (gegebenenfalls zuzüglich Wertminderung) orientierten Grundgebühr sowie vier weiteren Pauschalpositionen zusammen. Auf das Schreiben des Klägers vom 02.03.2005 teilte die Beklagte unter dem 14.03.2005 (Bl. 45 d. A.) mit, ein Ausgleich der Rechnung könne in Anbetracht der darin enthaltenen Pauschalpositionen nicht erfolgen. Im übrigen regulierte die Beklagte den der Geschädigten entstandenen Schaden vollständig. Der Kläger ging dann zunächst - wie regelmäßig - ausschließlich gegen die Beklagte aus der Sicherungsabtretung vor, ohne die Geschädigte jemals zur Zahlung aufgefordert zu haben. Selbst das ablehnende Schreiben der Beklagten vom 14.03.2005 veranlasste den Kläger nicht, sich an die Geschädigte zu wenden, was er üblicherweise getan hätte.
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Der Kläger behauptet, der von ihm in Rechnung gestellte Betrag sei angemessen und ortsüblich. Er ist der Ansicht, die Anlehnung seiner Vergütung an die Höhe der ermittelten Bruttoreparaturkosten (gegebenenfalls zuzüglich Wertminderung) sei nicht zu beanstanden. Außerdem habe die Beklagte in Kenntnis der Sicherungsabtretung keine Ersatzleistungen an die Geschädigte auskehren dürfen, ohne vorab den Kläger zu befriedigen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 487,20 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2005 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie vertritt die Auffassung, dem Kläger fehle bereits die Aktivlegitimation, da die Sicherungsabtretung gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Jedenfalls aber könnten die vom Kläger in Rechnung gestellten Pauschalpositionen nicht mehr als zur Schadenskompensation erforderlicher Geldbetrag im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB angesehen werden. Die Beklagte behauptet, zur Erstellung des Gutachtens seien lediglich 73 Minuten erforderlich gewesen.
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Das Gericht hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 09.05.2005 zu seiner Abrechnungspraxis und zur tatsächlichen Handhabung der formularmäßigen Sicherungsabtretung gemäß § 141 ZPO angehört.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVG, 398 BGB zu.
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Ob der Geschädigten, der Stadt Kaiserslautern, ein Schadensersatzanspruch in Höhe des ihr vom Kläger in Rechnung gestellten Betrages (EUR 487,20) gegen die Beklagte zusteht, bedarf keiner Beantwortung. Gleiches gilt für die Frage, ob eine nicht am tatsächlichen Arbeitsaufwand, sondern an den ermittelten Bruttoreparaturkosten (gegebenenfalls zuzüglich Wertminderung) orientierte Abrechnung des Schadensgutachters mit § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB vereinbar ist (dazu Hörl, NZV 2003, 305 ff.; Grunsky, NZV 2000, 4 ff.; Kääb/Jandel, NZV 1998, 268 ff.; Steinle, DAR 1996, 296 f.). Vorliegend verstößt die Sicherungsabtretung vom 23.02.2005 gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB und ist deshalb nichtig. Dem Kläger fehlt die Aktivlegitimation, da er mit der Einziehung der ihm abgetretenen Forderung bei wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung eine fremde Rechtsangelegenheit besorgt, ohne die dafür erforderliche Erlaubnis zu besitzen.
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Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten unter Einschluss der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die entsprechende Erlaubnis erteilt worden ist.
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Eine erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten liegt vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen oder solche zu gestalten (BGH, NJW 2000, 2108; NJW 1989, 2125; BGHZ 48, 12, 18 f.; 38, 71, 75; OLG Hamm, NJW-RR 2002, 132). Zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung ist, weil eine Besorgung fremder Geschäfte außer mit wirtschaftlichen Belangen vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist, auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen (BGH, NJW 2000, 2108). Es ist danach zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und sie die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht (BGH, NJW 1995, 3122; BGHZ 102, 128, 130). Darauf, ob es sich um rechtliche Tätigkeiten schwieriger oder einfacher Art handelt, kommt es für die Anwendung von Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG nicht an (BGH, NJW 1987, 3003, 3004 und 3005).
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Bei der Beurteilung, ob eine Forderungsabtretung den Weg zu einer erlaubnispflichtigen Besorgung von Rechtsangelegenheiten eröffnen sollte, ist nicht allein auf den Wortlaut der getroffenen vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten dieser zu Grunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen (BGH, NJW-RR 1994, 1081, 1083; BGHZ 61, 317, 320 f.), also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die es vermeidet, dass Art. 1 § 1 RBerG durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze umgangen wird (BGH, NJW 2005, 135; BGHZ 61, 317, 320 f.). Deshalb kommt es darauf an, wie sämtliche Bestandteile der getroffenen Vereinbarung wirtschaftlich ineinander greifen, ob sie sich wirtschaftlich als Teilstücke eines Verfahrens zur Entlastung des Geschädigten von der Schadensabwicklung einschließlich der Besorgung damit verbundener rechtlicher Angelegenheiten darstellen; insbesondere ist von maßgeblicher Bedeutung, in welcher Eigenschaft und in welchem Verhältnis zueinander die Beteiligten an der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche mitwirken sollten (BGH, NJW 2005, 135; NJW 2004, 2516; NJW 2003, 1938, 1939).
