Urteil vom Amtsgericht Köln - 126 C 464/05
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d:
2Der Kläger betreibt ein Notariat in von ihm gemieteten Büroräumlichkeiten in dem Objekt "B." in Köln. Die Beklagte ist Vorhabenträgerin und Bauherrin der derzeit in Köln in Bau befindlichen Nord-Süd-Stadtbahn, wobei die C.Spezialtiefbau (C) von der Beklagten mit der Durchführung des Bauvorhabens beauftragt wurde.
3In Zusammenhang mit dem Neubau der Nord-Süd-Stadtbahn ist seit geraumer Zeit in unmittelbarer Nachbarschaft zum Notariat des Klägers am L.-I.-Platz in Köln eine Langzeitbaustelle eingerichtet.
4Der Kläger macht mit der Klage gegen die Beklagte einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 2.545,60 € geltend.
5Er behauptet, die durch den Baubetrieb der Stadtbahn bedingten Lärmemissionen hätten sich Ende November/Anfang Dezember 2004 auf ein für ihn und sein Notariat unerträgliches Übermaß gesteigert. Während der üblichen Büroöffnungszeiten sei durchgehend "schweres Baugerät" zum Einsatz gekommen. Insbesondere ein Bohrgerät habe einen außerordentlichen entnervenden Einzelton in die Kanzleiräumlichkeiten immitiert. Beurkundungen hätten abgesagt oder überwiegend "im Brüllton" geführt werden müssen. Der von der Baustelle ausgehende Lärm sowie Erschütterungen bzw. Schwingungsimmissionen hätten seine – des Klägers – Konzentrationsfähigkeit und die seiner Mitarbeiter extrem beeinträchtigt.
6Er – der Kläger – habe die Beklagte mehrfach vergeblich bedrängt, auf seine Situation Rücksicht zu nehmen und umgehend Lärmminderungsmaßnahmen zu veranlassen. Am Rande der Verzweiflung stehend, da er dem akustischen Stress habe kaum noch standgehalten, und angesichts der beklagtenseitigen Blockadehaltung habe er –
7der Kläger - sich veranlasst gesehen, seine Prozessbevollmächtigten mit seiner auf Lärmabwehr gerichteten Interessenwahrnehmung zu beauftragen.
8Nach mehreren "mit Nachdruck" geführten Telefonaten unter Androhung, bei fehlender Gesprächsbereitschaft im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes sowie durch Einschaltung von Gesundheits- und Ordnungsamt notfalls die Stilllegung der Baustelle herbeizuführen, sei es seinem – des Klägers – Prozessbevollmächtigten gelungen, die Beklagte für seine Belange zu "sensibilisieren", so dass diese ein Lärmgutachten beim TÜV beauftragt und außerdem eine gemeinsame Besprechung am 07.12.2004 zugesagt habe. Bei diesem Gesprächstermin mit den Vertretern der Beklagten, der C. und der TÜV-Immissionsschutz- und Energiesysteme GmbH hätten sich die Parteien darauf geeinigt, durch den TÜV zeitnah Messungen durchzuführen und auswerten zu lassen. Außerdem seien Baustellenbetrieb und Notariat dergestalt aufeinander abgestimmt worden, baubetriebliche Lärmspitzen in einem Zeitfenster zu konzentrieren, wodurch sein - des Klägers – Notariat wenigstens an einigen Tagen aufrechterhalten hätten bleiben können. Ferner seien mögliche Maßnahmen zur Minderung des Baulärms besprochen worden.
9Schließlich hätten sein – des Klägers – Prozessbevollmächtigter und er selber eindeutig klargestellt, sich mit einer Einigung auf Lärmminderungsmaßnahmen nicht zufrieden zu geben, sondern darüber hinaus auch die von ihm – dem Kläger – durch seine rechtsanwaltliche Vertretung entstandenen Kosten erstattet zu verlangen. Diese Fragestellung sei ausdrücklich offen bzw. einer späteren Klärung vorbehalten geblieben.
