Urteil vom Amtsgericht Köln - 137 C 97/16
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 85 %, im Übrigen trägt diese die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
1
Ohne Tatbestand (§ 313 a Abs. 1 ZPO).
2Entscheidungsgründe:
3Die Klage ist überwiegend unbegründet.
4Dem Kläger steht gegen die Beklagte lediglich ein Anspruch auf Rückzahlung des restlichen Beförderungsentgeltes in Höhe von weiteren 30,00 € aus §§ 812, 631 Abs. 1, 649 BGB zu.
5So besteht im Ausgangspunkt zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass die Beklagte im Falle des Nichtantritts des Fluges jedenfalls zur Erstattung der Flugnebenkosten verpflichtet war, die lediglich dann anfallen, wenn der Fluggast den Flugschein tatsächlich in Anspruch nimmt. Dass hiervon der internationale/nationale Treibstoffzuschlag nicht erfasst ist, hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht hinreichend dargetan.
6Ein darüber hinausgehender Anspruch besteht jedoch nicht.
7Die Beklagte ist nicht in Höhe des Ticketpreises ungerechtfertigt bereichert. Sie hat den streitgegenständlichen Teil des Beförderungsentgeltes nicht ohne Rechtsgrund erlangt. Die Parteien haben im Dezember 2015 einen Flugbeförderungsvertrag in Form eines Werkvertrages im Sinne der §§ 631 ff. BGB (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.1973 – IV ZR 158/72) abgeschlossen. Der Kläger hat diesen Vertrag durch seine Erklärung der Stornierung am 14.12.2015 nicht wirksam gekündigt im Sinne des § 649 S. 1 BGB. Die Kündigung ist gemäß der allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten ausgeschlossen. Diese Regelung ist auch nicht unwirksam.
8Die streitgegenständlichen Regelungen halten der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB jedenfalls insoweit stand, als das Recht zum Rücktritt oder zur Kündigung des Beförderungsvertrages nur besteht, soweit dies die Beförderungsbedingungen ausdrücklich vorsehen, so das offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um eine Individualvereinbarung handelt.
9Die Klausel ist jedenfalls nicht nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Von § 649 S. 1 BGB abweichende Vereinbarungen hinsichtlich des Kündigungsrechts sind grundsätzlich auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig (Münchener Kommentar, BGB, 6. Auflage, § 649, Rn. 6; Palandt, BGB, 72. Auflage, § 649, Rn. 16). Nach § 649 S. 1 BGB hat der Auftraggeber jederzeit das Recht, einen Werkvertrag zu kündigen. Das nach § 649 nur dem Besteller, nicht aber auch dem Unternehmer eingeräumte Kündigungsrecht beruht auf der Erwägung, dass die Herstellung des bestellten Werkes allein im Interesse des Bestellers erfolgt und dass dem Unternehmer kein Anspruch darauf zuerkannt werden kann, das Werk ohne den Willen des Bestellers erstellen zu dürfen. Es ist, solange das Werk noch nicht vollendet ist, in das Belieben des Bestellers gestellt, die vertraglichen Beziehungen zum Unternehmer zu lösen und auf die weitere Werkserrichtung gänzlich oder doch wenigstens durch den Vertragspartner zu verzichten. Die Interessenlage des Unternehmers soll dadurch gewahrt werden, dass ihm durch § 649 S. 2 eine Vergütungsforderung zuerkannt wird (MüKoBGB/Busche BGB § 649 Rn. 1-7, beck-online). Die Interessenlage ist vorliegend jedoch eine andere. Die von der Beklagten erbrachten Beförderungsleistungen erfordern eine verlässliche Vorausplanung der Passagierzahlen, um die Größe des einzusetzenden Flugzeugs, die Anzahl der Crewmitglieder und die zur Abfertigung einzuhaltenden Kapazitäten planen zu können. Darüber hinaus erbringt das Flugunternehmen die Beförderungsleistung im Allgemein in der Regel unabhängig davon, ob ein einzelner Passagier diese in Anspruch nimmt, oder nicht. Eine freie Kündbarkeit der abgeschlossenen Flugbeförderungsverträge würde diese Planung zumindest erheblich erschweren und sich auf die Preiskalkulation und die Flugplanung der Beklagten im Allgemeinen auswirken. Insofern besteht für die Beklagte ein erhebliches Interesse an dem Ausschluss des Rechts zur Kündigung. Dagegen ist der Vertragspartner durch den Ausschluss des Rechts zur Kündigung nicht unangemessen benachteiligt. Dem Kläger war es unbenommen, einen Tarif mit der „Flex-Option“ zu wählen, der die Möglichkeit der Stornierung einschließlich der Erstattung des Flugpreises abzüglich etwaiger Stornierungspauschalen bietet. Indem sich der Kläger zugunsten eines günstigeren Tarifs gegen einen Tarif mit der „Flex-Option“ entschied, nahm er das Risiko der fehlenden Kündbarkeit für in seiner Sphäre liegende Hinderungsgründe in Kauf. Insoweit war dem Kläger aufgrund des erheblichen Preisunterschiedes erkennbar, dass erhebliche Unterschiede zwischen den Tarifen bestehen.
10Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286, 288 BGB).
11Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
12Streitwert: 207,65 €
13Rechtsbehelfsbelehrung:
14A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
151. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
162. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
17Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
18Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
19Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
20Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
21B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
22Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
23Köln, 15.06.2016AmtsgerichtRichter am Amtsgericht
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