Urteil vom Amtsgericht Köln - 146 C 108/04
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung abzuwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Zwischen den Parteien besteht ein Krankenversicherungsvertrag nach dem Tarif KT7/111,46. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Tarifbedingungen waren vereinbart. Nach dem Tarif steht dem Kläger ab dem 43. Tag einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in Höhe von 111,46 € pro Tag zu. Der Kläger erkrankte zeitweise bis zum 3.4.2004 arbeitsunfähig. Zwischen den Parteien besteht Streit über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Der Kläger litt seit 1999 an einer depressiven Stimmungslage mit Schlaflosigkeit, Antriebslosigkeit und gesteigertem Appetit. Er befand sich von Januar bis Juni 2000 in der X. Klinik. Danach war er 1 Jahr wieder arbeitsfähig. Im Frühjahr 2002 erkrankte der Kläger erneut arbeitsunfähig. Er befand sich erneut in der X. Klinik von April bis Juli 2002. Er war danach weiter arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte erbrachte die tariflichen Leistungen. Am 16.9.2003 fand eine Nachuntersuchung des Klägers in den Räumlichkeiten des Berufsförderungswerkes Michaelshoven durch die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T. und die Dipl.-Psychologin L. statt. Sie kamen zu dem Ergebnis, daß der Kläger in der Lage sei, die beruflichen Anforderungen teilweise zu erfüllen. Derzeit bestehe keine Arbeitsunfähigkeit. Es liege auch keine Berufsunfähigkeit vor. Sie schlugen vor, daß eine Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß langsam erfolgen sollte. Sollte dies nicht gelingen, sondern ein Rückfall in die Arbeitsunfähigkeit erfolgen, sei auch nicht mit einer über 50 %igen Wiederaufnahme der Tätigkeit auf Dauer zu rechnen. Dann bestehe aus Sicht der beiden Behandler Berufsunfähigkeit ohne weitere Begutachtung. Die Beklagte erbrachte weiter Leistungen aus Kulanzgründen bis zum 16.11.2003. Dem Kläger wurde während dieser Zeit weiter Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Auf eine erneute Anfrage der Beklagten erklärte der behandelnde Arzt aus der X. Klinik durch Schreiben vom 22.12.2003, daß neben einem Bandscheibenvorfall und internistischer Probleme aufgrund der psychiatrischen Medikation sich auch der psychische Befund des Klägers verschlechtert habe. Er gehe deshalb von einer Arbeitsunfähigkeit sowohl psychiatrisch als auch internistisch-orthopädisch aus. Durch Schreiben vom 15.1.2004 erklärte die Beklagte die Beendigung des Versicherungsverhältnisses gem. § 15 b MB/KT und die Beendigung ihrer Leistungspflicht nach dem 21.3.2004. Gleichzeitig setzte sie eine Klagefrist gem. § 12 Abs. 3 VVG. Die Beklagte leistete Zahlungen bis zum 21.3.2004. Der Kläger nahm das Angebot der Beklagten zur Umstellung des Krankentagegeldtarifes in eine Anwartschaftsversicherung im unmittelbaren Anschluß an das behauptete Ende des Krankentagegeldtarifes zum 1.4.2004 unter ausdrücklichem Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung hinsichtlich der von der Beklagten behaupteten Berufsunfähigkeit an.
3Mit Schreiben vom 30.3.2004 teilte der behandelnde Arzt mit, daß der Kläger ab dem 31.3.2004 die volle Arbeitsfähigkeit wieder erlangt habe und seine Tätigkeit als Kfz-Sachverständiger in seinem zuvor ausgeübten Tätigkeitsbereich wieder aufgenommen habe.
4Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung des restlichen Krankentagegelds für den Zeitraum vom 22.3.2004 bis zum 30.3.2004 und ferner die Feststellung, daß der zum 1.8.2001 geschlossene Krankentagegeldversicherungsvertrag unverändert fortbestehe.
5Der Kläger trägt vor, daß er während der gesamten Zeit arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei im Hinblick auf seine Depression. Im September 2003 sei der empfohlene Arbeitsbeginn aufgrund sich überlagernder zunächst orthopädischer und inzwischen einer internistischen Erkrankung nicht realisierbar gewesen. Eine Berufsunfähigkeit des Klägers habe nicht vorgelegen. Die Prognose der begutachtenden Ärztin habe sich nachträglich als falsch herausgestellt.
6Der Kläger beantragt,
71. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1003,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 15.1.2004 zu zahlen,
82. festzustellen, daß der unter der Versicherungsschein-Nr. 116… zum 1.8.2001 geschlossene Krankentagegeldversicherungsvertrag nach dem Tarif KT7/111,46 unverändert fortbesteht und insbesondere nicht durch den von der Beklagten im Schreiben vom 15.1.2004 behaupteten Eintritt von Berufsunfähigkeit des Klägers ab dem 22.12.2003 beendet wurde.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte ist der Ansicht, daß ein Leistungsanspruch des Klägers am 21.3.2004 beendet war. Aufgrund des medizinischen Befundes aus dem Gutachten vom 16.9.2003 sei von einer Erwerbsunfähigkeit des Klägers seit dem 22.12.2003 auszugehen. Da eine Wiedereingliederung des Klägers nicht erfolgt sei, sei eine voraussichtlich dauernde Berufsunfähigkeit festgestellt worden.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Klage ist nicht begründet.
15Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld für den Zeitraum vom 22. bis zum 30.3.2004 aus dem zwischen den Parteien bestehenden Krankentagegeldversicherungsvertrag zu. Denn die Beklagte hat zu Recht durch Schreiben vom 15.1.2004 die Beendigung des Versicherungsverhältnisses gem. § 15 b MB/KT wegen des Vorliegens von Berufsunfähigkeit des Klägers und die Beendigung ihrer Leistungspflicht nach dem 21.3.2004 erklärt. Gem. § 15 b MB/KT liegt Berufsunfähigkeit dann vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Diese Voraussetzungen lagen im vorliegenden Fall vor. In dem arbeitsmedizinischen Gutachten zur Arbeitsunfähigkeit in der Krankentagegeldversicherung vom 16.9.2003 haben die begutachtende Ärztin sowie die Dipl.-Psychologin nach umfangreicher Begutachtung, auf die im einzelnen Bezug genommen wird, festgestellt, daß der Kläger wieder in der Lage sei, die beruflichen Anforderungen teilweise zu erfüllen. Derzeit bestehe keine Arbeitsunfähigkeit, da der Versicherungsnehmer Elemente seiner Tätigkeit wieder ausführen könne. Sie haben zwar auch festgestellt, daß nach ihrer Einschätzung zum damaligen Zeitpunkt keine Berufsunfähigkeit vorliege. Jedoch haben sie einschränkend angegeben, daß der Kläger zumindest teilarbeitsfähig sei und die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß langsam erfolgen sollte. Sie führen weiter aus, daß wenn dies nicht gelingen sollte, sondern ein Rückfall in die Arbeitsunfähigkeit erfolgen sollte, sei mit einer über 50 %igen Wiederaufnahme der Tätigkeit auf Dauer nicht zu rechnen. Dann bestehe aus ihrer Sicht Berufsunfähigkeit ohne weitere Begutachtung. Unstreitig war der Kläger in der Folgezeit weiter arbeitsunfähig, wobei aufgrund des behandelnden Arztes Dr. C. in seinem Schreiben vom 22.12.2003 diese Arbeitsunfähigkeit zum einen auf dem Bandscheibenvorfall sowie auf der durch die Leberschädigung hervorgerufenen Oberbauchbeschwerden beruhten. Jedoch hat der behandelne Arzt auch ausgeführt, daß sich der aktuelle psychische Befund weiter verschlechtert habe, so daß von einer Arbeitsunfähigkeit "sowohl psychiatrisch als auch internistisch-orthopädisch" auszugehen sei. Mithin war der Kläger auch aufgrund seiner ursprünglichen Erkrankung über den 16.9. hinaus arbeitsunfähig. Eine Wiedereingliederung wie von den Gutachterinnen vorgeschlagen konnte nicht durchgeführt werden. Mithin war aufgrund des Gutachtens vom 16.9.2003 von einer Berufsunfähigkeit des Klägers zum damaligen Zeitpunkt auszugehen. Daran ändert sich auch nichts dadurch, daß der Kläger seit dem 31.3.2003 wieder 100 % in seinem bisher ausgeübten Beruf arbeitet. Denn der maßgebliche Zeitpunkt für den Eintritt der Berufsunfähigkeit ist derjenige, in dem ein tatsächlich erhobener medizinischer Befund die Erwerbsunfähigkeit attestiert (vgl. Hamm Versicherungsrecht 78, 1034 u.a.). Das Gutachten ist im vorliegenden Fall von den Parteien nicht angegriffen worden. Die Gutachterinnen haben zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens nach umfangreichen Tests und Untersuchungen eine Erwerbsunfähigkeit für den Fall festgestellt, daß eine Wiedereingliederung des Klägers mißlingt. Der maßgebliche Zeitpunkt für den Eintritt der Berufsunfähigkeit ist mithin derjenige, wie sich der Zustand des Versicherungsnehmers zum Zeitpunkt des Gutachtens darstellt. Die spätere Entwicklung des Zustandes des Versicherungsnehmers bleibt als solche unberücksichtigt und kann allenfalls ein Indiz dafür bilden, daß das Gutachten schon aus früherer Sicht falsch war. Dies hätte jedoch zur Folge, daß die Berufsunfähigkeit ständig in Frage gestellt würde und weder der Versicherungsnehmer mit der Pflicht zur Prämienzahlung noch der Versicherer hätten Planungssicherheit. Es ist ferner zu berücksichtigen, daß die Berufsunfähigkeit ja nicht die endgültige Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat, da dem Versicherungsnehmer wie auch im vorliegenden Fall die Möglichkeit einer Anwartschaftversicherung geboten wurde. Hier steht somit nur die Leistungspflicht des Versicherers für den Zeitraum vom 22. bis zum 30.3.2004 zur Debatte. Weiter ist zu berücksichtigen, daß im Falle der Wiedererlangung der Arbeitskraft durch den Versicherungsnehmer und der Feststellung, daß dieser nie berufsunfähig gewesen wäre, hätte es auch nicht der Regelung bezüglich des Abschlusses der Anwartschaftsversicherung bedurft. Denn ein Versicherungsnehmer, der nach Feststellung der Berufsunfähigkeit wieder arbeitsfähig würde, und sich die Prognose zum Zeitpunkt der Begutachtung als nachträglich falsch erwiesen hätte, hätte es nicht des Abschlusses einer Anwartschaftsversicherung bedurft, da in dem Fall die Versicherung das Vertragsverhältnis nicht gem. § 15 b MB/KT beenden könnte. Folglich hat die Beklagte zu Recht das Vertragsverhältnis durch Schreiben vom 15.1.2004 mitgeteilt, daß die tariflichen Leistungen nur noch bis zum 21.3.2004 gezahlt würden und der Versicherungsschutz zum 31.3.2004 endet.
16Der Feststellungsantrag war ebenfalls unbegründet. Wie bereits zuvor ausgeführt, ist das Versicherungsverhältnis unter Berufung auf § 15 b MB/KT zum 31.3.2004 beendet worden, so daß kein Anspruch auf Feststellung des Fortbestehens der Krankentagegeldversicherung besteht.
17Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
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