10Da die am 08.12.2004 durchgeführten Messungen mit einem mittleren Beurteilungsspiegel von 79 dB(A) den maßgeblichen Immissionsrichtwert der AVV Baulärm von 60 dB(A) um beeindruckende 19 dB(A) überschritten hätten, hätten sich die Parteien bereits im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit den Messergebnissen darauf einigen können, zur Reduktion der im Volllastbetrieb außerordentlich belästigenden Bohrgeräusche die Drehzahl des Bohrgerätes während seines – des Klägers – Kerngeschäftes zu drosseln.
11Nachdem durch die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung ein auf Abwehr unzumutbarer Baustellenlärmbeeinträchtigung zielender Rechtsstreit vermieden worden sei, habe das Büro seiner – des Klägers – Prozessbevollmächtigten ihm Anwaltskosten in Höhe von 2.545,60 € in Rechnung gestellt, welche er auch beglichen habe.
12Der Kläger ist der Aufffassung, die Beklagte hafte ihm als Bauherr und Betreiber der Baustelle zunächst auf Zahlung von Schdensersatz gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Ziffer 2 BimSchG.
13Als "Betreiber" im Sinne von § 22 BimSchG seien Bauherr und Bauunternehmen gleichermaßen immissionsschutzrechtlich verpflichtet. In Ansehung der konkret gesundheitsgefährdenden Überschreitung des Immissionsrichtwertes um 19 dB(A) habe es der Beklagten oblegen, von sich aus die Beschränkung der Betriebszeiten lautstarker Baumaschinen gemäß Ziffer 4.1. e AVV Baulärm und die Drosselung der Drehzahl am Bohrgerät als "Maßnahme an den Baumaschinen" gemäß Ziffer 4.1 b) AVV Baulärm bzw. gleichwertige Lärmminderungsmaßnahmen zu veranlassen. Dass sie dies nicht getan und darüber hinaus ihn – den Kläger – zunächst mit Scheinargumenten abgefertigt habe, müsse sich die Beklagte vorwerfen lassen.
14Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergäbe sich weiterhin aus § 823 Abs. 1 in Verbindung mit § 906 BGB. Durch die für ihn – den Kläger – unzumutbare Lärmbeeinträchtigung habe die Beklagte in seine von § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgüter Gesundheit, Besitz sowie ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen.
15Schließlich ergäbe sich eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt des Verzuges, denn neben dem auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten quasi negatorischen Unterlassungsanspruch hätten ihm – dem Kläger - verschuldensunabhängige Ansprüche auf Lärmabwehr gemäß § 903, 862, 1004 BGB in Verbindung mit § 906 BGB gegenüber der Beklagten zugestanden.
16Durch die ihm – dem Kläger – persönlich gegenüber zunächst erklärte Leistungsverweigerung sei die Beklagte gemäß § 286 Abs. 2 Ziffer 3 BGB in Schuldnerverzug geraten.
17Gemäß § 249 BGB ergäbe sich für ihn nicht nur ein quasinegatorischer Unterlassungsnspruch, sondern auch ein Schadensersatzanspruch in Geld, der sich auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruches verursachten Kosten erstrecke, so dass insoweit ein unselbständiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch bestehe. Ersatzpflichtig seien vor allem auch Anwaltskosten, soweit die Inanspruchnahme eines solchen erforderlich gewesen sei.
18Vorliegend habe allein schon die juristische Komplexität der rechtlichen Grundlagen des Baulärmschutzes die Einschaltung eines rechtsanwaltlichen Beistandes erforderlich erscheinen lassen. Die Notwendigkeit einer anwaltlichen Mandatierung ergäbe sich im Übrigen bereits daraus, dass er – der Kläger – erst durch die Intervention seines Prozeßbevollmächtigten in seinen Belangen ernst genommen worden sei, was schließlich zu Kompromisslösungen im Hinblick auf die zu ergreifenden Lärmminderungsmaßnahmen geführt habe.
