Urteil vom Amtsgericht Köln - 120 C 76/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2entbehrlich gemäß §§ 313a, 495a ZPO
3Entscheidungsgründe
4Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, denn der Kläger hat unter keinen rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250,00 EUR.
5Zwar treffen die Ausführungen des Klägers zu, dass gemäß Art. 4 Abs. 3 i.V.m. Art. 5 Abs. 1c) und Art. 7 Abs. 1a) der Fluggastverordnung Fluggästen im Falle der Annullierung eines Fluges eine Ausgleichszahlung von 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger zusteht. Dies gilt nach der eindeutigen Rechtsprechung des EuGH und des BGH nicht nur im Falle der Annullierung, sondern auch dann, wenn der Fluggast wegen des verspäteten Fluges sein Endziel nicht früher als 3 Stunden nach der ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht (EuGH NJW 2010, 53 ff.; BGH NJW 2010, 2281), wobei diese Rechtsprechung des EuGH im Übrigen am 23.10.2012 in den verbundenen Rechtssachen C-581/10 und C-629/10 von diesem erneut bestätigt.
6Indes ist die Beklagte ungeachtet des Bestreitens der Aktivlegitimation des Klägers vorliegend nicht verpflichtet, eine Ausgleichszahlung an den Kläger zu leisten, da ihr die Regelung des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastverordnung zugutekommt. Hiernach entfällt die Pflicht zur Leistung einer Ausgleichszahlung, wenn die Annullierung/Verspätung des streitgegenständlichen Fluges auf „außergewöhnliche Umstände“ zurückgeht.
7Die Beklagte hat hierzu dezidiert vorgetragen und dies auch durch Anlagen in hinreichender Weise belegt, dass die Annullierung des streitgegenständlichen Fluges daraus resultierte, dass das Flugzeug eine Beschädigung des Rades #2 des Hauptfahrwerks aufwies. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass die Behauptung der Beklagten, dieser Defekt sei durch einen metallischen Fremdkörper auf dem Runway hervorgerufen worden, nicht in unmittelbarer Weise belegt werden kann. Vergegenwärtigt man sich gleichwohl, dass die Crew vor jedem Flug Sichtkontrollen der Reifen durchführt und dass der Defekt in dem Event Printout als sichtbarer Schnitt („cut“, Bl. 86 d. A.) mit einer Tiefe von 10 mm beschrieben wird, scheiden bei verständiger Würdigung Verschleißerscheinungen oder Abnutzungserscheinungen an dem Reifen als Ursache für den „cut“ aus. Insoweit ist das Gericht vielmehr davon überzeugt, dass dies auf eine von außen aufgetretene Ursache – wie etwa einen metallischen Fremdkörper – zurückzuführen ist. Soweit der Kläger vorstehendes mit Nichtwissen bestreitet, sieht das Gericht dies indes angesichts des detaillierten Vortrages als bewiesen an, zumal auch klägerseits nicht vorgetragen wird, das das von der Beklagtenseite eingereichte „Event Printout“ manipuliert sei.
