Urteil vom Amtsgericht Köln - 265 C 189/07
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.656,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2007 zu zahlen.
Die Beklagten werden ferner als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 828,55 € zu zahlen.
Ferner wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus dem Verkehrsunfallereignis vom 22.06.1994 noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 27 % die Klägerin, zu 73 % die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages.
1
T a t b e s t a n d:
2Die Klägerin macht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner weitere Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld auf Grund eines Verkehrsunfallereignisses vom 22.06.1994 geltend.
3Am 22.06.1994 wurde die damals 7 Jahre und 10 Monate alte Klägerin von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) angefahren und erlitt u. a. dadurch den Verlust ihres Schneidezahnes (nach Zahnschema Nr. 11). Die Beklagte zu 1) regulierte den seinerzeit geltend gemachten Schaden zu 2/3. U. a. zahlte sie der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 971,45 €.
4Da alle konsultierten Zahnärzte seinerzeit befürchteten, dass durch Einsatz eines Dauerimplantates bei einem heranwachsenden Kind ggf. die weitere Entwicklung des Kiefers negativ beeinflusst werde, wurde der Klägerin erst im Jahre 2006 ein Dauerimplantat eingesetzt, nachdem die Beklagte der Klägerin am 18.07.2005 eine Kostenzusage erteilt hatte. Von den entstandenen Kosten in Höhe von 5.484,29 € erstattete die Beklagte einen Betrag von 3.313,25 €. Die Klägerin hat insoweit zunächst einen Zahlungsbetrag von 2.171,04 € geltend gemacht. Nachdem die Krankenkasse der Klägerin erklärt hat, sie verzichte auf die Rückforderung der von ihr, der Klägerin, für die Zahnbehandlung gezahlten 514,21 €, hat die Klägerin ihren Zahlungsanspruch insoweit auf einen Betrag von 1.656,63 € reduziert. Des weiteren fordert die Klägerin von der Beklagten ein restliches angemessenes Schmerzensgeld angesichts der in der Vergangenheit wegen des Zahnverlustes erlittenen Beeinträchtigungen und des Umstandes, dass das Implantat im Laufe ihres Lebens auch noch einmal erneuert werden müsse.
5Die Klägerin behauptet, ein Mitverschulden sei ihr nicht anzurechnen, da der Beklagte zu 2) sie und ihre Freundin offensichtlich am Straßenrand habe stehen sehen und zunächst seinen PKW angehalten habe. Durch Zuwinken habe er die beiden Kinder aufgefordert, die Straße zu überqueren. Dieser Aufforderung des Beklagten zu 2) seien beide Kinder nachgekommen. Als die beiden Kinder die Straße überquerten, sei der Beklagte plötzlich und für die beiden Kinder völlig unerwartet wieder angefahren und habe die Klägerin, die beim Überqueren der Straße etwas langsamer gewesen sei als ihre Freundin, umgefahren.
6Die Beklagte zu 1) habe an die Klägerin lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 971,45 € gezahlt, was nicht angemessen sei.
7Ebenso habe die Beklagte zu 1) lediglich unzutreffend 2/3 der Kosten des Implantats übernommen.
8Da eine Erneuerung des Implantats im Laufe des Lebens der Klägerin zu befürchten sei, sei auch der Feststellungsantrag berechtigt.
9Die Klägerin beantragt,
10die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.656,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2007 zu zahlen sowie ein angemessenes Schmerzensgeld; ferner festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus dem Verkehrsunfall vom 22.06.1994 noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist.
11Die Beklagten beantragen,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagten behaupten, zur Kollision mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 2) sei es gekommen, als die Klägerin seinerzeit urplötzlich vor dem herannahenden Beklagtenfahrzeug auf die Straße gelaufen sei. Der Beklagte zu 2) habe die Klägerin nicht durch Handzeichen aufgefordert, die Straße zu überqueren und sie dann auch nicht unerwartet angefahren. Eine Mithaftung zu 1/3 müsse die Klägerin sich anrechnen lassen. Dementsprechend habe die Beklagte zu 1) 2/3 der Behandlungskosten übernommen. Das Schmerzensgeld sei seinerzeit umfassend reguliert worden. Es sei ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.373,27 € gezahlt worden. Der Feststellungsantrag scheitere am erforderlichen Feststellungsinteresse, da die Beklagte den unfallkausalen Behandlungsbedarf auch in der Gegenwart erstattet hat. Berechtigte Zweifel daran, dass sie dies auch in Zukunft tun werde, beständen nicht.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
15Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin T. Der Beklagte zu 2) ist gem. § 141 ZPO angehört worden.
16Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
18Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
19Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von 1.656,63 € gem. § 823 BGB verlangen.
20Unstreitig ist die Klägerin durch den Beklagten zu 2) bei dem Verkehrsunfallereignis vom 22.06.1994 angefahren und verletzt worden. Sie hat durch den Unfall einen Schneiderzahn verloren, der erst im Jahre 2006 durch ein Dauerimplantat ersetzt werden konnte. Die Kosten betrugen für die Klägerin 1.656,63 €. Diesen Betrag haben die Beklagten als Gesamtschuldner in voller Höhe zu ersetzen. Ein Mitverschulden der Klägerin kommt nicht in Betracht. Die Zeugin T. konnte sich zwar nicht eindeutig daran erinnern, dass der Beklagte zu 2) ein Zeichen gegeben habe, dass sie die Fahrbahn überqueren konnten. Allerdings hat sie angegeben, dass sie sich definitiv nicht auf die Fahrbahn begeben hätten, wenn sie nicht so ein Zeichen bekommen hätten. Der Beklagte zu 2) hat seinerseits erklärt, dass er denke, dass er mit der Hand so eine Bewegung gemacht habe, dass das Kind, das er aus dem Gebüsch kommend am Bordstein gesehen habe, weiterlaufen könne. Diesem Kind hat der Beklagte zu 2) seiner Bekundung nach nachgesehen und ist dann während dieses Nachsehens bereits wieder angefahren. Bei diesem Anfahren hat er dann seiner eigenen Bekundung zufolge die Klägerin angefahren. Bei dieser Sachlage haften die Beklagten zu 1) und 2) für das Unfallereignis in vollem Umfang, denn der Beklagte zu 2) hätte nicht wieder anfahren dürfen, während er der Zeugin T. nachsah. Die Klägerin konnte nämlich davon ausgehen, dass das Handzeichen des Beklagten zu 2) auch ihr gegolten hat.
21Die Beklagten sind damit als Gesamtschuldner verpflichtet, die der Klägerin entstandenen Kosten – abzüglich des Krankenkassenanteils, den diese nicht zurückfordert, von 514,41 € - in voller Höhe zu ersetzen.
22Es ergibt sich ein Zahlungsanspruch von 1.656,63 €.
23Des weiteren steht der Klägerin auch noch ein weiterer Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 828,55 € zu gem. § 847 BGB zu.
24Angesichts des Umstandes, dass der Zahnverlust erst im Jahre 2006 durch ein Dauerimplantat ersetzt werden konnte und die Klägerin während ihrer gesamten Kindheitszeit sich Hänseleien wegen des fehlenden Zahnes ausgesetzt sah, hält das Gericht ein Schmerzensgeld infolge des Unfallereignisses von insgesamt 1.800,00 € für angemessen. Auf diesen Betrag hat die Beklagte zu 1) nach den Angaben der Klägerin bereits einen Betrag von 971,45 € gezahlt. Soweit die Beklagte zu 1) die Zahlung eines höheren Schmerzensgeldes behauptet hat, hat sie dieses nicht bewiesen.
25Der Klägerin steht deshalb noch ein Schmerzensgeld in Höhe von 828,55 € zu.
26Auch der Feststellungsantrag der Klägerin ist berechtigt. Das Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das im Jahre 2006 eingesetzte Implantat im Laufe ihres Lebens noch einmal erneuert werden muss. Insofern bedarf sie der Sicherheit, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, etwaige noch entstehende Kosten zu übernehmen. Gleiches gilt für ein durch diese Maßnahme ausgelöstes etwaiges weiteres Schmerzensgeld. Die Beklagten verneinen zu Unrecht ein Feststellungsinteresse der Klägerin, da sie durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben hätten, dass sie auch in Zukunft für weitere Ansprüche eintreten würden.
27Diese Erklärung gibt der Klägerin jedoch keine hinreichende Sicherheit. Die Beklagten hätten ohne Weiteres den Feststellungsantrag der Klägerin anerkennen können, und sich damit insoweit von der Kostenfolge befreien können. Da sie dies nicht getan haben, ist das Verhalten der Beklagten für die Klägerin in der Zukunft von einer Unsicherheit geprägt, dem sie nur durch den Feststellungsantrag begegnen kann. Die Feststellungsklage ist deshalb begründet.
28Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 286, 288 BGB, 91, 269 Abs. 3 BGB, 708 Ziff. 11, 709, 711 ZPO.
29Streitwert: Zahlungsantrag: 2.171,04 €
30Schmerzensgeld: 1.586,00 €
31Feststellungsantrag: 1.000,00 €
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