19Der Kostennote seines – des Klägers – Prozessbevollmächtigten sei ein Gegen-
20standswert von 40.000,00 zugrundezulegen, da dieser auf ca. 1/12 seines - des Klägers – Jahresumsatzes zu schätzen sei.
21Die von der Beklagten zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren bezifferten sich demnach wie folgt:
221,3 Geschäftsgebühr Nr. 2400 RVG 1.172,60 €
231,5 Einigungsgebühr Nr. 1000 RVG 1.353,00 €
24Auslagenpauschale Nr. 7002 RVG VV 20,00 €
25Gesamtsumme 2.545,60 €
26Der Kläger beantragt,
27die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.545,60 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.02.2005 zu zahlen.
28Die Beklagte beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Sie bestreitet ihre Passivlegitimation und behauptet, sie sei nicht Betreiberin der streitgegenständlichen Baustelle, sondern habe die C. Spezialbau (C.) mit der Durchführung des Bauvorhabens der Nord-Süd-Stadtbahn beauftragt.
31Sie – die Beklagte – habe keinen bestimmenden Einfluss auf den konkreten Ablauf des Baustellenbetriebs oder gar den Einsatz einzelner Geräte. Die C. arbeite selbständig und entscheide selbst, wann sie wielange welche Geräte einsetze, um ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihr – der Beklagten – zu erfüllen. Im Übrigen habe die C. sich ihr – der Beklagten – gegenüber verpflichtet, die Beeinträchtigungen für die Anlieger auf ein Mindestmaß zu beschränken.
32Art und Ausmaß der akustischen Beeinträchtigung durch die Baustelle für den Kläger lägen weit unter dem, was dieser vortrage. Soweit lediglich ungewöhnlich gewesen sei, dass in seinem Notariat bei geschlossenen Schallschutzfenstern von der Baustelle her ein bei geöffneten Fenstern nicht zu vernehmender Ton zu hören gewesen sei, der den Bürobetrieb aber nicht gestört habe, sei dieser Ton auf den Betrieb des Bohrgerätes Bauer BG 36, soweit dieses bei 100 % Motordrehzahl betrieben wurde, zurückzuführen gewesen, wobei diese Anomalie durch die Schallschutzfenster des Klägers verursacht worden seien. Tatsache sei, dass die C. bereits vor der Besprechung der Parteien am 07.12.2004, unmittelbar nachdem die Messergebnisse des TÜV vorgelegen hätten, ohne hierzu verpflichtet zu sein, die Motordrehzahl des Bohrgerätes Bauer BG 36 von 100 % auf 80 % reduziert habe und der Ton danach nicht mehr zu hören gewesen sei.
33Die Beklagte ist der Auffassung, dass dem Kläger zunächst kein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Ziffer 2 BimSchG zustehe, da die C. die Anlage nach dem Stand der Technik so betreibe, dass unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt würden. Dementsprechend habe die TÜV Immissionsschutz und Energiesysteme GmbH auf Seite 16 ihres Gutachtens über Geräuschimmissionsmessungen im Gebäude "B." vom 09.12.2004 festgestellt, dass die Geräuschbelastung der Nachbarschaft auf das bei derartigen Bauvorhaben unvermeidbaren Maß minimiert sei.
34Entgegen der Auffassung des Klägers sei durch den Betrieb der Baustelle auch nicht ein durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht des Klägers eingegriffen worden. Im Übrigen sei der Betrieb der Baustelle schon deshalb nicht rechtswidrig, da Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen seien, wenn der Planfeststellungsbeschluss – wie hier – unanfechtbar geworden sei. Schließlich treffe den Baustellenbetreiber auch kein Verschulden bezüglich des durch den Bohrer BG 36 verursachten Tons in den Räumen des Notariats, denn dieser beruhe auf einer unvorhersehbaren Anomalie der Schallschutzfenster des Klägers. Ein Verschulden könne nur dann vorliegen, wenn es eine Pflicht von ihr – der Beklagten – gäbe, bei sämtlichen Anliegern der Nord-Süd-Stadtbahn eine individuelle Messung durch einen Sachverständigen durchführen zu lassen.
35Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze, insbesondere auf das als Anlage K 1 der Klageschrift beigefügte Gutachten der TÜV-Immissionsschutz- und Energiesysteme GmbH über Geräuschimmissionsmessungen im Gebäude "Am Hof 52" (4. Obergeschoß) bei Schlitzwand- und Bohrarbeiten auf dem L.-I.-Platz vom 09.12.2004 Bezug genommen.
36E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
37Die Klage ist unbegründet.
38Der Kläger kann von der Beklagten aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt die geltend gemachte Erstattung von Rechtsanwaltskosten von insgesamt 2.545,60 € verlangen. Insoweit kann es dahinstehen, ob die Beklagte als Vorhabenträgerin und Bauherrin des streitgegenständlichen Bauobjekts in diesem Rechtsstreit passivlegitimiert ist oder nicht, denn ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der ihm entstandenen Anwaltskosten besteht schon mangels ersichtlicher schulfhafter Rechtspflichtverletzung des Verantwortlichen der streitgegenständlichen Baustelle nicht.
39Zunächst ergibt sich kein derartiger Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Ziffer 1 BImSchG, wonach schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern sind, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
40Die auf der Baustelle eingesetzten Geräte entsprechen dem Stand der Technik. Ihre Emmissionen waren und sind nach dem Stand der Technik nicht vermeidbar.
41Das hat die TÜV-Immissionsschutz- und Energiesysteme GmbH in ihrem von dem Kläger vorgelegten Gutachten über Geräuschimmissionsmessungen im Gebäude
42"B." (4. Obergeschoß) bei Schlitzwand- und Bohrarbeiten auf dem
43L.I.-Platz vom 09.12.2004 festgestellt.
44Danach erfüllen die während der Geräuschmessungen am 8. Dezember 2004 auf der Baustelle eingesetzten Erdbewegungsmaschinen, darunter auch das von dem Kläger beanstandete Bohrgerät Bauer BG 36, die Anforderungen der Richtlinie 2000/14 EG und entsprechen dem "Stand der Technik". Für die fest installierten Geräte (Mischanlage, Entsandungsanlage) legt die Richtlinie 2000/14/EG keine zulässigen Schallleistungspegel fest. Zum Einsatz kommen hier auf vergleichbaren Baustellen üblicherweise verwendete Aggregate, die den "Stand der Technik" auch auf dem Gebiet des Schallschutzes repräsentieren.
45Es liegt auch kein Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Ziffer 2 BIMSchG vor, wonach nach dem Stand der Technik Anlagen so zu betreiben sind, dass unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
46Zwar haben die am 8. Dezember 2004 in der Zeit zwischen 8.00 Uhr 18.00 Uhr an der Baustelle vorgenommenen Außengeräuschmessungen ergeben, dass der ermittelte Beurteilungspegelnach der AVV Baulärm dem im Mittel über den Arbeitstag gemessenen Tagmaximalpegel von LAFTmS = 79 dB(A)² entspricht und Lr = 79 dB(A) beträgt. Danach erfordert die durch die Messung festgestelle Überschreitung des Immissionsrichtwertes von 60 dB(A) um mehr als 5 dB insoweit Überlegungen, ob gegebenenfalls durch zusätzliche Maßnahmen eine weitere Minderung der Geräuschbelasgung der Nachbarschaft erreicht werden kann.
47In dem TÜV-Gutachten wird jedoch sodann überzeugend festgestellt, dass die Geräuschbelastungen der Nachbarschaft auf das bei derartigen Bauvorhaben unvermeidbarem Maß minimiert ist.
48Insoweit wird nachvollziehbar festgestellt, dass vor Beginn der Bauarbeiten auf dem
49L.I.-Platz durch den TÜV-Rheinland ein Lärmminderungskonzept gemäß der beiden einschlägigen TÜV-Berichte vom 7. Mai 2004 erstellt worden sei. Die dort enthaltenen Vorschläge hätten bei den Planungen zur Baustelleneinrichtung Berücksichtigung gefunden. Dies betreffe im Einzelnen:
50- Mischanlage:
Die empfohlene Einhausung wurde vorgenommen. Die Anlage wird im Wesentlichen nur an Samstagen in Betrieb genommen.
