Urteil vom Amtsgericht Köln - 269 C 137/08
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.963,65 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.10.2006 sowie vorgerichtliche nichtanrechenbare Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 148,33 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.07.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10% und die Beklagte zu 90%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleis-tung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger verlangt von der Beklagten restlichen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfallereignis, das sich auf der Autobahn A8 Nahe Remchingen am 09.08.2006 unter Beteiligung des Klägers und des Ehemanns einer Versicherungsnehmerin der Beklagten als Kraftfahrzeugführer ereignete. Der Ehemann der Versicherungsnehmerin der Beklagten verschuldete den Unfall allein. Die Beklagte war Haftpflichtversicherer des vom Ehemann der Versicherungsnehmerin der Beklagten geführten Fahrzeugs.
3Das Klägerfahrzeug erlitt einen Totalschaden. Am Tag nach dem Unfall wurde der Schadensgutachter K beauftragt, der am Montag, den 14.08.2006 sein Gutachten erstattete und darin den Wiederbeschaffungswert für das Fahrzeug mit 7.600,- € inkl. 2% Differenzumsatzsteuer (Bl. 24 GA), die Wiederbeschaffungsdauer mit 14 Tagen und einen Restwert von 2.200,- € (Bl. 25 GA) feststellte. Der Kläger mietete ein Ersatzfahrzeug bis zum 28.08.2006; an diesem Tag wurde es vom Autovermieter am Wohnort des Klägers abgeholt. Die Mietwagenkosten beliefen sich auf 2.544,49 €. Am 04.09.2006 kaufte der Kläger beim Autohändler Opel O GmbH ein Ersatzfahrzeug zu einem Kaufpreis von 7.000,- €, den er nicht vollständig begleichen konnte.
4Dem Kläger entstand der in der Klageschrift (Bl. 3 GA), worauf Bezug genommen wird, näher dargelegten Schaden in Höhe von insgesamt 9.273,60 €. Die Beklagte zahlte darauf 7.172,70 €. Der Kläger mahnte die Restzahlung bis zum 04.10.2006 schriftlich an. Die Beklagte verweigerte weitere Zahlung.
5Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm der ursprünglich zu Recht einbehaltene 2%ige Differenzbesteuerungsbetrag in Höhe von 137,25 € nunmehr zustehe. Weiter habe die Beklagte Kosten für die Anmietung eines Mietwagens in Höhe von 1.644,49 € zu Unrecht einbehalten. Aufgrund der späten Teilzahlung seien ihm unter Gesichtspunkt des Verzugsschadens zudem weitere Schäden in Höhe von insgesamt 319,16 € entstanden, nämlich 12% Zinsen auf die offene Teilforderung des Autohändlers Opel O GmbH in Höhe von 117,93 €, dem Kläger vom Autohändler berechnete Mahnkosten in Höhe von 15,- € und vorgerichtliche Gebühren des vom Autohändler eingeschaltete Rechtsanwalts in Höhe von 186,23 € (Bl. 53 GA).
6Die Beklagte hat ein Teilanerkenntnis in Höhe von 401,33 € erklärt; insoweit hat der Kläger Verurteilung durch Teilanerkenntnisurteil beantragt.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.100,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.10.2006 sowie vorgerichtliche nichtanrechenbare Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 148,33 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.07.2007 zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt, soweit sie nicht anerkannt hat,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte ist der Ansicht, dass dem Kläger die begehrte Differenzumsatzsteuer nicht zustehe, weil ein Geschädigter die Kosten der Ersatzbeschaffung nur dann bis zur Höhe des im Schadensgutachten genannten Brutto-Wiederbeschaffungswerts abzgl. Restwert ersetzt verlangen könne, wenn der Preis für das Ersatzfahrzeug den im Schadensgutachten genannten Brutto-Wiederbeschaffungswerts für das Unfallfahrzeug erreiche oder übersteige. Sie ist weiter der Ansicht, dass die angemessene Wiederbeschaffungsdauer nur 12 Tage sei. Die Mietwagenkosten seien, soweit nicht 900,- € gezahlt und weitere 401,33 € anerkannt wurden (Bl. 115 GA), unberechtigt. Nur ein unfallbedingter Aufschlag auf den mittleren Normaltarif um 20 % sei angemessen. Bei den Verzugsschäden seien die Zinssatzhöhe und die Höhe der mit 1,3fach angesetzten Geschäftsgebühr überhöht, die Mahnkosten grundlos.
12Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
14Die zulässige Klage ist in der dem Tenor zu entnehmenden Höhe begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet und war insoweit abzuweisen.
15Der Kläger kann in der zuerkannten Höhe von der Beklagten restlichen Schadenersatz gemäß § 3 Nr. 1 PflVG, § 823 Abs. 1, § 249 BGB, 3 7, § 17, § 18 StVG verlangen.
16I.)
17Zu Recht verweigert die Beklagte die Zahlung von 137,25 € Differenzumsatzsteuer. Für den zu ersetzenden Mehrwertsteueranteil ist nach zutreffender Rechtsprechung von Bedeutung, ob der Geschädigte seinen Schaden fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens oder aber konkret auf der Basis einer von ihm vorgenommenen Reparatur oder Ersatzbeschaffung abrechnet. Es kommt in den Fällen, in denen der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis, der dem in einem Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Fahrzeuges entspricht oder diesen übersteigt, nicht darauf an, ob und in welcher Höhe in dem im Gutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer enthalten ist. Vielmehr kann der Geschädigte im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des (Brutto-) Wiederbeschaffungswertes des unfallbeschädigten Fahrzeuges - unter Abzug des Restwertes - ersetzt verlangen. Es ist grundsätzlich nicht von Bedeutung, welcher Steuersatz bei dem Erwerb des Ersatzfahrzeugs tatsächlich anfällt. Stellt der Geschädigte durch eine konkrete Ersatzbeschaffung eines gleichartigen Fahrzeugs zu dem vom Sachverständigen genannten (Brutto-)Wiederbeschaffungswert wirtschaftlich den Zustand wieder her, der vor dem Unfallereignis bestand, so kann er nach § 249 BGB - bis zur Höhe des (Brutto-)Wiederbeschaffungswertes - den tatsächlich aufgewendeten Betrag unabhängig davon ersetzt verlangen, ob in ihm die Regelumsatzsteuer im Sinne des § 10 UStG, eine Differenzsteuer im Sinne des § 25a UStG oder gar keine Umsatzsteuer enthalten ist (vgl. BGH Urteil v. 15.11.2005, Az. VI ZR 26/05 in BGHZ 164, 397 = VersR 2006, 238 = ZfS 2006, 149.).
18Der Kläger verkennt, dass die Beklagte nach dieser Maßgabe abgerechnet hat. Er verlangt Ersatz eines Schadens, den er nicht hat. Sein Schaden belief sich nach dem Schadensgutachten auf 7.600,- € abzgl. der Differenzumsatzsteuer i.H.v. 149,02 €, die er nicht bezahlen musste, und abzgl. des Restwerts i.H.v. 2.200,- €, der ihm durch Weiterverkauf des beschädigten Fahrzeugs zufloss, auf insgesamt 5.250,98 €. Durch die Höhe des tatsächlich aufgewendeten Betrags für die Ersatzfahrzeugbeschaffung von brutto 7.000,- € hat sich sein Schaden nicht erhöht, wenn man den Restwert mitberücksichtigt: Denn dem Kläger ist ein Wert von 7.450,98 € zugeflossen (Wiederbeschaffungswert abzgl. Differenzumsatzsteuer), während er nur brutto 7.000,- € für das Ersatzfahrzeug ausgeben musste. Die Differenz von 450,98 € hat er bar erhalten. Die von ihm nunmehr verlangten 137,25 € muss der Kläger an niemanden bezahlen. Nur wenn die Kosten für das Ersatzfahrzeug bei 7.600,- € oder darüber gelegen hätten, hätte er nach der zitierten BGH Rechtsprechung die von der Beklagten einbehaltenen 149,02 € noch fordern können.
19II.)
20Der Kläger verlangt zu Recht von der Beklagten restliche Kosten für das angemietete Ersatzfahrzeug i.H.v. 1.644,49 €.
21Die Kosten für die Abholung des Fahrzeugs i.H.v. brutto 221,33 € sind zwischenzeitlich von der Beklagten anerkannt worden und daher außer Streit.
