Urteil vom Amtsgericht Köln - 208 C 141/02
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
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T a t b e s t a n d:
2Der Kläger ist Vermieter, die Beklagten sind Mieter einer Wohnung in Köln aufgrund Mietvertrages vom 01.12.1997. Die bis zum 3. Werktag eines Monats zu erbringende Miete beträgt 434,60 € (= 850,00 DM).
3Nachdem die Miete für Juni, Juli und August 2001 nicht entrichtet worden war, kündigte der Kläger mit Schreiben vom 10.08.2001 das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzuges.
4Die Miete für Juni, Juli 2001 zahlten die Beklagten erst am 15.08.2001, die Miete für August und September erst am 08.10.2001, für Oktober am 21.12.2001 und für November und Dezember 2001 am 12.01.2002. Wegen der Nachzahlungen führte der Kläger das Mietverhältnis trotz der erfolgten Kündigung fort.
5Nachdem der Mietzins für Januar und Februar 2002 nicht geleistet worden war, kündigte der Kläger fristlos, hilfsweise fristgemäß mit Schreiben vom 25.03.2002 wegen Zahlungsverzuges und widersprach einer stillschweigenden Verlängerung des Mietverhältnisses.
6Erneut kündigte er fristlos, hilfsweise fristgemäß wegen Verzuges mit den Mieten für Januar bis April 2002 und wegen wiederholter verspäteter Mietzahlung mit der am 08.05.2002 zugestellten Klage vom 17.04.2002.
7Die Miete für Januar bis März 2002 wurde erst am 18.04.2002 gezahlt, ohne dass aber zunächst die April 2002 Miete gleichzeitig beglichen wurde.
8Die Stadt Köln verpflichtete sich schließlich mit Schreiben vom 06.06.2002, alle bis dahin rückständigen Mieten auszugleichen.
9Am 24.07.2002 stellte die Polizei gegen 20.00 Uhr bei einer Hausdurchsuchung mehrere Hanfpflanzen auf dem Balkon der oben genannten Wohnung der Beklagten sicher, die der Beklagte zu 1.) angepflanzt hatte.
10Der Kläger kündigte daraufhin erneut fristlos, hilfsweise fristgemäß mit Schreiben vom 13.08.2002 wegen wiederholten Hanfanbaus auf dem Balkon der gemieteten Wohnung sowie Konsums "bzw." Handels mit Haschisch.
11Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 05.02.2003 – Aktenzeichen: 581 Ds 412/02 – wurde das in der Folge gegen den Beklagten zu 1.) wegen Betäubungsmittelvergehens eingeleitete Strafverfahren gemäß § 153 a StPO unter der Auflage der Zahlung einer Geldbuße von 100,00 € an eine gemeinnützige Einrichtung vorläufig eingestellt.
12Der Kläger behauptet u. a., die Beklagten seien wiederholt ausdrücklich auf-gefordert worden, die Miete pünktlich zu zahlen und hätten Abmahnungs-schreiben auch erhalten. Gemäß Äußerungen anderer Mieter habe der Beklagte zu 1.) jedes Jahr, auch vor dem Jahr 2002, auf dem Balkon seiner Wohnung Hanf angepflanzt, geerntet, konsumiert und mit den Kanabis-produkten Handel getrieben. Am 24.07.2002 seien Hanfpflanzen in größerem Umfang vom Balkon geholt worden.
13Er beantragt,
14die Beklagten zu verurteilen, die von ihnen gemietete Wohnung im
153. Geschoß rechts des Hauses C.Str., Köln, bestehend aus einem
16Zimmer, Küche, Diele, Bad, WC (Wohnungsgröße ca. 45 m²) zu
17räumen und geräumt an ihn herauszugeben.
18Die Beklagte zu 1.) beantragt
19Klageabweisung.
20Er beruft sich u.a. gegenüber dem Zahlungsverzug als Kündigungsgrund auf Zurückbehaltungsrechte wegen umstrittener Mängel und weist auf die Unsub-stantiiertheit des Vortrags des Klägers zu Abmahnungen bezüglich Mietzahlungen und zu wiederholtem Hanfanbau, Konsum und Handel hin.
21Ein Beweisbeschluss vom 20.09.2002 wurde nicht mehr ausgeführt.
22Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
24Die Klage ist unbegründet.
