Entscheidung vom Amtsgericht Kehl - 5 C 487/12

Tenor

Der Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten ist eröffnet.

Tatbestand

 
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, ihrer Mutter, die Rückzahlung von insgesamt 3800 EUR, die die Klägerin der Beklagten in Einzelbeträgen von 2.000 EUR am 14.06.2005, von 1.700 EUR am 31.11.2005 sowie von 100 EUR am 03.03.2006 überwiesen hat, nachdem die Klägerin nicht mehr selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen kann. Die Beklagte wurde die Klägerin vergeblich unter Fristsetzung zum 07.06.2011 zur Rückzahlung aufgefordert.
Die Klägerin behauptet, sie habe das Geld der Beklagten ohne Gegenleistung zugewandt, mithin geschenkt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.800 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 08.06.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte rügt zunächst die Zuständigkeit des allgemeinen Zivilgerichts. Sie ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall, das Amtsgericht – Familiengericht – Kehl zur Entscheidung berufen sei, weil die Zahlung des Geldes im Rahmen der Mutter-Tochter-Beziehung erfolgt sei. Es handele sich somit bei dem Rückforderungsverlangen um die Geltendmachung eines Anspruchs, der aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrühre (§ 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG). Darüber hinaus ergebe sich die Zuständigkeit des Familiengerichts auch daraus, dass bereits dort ein Rechtsstreit anhängig sei, bei dem der Kreis St. Als Sozialhilfeträger für die Klägerin von der Beklagten Unterhaltszahlungen geltend mache.
In der Sache ist die Beklagte der Ansicht, dass es sich bei den Geldzahlungen nicht um Schenkungen gehandelt habe. Sie habe für die Klägerin eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen und die Beiträge zunächst einbezahlt. Die Klägerin habe aber zugesichert, dass sie die Versicherungsbeiträge zurückzahlen werde, was sie mit den nunmehr zurückverlangten Zahlungen getan habe. Im Übrigen habe die Klägerin ihre Verarmung vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit selbst herbeigeführt, weil sie trotz abgeschlossener Berufsausbildung nicht arbeite und darüber hinaus eine Erbschaft in Höhe von 96.750,00 EUR einer Sekte habe zukommen lassen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
10 
Die Klage ist zulässig.
11 
Für die Klage ist der Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten eröffnet. Es handelt sich nicht um eine sonstige Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, für die das Familiengericht zuständig wäre.
12 
Sonstige Familiensachen gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG sind Verfahren, die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche betreffen. Dafür genügt es nicht, dass irgendein Zusammenhang mit dem Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Vielmehr müssen diese Ansprüche selbst ihre Grundlage im Eltern-Kind-Verhältnis haben (vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 2011, 584; Bumiller/Harders, FamFG - Freiwillige Gerichtsbarkeit, 10. Auflage 2011, § 266, Rn. 5; Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Auflage 2010, § 266 FamFG, Rn. 127). Damit fallen Ansprüche nicht unter § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, die gleichermaßen im Eltern-Kind-Verhältnis und zwischen nicht verwandtschaftlich verbundenen Personen entstehen können, insbesondere wenn sie rein vertraglicher Natur sind (vgl. Prütting/Helms, FamFG, 2. Auflage, § 266, Rn. 57a). So liegt der Fall hier.
13 
Die Klägerin stützt ihren Anspruch gegen die Beklagte auf die Rückforderung einer Schenkung wegen Verarmung. Anspruchsgrundlage dafür ist § 528 BGB. Spezielle Anspruchsgrundlagen, die sich nur aus dem Eltern-Kind-Verhältnis ergeben können, kommen nicht in Betracht. Folglich macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage keine Ansprüche geltend, die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrühren (vgl. dazu auch OLG Hamm, Beschluss vom 20.09.2012, Az. II-14 WF 177/12 und 14 WF 177/12, veröffentlich bei juris.de).
14 
Unerheblich ist, ob die Beklagte gegenüber der Klägerin unterhaltspflichtig ist und ob Unterhaltsansprüche, hier durch den Sozialleistungsträger aus übergegangenem Recht, bereits klagweise vor dem Familiengericht geltend gemacht werden. Denn Ansprüche aus dem Eltern-Kind-Verhältnis können selbständig neben sonstigen, insbesondere schuldrechtlichen, Ansprüchen bestehen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass offenbar die Unterhaltsansprüche auf dieselben tatsächlichen Umstände, nämlich die Verarmung der Klägerin, gestützt werden.

Gründe

 
10 
Die Klage ist zulässig.
11 
Für die Klage ist der Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten eröffnet. Es handelt sich nicht um eine sonstige Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, für die das Familiengericht zuständig wäre.
12 
Sonstige Familiensachen gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG sind Verfahren, die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche betreffen. Dafür genügt es nicht, dass irgendein Zusammenhang mit dem Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Vielmehr müssen diese Ansprüche selbst ihre Grundlage im Eltern-Kind-Verhältnis haben (vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 2011, 584; Bumiller/Harders, FamFG - Freiwillige Gerichtsbarkeit, 10. Auflage 2011, § 266, Rn. 5; Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Auflage 2010, § 266 FamFG, Rn. 127). Damit fallen Ansprüche nicht unter § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, die gleichermaßen im Eltern-Kind-Verhältnis und zwischen nicht verwandtschaftlich verbundenen Personen entstehen können, insbesondere wenn sie rein vertraglicher Natur sind (vgl. Prütting/Helms, FamFG, 2. Auflage, § 266, Rn. 57a). So liegt der Fall hier.
13 
Die Klägerin stützt ihren Anspruch gegen die Beklagte auf die Rückforderung einer Schenkung wegen Verarmung. Anspruchsgrundlage dafür ist § 528 BGB. Spezielle Anspruchsgrundlagen, die sich nur aus dem Eltern-Kind-Verhältnis ergeben können, kommen nicht in Betracht. Folglich macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage keine Ansprüche geltend, die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrühren (vgl. dazu auch OLG Hamm, Beschluss vom 20.09.2012, Az. II-14 WF 177/12 und 14 WF 177/12, veröffentlich bei juris.de).
14 
Unerheblich ist, ob die Beklagte gegenüber der Klägerin unterhaltspflichtig ist und ob Unterhaltsansprüche, hier durch den Sozialleistungsträger aus übergegangenem Recht, bereits klagweise vor dem Familiengericht geltend gemacht werden. Denn Ansprüche aus dem Eltern-Kind-Verhältnis können selbständig neben sonstigen, insbesondere schuldrechtlichen, Ansprüchen bestehen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass offenbar die Unterhaltsansprüche auf dieselben tatsächlichen Umstände, nämlich die Verarmung der Klägerin, gestützt werden.

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