Urteil vom Amtsgericht Köln - 118 C 377/13
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
- von der Darstellung eines Tatbestandes wird abgesehen, § 313 a ZPO -
2E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
3Die Klage ist nicht begründet.
4Dem Kläger steht kein Anspruch auf eine Ausgleichsleistung wegen Verspätung des Anschlussfluges von Frankfurt/Main nach Mauritius 600 € Euro zur Seite.
5Die Klage scheitert aus zwei rechtlich selbstständigen Erwägungen heraus, die jede für sich die Abweisung der Klage rechtfertigen.
6Zwar ist mit der um über 7 Stunden verspäteten Ankunft des Fluges XXX von der Zeitspanne her eine „großen Verspätung“ anzunehmen. Allerdings hat es sich bei den beiden Flügen nicht um einen so genannten direkten Anschlussflug gehandelt. Denn der von Berlin/Tegel aus startende Zubringerflug wurde von der Beklagten ausgeführt (YYY), der Anschlussflug indes nicht. Dann findet nach der ganz herrschenden Rechtsprechung die Fluggastrechteverordnung keine Anwendung. Der Bundesgerichtshofes (BGH) knüpft in seiner Entscheidung vom 14.10.2010 – Xa ZR 15/10 – (bestätigt mit Urteil vom 07.05.2013 – X ZR 127/11) bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs an die Entfernung zum letzten Zielort unter der Voraussetzung an, dass dieser den Zielort eines direkten Anschlussfluges darstellt. Allerdings legt der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung den Begriff des direkten Anschlussfluges aus Art. 2 lit. h) Halbsatz 1 VERORDNUNG (EG) Nr. 261/2004 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (künftig: Fluggastrechteverordnung) nicht näher dar. Art. 2 lit. h) Halbsatz 1 der Fluggastrechteverordnung voraus, dass von einem "direkten Anschlussflug" nur dann gesprochen werden kann, wenn zwischen einem Zubringerflug und dem Anschlussflug von vornherein durch das betreffende Luftfahrtunternehmen ein planmäßiger Zusammenhang hergestellt wurde, der zwischen den beiden Flügen bei der Planung derselben eine gewisse Abhängigkeit zwischen ihnen herstellt. Das Gericht stützt seine Auffassung zum einen auf den Wortlaut („direkter“ Anschlussflug) und zum anderen auf Art. 2 lit h) Halbsatz 2 der Fluggastrechteverordnung („alternative“ Anschlussflüge) Dagegen, d.h. gegen die Wertung des Anschlussfluges als „direkter Anschlussflug“, spricht vorliegend, dass die Flüge nicht durch ein Luftfahrtunternehmen geplant wurden, sondern beide Flüge von verschiedenen Luftfahrtunternehmen ausgeführt wurden.
7Die von dem Kläger angezogene Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs ist vorliegend nicht einschlägig, da sie sich auf eine andere Fallgestaltung bezieht, wie zwischen den Parteien unstrittig ist. Das Urteil des europäischen Gerichtshofs vom 26.02.2013 in Sachen G., C-11/11, betraf zwei Flüge, die beide von der Fluggesellschaft B. ausgeführt wurden (vergleiche das angegebene Urteil zu dessen Abschnitt 18). In Abschnitt 34 seines Urteils nimmt der europäische Gerichtshof zudem ausdrücklich Bezug auf den Begriff des direkten Anschlussfluges und auf Art. 2 Buchst. h) der Fluggastrechteverordnung. Dieser Argumentation macht sich der Bundesgerichtshof auch in der späteren Entscheidung vom 7. Mai 2013 – X ZR 127/11 - erneut und ausdrücklich zu Eigen.
8Vorliegende Rechtsauffassung entspricht also der ständigen Rechtsprechung des hiesigen Amtsgerichts wie des Bundesgerichtshofs. Auf die Hinweise des Landgerichts Frankfurt in seinem Beschluss vom 26. März 2013 zu dem dortigen Az. 24 S 16/13 muss daher nicht eingegangen werden; die dortige Rechtsauffassung weicht erkennbar von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einerseits wie des europäischen Gerichtshofs andererseits ab.
9Eine Annullierung bzw. Verspätung führt gemäß Art. 5 Abs. 3 VO auch dann nicht zu einem Ausgleichsanspruch zugunsten der Fluggäste, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. So liegt es hier mit dem zwischen den Parteien unstreitigen Vorbringen, aber auch mit den gerichtsbekannten Witterungsumständen der Weihnachtsfeiertage 2010.
