Urteil vom Amtsgericht Köln - 124 C 506/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
2Entscheidungsgründe:
3Die zulässige Klage ist unbegründet.
4Der Kläger als Fluggast hat gegen die Beklagte als ausführendem Luftfahrtunternehmen keinen Anspruch auf Zahlung von 600,00 € aus Art. 7 Abs. 1 lit. c VO (EG) 261/2004.
5Zwar steht gemäß der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 19.11.2009 – C-402/07, C-432/07) eine Ankunftsverspätung von mehr als drei Stunden der Annullierung eines Flugs gleich, die gem. Art. 5 Abs. 1 lit. c VO (EG) 261/2004 bei einem nicht-innergemeinschaftlichen Flug über mehr als 3.500 km einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 1 lit. c VO (EG) 261/2004 begründet.
6Die Pflicht zur Ausgleichszahlung entfällt jedoch gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004, da die Beklagte nachgewiesen hat, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Das Gericht stützt seine Überzeugung dabei auf die Aussagen der Zeugen T., E. und ‚S.
7Die Verspätung beruhte auf einem außergewöhnlichen Umstand. Erforderlich sind diesbezüglich Umstände, die nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprechen, sondern außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Es sollen Ereignisse erfasst werden, die nicht zum Luftverkehr gehören, sondern als – jedenfalls in der Regel von außen kommende – besondere Umstände seine ordnungs- und planmäßige Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können (vgl. BGH, Urt. v. 12.06.2014, X ZR 121/13, Rn. 11 – zitiert nach juris). Dies ist bei den Umständen, die zum Abbruch des Vorflugs des streitgegenständlichen Flugs geführt haben, nämlich von außen auf das Fluggerät wirkenden Kräften in Form von – zumindest höchstwahrscheinlich – Wirbelschleppen der Fall.
8Nach den Aussagen des Zeugen T. und des Zeugen S. steht fest, dass der Flug LHXXX am XX.XX.2015 von Frankfurt/Main nach Tokyo der unmittelbare Vorflug des streitgegenständlichen Flugs LHxxx am 23.08.2015 von Tokyo nach Frankfurt/Main war und beide Flüge mit der Maschine A-AAAA und derselben Crew durchgeführt werden sollten. Der Start des Flugs LHXXX am 22.08.2015 von Frankfurt/Main nach Tokyo musste vom Kommandanten durch eine Notbremsung abgebrochen werden, nachdem der Kommandant beim Beschleunigungsvorgang bemerkt hatte, dass äußere Kräfte auf das Flugzeug wirken und er wahrscheinlich in Wirbelschleppen des zuvor gestarteten Flugzeugs – einer C. XXX der D. – geraten war, wobei dies geschah, nachdem der Kommandant durch den Tower die Startfreigabe erhalten hatte. Die Maschine D-AAAA war nach dem Abbruch des Starts beschädigt, betroffen waren insbesondere die Bremsen.
9Zudem steht nach der Aussage des Zeugen E. fest, dass bei der Maschine D-AAAA bei einer Untersuchung nach dem Startabbruch festgestellt wurde, dass bei dem Start eine äußere Einwirkung auf die Maschine stattgefunden hatte, deren einzige plausible Erklärung Wirbelschleppen waren, und die den Startabbruch und zeitaufwändige Reparaturen an der Maschine erforderlich gemacht hatten.
10Es kann letztlich dahinstehen, ob man davon ausgeht, dass Wirbelschleppen als Ursache des Startabbruchs feststehen, weil nach Aussage der Zeugen anzunehmen ist, dass andere möglichen Ursachen auszuschließen sind. Zur Überzeugung des Gerichts steht jedenfalls fest, dass eine äußere Einwirkung abseits des üblichen Betriebsablaufs zu dem Startabbruch und letztlich der streitgegenständlichen Verspätung geführt hat.
11Insofern die Bekundungen der Zeugen nicht auf eigener Wahrnehmung, sondern auf der Wiedergabe von insbesondere computergestützt festgehaltenen Informationen beruhen, bestehen keine substantiellen Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser Informationen.
12Dass das außergewöhnliche Ereignis unmittelbar nur den Vorflug des streitgegenständlichen Flugs betroffen hat, ist unschädlich (vgl. BGH, Urt. v. 12.06.2014, X ZR 121/13, Rn. 15 ff. – zitiert nach juris).
13Die Beklagte hat auch alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um die außergewöhnlichen Umstände zu verhindern.
14Nach den Aussagen des Zeugen T. steht fest, dass die Beklagte nach einer technischen Untersuchung der Maschine D-AAAA festgestellt hat, dass die Maschine nicht zeitnah repariert werden konnte. Insbesondere mussten alle Räder und Bremsen gewechselt werden. Die Crew der Maschine konnte keinen Flug am selben Tag mehr durchführen, weil die maximal zulässige Flugdienstzeit überschritten worden wäre. Die Beklagte hat daraufhin ein Ersatzfluggerät mit der Kennung D-ABBB und eine Ersatzcrew bereitgestellt. Der Flug LHXXX konnte wegen des Nachtflugverbots in Tokyo dennoch erst mit einer Verspätung von 23 Stunden und 8 Minuten aus Frankfurt/Main abfliegen, weswegen der Flug LHxxx von Tokyo nach Frankfurt/Main erst mit einer Verspätung von 22 Stunden und 17 Minuten in Frankfurt/Main landete.
15Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, auf dem Flughafen in Tokyo Ersatzfluggeräte vorzuhalten, bestand für die Beklagte nicht (vgl. BGH, Urt. v. 12.06.2014, X ZR 121/13, Rn. 25 – zitiert nach juris).
16Mangels Begründetheit des Hauptanspruchs besteht auch kein Anspruch auf Zinsen.
17Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
18Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
19Da mit dieser Entscheidung für keine Partei die zur Eröffnung der Berufung führende Beschwer von über 600,00 € erreicht ist, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Zulassung der Berufung zu prüfen, § 511 Abs. 4 ZPO. Die Berufung ist danach nicht zuzulassen gewesen, weil die Rechtssache ihre Entscheidung allein aus den Umständen des vorliegenden Falles gefunden hat und somit weder grundsätzliche Bedeutung besitzt oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert, § 511 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 4 Nr. 1 ZPO.
20Der Streitwert wird auf 600,00 EUR festgesetzt.
21Rechtsbehelfsbelehrung:
22A) Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht zulässig, weil keine der Parteien durch dieses Urteils hinsichtlich eines Werts von über 600,00 € beschwert ist und das Gericht die Berufung auch nicht zugelassen, hat § 511 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO.
23B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
24Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
25C) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
261. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
272. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
28Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
29Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
30Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
31Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
32Köln, 16.06.2016Amtsgericht
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