Beschluss vom Amtsgericht Köln - 91 K 98/01
Tenor
In dem Verfahren zur Zwangsversteigerung
des Grundstücks XXX
blieb im Versteigerungstermin am 04. Mai 2007 Meistbietende
Frau C. L.-O.
Das vorbezeichnete Versteigerungsobjekt wird daher der Meistbietenden für den durch Zahlung zu berichtigenden Betrag von ... unter folgenden Bedingungen zugeschlagen:
Es bleiben die folgenden im Grundbuch eingetragenen Rechte bestehen:
Abt. II Nr. 1 Dienstbarkeit
Ersatzwert gemäß §§ 50, 51 ZVG …
Abt. II Nr. 2 Reallast
Ersatzwert gemäß §§ 50, 51 ZVG …
Abt. II Nr. 3 Dienstbarkeit
Ersatzwert gemäß §§ 50, 51 ZVG …
Der durch Zahlung zu berichtigende Betrag des Meistgebots ist von heute an mit
4 % zu verzinsen und mit diesen Zinsen bis zum Verteilungstermin an das Gericht zu zahlen.
Die Kosten dieses Beschlusses fallen der Ersteherin zur Last.
Im Übrigen gelten die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen.
1
Gründe:
2Das Zwangsversteigerungsverfahren des Einfamilienhauses wurde am 10.09.2001 auf Antrag der L. Bank eG wegen der dinglichen Ansprüche aus der Grundschuld III/1 (damals III/5) angeordnet. Die erste Beschlagnahme wurde wirksam am 14.09.2001 durch Zustellung des Anordnungsbeschlusses an die Schuldnerin. Nach Verkehrswertfestsetzung durch Beschluss vom 13.03.02 auf 282.500,00 € wurde ein erster Versteigerungstermin auf den 27.09.2002 bestimmt. Wenige Tage vor dem anberaumten Versteigerungstermin wurden sowohl von der Schuldnerin persönlich als auch von ihrem damaligen Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt I. diverse Anträge auf Verfahrenseinstellung und -aufhebung gestellt, u.a. auch gemäß § 769 Abs. 2 ZPO, da beabsichtigt sei, Vollstreckungsgegenklage einzureichen. Letztendlich bewilligte die L. Bank eG als damals alleinbetreibende Gläubigerin am 26.09.02 die Verfahrenseinstellung gemäß § 30 ZVG, sodass der Termin am 27.09.02 aufgehoben wurde. Durch Beschluss vom 14.03.03 wurde das Verfahren gem. § 31 ZVG fortgesetzt. Am 22.10.03 wurde ein neuer Versteigerungstermin für den 30.04.04 anberaumt. In diesem Termin trat Herr Ass. T. mit Untervollmacht von Rechtsanwalt I. für die Schuldnerin bzw. für Herrn B. B.-H. (Sohn der Schuldnerin) als Mieter und mit Vollmacht für den Insolvenzverwalter der Schuldnerin, Rechtsanwalt K., auf. Es wurde ein Meistgebot in Höhe von 196.050,00 € erzielt. Die Zuschlagsentscheidung wurde auf Antrag der Schuldnerin bzw. des Insolvenzverwalters mehrfach ausgesetzt. Der Befangenheitsantrag gegen die zuständige Rechtspflegerin vom 28.05.2004 wurde durch den Richter am Amtsgericht Herrn B. durch Beschluss vom 29.06.2004 als unbegründet zurückgewiesen. Letztlich wurde der Zuschlag jedoch gem. §§ 83 Ziff. 6, Ziff. 1 und 30, 33 ZVG versagt, da die betreibende Gläubigerin die einstweilige Einstellung des Verfahrens gem. § 30 ZVG bewilligte. Nach Forderungsabtretung und Umschreibung des Vollstreckungstitels von der L. Bank eG auf die CDH Bank in I. wurde das Verfahren durch Beschluss vom 19.08.2004 fortgesetzt.. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige Y stellte am 23.05.06 fest, dass der derzeitige Verkehrswert 275.00,00 € betrage. Durch rechtskräftigen Beschluss vom 05.12.2006 wurde der Verkehrswert entsprechend auf 275.000,00 € reduziert und ein weiterer Versteigerungstermin auf den 04.05.2007 anberaumt. Am 26.03.07 bestellte sich Rechtsanwalt J. für die Schuldnerin (Blatt 423) und nahm Akteneinsicht. Einen Tag vor dem Versteigerungstermin, am 03.05.07, wurde der Antrag von Rechtsanwalt J. vom 30.04.07 per Boten überbracht, das Verfahren gemäß § 769 ZPO einstweilen einzustellen und "äußerst hilfsweise" den Zuschlags um mindestens 8 Wochen auszusetzen, da beabsichtigt sei, eine Vollstreckungsabwehrklage anhängig zu machen. Diese Anträge wurden im Versteigerungstermin zurückgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts bestand kein nachvollziehbarer Grund bislang auf die Einreichung der Vollstreckungsgegenklage zu verzichten und somit keine Einstellungsentscheidung des Prozessgerichtes zu erwirken. Ein dringender Fall lag insbesondere nicht schon deshalb vor, weil die Zwangsvollstreckung unmittelbar bevor stand und der Schuldner den Antrag erst im letzten Augenblick stellte, um eine ausreichende Prüfung zu verhindern (vgl. ZPO Baumbach/Lauterbach 62. Auflage, § 769 Anm. 8). Desweiteren wurde beantragt, das Verfahren gemäß § 765a ZPO für 6 Monate einstweilen einzustellen, da die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens für die Schuldnerin S. B.-H. eine "gesundheitsschädliche Gefährdung" darstelle. Zur Glaubhaftmachung wurde eine Bescheinigung des Hausarztes Dr. med. I. N. vom 18.04.07 vorgelegt mit der Diagnose "Hypertonie, Cardiomyopathie" und der Einschätzung des Arztes, dass sich die kardiale Erkrankung und der Gesundheitszustand der Schuldnerin durch die Versteigerung "akut verschlechtern" werde. Der Antrag, den Versteigerungstermin gem. § 765 a Abs. 1 i.V.m. § 732 Abs. 2 ZPO im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzuheben, wurde ebenfalls zurückgewiesen. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Inhalt des Versteigerungsprotokolls vom 04.05.2007 verwiesen.
