Urteil vom Amtsgericht Köln - 142 C 310/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe geleistet hat.
1
Tatbestand
2Die Kläger nehmen die Beklagte, eine Bank, auf die Rückzahlung von im Zusammenhang mit der Gewährung eines Darlehens erhobener Bearbeitungskosten in Anspruch.
3Am 10.05.2004 schlossen die Kläger und die Beklagte einen Baudarlehensvertrag mit der Nummer … mit einer Valuta von 61.000 Euro ab. Es wurde eine monatliche Rate von 317,71 Euro bei einer Laufzeit von 35 Jahren vereinbart. Der Nettokreditbetrag belief sich auf 60.140,00 Euro. Zudem wurden eine Bearbeitungsgebühr von 1 % der Darlehensvaluta, entsprechend 610 Euro, sowie Schätzkosten in Höhe von 250,00 Euro vereinbart. Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Darlehensvertrages wird auf dessen Ablichtung (Bl. 9 ff. d. A.) Bezug genommen. Am 27.07.2004 wurde der Klägerin das Darlehen ausgezahlt.
4Die Kläger erhoben mit beim Amtsgericht Bonn am 19.03.2013 eingegangenem Schriftsatz Klage, die der Beklagte am 26.04.2013 zugestellt wurde.
5Die Kläger sind der Ansicht, dass die Geltendmachung der Bearbeitungskosten unzulässig sei und ihnen daher ein Rückzahlungsanspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zustehe. Die Kosten, die 1 % der Kreditsumme ausmachen, seien Gegenstand einer Preisnebenabrede, die eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstelle und als solche in den Vertrag einbezogen worden sei. Als AGB-Klausel erweise sich wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1, 2 BGB als unwirksam. Die Kläger sind der Ansicht, dass sie einen Anspruch auf Gutschriftserteilung mit anfänglicher Wertstellung hätten, hilfsweise aber auf Zahlung und Freistellung. Die Kläger sind weiter der Ansicht, dass frühestens aufgrund entsprechender Medienveröffentlichungen im Jahr 2010 Anhaltspunkte vorlagen, dass die Bearbeitungskosten ohne Rechtsgrund geleistet worden seien. Sie behaupten weiter, dass die Bearbeitungskosten in den monatlich zu zahlenden Raten anteilig enthalten gewesen seien. Sie sind daher der Ansicht, dass die für den Verjährungsbeginn erforderliche Fälligkeit jeweils nur mit der ratierlichen Zahlung der Bearbeitungskosten monatsweise eingetreten sei. Zudem könnten sich die Kläger auf einen Neubeginn der Verjährung nach § 212 BGB berufen.
6Die Kläger beantragen,
71. dem Darlehensvertrag der Kläger bei der Beklagten mit der Nummer … einen Betrag in Höhe von 610,00 Euro mit anfänglicher Wertstellung gutzuschreiben;
8hilfsweise,
9die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 351,71 Euro nebst
10Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
11festzustellen, dass sich die Höhe der monatlich zu erbringenden und mit 317,71 Euro vereinbarten Raten um 3,18 Euro auf
12314,53 Euro reduziert.
132. die Kläger von den außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 147,56 Euro
14freizustellen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Bearbeitungskosten Gegenstand einer Individualvereinbarung gewesen seien. Jedenfalls stelle die Erhebung der Bearbeitungskosten eine Preishauptabrede dar, welche der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entzogen sei. Zuletzt ist sie der Ansicht, dass die Erhebung der Bearbeitungskosten die Klägerin nicht unangemessen benachteilige. Schließlich erhebt sie die Einrede der Verjährung.
18Weiter wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die Klage ist unbegründet.
21Es kann dahinstehen, ob den Klägern aus dem Darlehensvertrag oder gemäß § 812 I 1 Alt. 1 BGB ein Anspruch auf Gutschrift oder hilfsweise auf Zahlung und Freistellung der Bearbeitungskosten in Höhe von 610,00 Euro zusteht. Es kann auch dahinstehen, ob es sich bei den Bearbeitungskosten in dem streitgegenständlichen Vertrag um einer Klauselprüfung zugängigen unzulässige Preisnebenabrede oder um eine einer solchen Prüfung entzogene Preishauptabrede handelt Denn ein etwaiger Anspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gemäss § 812 BGB bei Erhebung der Bearbeitungskosten ohne Rechtsgrund ist nicht mehr durchsetzbar. Ansprüche der Kläger auf Gutschrift, Rückzahlung oder Freistellung sind verjährt.
22I.
23Die Beklagte ist berechtigt, die Leistung an die Kläger sei es als Gutschrift oder Zahlung/Freistellung nach § 214 Abs. 1 BGB zu verweigern, da ein etwaiger bereicherungsrechtlicher Anspruch der Kläger jedenfalls mit Ablauf des Jahres 2008 verjährte.