52- Regenerierung Suspension (Entsandungsanlage):
Der ursprünglich geplante Standort der Entsandungsanlage (Südseite L.I.-Platz) wurde geändert. Die Anlage ist an der Westseite der Baufeldfläche aufgestellt (neben der verschwenkten Fahrbahn). Nach Westen (Studiengebäude RGM) schirmen drei Stapelcontainer die Anlagengeräusche ab. Zur Wohn- und Büronutzung in der Großen Neugasse und an der Straße "B." wurde damit der Abstand erheblich vergrößert, was zu niedrigeren Schallimmissionen in diesem Bereich führt.
54Als zusätzliche Maßnahme wurden neue und feinere Siebe eingesetzt. Die Reinigung erfolgt in engeren Zeitabständen als üblich. Betrieben wird das Gerät im Wesentlichen von 17 bis 20 Uhr arbeitstäglich.
55- Betonieren der Schlitzwand:
Für die Fugenabstellung werden – wie in der Lärmminderungsplanung vorgesehen – Fertigteile eingesetzt, die im Boden verbleiben. Damit reduzieren sch die erforderlichen Einsatzzeiten der Großgeräte, weil das Ziehen der Abstellrohre nach dem Betonieren entfällt (Ziehgerät und Beistellung des Servicekrans).
57- Verladung des Aushubs:
Das Aushubmaterial wird nicht wie geplant auf dem Baufeld zwischengelagert, sondern direkt vom Schlitz in den LKW geladen. Damit kann auf den für die Beladung vorgesehenen Hydraulikbagger (ca. 100 kW Nutzleistung) verzichtet werden.
59- Bohrarbeiten (Stützpfeiler):
Zur Lärmminderung wurde im Zuge der Arbeiten der Antrieb des Bohrgerätes gedrosselt (Drehzahlreduzierung im Ergebnis der Schallmessungen in den Büroräumen im 4. Obergeschoss des Gebäudes "B.").
61- Herstellung Suspension/Düsenstrahlarbeiten:
Die Düsenstrahlarbeiten werden nicht mehr parallel zu den Arbeiten für die Baugrubenumschließung durchgeführt. Die Abdichtung zwischen neuer und bestehender Schlitzwand wird parallel zu den Aushubarbeiten erstellt.
63Soweit zur Erfassung der beim Betrieb der Drehbohranlage Bauer BG 36 in den Büroräumen im 4. Obergeschoß des Hauses "B." auftretenden Geräuschimmissionspegel nach den Feststellungen in dem Gutachten am 6. Dezember 2004 in der Zeit zwischen 16.30 Uhr und 18.30 Uhr Schallmessungen durchgeführt wurden, erfolgte diese damit bereits am Tag vor der Besprechung der Parteien vom 7. Dezember 2004. Danach lagen bei Volllastbetrieb der Drehbohranlage (100 % Motordrehzahl) die Schalldruckpegel im Empfangsraum bei LAgq = 58 dB(A) (zeitlich und räumlich über verschiedene Mikrofonpositionen ermittelt, wobei sich an einzelnen Punkten Werte über 60 dB(A) ergaben). In der Raummitte (Bereich der Sitzgruppe) wurde ein Mittelpegel von LAgq = 55 dB(A) erreicht. In den übrigen Büroräumen im 4. Obergeschoß mit Fennstern zum L.I.-Platz hat sich die Geräuschsituation nach dem subjektiven Eindruck ähnlich dargestellt.
