Urteil vom Amtsgericht Köln - 142 C 413/13
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 11.6.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Reststreits tragen die Klägerin zu 57 % und die Beklagte zu 43 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe geleistet hat.
1
Tatbestand
2Die Klägerin nimmt die Beklagte, eine Reiseveranstalterin, auf Schadenersatz und Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude in Anspruch.
3Die Klägerin buchte für sich und ihren Ehemann bei der Beklagten eine Reise nach Funchal (Madeira) die zum Preis von 2574 Euro in der Zeit vom 21.05.2013 und 31.03.2013. Bestandteil der Reise war neben dem Hotelaufenthalt, der Flug von Frankfurt/Main über Lissabon nach Madeira und zurück. Ferner war Gegenstand der Buchung ein Rail Fly Ticket 2. Klasse Hin/Rück der Deutschen Bahn AG. Die Buchungsbestätigung enthält dazu den Hinweis, dass jeder Reisende für seine rechtzeitige Anreise zum Flughafen selbst verantwortlich ist. Wegen der weiteren Einzelheiten der Buchungsbestätigung wird auf Bl. 7 d.A. Bezug genommen.
4Die Anreise zum Flughafen Frankfurt planten die Klägerin und ihr Ehemann mit der Deutschen Bahn ab dem Hauptbahnhof Karlsruhe. Es bestand nach dem Fahrplan der DB AG am 21.05.2013 eine Direktverbindung mit einem IC (Zug-Nr. CNL 478) von Karlsruhe HBF (planmäßige Abfahrt: 0.29 Uhr) bis Frankfurt Flughafen/Fernbahnhof (planmäßige Ankunft: 3.39 Uhr). Der Zug fuhr am Reisetag nicht wie üblich von Gleis 2, sondern von Gleis 8 ab. In diesen Zug stiegen die Klägerin und ihr Ehemann ein. Kurz nach Abfahrt aus dem Hauptbahnhof Karlsruhe zeigten die Klägerin und ihr Mann dem Zugbegleiter zur Fahrtkartenkontrolle den ihnen von der Beklagten mit den sonstigen Reiseunterlagen zur Verfügung gestellten „Rail & Fly-Coupon Hinfahrt“. Als Reiseziel war auf diesem Coupon „Frankfurt Flughafen/Fernbahnhof“ abgedruckt. Wegen des Inhaltes des Coupon wird auf Bl. 11 d.A. Bezug genommen. Der Zug passierte im Weiteren die Bahnhöfe Bruchsal, Heidelberg und mit einem längeren Zwischenaufenthalt Mannheim. Als der Zug nicht, wie geplant, um 3.39 h am Flughafen Frankfurt ankam und stattdessen kurz danach ohne Halt den Bahnhof Hanau passierte, nahm der Ehemann der Klägerin Kontakt zum Zugpersonal auf. Dieser erfuhr sodann, dass am Bahnhof Mannheim eine Zugteilung stattgefunden hatte und nur der vordere Zugteil den Frankfurt Flughafen/Fernbahnhof ansteuerte, der hintere Zugteil, in dem sich die Klägerin und ihr Ehemann befanden, jedoch Richtung Göttingen fuhr und ein Ausstieg vorher nicht mehr vorgesehen war. Unmittelbar kontaktierte der Ehemann der Klägerin sodann den in den Reiseunterlagen angegebenen Serviceschalter am Flughafen Frankfurt über den Umstand, dass sich die Klägerin und er in einem falschen Zug befinden und den gebuchten Flug nicht rechtzeitig erreichen würden. Er erfuhr, dass am selben Tag weitere Fluge nach Madeira starteten, dies genau erst ab 9 Uhr an besagtem Serviceschalter vor Ort geklärt werden könne. Die Klägerin und ihr Ehemann nahmen anschließend aus Göttingen die nächste Bahn-Verbindung zum Flughafen Frankfurt und wandten sich an den Serviceschalter am Flughafen Frankfurt. Dort wurden der Klägerin und ihrem Mann ein Ersatzflug am selben Tag um 13.25 Uhr zu einem Preis von insgesamt 1000,00 Euro angeboten. Unter dem Vorbehalt der Rückforderung erklärte sich die Klägerin zur Zahlung der Summe bereit. Die Klägerin erreichten das Reiseziel erst um 19.00 Uhr anstatt um 11.00 Uhr.
5Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Zugfahrt mit der Deutschen Bahn AG vom Hauptbahnhof Karlsruhe nach zum Flughafen Frankfurt/Main und zurück („Rail & Fly“) Vertragsbestandteil sei. Sie ist der Ansicht, dass der Zugbegleiter bei der Fahrscheinkontrolle und in Kenntnis des aus dem Bahncoupon ersichtlichen Reisezieles hätte darauf hinweisen müssen, dass sich die Klägerin und ihr Mann im falschen Zugteil befanden. Das Verhalten des Zugbegleiters müsse sich die Beklagte als Reiseveranstalterin zurechnen lassen, da die Deutsche Bahn AG Erfüllungsgehilfin des Reiseveranstalters sei. Weiter behauptet sie, dass weder auf dem Bahnsteig am HBF Karlsruhe noch während der Zugfahrt Hinweise oder Durchsagen über die Zugtrennung erfolgt seien. Da der Zug zudem nicht am ursprünglich vorgesehenen Gleis in Karlsruhe abfuhr, habe auch der Wagenstandsanzeiger gefehlt. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte hinsichtlich des für den Ersatzflug gezahlten Betrages von 1.000,00 Euro wegen des erklärten Vorbehaltes zur Rückzahlung verpflichtet sei, sich dieser Anspruch aber hilfswiese aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes ergebe. Weiter sei die Beklagte verpflichtet eine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude zu leisten, mindestens in Höhe von 150,00 Euro.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, an sie 1000 Euro sowie eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung wegen vertanen Urlaubs jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.5.2013 zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin alleine dafür verantwortlich sei, dass sie den Flug nicht erreicht habe. Die Beklagte behauptet, dass mittels Durchsagen, der Gleisanzeigen und den Zuglaufschildern am Zug die Zugteilung für alle Reisenden erkennbar gewesen seien.
11Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 27.1.2014 (Bl. 38 d. A.) durch Einholung einer Auskunft bei der Deutschen Bahn AG. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Antwort der DB AG vom 14.4.2014 verwiesen (Bl. 44 d. A.).
12Entscheidungsgründe
13Die Klage ist teilweise begründet.
14Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 500 Euro gemäss. § 651f Abs. 1 BGB zu. Weitere Ansprüche bestehen nicht.
15I.
16Zunächst ist festzustellen, dass sich ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten für den Ersatzflug nach Madeira nicht schon aus § 812 BGB ergibt, weil die Klägerin die Mehrkosten nur unter Vorbehalt zahlte.
17Eine Leistung der Kosten für den Ersatzflug durch die Klägerin ohne Rechtsgrund liegt nur vor, wenn es sich bei dem Ersatzflug um eine Abhilfemassnahme des Reiseveranstalters gemäss § 651 c Abs. 2 BGB handelt. Denn eine Abhilfemassnahme des Veranstalters hat kostenlos zu erfolgen. Das setzt aber voraus, dass der Veranstalter zu erkennen gegeben hat, dass der Ersatzflug in Anerkennung bestehender Mängel erfolgt. Liegt ein derartiges Mängelanerkenntnis seitens des Veranstalters Beklagten nicht vor, bleibt es dabei, dass es sich bei der Ersatzmassnahme um eine eigenständige über den ursprünglichen Reisevertrag hinausgehende vertragliche Vereinbarung handelt und damit die Zahlung des Reisenden mit Rechtsgrund erfolgte.
18So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat bei der Buchung des Ersatzfluges nach Madeira nachdem die Klägerin den gebuchten Flug verpasste nicht zu erkennen gegeben, dass sie den Ersatzflug als Abhilfemassnahme für einen ihr zurechenbaren Mangel sieht. Allein ein seitens der Klägerin erklärter Vorbehalt bei der Zahlung der Mehrkosten ändert daran nichts, dies verhindert nur, dass die Beklagte der Klägerin im Falle des Bestehens eines Anspruches nach § 812 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung den § 814 GB entgegenhalten kann, nämlich dass in Kenntnis einer Nichtschuld geleistet wurde. Die Klägerin trägt indes selbst vor, dass die Beklagte ihr gegenüber die Auffassung vertrat, dass ihr ein Fehler der Bahn nicht zuzurechnen sei. Damit war auch für die Klägerin klar, dass die Beklagte zu einer Abhilfe nicht bereit ist.