25Dem Kläger steht gegenwärtig kein Anspruch auf Räumung und Rückgabe der Mietwohung gemäß §§ 546, 985 BGB gegen die Beklagten zu, da das Mietver-hältnis nicht durch die verschiedenen Kündigungen des Klägers beendet wurde.
26Die fristlose Kündigung vom 10.08.2001 entfaltet keine Wirkung, da das Mietverhältnis in der Folge einvernehmlich fortgesetzt wurde. Der Kläger kann sein Räumungsbegehren auch nicht auf die Kündigung vom 25.03.2002 stützen.
27Unabhängig davon, ob tatsächlich ein Zahlungsverzug zu diesem Zeitpunkt vor-gelegen hat, ist jedenfalls die fristlose Kündigung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam geworden, weil die Stadt Köln mit Schreiben vom 06.06.2002, also innerhalb von zwei Monaten seit Rechtshängigkeit (=08.05.2002), sich zur Zahlung aller bis dahin rückständigen Mieten ver-pflichtet hat. Dieser Heilung eines möglichen Zahlungsverzuges stand auch nicht § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB entgegen, wonach eine Heilung ausgeschlossen ist, wenn der letzten Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine in diesem Sinne geheilte Kündigung vorausgegangen ist. So hatte der Kläger bereits vor weniger als zwei Jahren mit Schreiben vom 10.08.2001 wegen Zahlungsverzugs fristlos gekündigt, und hatte von dieser Kündigung aufgrund von Nachzahlungen wieder Abstand genommen und das Mietverhältnis einverständlich fortgesetzt. Hierin lag jedoch keine Heilung im Sinne von § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB. Jene erste Kündigung war nämlich nicht durch nachträgliche Verpflichtung oder Zahlung unwirksam geworden, sondern der Kläger hatte von sich aus auf Durchsetzung der Kündigung vom 10.08.2001 verzichtet. Das ist nicht gleichzusetzen.
28Die Beklagten haben nämlich nach der ersten Kündigung nie die bis zur Zahlung gesamte fällige Miete nachgezahlt. Bei Nachzahlung der Miete für Juni und Juli 2001 am 15.08.2001 wurde nicht die fällige August 2001 Miete erbracht. Bei Nachzahlung der August- und September 2001 Miete am 08.10.2001 wurde nicht die fällige Oktober 2001 Miete gezahlt etc. Demnach beruhte die Fortsetzung des Mietverhältnisses damals nicht auf einer Heilung im Sinne von § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB, sondern allein auf der Bereitschaft des Klägers, das Mietverhältnis weiterlaufen zu lassen. Auf diesen letzten Fall ist § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB jedoch weder dem Wortlaut noch seinem Sinngehalt nach anwendbar (vgl. Schmidt-Futterer-Blank, Mietrecht, 7. Auflage, § 554 BGB, Randnote 78 m. w. N.).
29Die fristlose Kündigung ist folglich unwirksam geworden.
30Dies gilt auch für die gleichzeitig erklärte fristgemäße Kündigung. Auch wenn sich § 569 BGB allein auf die fristlose Kündigung bezieht, muss diese Vorschrift analog auch für die auf denselben Kündigungsgrund, Zahlungsverzug, gestützte fristgemäße Kündigung anzuwenden sein. Andernfalls wären die Mieter gegenüber einer fristgemäßen Kündigung weniger geschützt als gegenüber einer fristlosen Kündigung. Zudem ist zu beachten, dass es sich gerade um Mieter schützende Vorschriften handeln soll, wozu die Nichtanwendung des § 569 BGB analog in Widerspruch stünde (vgl. Schmidt-Futterer-Blank, a. a. O., Randnote 95 m. w. N.). Der Grundgedanke der Heilung bei nachträglicher Verpflichtung oder Zahlung würde aber weitgehend ausgehölt , wenn er sich nur auf die fristlose Kündigung beziehen würde, da dies dazu führen würde, dass grundsätzlich bei Zahlungsverzug neben einer fristlosen auch eine fristgemäße Kündigung erklärt werden und damit, spätestens nach Ablauf der Kündigungsfrist von höchstens bis zu 9 Monaten nunmehr, mangels Heilungsmöglichkeit die gekündigten Mietverhältnisse beendet werden würden. Damit würde aber der Zweck der Heilungsmöglichkeit Mietverträge auf lange und unbestimmte Zeit weiterlaufen zu lassen, konterkariert.