64In dem Gutachten ist sodann nachvollziehbar festgestellt, dass ein ausgeprägter Einzelton in den Terzbändern von 200 Hz und 250 Hz auffällig gewesen sei. Die tonhaltige Komponente sei eindeutig von dem Bohrgerät verursacht worden, wie die ergänzend im Nahbereich der Baumaschine vorgenommenen Schallmessungen gezeigt hätten. Der Einzelton sei im Raum noch deutlicher hervorgetreten als im Freien, da die Fenster des Gebäudes "B." im Frequenzbereich um 250 Hz eine erheblich niedrigere Schalldämmung aufwiesen als in den übrigen Oktavbändern.
65Die Reduzierung der Drehzahl des Antriebsaggregats der Drehbohranlage auf 90 % bzw. 80 % der Nenndrehzahl habe sowohl emissions- als auch immissionsseitig zum Wegfall der Einzelkomponente im Terzband von 250 Hz geführt. Danach sei im Raum das Bohrgerät bei 90 % der Nenndrehzahl noch wahrnehmbar gewesen, bei 80 % der Nenndrehzahl habe das übrige Baustellengeschehen (insbesondere die Seilbagger) und zeitweise auch der Fahrzeugverkehr die Bohrgeräusche nahezu vollständig überdeckt. Die Schallimmissionspegel in Raummitte (Volllast: LAgq = 55 dB(A)) hätten im Teillastbetrieb der Drehbohranlage bei LAgq = 49 dB(A) (90 %) bzw. LAgq = 46 dB(A)
66(80 %, Bohrgerät nicht hörbar) gelegen.
67In Anbetracht der Messergebnisse wurde seitens des TÜV empfohlen, die Drehbohranlage nicht mehr mit maximaler Drehzahl zu betreiben, wobei diese zusätzliche Lärmminderungsmaßnahme bereits bei Abfassung des Gutachtens umgesetzt war.
68Demzufolge beruhte der durch den Bohrer Bauer BG 36 in den Räumen des Notariats verursachte Ton nicht auf dem fehlenden "Stand der Technik" des Geräts, sondern auf der nicht vorhersehbaren technischen Eigenart der Schallschutzfenster im Notariat, die im Frequenzbereich um 250 HZ eine erheblich niedrigere Schalldämmung aufweisen als in den übrigen Oktavbändern. Unter diesen Umständen ergibt sich aus der Bestimmung des § 22 Abs. 1 Ziffer 2 BimSchG weder die Verpflichtung des Betreibers der Baustelle, die Motorendrehzahl des Bohrgeräts BG 36 auf die individuellen Bedürfnisse und technischen Besonderheiten der Schallschutzfennster des Klägers abstimmen zu müssen, noch bei jedem einzelnen Anlieger vorsorglich durch ein Schallgutachten zu ermitteln, ob sich durch individuelle Besonderheiten Unannehmlichkeiten vermeiden lassen. Eine solche Verpflichtung ergibt sich insbesondere nicht aus der vom Kläger herangezogenen Verwaltungsvorschrift AVV Baulärm.
69Entgegen der Auffassung des Klägers kann auf das Schreiben der Stadt Köln vom 24.10.2000 an die Bezirksregierung Köln nicht so ausgelegt werden, dass eine Überschreitung der Grenzwerte unter keinen Umständen zulässig sein soll. Dass die Ausnahme für nach dem Stand der Technik unvermeidbare Einwirkungen auch für den Planfeststellungsbeschluss gilt, ergibt sich aus dem ausdrücklichen Verweis auf die AVV Baulärm und die allgemein anerkannten Regeln der Technik sowie den Verweis in Ziffer E.3.3.2. des Planfeststellungsbeschlusses auf die "gesetzlichen Vorschriften". Demzufolge gilt auch hier die Bestimmung des § 22 Abs. 1 Ziffer 2 BimSchG, nach der auch schädliche Umwelteinwirkungen über dem Grenzwert zulässig sind, soweit sie auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Schließlich enthält der Planfeststellungsbeschluss ersichtlich keine Auflagen, die beim Bau dem Schutz von Lärm dienen sollen, welche bei dem Betrieb der Baustelle nicht eingehalten worden sind.