19Der Klägerin steht aber ein Anspruch auf Schadenersatz gemäss § 651 f Abs. 1 BGB in Höhe anteiliger Mehrkosten in Höhe von 500,00 Euro für den Ersatzflug nach Madeira zu, da die Reise der Klägerin mit einem Mangel gemäss § 651 c BGB behaftet war, der darin lag, dass die von der Beklagten als Erfüllungsgehilfin eingesetzte Deutsche Bahn AG die Klägerin nicht ausreichend auf die in Mannheim durchgeführte Zugteilung des Zug-Nr. CNL 478 hingewiesen hat, wodurch die Klägerinn ihren Flug in Frankfurt verpasste und das Reiseziel Madeira mit einer Verspätung von 8 Stunden erreichte.
20Ein Reisemangel liegt vor, wenn ein tauglichkeitsmindernder Fehler aus dem Gefahrenbereich des Reiseveranstalters oder das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft vorliegt. Ein Mangel kann dabei auch darin bestehen, dass der Reiseveranstalter eine ihn im Rahmen des Reisevertrags treffende Informations- und Hinweispflicht bezüglich der für eine ordnungsgemäße Reisedurchführung erforderlichen Umstände verletzt. Soweit die Informationspflichten nicht von dem Reiseveranstalter selbst erbracht werden sollen, sondern von als Leistungsträgern eingesetzten Dritter erstreckt sich die Haftung des Reiseveranstalters auf diese, soweit diese als Erfüllungsgehilfen tätig werden. Das ist der Fall, wenn es sich nicht nur um eine von dem Reiseveranstalter vermittelte Fremdleistung des Dritten handelt, sondern um eine Eigenleistung des Reiseveranstalters. Bei der Beurteilung ob es sich um eine Fremd- oder Eigenleistung handelt ist darauf abzustellen, wie das Auftreten des Reiseveranstalters aus der Sicht eines Durchschnittsreisenden zu werten ist; kommt die Leistung aus dieser Perspektive aus dem Organisations- und Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters sind in diesem Zusammenhang auftretende Mängel dem Reiseveranstalter zuzurechnen. Für die Beziehung Reiseveranstalter / Deutsche Bahn AG und Reisender ist daher darauf abzustellen, ob die von der Deutschen Bahn G zu erbringende Leistung als Eigenleistung des Veranstalters anzusehen ist oder nicht. Liegt eine Eigenleistung vor, haftet der Veranstalter auch für Pflichtverletzungen der Deutschen Bahn AG, die diese gegenüber dem Reisenden zu verantworten hat. Dabei ist bei der Beantwortung der Frage, ob eine Eigen- oder Fremdleistung vorliegt eine Gesamtbetrachtung anhand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (BGH, NJW 2011, 371 ff.).
21Vorliegend war die Deutsche Bahn Erfüllungsgehilfe der Beklagten. Ausweislich der Buchungsbestätigung umfassten die von der Beklagten vertraglich zu erbringenden Leistungen auch eine Anreise per „Rail & Fly“-Ticket. Um diese Reiseleistung in Anspruch nehmen zu können, erhielt die Klägerin einen Bahncoupon der Deutschen Bahn AG. Aus der Sicht der Klägerin handelte es sich hierbei nicht um eine von der Beklagten lediglich vermittelte Fremdleistung der Deutschen Bahn AG. Das Rail & Fly Ticket war Teil der Buchungsbestätigung, ohne dass auf eine Fremdleistung hingewiesen wurde. Diese Leistung war auch nicht mit einem gesonderten Preis ausgewiesen sondern Teil des Gesamtpreises. Auch wurde in der Buchungsbestätigung der konkrete Leistungsträger nicht genannt, dieser ergibt sich erst aus dem Coupon. Auch der Hinweis, dass der Reisende für die rechtzeitige Anreise zum Flughafen selbst verantwortlich sei, ändert nichts an der Wertung der Bahnbeförderung als Eigenleistung der Beklagten. Durch diesen Hinweis wird aus der Sicht des Reisenden nur klargestellt, dass er selbst die Bahnverbindung sorgfältig aussuchen muss, um den Flughafen rechtzeitig zu erreichen. Damit wird ihm eine Organisationspflicht rückübertragen nicht aber die Beklagte entpflichtet, die - sorgfältig ausgesuchte - Bahnverbindung mangelfrei durchzuführen.