22Die von dem Schadensgutachter K angesetzte Ausfalldauer von 14 Tagen ist nicht zu beanstanden. Es wurden keine überzeugenden Argumente von der Beklagten für die geringfügige Abweichung um 2 Tage vorgebracht. Da sich der Unfall an einem Mittwoch Nachmittag ereignete, ist nicht zu beanstanden, dass erst Donnerstagmorgen die Beauftragung des Sachverständigen möglich war, da das Aufnehmen des Unfalls den Mittwoch Nachmittag über dauerte. Dass der sein Gutachten am Montag darauf erstatten konnte, ist zeitnah und ebenfalls nicht zu beanstanden, da das Wochenende keine Arbeitszeit darstellt. Zutreffend geht der Kläger weiter davon aus, dass für ihn erst ab Erhalt des Gutachtens am Montag, den 14.08.2006 zuverlässig klar war, dass nicht repariert werden kann, sondern er ein Ersatzfahrzeug suchen muss. Dies muss er entgegen der Ansicht der Beklagten als Laie nicht selbst einschätzen können; jedenfalls wurde nicht hinreichend vorgetragen, dass dies im vorliegenden Fall von einem durchschnittlichen Laien zu erkennen war. Für die Suche des Ersatzfahrzeug lief mithin ab dem 14.08.2006 die 14tägige Frist. Die Rückführung des Mietwagens am 28.08.2006 war also fristgerecht und daher die Anmietdauer insgesamt erforderlich im Sinne von § 249 BGB.
23Aus den zutreffend von der Klägerseite dargelegten Gründen bzw. der von ihm unternommenen Vergleichsrechnung (Bl. 105 ff. GA) bedarf es hier keiner Entscheidung über die – in der Rechtsprechung kontrovers diskutierte – Eignung der Schwackeliste 2006 versus der Schwackeliste 2003. Denn die Preissteigerungen im Normaltarif zwischen der Liste von 2003 zu der von 2006 liegen bezogen auf den vorliegenden Fall unterhalb des von der Beklagten selbst (Bl. 78 GA) als berechtigt anerkannten Steigerungswerts von 9,69%.
24Ausgehend von der daher hier akzeptablen Schwackeliste 2006, der unstreitigen Fahrzeugklasse 6, den anerkannten Sonderrückführungsgebühren, der anerkannten Höhe von 20% Aufschlag wegen unfallbedingtem Mehraufwand sowie der zu Recht angesetzten Mietdauer rechnet der Kläger zutreffend einen ersatzfähigen Mietausfallschaden in Höhe von 2.682,93 € aus (Bl. 106 oben GA). Sein geltend gemachter Schaden von 2.616,23 €, von dem er noch 3% ersparte Eigenkosten i.H.v. 71,85 € und die geleisteten 900,- € abzieht, ist geringer. Er fordert mithin zu Recht 1.644,49 € (Bl. 7 GA). Mithin gehen die Angriffe der Beklagten ins Leere; ihre eigene Berechnung von 75,- € pro Tag ist nicht hinreichend dargetan und nachvollziehbar.
25III.)
26Auch die dem Kläger vom Autohändler berechneten Zinsen, Mahn- und Rechtsanwaltskosten verlangt der Kläger von der Beklagten zu Recht aus § 280 Abs. 2, § 286 BGB erstattet. Das Bestreiten der Zinssatzhöhe und der Höhe der mit 1,3fach angesetzten Geschäftsgebühr ist nicht hinreichend qualifiziert. Unstreitig zahlte die Beklagte nicht rechtzeitig den dem Kläger zustehenden Betrag, dass er daher nicht alle Schuldner voll bedienen konnte, ist also schlüssig. Weder die Zinssatzhöhe noch die Mahnkosten noch die Rechtsanwaltsgebühren haben den Anschein, überhöht zu sein und es kann dem Kläger kein Vorwurf daraus gemacht werden, diese Forderungen durch Raten abgezahlt zu haben, anstatt sie durch Verzinsung und/oder Klageerhebung bei Abwarten ansteigen zu lassen.
27IV.)
28Die Nebenforderungen sind begründet aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1, § 291 BGB, Nrn. 2400, 7002, 7008 VV RVG.
29V.)
30Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1, § 709 ZPO.
31Streitwert: 2.100, 90 €.
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