31Ebenfalls sind dementsprechend die fristlose und fristgemäße Kündigung wegen Zahlungsverzuges im klägerischen Schriftsatz vom 17.04.2002 gemäß § 569 BGB Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam geworden.
32Die Kündigungen in diesem Klageschriftsatz können auch nicht mit wiederholter und erheblich verspäteter Mietzinshaltung begründet werden. Gemäß § 543 Abs. 3 BGB hätte eine Abnahmung oder Fristsetzung vorausgehen müssen, an der es jedoch fehlt. Dies gilt auch für eine fristgemäße Kündigung.
33Soweit der Kläger solche Abmahnungen etc. behauptet hat, war sein Vor-bringen trotz entsprechenden Bestreitens der Gegenseite und der Kritik als unsubstantiiert zu unkonkret, um eine Überprüfung zu ermöglichen. Wann, wie , in welcher Form solche Abmahnungen erfolgt sind, wurde gerade nicht vorgetragen.
34Eine solche Abmahnung etc. lag auch nicht in den Kündigungen vom 10.08.2001 bzw. 25.03.2002, bzw. wurde durch diese entbehrlich, da die Kündigungen allein wegen Zahlungsverzuges erklärt wurden. Damit wurde aber die mit dem Erfordernis der Abmahnung bzw. Fristsetzung intendierte Warn-funktion bezüglich der Folgen dauerhafter verspäteter Mietzahlungen gerade nicht erfüllt. Ähnlich wie auch die Androhung fristloser Kündigung wegen Zahlungsverzugs den Mieter nicht ausreichend vor den Folgen wiederholter verspäteter Mietzahlungen warnt und folglich keine Abmahnung in diesem Sinne enthält (vgl. Landgericht Hamburg WM 91, 345), genügt ebenso eine nur auf Zahlungsverzug gestützte Kündigung nicht. Die möglichen Kündigungs-gründe Zahlungsverzug, also bislang gänzlich fehlender Zugang der Miete in bestimmter Höhe, und über einen längeren Zeitraum verspätete Mietzahlungen sind so unterschiedlich, dass es differenzierter Warnung bedarf. Anders als bei Zahlungsverzug im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB erscheint wiederholte verspätete Mietzinszahlung nicht notwendigerweise aus Mietersicht für den Vermieter so gravierend, dass eine Fortsetzung nicht möglich erscheint.
35Letztlich führte auch die Kündigung vom 13.08.2002 nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses. Allein der ein- oder zweimalige Anbau und gegebenenfalls Eigenkonsum von Kanabis begründet weder Unzumutbarkeit der Mietvertrags-fortsetzung im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB, noch ein berechtigtes Interesse an fristgemäßer Kündigung im Sinne von § 573 Abs. 1 BGB.
36Abgesehen von dem Fehlen einer Abmahnung, die auch für die fristgemäße Kündigung erforderlich sein dürfte, (vgl. Schmidt-Futterer-Blank, a. a. O., § 564 b BGB Randnote 12), erscheint das Fehlverhalten des Beklagten zu 1.) nicht so schwerwiegend, dass eine Kündigung angemessen wäre (vgl. u. a. Landgericht Lüneburg WM 1995, 708 f.) Dass es kein besonders schwerwiegendes strafrechtlich relevantes Verhalten darstellte, zeigte sich auch darin, dass das Strafverfahren gemäß § 153 StPO gegen Zahlung einer Geldbuße von nur 100,00 € vorläufig eingestellt wurde, also der Erlass eines Urteils nicht für erforderlich gehalten wurde. Soweit der Kläger den Erlass eines Urteils demgegenüber behauptet hatte, ist sein Vortrag durch die Vorlage einer Kopie des Einstellungsbeschlusses seitens der Beklagtenseite überholt.
37Soweit im Übrigen der Kläger Hanfanbau über viele Jahre, sowie Handel mit Hasch behauptet hat, war dieser Vortrag trotz entsprechenden Hinweises der Gegenseite völlig unsubstantiiert und deshalb unbeachtlich. Näheres wurde dazu gerade nicht vorgetragen.
38Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 7, 711 ZPO.
39Streitwert: 5.215,20 €.
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