22Der danach als Erfüllungsgehilfin der Beklagten anzusehenden Deutschen Bahn AG ist eine der Beklagten zuzurechnende Pflichtverletzung anzulasten, weil sie nicht in ausreichendem Umfang über die Reise der Klägerin betreffende Umstände aufklärte; konkret die Klägerin nicht hinreichend deutlich darauf hingewiesen hat, dass es in Mannheim zu einer Zugteilung des CNL 478 kommt und nur ein Teil des Zuges Frankfurt Flughafen anfährt.
23Der Inhalt der von der Beklagten und ihren Leistungsträgern gegenüber dem Reisenden zu erfüllenden Informations- und Hinweispflichten bemessen sich nicht an dem Maßstab, der besteht, wenn der Reisenden unmittelbar mit den Leistungsträgern einen Vertrag geschlossen hätte. Maßstab ist vielmehr der Reisevertrag. Indes können die bei einem unmittelbaren Kontrahieren bestehenden Pflichten als Mindestmaßstab auch der im Rahmen des Reisevertrages zu erfüllenden Pflichten angesehen werden. Im Falle einer Beförderung durch die Bahn treffen die Bahn Informationspflichten dergestalt, dass Fahrgäste über die aktuellen Beförderungsabläufe in Kenntnis gesetzt werden, damit sie ihr Reiseziel erreichen können. Diese Pflichten bestehen unabhängig von den Pflichten des Eisenbahnunternehmens nach der EVO oder der VO (EG) Nr. 1371/2007. Die Informationspflicht beinhaltet Informationen über Verspätungen, Gleisänderungen, Änderungen in der Wagenzusammenstellung aber auch Zugteilungen. Diese Informationspflicht verstärkt sich, wenn ein besonderes Bedürfnis nach Information erkennbar ist. Gerade bei Zügen die Flughäfen anfahren ist auch für die Bahn erkennbar, dass ein erhöhtes Informationsbedürfnis besteht, da mit einer Reisenden zu rechnen ist, die auf ein pünktliches Ankommen angewiesen sind, weil sie einen Anschlussflug erreichen müssen. Dabei ist die Form der Informationserteilung in das pflichtgemässen Ermessen des Leistungsträgers gestellt. Sie kann sich hierbei schriftlicher Hinweise etwa in Gestalt von Aushängen am Bahnhof oder Anschlägen am Zug selbst bedienen. Denkbar ist auch eine Information an den Anzeigetafeln oder mittels Durchsagen. Für die Erfüllung der Informations- und Hinweisflicht trifft soweit die Bahnförderung Teil der Reiseleistung eines Reiseveranstalter ist, diesen die Darlegungs- und Beweislast. Der Reisende hat hingegen lediglich darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, in welchem Verhalten die Pflichtverletzung zu sehen ist und wie der Verpflichtete hätte handeln sollen. Sache des zur Erteilung der Hinweise und der Informationen Verpflichteten ist es dann, darzulegen und zu beweisen, dass er die geschuldete Handlung vorgenommen hat, also die geforderten Hinweise erteilt hat.
24Vorliegend war die Beklagte verpflichtet die Klägerin über die in Mannheim vorgenommen Zugteilung des CNL 478 bei der Reisedurchführung zu informieren. Da die Beklagte nicht wissen konnte, welche Zugverbindung der Reisenden benutzen würde um Frankfurt Flughafen zu erreichen, bestand zwar keine originäre Informationspflicht bereits bei Reisebuchung, doch traf diese der reibungslosen Durchführung der Reise dienenden Pflicht den Leistungsträger, hier die Deutschen Bahn AG. Es ist für die Deutsche Bahn AG als Leistungsträgerin der Beklagten erkennbar gewesen, dass der CNL 478 von Gästen benutzt wird, die den Flughafen Frankfurt erreichen wollen. Deren Informationsbedürfnis war Rechnung zu tragen, insbesondere waren sie über die Zugteilung in Mannheim zu informieren, da nur ein Teil des Zuges Frankfurt / Flughafen anfährt. Diese Pflicht hat die Deutsche Bahn AG verletzt. Es ist nicht erwiesen, dass die Deutsche Bahn die Klägerin über die in Mannheim erfolgende Zugtrennung ausreichend informiert hätte.