24Für einen Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB hinsichtlich einer ohne Rechtsgrund erbrachten Leistung, gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB. Ein Anspruch auf Gutschrift, Zahlung oder Freistellung von zu Unrecht erhobenen Bearbeitungskosten bei einem Darlehensvertrag unterliegt als bereicherungsrechtlicher ebenfalls der Regelverjährung (Göhrmann, BKR 2013, 275 (276)). Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt, vgl. § 199 I BGB. Ein Anspruch ist im Sinne des § 199 BGB entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (Grothe, in: MüKo, § 199 BGB, Rn. 4).
25Der Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch nach § 812 I 1 Alt. 1 BGB verfolgt, hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und dem Fehlen des Rechtsgrundes weiß, also von den Tatsachen, aus denen dessen Fehlen folgt (BGH NJW 2008, 1729 (1732)). Nicht entscheidend ist, ob der Gläubiger alle Tatumstände in tatsächlicher und rechtlicher zutreffend würdigt, auch nicht im Wege einer Parallelwertung in der Laiensphäre (BGH, NJW 1994, 3092 f.)
26Ausgehend hiervon ist festzustellen, dass ein etwaiger Anspruch der Kläger auf Erstattung der im Vertrag geregelten Bearbeitungskosten vorliegend bereits im Jahr 2004 entstand und bei den Klägern die erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen jedenfalls 2005 vorlag.
27Die Leistung der Bearbeitungskosten erfolgte vorliegend bereits mit Auszahlung des Darlehens und entgegen der Annahme der Beklagten nicht pro rata temporis.
28Im Regelfall des Darlehens besteht die monatliche Rate aus den vereinbarten Zins- und Tilgungsleistungen, durch welche der Anspruch des Darlehensgebers sukzessive befriedigt wird (Göhrmann, BKR 2013, 275 (279) m. w. N.). Da die monatliche Rate erst zum vertraglich festgelegten Zeitpunkt fällig wird, handelt es sich bei der ratierlichen Rückzahlungspflicht um einen sog. betagten Anspruch (Berger, in: MüKo BGB, § 488 BGB, Rn.43; Göhrmann, BKR 2013, 275 (279)). Hiermit verpflichtet sich der Darlehensnehmer, den gesamten Kreditbetrag inklusive Kosten und Zinsen zurückzuführen, wobei es sich um einen eigenständigen Anspruch handelt, der mit dem ursprünglich vereinbarten Anspruch des Kreditinstituts auf Bearbeitungskosten nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden darf (Göhrmann, BKR 2013, 275 (279)). Im Wege ihrer Privatautonomie bleibt es den Parteien daher unbenommen die Zahlung der Bearbeitungskosten getrennt von der vereinbarten Rückzahlungspflicht durch eine Einmalzahlung oder einen vertraglich vereinbarten Einbehalt bei Kreditauszahlung zu erheben.
29Die Bearbeitungskosten wurden im vorliegenden Fall durch die Beklagte mitkreditiert und durch interne Verrechnung am 27.07.2004 vereinnahmt, so dass der Anspruch der Beklagten auf die Bearbeitungskosten in dem Moment der internen Verrechnung gemäß § 362 BGB erfüllt wurde (BGH BB 2004, 2543 (2544)) Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien (Bl. 9 d. A.), sowie der Kontostandsmitteilung vom 31.12.2004 (Bl. 13 d. A.), welche eindeutig einen Einbehalt von 610 Euro bei der Auszahlung des Darlehens am 27.07.2004 ausweist. Damit steht fest, dass die Leistung bereits vollständig im Jahr 2004 erfolgte und nicht auf die Raten verteilt sukzessive zurückgeführt wurde.
30Jedenfalls 2005 hatten die Kläger auch die entsprechende Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Aus dem Vertrag wussten die Kläger mit wem der Vertrag geschlossen wurde und an wen die Bearbeitungskosten zu zahlen waren. Die Kläger wussten auch auf welchen Betrag die Bearbeitungskosten sich belaufen. Aus dem Kontoauszug wussten sie sodann, dass sie mit den Bearbeitungskosten tatsächlich belastet wurden. Dass die Kläger keine Kenntnis von einer etwaigen Unwirksamkeit der Erhebung der Bearbeitungskosten hatte, ist unschädlich. Geht man zugunsten der Kläger davon aus, dass ihnen der Kontoauszug von Ende 2014 erst 2005 bekannt wurde, war Verjährung jedenfalls Ende 2008 eingetreten, da in Verbindung mit dem Vertrag 2005 alle anspruchsbegründenden Tatsachen bekannt waren. Klage wurde jedoch erst 2013 erhoben, so dass Verjährung vorliegt.