3Im Versteigerungstermin am 04.05.07 überreichte Ass. T., nunmehr in Untervollmacht für Rechtsanwalt J., einen weiteren Antrag auf Verfahrenseinstellung gemäß § 28 ZVG soweit das Verfahren von der CBH betrieben wird, da der dem geringsten Gebot zugrundeliegende Titel fehlerhaft sei und die Vollstreckungsvoraussetzungen somit nicht vorliegen würden. Gerügt wurde die Tatsache, dass die Vollmachtsurkunde, die die damalige Eigentümerin im Kaufvertrag erteilt hatte, bislang der jetzigen Schuldnerin nicht zugestellt worden sei.
4Die CBH beantragte mit Fax vom 03.05.07und 14.05.07 und im Versteigerungstermin die Zurückweisung der schuldnerischen Anträge und die Zuschlagserteilung an die Meistbietende. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Schriftsätze von Gläubiger und Schuldnervertreter Bezug genommen. Termin zur Entscheidung über den Zuschlag wurde zunächst auf den 15.05.2007 bestimmt. Durch Verfügung vom 04.05.2007, ausgeführt am 07.05.2007 wurde der Gläubigerin aufgegeben, die Zustellung der Kaufvertragsurkunde Nr. 1106/78 vor Notar Dr. H. an die Schuldnerin oder ggf. deren derzeitigen Vertreter nachzuweisen. Auf Antrag der Gläubigerin wurde der Termin zur Zuschlagsentscheidung verschoben auf den 03.07.2007. Zur Begründung führte die CBH Bank aus, dass es ihr in der Kürze der Zeit nicht möglich sei, die Auflagen des Gerichts zu erfüllen. Die Verfügung des Gerichts zur Vorlage der Kaufvertragsurkunde sei bei der Gläubigerin erst am 09.05.2007 eingegangen. Da Teile der Akten und damit möglicherweise die angeforderte Kaufvertragsurkunde in der Filiale Berlin ihres Hauses lägen, könne eine rechtzeitige Herbeischaffung nicht gewährleistet werden. Zudem ergäbe sich die Notwendigkeit der Zustellung der Vollmachtsurkunde erst aus der neuerlichen Rechtsprechung des BGH, die bei Anordnung dieses Verfahrens noch nicht zu beachten gewesen wäre. Die von dem Vertreter der Schuldnerin eingelegte Erinnerung vom 26.05.2007 gegen den Beschluss des Gerichts vom 15.05.2007 hinsichtlich der weiteren Aussetzung des Termins zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag wurde durch Beschluss der Richterin des Amtsgerichts Frau Dr. T. vom 19.06.2007 zurückgewiesen. Ausdrücklich wird darin betont, dass die Entscheidung auch unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 ZVG zulässig sei, da das Vollstreckungsgericht zunächst überprüfen muss, ob der von der Schuldnerin vorgetragene Vollstreckungsmangel überhaupt vorliegt. Erst dann kann eine Entscheidung gem. § 28 ZVG getroffen werden. Gleichzeitig mit der Erinnnerung wurde von dem Vertreter der Schuldnerin auch die bislang zuständige Rechtspflegerin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Da über diesen Antrag noch nicht rechtskräftig entschieden ist, wird die heutige Entscheidung von der Vertreterin der Rechtspflegerin verkündet.