8Weiter schließt sich das Gericht den Erwägungen der vorstehend benannten Entscheidungen an, in einem solchen Fall von außergewöhnlichen Umständen auszugehen. Nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe nur Urt. v. 24.09.2013, Az. X ZR 129/12) ist für die Annahme außergewöhnlicher Umstände Folgendes maßgeblich: „Es sollen Ereignisse erfasst werden, die nicht zum Luftverkehr gehören, sondern als jedenfalls in der Regel von außen kommende besondere Umstände seine ordnungs- und plangemäße Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Umstände, die im Zusammenhang mit einem den Luftverkehr störenden Vorfall wie einem technischen Defekt auftreten, können nur dann als außergewöhnlich im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung qualifiziert werden, wenn sie auf ein Vorkommnis zurückgehen, das wie die in Erwägungsgrund 14 der Verordnung aufgezählten nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens und aufgrund seiner Natur oder Ursache von diesem tatsächlich nicht zu beherrschen ist (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008 C549/07, NJW 2009, 347 = RRa 2009, 35 Rn. 23 Wallentin-Hermann/; Urteil vom 19. November 2009 C-402/07, NJW 2010, 43 = RRa 2009, 282 Sturgeon u.a./Condor; Urteil vom 31. Januar 2013 C-12/11, NJW 2013, 921 = RRa 2013, 81 - McDonagh/Ryanair).“
9Jedenfalls stellt ein (metallischer) Gegenstand, der im Zuge des Startens oder Landes einen Flugzeugreifen beschädigt, ein von außen wirkendes Ereignis auf den Flugverkehr dar. In diesem Kontext vermag der Vortrag der Klägerseite, dass den Ausführungen der Beklagtenseite Vortrag zu der exakten Art des Fremdkörpers fehlen, nicht durchzugreifen. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass das jeweilige Luftfahrtunternehmen keine exakten Kenntnisse darüber hat, an welcher genauen Stelle und durch welchen von außen wirkenden Gegenstand das Ereignis hervorgerufen wird. Hieraus ergibt sich spiegelbildlich die für Art. 5 Abs. 3 der Fluggastverordnung maßgebliche Unvorhersehbarkeit und fehlende Beherrschbarkeit durch das einzelne Luftfahrtunternehmen. Für letzteres ist hierbei weiter entscheidend, dass insoweit nach unbestrittenem Vortrag die Beklagte ausführt, es würden regelmäßige Kontrollen der Runways durchgeführt werden und zudem, dass die Freiheit von allen möglichen Gegenständen auf Start- und Landebahnen die Beklagte weder letztendlich beeinflussen und verhindern kann, insbesondere zumal die Beklagte weiter unbestritten ausgeführt hat, dass bis heute kein fertig entwickeltes System zur umfassenden Überprüfung der Runways auf Fremdkörper existiert. Dieses ist zwar in der Erprobungsphase, habe indes noch keine Serienreife erlangt. Im Ergebnis liegen damit Umstände vor, die entweder objektiv überhaupt nicht oder aber jedenfalls nicht durch das Luftfahrtunternehmen zu beherrschen sind.
10Im Übrigen hat die Beklagte auch alles Zumutbare unternommen, um – gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung – die eingetretene Verspätung zu vermeiden. Hierzu genügt es jedenfalls, dass die Beklagten den Fluggästen eine Ersatzbeförderung per Zug von Friedrichshafen nach Frankfurt nebst Zuggutscheinen für die Fahrt von Frankfurt nach Köln anbot. Nicht zumutbar ist hingegen, an sämtlichen Flughäfen Ersatzmaschinen oder größere Ersatzteillager vorzuhalten.
11Die geltend gemachte Zinsforderung teilt insoweit das Schicksal der Hauptforderung.
12Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
13Streitwert: 250,00 EUR
14Rechtsbehelfsbelehrung:
15Statthaftigkeit der Berufung: Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile findet die Berufung statt, § 511 Abs. 1 ZPO.
16Zulässigkeit der Berufung: Die Berufung ist indes nur unter den Voraussetzungen des § 511 Abs. 2 Nrn. 1 & 2 ZPO zulässig. Gegen ein Endurteil ist das Rechtsmittel der Berufung nur für diejenige Partei zulässig, die durch dieses Urteil in ihren Rechten benachteiligt ist,
171. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO
18oder
192. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist, § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
20Vorliegend ist die Berufung daher nicht zulässig. Denn keine der Parteien ist durch dieses Urteils hinsichtlich eines Werts über 600,00 € beschwert. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt bereits nicht 600,00 EUR, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
21Das Gericht hat die Berufung auch nicht zugelassen, § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
22Form und Frist der Berufung: Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
23Entscheidung über die Zulassung der Berufung:
24Da mit dieser Entscheidung folglich für keine Partei die zur Eröffnung der Berufung führende Beschwer von über 600,00 € erreicht ist, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Zulassung der Berufung zu prüfen, § 511 Abs. 4 ZPO. Die Berufung ist danach nicht zuzulassen gewesen, weil die Rechtssache ihre Entscheidung allein aus den Umständen des vorliegenden Falles gefunden hat und somit weder grundsätzliche Bedeutung besitzt oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert, § 511 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ZPO.
25Köln, 18.06.2014AmtsgerichtRichter |
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