31Der Einwand der Kläger, eine Klageerhebung sei ihnen erst seit dem Jahr 2011 zumutbar gewesen, da sie erst zu diesem Zeitpunkt durch die Medien davon Kenntnis genommen hätten, dass die streitgegenständlichen Bearbeitungskosten nicht wirksam vereinbart werden könnte, verfängt nicht. Dabei kann dahin stehen, ob zu diesem Zeitpunkt überhaupt eine verwickelte Rechtslage bestand.
32Aufgrund der dem Gläubiger bekannten Tatsachen muss es ihm zumutbar sein, eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage zu erheben (BGH; NJW 2013, 1801 (1802)). Maßgeblich ist wie dargelegt die Tatsachen-, nicht die Rechtskenntnis. Rechtlich fehlerhafte Vorstellungen des Gläubigers beeinflussen den Beginn der Verjährung in der Regel nicht, auch nicht im Wege einer Parallelwertung in der Laiensphäre (BGH NJW-RR 2008, 1237 (1238)). Erforderlich und genügend ist die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, wohingegen es auf die zutreffende rechtliche Würdigung des dem Gläubiger bekannten Sachverhalts nicht ankommt (BGH NJW 1999, 2041 (2042); NJW-RR 2005, 1148 (1149); 2008, 1237). Bei einer verwickelten (unsicheren, unübersichtlichen, zweifelhaften) Rechtslage, die auch ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag, kann der Verjährungsbeginn wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein; dann fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH, NJW 1999, 2041; NJW-RR 2005, 1148).
33Vorliegend ist auf dieser Grundlage festzustellen, dass den Klägern eine Klageerhebung vor Ablauf der regelmässigen Verjährung zumutbar war. Den Klägern waren - wie dargelegt - die anspruchsbegründenden Tatsachen jedenfalls mit Zugang des Kontoauszuges aus 2014 bekannt. Dass die Kläger diese Tatsachen möglicherweise nicht zutreffend bewerteten, ist nach den oben dargestellten Grundsätzen ohne Belang. Im Gegenteil sprach zum damaligen Zeitpunkt auf Grundlage der Rechtsprechung des BGH einiges für die Aussichtslosigkeit einer Klage auf Rückzahlung der Kosten (BGH NJW 1995, 1019). Inwieweit dann später eine verwickelte Rechtslage hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Erhebung einer Bearbeitungsgebühr bei einem Darlehensvertrag bestand, kann hier aber dahinstehen, da eine solche frühestens mit dem öffentlichen Bekanntwerden von Entscheidungen zur Unwirksamkeit von Bearbeitungskosten eintrat. Dies soll nach dem Vortrag der Kläger ab dem Jahr 2010 der Fall gewesen sein. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch der Kläger aber schon verjährt. Eine nach Eintritt der Verjährung eintretende unklare Rechtslage vermag indes an der Verjährung des Anspruchs selbst nichts mehr zu ändern, da eine bereits eingetretene Verjährung nicht mehr hinausgeschoben werden kann. Denn die letztendlich zur Vermeidung von Unbilligkeiten zu Lasten des durch eine unklare Rechtslage und besonders Rechtsprechung verunsicherten Bürgers begründete Ausnahme, die Verjährung wegen Unzumutbarkeit der Klageerhebung hinauszuschieben, setzt voraus, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsunsicherheit offenkundig geworden und der Bürger verunsichert wurde, der Anspruch auch noch durchsetzbar ist. Wollte man dies anders sehen, würde dies dazu führen, dass der Beginn der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur noch von der jeweiligen individuellen rechtlichen Einschätzung abhängt, ob eine Klage Aussicht auf Erfolg hat oder nicht und derjenige geschützt wird, der zunächst keine Klage erhebt und auf eine Änderung der Rechtsprechung im seinen Sinne wartet. Dies ist jedoch mit dem seitens des Verjährungsrechtes verfolgten Zweck der Rechtssicherheit nicht zu vereinbaren und lässt sich auch damit nicht rechtfertigen, dass Unbilligkeiten auszugleichen sind. Dass aber eine rechtsunsichere Lage schon 2008 bestand haben die Kläger nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
34Ohne Erfolg berufen die Kläger sich weiter darauf, ihr Anspruch sei mit Blick auf die Regelung des § 212 BGB nicht verjährt.
35Nach § 212 BGB beginnt die Verjährung erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird. Nur eine Verjährung, die noch läuft, kann erneut beginnen (BGH NJW-RR 1987, 288 (289); NJW 1997, 516 (517)).
36Bis zum Ablauf der Verjährungsfrist des Anspruchs hat die Beklagte den Anspruch weder anerkannt, noch wurde eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt, so dass ein Neubeginn der Verjährung ausscheidet.
37II
38Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.
39Streitwert: 610,00 Euro
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Referenzen
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