10Unstreitig und im Übrigen offenkundig war an den Weihnachtsfeiertagen des Jahres 2010 gerade auch im Bereich des Flughafens Berlin/ Tegel bei Temperaturen um den und unter dem Gefrierpunkt langanhaltend jede Menge Schnee gefallen. Der Flughafenbetreiber kam ebenso – insoweit - unstreitig mit den Räumungs- und Enteisungsmaßnahmen nicht nach, so dass zahlreiche Flüge annulliert wurden und zahlreiche Flüge sich erheblich verspäteten.
11Dieser Umstand ist der Beklagten als Luftfahrtunternehmen, dass auch von Berlin/ Tegel Maschinen startet, einerseits nicht zuzurechnen, § 280 BGB, andererseits liegen diesbezüglich außergewöhnliche Umstände im Sinne der VERORDNUNG (EG) Nr. 261/2004 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (künftig: Fluggastrechteverordnung) vor, die die Beklagte auch bei Ergreifung aller ihr zumutbaren Maßnahmen nicht hätte vermeiden können, Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung
12Für das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung ist danach - unabhängig von der Kategorisierung als „technischer Defekt“ oder „unerwarteter Sicherheitsmangel“ - entscheidend, ob das zugrundeliegende Geschehen ein typisches und in Ausübung der betrieblichen Tätigkeit vorkommendes Ereignis darstellt oder ob es der Beherrschbarkeit der Fluggesellschaft völlig entzogen ist.
13Die hier unstreitige Erforderlichkeit der Enteisung durch die Betreiberin des Flughafens Berlin/ Tegel, die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, wegen der konkreten Wetterlage fiel ebenso wie die dann wegen der Vielzahl der zu enteisenden Flugzeuge entstandene Wartezeit eindeutig nicht in die betriebliche Sphäre der Beklagten und damit auch nicht in ihren Einfluss- und Verantwortungsbereich.
14Aus nämlichen Grunde scheidet daher auch eine schuldhafte Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht der Beklagten gem. § 280 BGB aus. Die Beklagte hat weder das Wetter noch die im Ergebnis ungenügende Räumung und Enteisung der Landebahnen und Flugzeuge zu vertreten.
15Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
16Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
17Streitwert: 600 €
18Rechtsbehelfsbelehrung:
19Statthaftigkeit der Berufung: Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile findet die Berufung statt, § 511 Abs. 1 ZPO.
20Zulässigkeit der Berufung: Die Berufung ist indes nur unter den Voraussetzungen des § 511 Abs. 2 Nrn. 1 & 2 ZPO zulässig. Gegen ein Endurteil ist das Rechtsmittel der Berufung nur für diejenige Partei zulässig, die durch dieses Urteil in ihren Rechten benachteiligt ist,
211. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO
22oder
232. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist, § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
24Vorliegend ist die Berufung daher nicht zulässig. Denn keine der Parteien ist durch dieses Urteils hinsichtlich eines Werts über 600,00 € beschwert. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt in Hinblick auf die vorstehende Streitwertfestsetzung bei einem gesamten Wert von bereits nicht einmal mehr als 600,00 EUR die erforderliche Beschwer nicht, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
25Das Gericht hat die Berufung auch nicht zugelassen, § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; siehe dazu weiter unten.
26Form und Frist der Berufung: Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
27Entscheidung über die Zulassung der Berufung:
28Da mit dieser Entscheidung folglich für keine Partei die zur Eröffnung der Berufung führende Beschwer von über 600,00 € erreicht ist, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Zulassung der Berufung zu prüfen, § 511 Abs. 4 ZPO. Die Berufung ist danach nicht zuzulassen gewesen, weil die Rechtssache ihre Entscheidung einerseits allein aus den Umständen des vorliegenden Falles gefunden hat und andererseits der rechtsprechenden des Bundesgerichtshofs wie des europäischen Gerichtshofs folgt und somit weder grundsätzliche Bedeutung besitzt oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert, § 511 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ZPO.
29Aus gleichem Grunde besteht auch keine Vorlagepflicht zu dem europäischen Gerichtshof. Das Gericht ist in Hinblick auf die Befolgung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wie des europäischen Gerichtshofs bei der Beantwortung der hier streitgegenständlichen Fragen nicht gehalten, die Streitigkeit dem Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorzulegen. Die Vorlagepflicht besteht vor dieser Vorschrift nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs dann, wenn sich in einem bei einem nationalen letztinstanzlichen Gericht schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T." -, Slg. 1982, S. 03415, RNr. 21).
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Referenzen
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