70Dem Kläger steht auch mangels einer erlittenen Rechts- oder Rechtsgutverletzung kein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu.
71Wie sich schon aus den obigen Feststellungen ergibt, ist durch den Betrieb der Baustelle insbesondere weder in die Gesundheit und in den berechtigten Besitz noch in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers eingegriffen worden.
72Anzeichen für eine Gesundheitsbeschädigung des Klägers sind ebenso wenig ersichtlich wie auch durch die Baustelle verursachter Eingriff in die Benutzung des Hausgrundstücks oder in die Ausübung des Notariats.
73Soweit der juristisch ausgebildete Kläger, der zudem anwaltlich vertreten ist, ersichtlich emotionalisiert unsubstantiiert überaus erhebliche gesundheitliche und berufliche Beeinträchtigungen durch von der Baustelle ausgehenden Lärm- und Schwingungsimmissionen behauptet, mag dies zwar unter den obwaltenden Umständen verständlich sein. Dies entbindet ihn jedoch nicht von der grundlegenden prozessualen Sorgfaltspflicht, die erhobenen Beanstandungen konkret nach Art, Umfang und Zeitraum darzulegen und durch Vorlage von Belegen wie ärztliche Atteste, eigeninitiierte Lärmpegelmessungen bzw. –zeitprotokolle, Nachweise über Absagen von Beurkundungsterminen durch Klienten u. ä. zu belegen. Dies gilt hier umso mehr, als die Beklagte dieses Vorbringen des Klägers bereits in ihrer Klageerwiderung vom 02.11.2005 ausdrücklich bestritten hat und zumal da dem Kläger bei Abfassung der Klageschrift die Feststellungen über den gegebenen Stand der Technik der eingesetzten Baugeräte und die Ergebnisse der Schallmessungen des TÜV-Gutachtens vom 09.12.2004 vorlagen.
74Unter diesen Umständen bedurfte es mangels hinreichend konkreten Tatsachenvortrags, der Grundlage einer Beweiserhebung sein könnte, nicht der insoweit beantragten Vernehmung der Zeugin T., da dies zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis führen würde.
75Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung gemäß § 823 Abs. 1 oder 2 BGB in Verbindung mit § 906 BGB zu, denn danach hat der Grundstückseigentümer oder gleichwertig Betrofffene Lärmimmissionen insoweit zu dulden, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Insoweit liegt gemäß § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB eine unwesentliche Beeinträchtigung in der Regel vor, wenn die im Gesetz oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden, wobei Gleiches für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften gilt, die nach § 48 BImSchG erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.
76Soweit durch die von dem TÜV vorgenommenen Geräuschimmissionsmessungen eine Überschreitung des Immissionsrichtwertes von 60 dB(A) um mehr als 5 dB festgestellt worden ist, führt dies indes nicht alleine schon zu einer nicht unwesentlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 906 BGB. Die Überschreitung der Grenzwerte ist nämlich gemäß der Spezialvorschrift des § 22 Abs. 1 Ziff. 2 BImSchG wie auch nach der AVVBaulärm zulässig und damit unerheblich, wenn – wie hier – die Überschreitung nach dem Stand der Technik unvermeidbar ist und die dadurch verursachten unvermeidbaren Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
77Demzufolge ergibt sich für den Kläger aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung, so dass insoweit auch kein unselbständiger materiell-rechtlicher Kostenersatzanspruch besteht, der zu einer Ersatzpflicht von Anwaltskosten führen könnte, soweit die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich war.
78Schließlich ergibt sich auch keine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286 ff. BGB).
79Wie oben festgestellt, steht dem Kläger aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung gegenüber der Beklagten zu, so dass diese auch nicht mit einer diesbezüglichen Schadensersatzverpflichtung in Verzug geraten konnte. Ebenso sind keine durchgreifenden quasi negatorischen Unterlassungsansprüche oder verschuldensunabhängige Ansprüche auf Lärmabwehr gemäß
80§ 903, 862, 1004 BGB in Verbindung mit § 906 BGB des Klägers gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden und ersichtlich, so dass auch insoweit kein Verzug der Beklagten eintreten konnte.