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Der BGH hat wiederholt ausgesprochen, dass derjenige, der eine ihm zu Sicherungszwecken abgetretene Forderung einzieht, keine fremde, sondern eine eigene Rechtsangelegenheit besorgt (BGHZ 58, 364, 367; 47, 364, 366). Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach der wirtschaftlichen Bedeutung und praktischen Abwicklung der Abtretungsvereinbarung nicht die Verwirklichung eigener Interessen des Zessionars im Vordergrund steht, sondern Ziel der Abtretung die Durchsetzung der Interessen des Zedenten ist (AG Hattingen, VersR 2000, 1426). Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz kann sich also aus den gesamten Umständen, insbesondere dem Zweck der Abtretung, ihrem wirtschaftlichen Hintergrund und vor allem der Geschäftspraxis des Zessionars ergeben (OLG Schleswig, NZV 1994, 74). Wer (geschäftsmäßig) erfüllungshalber abgetretene Forderungen einzieht, besorgt eine fremde Rechtsangelegenheit und bedarf hierzu einer Erlaubnis (BGH, NJW 1977, 38, 39 f.; LG Halle/Saale, Urteil vom 23.07.2004, 1 S 6/04 - zitiert nach juris). Ob von einer nach dem Rechtsberatungsgesetz erlaubnisfreien Tätigkeit auszugehen ist, richtet sich allerdings, wie der BGH weiter ausgesprochen hat, nicht allein nach dem Wortlaut und der formalrechtlichen Ausgestaltung des Zessionsvertrages; vielmehr kommt es insoweit bei der im Rahmen der Anwendung des RBerG gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise darauf an, ob die Abtretung in erster Linie der Sicherung dient oder dieser Gesichtspunkt zurücktritt und im Vordergrund das Bestreben steht, eine Rechtsangelegenheit des Zedenten zu besorgen (vgl. BGH, NJW-RR 1994, 1081, 1083; BGHZ 61, 317, 320 f.). Die anzustellende wirtschaftliche Gesamtbetrachtung lässt auch Rückschlüsse aus den nachvertraglichen Umständen auf den wahren Inhalt der Vereinbarung zu (BGH, VersR 1994, 950, 952; OLG Stuttgart, NZV 2003, 142, 143). Entscheidend ist deshalb, wie und zu welchem Zweck Zedent und Zessionar an der Geltendmachung der in Betracht zu ziehenden Schadensersatzansprüche beteiligt sind (BGH, NJW 1985, 1223, 1224 m. w. N.).
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Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist hier von einer erlaubnispflichtigen Rechtsbesorgung im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG auszugehen. Zwar enthält die Abtretungserklärung ihrem Wortlaut nach eine Zweckbestimmung zur Sicherung der Vergütungsansprüche des Klägers gegen die Geschädigte (Stadt Kaiserslautern) sowie einen deutlichen Hinweis darauf, dass diese ihre Schadensersatzansprüche selbst durchzusetzen habe und nach wie vor aus dem geschlossenen Werkvertrag zur Zahlung verpflichtet bleibe. Die ständige Geschäftspraxis des Klägers rechtfertigt jedoch die Überzeugung des erkennenden Gerichts, dass dieser seinen Auftraggebern bewusst und zielgerichtet die Geltendmachung und Durchsetzung der abgetretenen Schadensersatzansprüche im eigenen wirtschaftlichen Interesse abgenommen hat, um seine von der Höhe der Bruttoreparaturkosten (gegebenenfalls zuzüglich Wertminderung) abhängigen Honorare gegenüber der Beklagten durchzusetzen. Im Rahmen seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO hat der Kläger eingeräumt, dass er sich regelmäßig die Schadensersatzansprüche unter Verwendung des als „Sicherungsabtretung“ bezeichneten Formulars abtreten lasse und diese in Höhe der ihm zustehenden Vergütung unmittelbar gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners geltend mache, ohne zuvor die eigenen Kunden als Auftraggeber in Anspruch zu nehmen. Damit werden den Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst zu kümmern hätten (so ausdrücklich BGH, NJW 2005, 135, 136; a. A. OLG Celle, MDR 2002, 728; AG Gummersbach, Urteil vom 29.03.2001, 2 C 619/00 - zitiert nach juris). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, wen der Kläger letztlich verklagt, denn auch die nur außergerichtliche Geltendmachung und Durchsetzung von Ansprüchen eigener Kunden stellt sich als erlaubnispflichtige Tätigkeit im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes dar (vgl. OLG Nürnberg, NZV 1992, 366, 367). Entgegen seiner Darstellung, die eigenen Auftraggeber zumindest dann zur Zahlung aufzufordern, wenn von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners keine oder nur teilweise Zahlung erfolgt, hat der Kläger vorliegend die Stadt Kaiserslautern zu keinem Zeitpunkt mit seinem Vergütungsanspruch konfrontiert. Auch dieser Umstand spricht dafür, dass von