25Die auf Antrag der Beklagten bei der Deutschen Bahn AG eingeholte Auskunft vom 14.04.2014 ist hinsichtlich einer Erfüllung der Informationspflichten unergiebig.
26Die Deutsche Bahn AG hat mitgeteilt, dass die Zugzielanzeige von einem Gleis auf das andere komplett überspielt werden kann, also die Informationen über den CNL 478 in Karlsruhe von Gleis 2 auf Gleis 8 überspielt werden können. Eine Dokumentation, ob dies tatsächlich geschehen ist, erfolgt nicht. Weiter hat die Bahn mitgeteilt, dass an den Wagen jeweils Zugzielanzeigen angebracht sind, die auch über das Ziel eines Zugteiles informieren. Diese Angaben sind zwar glaubhaft, klären aber nicht die Frage, ob diese Informationen konkret am 21.05.2013 vorhanden waren. Die erteilte Auskunft liest sich als generelle Ausführung, ist für den konkreten Fall aber nicht ausreichend. Weder ist dargetan, dass es tatsächlich am 21.05.2013 durch einen Mitarbeiter der Bahn zur einer Umstellung der Anzeige von Gleis 2 auf Gleis 8 kam, noch dass die Anzeige einen Hinweis auf die Zugteilung in Mannheim mit den unterschiedlichen Zielen und Zwischenstationen des getrennten Zuges enthielt. Auch das an den Zugzielanzeigen an dem Zug selbst die unterschiedlichen Ziele der Zugteile durch einen Mitarbeiter der Bahn eingegeben wurden, lässt sich der Auskunft nicht entnehmen. Dass in anderer Weise auf die in Mannheim bevorstehende Zugteilung hingewiesen wurde, etwa durch Durchsagen im Zug selbst hat die Beklagte nicht dargelegt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der von der Klägerin gerügte Umstand, dass der die Fahrkarten kontrollierende Zugbegleiter die Klägerin nicht darüber in Kenntnis setzte, dass sie sich in dem falschen Zugteil befindet. Zu einer persönlichen Ansprache ist die Deutschen Bahn AG - insoweit entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht verpflichtet. Der Fahrkartenkontrolleur konzentriert sich auf die Überprüfung, ob gültige Fahrscheine vorliegen, seine Pflicht ist es nicht von sich den geplanten Reiseverlauf der Fahrgäste zu ermitteln und ihn mit den ihm bekannten Informationen abzugleichen um daraufhin konkrete Hinweise erteilen zu können.
27Der in der der Beklagten zuzurechnenden Verletzung der Informationspflicht führte zu einem Reisemangel. Durch die Pflichtverletzung ist es zu einer verspäteten Ankunft der Klägerin in Frankfurt Flughafen gekommen. Der gebuchte Flug konnte nicht mehr erreicht werden. Der Ersatzflug nach Madeira erreichte Madeira 8 Stunden nach der geplanten Ankunft. Eine solche Verspätung stellt einen Reisemangel dar.
28Dieser Mangel ist von der Beklagten zu vertreten. Das Verschulden wird vermutet ( § 651 f Abs. 1 2. HS BGB). Sie entlastende Umstände hat die Beklagte nicht vorgetragen.
29Die erforderliche Mängelanzeige der Klägerin nach § 651 d Abs. 1 BGB erfolgte unstreitig noch aus der Bahn heraus. Die Klägerin meldete sich telefonisch bei dem vom Reiseveranstalter mitgeteilten Serviceschalter am Flughafen Frankfurt und teilte mit, dass man sich in dem falschen Zugteil befinde.
30Der Klägerin ist durch den seitens der Beklagten zu vertretenden Mangel ein Schaden in Höhe von 1.000,00 Euro für den Ersatzflug entstanden.
31Dieser Schadensersatzanspruch ist jedoch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gem. § 254 Abs. 1 BGB aufgrund eines Mitverschuldens der Klägerin und ihrem Ehemann auf 500,00 Euro zu begrenzen.