81Soweit der Kläger vorgetragen hat, er persönlich habe die Beklagte mehrfach bedrängt, auf seine Situation Rücksicht zu nehmen und umgehend Lärmminderungsmaßnahmen zu veranlassen, wobei diese jegliche Verantwortung und Handlungsbedarf zurückgewiesen habe, ist dies – ohne dass dies einer näheren Darlegung bedarf - schon bei Weitem nicht hinreichend bestimmt und substantiiert, um einen Schuldnerverzug der Beklagten bezüglich einer rechtlichen Verpflichtung welcher Art auch immer gemäß § 286 Abs. 2 Ziffer 3 BGB zu begründen.
82Soweit der Kläger behauptet, im Laufe der Besprechung vom 07.12.2004 hätten sich die Parteien darauf verständigt, ein Lärmgutachten des TÜV einzuholen, ist dies bereits dadurch widerlegt, dass die Schallimmissionsmessungen des TÜV in den Büroräumen des Klägers bereits einen Tag zuvor am 06.12.2004 durchgeführt wurden und das TÜV-Gutachten vom 09.12.2004 damit zu diesem Zeitpunkt schon in Auftrag gegeben sein musste.
83Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 13.12.2004 nur noch vorträgt, auf sein Verlangen in dem Termin, den Baustellenbetrieb so einzurichten, die lärmintensivsten Arbeiten nur zu bestimmten Zeiten durchzuführen, habe der Projektführer der C., der Zeuge K., ausdrücklich zugesagt, den Baustellenbetrieb entsprechend seinem – des Klägers – Vorschlag einzurichten, wird damit ersichtlich nicht mehr das Zustandekommen einer rechtsbindlichen Einigung der Parteien behauptet.
84Vielmehr lieggt demzufolge nach dem eigenen Vorbringen des Klägers lediglich die faktische Zusage des Projektleiters der C. entsprechend seinem – des Klägers – Vorschlag vor. Diese kann jedoch – ohne dass dies einer näheren Begründung bedarf – keine rechtliche Verpflichtung der Beklagten oder gar deren Anerkenntnis einer Rechtsverpflichtung begründen, die zu einem Kostenerstattungsanspruch des Kläger führen würde.
85Demnach bedurfte es auch nicht der insoweit beantragten Zeugenvernehmung des Zeugen K. und des Prozessbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt Dr. X.
86Soweit der Kläger behauptet, anlässlich der Besprechung der Parteien am 07.12.2004 hätten sein Prozessbevollmächtigter und er selber eindeutig klargestellt, auch die ihm durch seine rechtsanwaltliche Vertretung entstandenen Kosten erstattet zu verlangen, wobei diese Fragestellung ausdrücklich offen bzw. einer späteren Klärung vorbehalten geblieben sei, ergibt sich hieraus schon mangels eigenen Vortrags einer diesbezüglichen Vereinbarung auch nach Treu und Glauben kein Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten hinsichtlich der ihm entstandenen anwaltlichen Gebühren.
87Soweit der Kläger sich darauf beruft, allein schon die juristische Komplexität der rechtlichen Grundlagen des Baulärmschutzes habe die Einschaltung eines rechtsanwaltlichen Beistandes erforderlich erscheinen lassen, wobei die Notwendigkeit einer anwaltlichen Mandatierung sich im Übrigen bereits daraus ergäbe, dass erst durch die Intervention seines Prozessbevollmächtigten er – der Kläger – in seinen Belangen ernst genommen worden sei, was schließlich zu Kompromisslösungen im Hinblick auf die zu ergreifenden Lärmminderungsmaßnahmen geführt habe, betrifft dies in Bezug auf die Beklagte nach allem die persönliche Verantwortungs- und Risikosphäre des Klägers und reicht dies demzufolge nicht aus, einen Erstattungsanspruch bezüglich der ihm entstandenen Anwaltskosten zu begründen.
88Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.
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