5Dem Antrag der Schuldnerin auf einstweilige Einstellung gemäß § 765a ZPO konnte nicht entsprochen werden. Eine Anwendung dieser Ausnahmevorschrift ist durch den gesamten schuldnerischen Vortrag nicht zu rechtfertigen. Nach § 765a ZPO muss die Vollstreckung wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeuten, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Die gewählte Vollstreckungsmaßnahme muss also zu einem ganz untragbaren Ergebnis führen. Eine solche Sachlage ist nach Meinung des Gerichts nicht gegeben. Eine Zwangsversteigerung stellt für jeden Schuldner eine gewisse Härte dar, zumal wenn es sich wie hier bei dem Versteigerungsobjekt um einen Teil der seit Jahren selbstbewohnten Häuser handelt. Ein Umzug muss jedoch nicht zwingend zu einer weiteren Verschlechterung des im ärztlichen Attest genannten Krankheitsbildes führen, zumal zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich eine geeignete Wohnung im gleichen Umfeld finden lässt. Frau B.-H. hatte in den letzten Jahren genügend Zeit, sich auf einen Auszug einzustellen. Spätestens seit Anberaumung des ersten Versteigerungstermins im Jahr 2002 musste ihr der Ernst der finanziellen Lage und die Möglichkeit einer Zuschlagserteilung in absehbarer Zeit bewusst sein. In den ebenfalls anhängigen Zwangsverwaltungsverfahren (Az.: 91 L 173 und 174/01) hat der Zwangsverwalter Rechtsanwalt C. in der vergangenen Jahren Räumungstitel gegen die Mieter und die Herausgabe der entsprechenden Räume erlangt, so dass das Versteigerungsobjekt XXX und das im Verfahren 91 K 99/01 betroffene Objekt XX (ebenfalls ein Einfamilienhaus) jetzt nur noch von der Schuldnerin bewohnt wird. Gemäß der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung befindet sich die Schuldnerin seit 15 Jahren vorwiegend wegen Herzerkrankungen in Behandlung bei ihrem Hausarzt. Das vorgelegte Attest ist so knapp gefasst, dass von einer gutachterlichen Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild keine Rede sein kann. Außerdem muss sich die Schuldnerin vorhalten lassen, dies erst einen Tag vor dem Versteigerungstermin mitgeteilt zu haben, obwohl die ärztliche Bescheinigung bereits einige Wochen vorher erstellt worden ist. Zu diesem Zeitpunkt ist es für das Gericht nicht möglich, noch eigene Ermittlungen (wie z.B. ein amtsärztliches Gutachten) in Auftrag zu geben, denn gemäß § 765a ZPO sind auch die Gläubigerinteressen zu berücksichtigen. Nach einer jahrelangen Verfahrensdauer ist diesen ein weiterer Zinsverlust nicht zumutbar (OLG Köln, Beschluss vom 14.10.87, Az.: 2 W 150/87). Auch der zu Beginn des Versteigerungstermins überreichte Antrag des Schuldnervertreters Rechtsanwalt J. vom 03.05.07 auf Einstellung des Verfahrens gemäß § 28 ZVG ist zurückzuweisen. Es ist festzustellen, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen derzeit und damit zur Zuschlagserteilung geprüft vorliegen. Auch die damalige Kaufvertragsurkunde, in der die Verkäuferin die Belastungsvollmacht erteilt hat, wurde zwischenzeitlich sowohl der Schuldnerin wie auch ihren Vertreter zugestellt und liegt dem Gericht vor. Nach Auffassung des Gerichts konnte die Zustellung dieser Urkunde auch noch bis zum Zuschlag nachgeholt werden. Bei Anordnung des Verfahrens im Jahre 2001 überwiegte in der Rechtsprechung und Kommentierung die Auffassung, dass die Zustellung der Vollmacht gebenden Urkunden an den Schuldner nicht ausdrücklich geboten sei. Dementsprechend wurde auch bei Anordnung des Verfahrens die Zustellung als nicht zwingend notwendig erachtet. Die Entscheidung des BGH vom 21.09.2006 –V ZB 76/06- fordert nunmehr die Zustellung der Vollmacht gebenden Urkunden an den Schuldner, sofern die Unterwerfungserklärung von dem Vertreter erklärt wurde.
6Aufgrund dieser nachträglichen ergangenen Entscheidung war der Gläubigerin die Möglichkeit einzuräumen, die Zustellung nachzuholen. Auch dort, wo die Zustellung unerlässlich ist, aber fehlt, ist die Vollstreckung nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar ( Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 15 Rdnr. 40.29 ).
7Die Vollstreckungstitel sind der Schuldnerin nebst der erforderlichen Klauseln zugestellt worden, so dass alle gesetzlichen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind.
8Das vorliegende Verfahren ist fast sechs Jahren anhängig. Das abgegebene Meistgebot liegt bei ca. 56% des festgesetzten Verkehrswertes. Da nach alledem die Voraussetzungen für die Gewährung von Vollstreckungsschutz nicht vorliegen, waren die hierauf gerichteten Anträge zurückzuweisen und der Zuschlag an Frau C. L.-O. zu erteilen.
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