Anfang an allein der Kläger für die Realisierung der zur Sicherung abgetretenen Forderung zuständig, die Angelegenheit mit der Sicherungsabtretung für die Geschädigte hingegen zunächst erledigt sein sollte. Bei abweichender Betrachtung stellten sich die Offenlegung und Geltendmachung der Sicherungszession gegenüber der Beklagten noch vor Eintritt des Sicherungsfalles im Verhältnis zur Geschädigten als Verletzung der Sicherungsabrede dar (vgl. dazu Trost, VersR 1997, 537, 540). Mit der hier zu beurteilenden „Sicherungsabtretung“, die ihrem Wortlaut nach („meine Schadensersatzansprüche aus dem genannten Unfall“) sämtliche Schadensersatzansprüche des Geschädigten aus dem zu Grunde liegenden Verkehrsunfall bis zur Höhe der Sachverständigenkosten erfasst, wird der Zedent Gefahren ausgesetzt, die in den Schutzbereich von Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG fallen. Der Kläger kann nämlich zur Befriedigung seines Vergütungsanspruchs gegenüber der Haftpflichtversicherung nicht nur auf den Erstattungsanspruch hinsichtlich der Sachverständigenkosten, sondern auf alle Schadensersatzansprüche zurückgreifen und damit Rechtsnachteile für den Geschädigten herbeiführen. Dies wird insbesondere dann bedeutsam, wenn die Haftpflichtversicherung des Schädigers von einer Mithaftung des Anspruchstellers ausgeht.
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Der Kläger betreibt die erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung auch geschäftsmäßig, was sich bereits aus den vorstehend erörterten Umständen, insbesondere der ständigen Geschäftspraxis und der damit regelmäßig verbundenen Verwendung des gleichen vorgedruckten Formulars mit der Überschrift „Sicherungsabtretung“, ergibt. Zudem sprechen die vielen, vom Kläger selbst im Rahmen seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO angeführten Prozesse dafür, dass er die gerichtliche Durchsetzung der von ihm gestellten Honorarrechnungen, die sich allesamt an der Höhe der ermittelten Bruttoreparaturkosten (gegebenenfalls zuzüglich Wertminderung) orientieren, zu einem dauernden und wiederkehrenden Bestandteil seiner Tätigkeit gemacht hat.
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Eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz ist dem Kläger nach seinen eigenen Angaben nicht erteilt worden. Auf den Ausnahmetatbestand des Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG kann er sich nicht berufen. Seine Berufstätigkeit, nämlich der Betrieb eines Sachverständigenbüros für Kfz-Technik, erfordert es nicht, sich geschäftsmäßig mit der Regulierung von Verkehrsunfällen der eigenen Kunden zu befassen. Zwar wird ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne von Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG nicht erst dann angenommen, wenn die Haupttätigkeit des Unternehmers ohne die Erledigung rechtlicher Angelegenheiten für seine Kunden schlechthin nicht möglich ist, sondern schon dann, wenn sie nicht sachgemäß erledigt werden könnte (BGH, NJW 1988, 561, 563). Dieses Verständnis gebietet jedoch nicht, bei der Auslegung des Merkmals des unmittelbaren Zusammenhangs auch die subjektive Erwartung der Kunden, der Unternehmer werde das rechtliche Hilfs- oder Nebengeschäft mit erledigen, zu berücksichtigen (BGH, VersR 1994, 950, 952). Die Tätigkeit eines Kfz-Sachverständigen lässt sich auch ohne die Verfolgung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen der eigenen Kunden sachgemäß erledigen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
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Gemäß § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO war die Berufung für den Kläger zuzulassen. Das vorliegende Urteil weicht nicht nur von zwei Entscheidungen der ersten Abteilung des Amtsgerichts Kaiserslautern (1 C 431/04 und 1 C 2081/04), sondern auch von der Rechtsprechung des OLG Celle (MDR 2002, 728) ab. Darüber hinaus hat die Rechtssache auch grundsätzliche Bedeutung, welche sich aus dem Bedürfnis nach einer einheitlichen Anwendung des RBerG in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle (vgl. nur das weitere beim erkennenden Gericht anhängige Verfahren 3 C 685/05) ergibt. Die Ausführungen im Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 20.11.2002 (3 S 188/02) lassen sich auf die vorliegende Konstellation nicht übertragen, denn dort hatte nicht der Sachverständige, sondern der Geschädigte persönlich gegen die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners geklagt.
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