32Den Geschädigten trifft ein Mitverschulden, wenn er diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die jedem ordentlichen und vernünftigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren. Trifft den Geschädigten ein Mitverschulden, hängt der Umfang der Ersatzpflicht von einer Würdigung und Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ab. In erster Linie ist hier auf das Maß der beiderseitigen Verursachung abzustellen.
33Grundsätzlich trifft den Reisenden die Verpflichtung, sich vor Reiseantritt über den genauen Reiseablauf und die zu nutzenden Transportmittel umfassend zu informieren. Dass die Klägerin nicht schon im Vorfeld der Reise hätte in Erfahrung bringen können, dass der CNL 478 in Mannheim geteilt wird, ist nicht ersichtlich. Dies ist in der Regel den ausgehängten Fahrplanauskünften zu entnehmen. Gerade aber auch der Gleiswechsel in Karlsruhe und die damit verbundene Unsicherheiten hinsichtlich womöglich unterbliebener Hinweise der Deutschen Bahn AG hätten die Klägerin zu weiteren Anstrengungen bezüglich der Vermeidung von etwaigen Behinderungen des Reiseablaufs veranlassen müssen. Die Klägerin hat sich vorliegend indes nur passiv verhalten. Dass sie selbst Kontakt zu Bahnpersonal auf dem Bahnhof oder im Zug wegen weiterer Informationen hergestellt hätte ist nicht dargetan.
34Das Gericht geht unter Abwägung dieser Umstände im vorliegenden Fall von einem dem Verschulden der Beklagten gleichstehenden Verschulden der Klägerin aus, so dass der Schadensersatzanspruch der Klägerin um ein Mitverschulden um 50 % zu reduzieren ist.
35Der Schadensersatzanspruch reduziert sich damit auf 500,00 Euro.
36Ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung wegen vertaner Urlaubszeit aus § 651f Abs. 2 BGB besteht nicht. Eine Verspätung von 8 Stunden um das Reiseziel zu erreichen genügt nicht, um eine nach dieser Vorschrift erforderliche erhebliche Beeinträchtigung der Reise zu begründen.
37Eine erhebliche Beeinträchtigung nach § 651 f Abs. 2 BGB liegt vor, wenn bei einer Abwägung zwischen Art und Umfang des Mangels sowie Reisepreis, Reiseanlass, Reisedauer und Reiseziel sich ergibt, dass die Reise ohne Nutzen war. Ein Indiz ist dabei, ob die Mängel eine Minderungsquote von 50 % erreichen.
38Danach liegt vorliegend keine erhebliche Beeinträchtigung vor. Ausgehend von den berücksichtigungsfähigen Mängeln ist ein den Urlaubsnutzen aufhebendes Missverhältnis im Verhältnis zu Reisepreis, Reisedauer und Reiseziel nicht zu erkennen. Hinsichtlich der Art und Dauer der Beeinträchtigung steht fest, dass die Klägerin und ihr Mann bei der gebuchten 10 - tägigen Reise um 8 Stunden verspätet am Urlaubsziel angekommen sind. Für das Gericht ist eine solche Verspätung nicht geeignet, eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise zu begründen. Gerade an den Tagen, die der An- oder Abreise dienen, ist mit Beeinträchtigungen zu rechnen. Diese Tage dienen auch nicht der Erholung. So begründen bei Flugpauschalreisen 4 Stunden Verspätung keinen Minderungsanspruch. Eine darüber hinausgehende Verspätung von 4 Stunden begründet allenfalls eine Minderung von 5 % je Stunde, also 20 %, und liegt damit noch deutlich unter den 50 % als Maßstab für eine erhebliche Beeinträchtigung. Auch bei Abwägung führt diese Verspätung zu keiner Nutzlosigkeit des Urlaubes. Die Reise bezieht sich nicht nur auf die Anreise sondern auf den Aufenthalt vor Ort in Funchal, sowie die dortigen Leistungen, wie die Beherbergung und Bewirtung. Dass diese Leistungen durch die Verspätung am Tag der Anreise in erheblichem Maße beeinträchtigt waren, ist nicht ersichtlich.
39II.
40Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäss § 286 BGB seit dem 22.06.2013, entsprechend der Fristsetzung in dem Schreiben vom 10.06.2013.
41III.
42Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
43Streitwert: 1150,00 Euro
44Rechtsbehelfsbelehrung:
45Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
46a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
47b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
48Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
49Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
50Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
51Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Referenzen
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