Urteil vom Amtsgericht Köln - 613 Ls 22/16
Tenor
Der Angeklagte wird wegen räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt.
Er trägt die Kosten des Verfahrens sowie seine eigenen notwendigen Auslagen.
§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 242 Abs. 1, 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 252, 52, 53 StGB
1
Gründe:
2I.
3Der Angeklagte ist in Algerien geboren und aufgewachsen.
4Er ist ledig und kinderlos.
5In seiner Heimat war er in der Aluminiumbearbeitung tätig.
6Im September 2015 kam er nach Deutschland.
7Hier bestreitet er seinen Lebensunterhalt von Sozialleistungen.
8Strafrechtlich ist der Angeklagte bisher nicht aufgefallen.
9II.
10Aufgrund des Ergebnisses der Hauptverhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts folgender Sachverhalt fest:
11Am 01.01.2016 gegen 0:10 Uhr entwendete der Angeklagte auf dem Vorplatz des Museums M. in Köln die Calvin Klein-Handtasche der Geschädigten T.T. indem er die Tasche, die die Zeugin unter den Arm geklemmt hatte, wegriss.
12In der Tasche befand sich unter anderem ein Samsung S5 Mini Mobiltelefon, € 30 Bargeld und Schminkutensilien.
13Kurze Zeit später - gegen 0:50 Uhr - entwendete der Angeklagte zwischen der Hohenzollernbrücke und dem Kölner Hauptbahnhof das Mobiltelefon der Geschädigten L.L., indem er es ihr aus der rechten Hand riss und mit der Beute Richtung Hauptbahnhof flüchtete.
14Dies wurde durch die Zeugen P.P. und N.N. beobachtet, die sich zufällig im Gespräch mit der Geschädigten befanden.
15Beide Zeugen nahmen unverzüglich die Verfolgung des Angeklagten auf.
16Nach kurzer Zeit blieb der Angeklagte unvermittelt stehen und drehte sich zu dem Zeugen P. um, der ihn zur Rückgabe des Gerätes aufforderte. Statt es jedoch auszuhändigen, schlug der Angeklagte dem Zeugen P. ins Gesicht, wodurch dieser ausrutschte und zu Boden fiel. Zwischenzeitlich hatte auch der Zeuge N. die beiden eingeholt, woraufhin der Angeklagte erneut die Flucht ergriff.
17Er wurde nun erneut durch den Zeugen N. verfolgt und blieb kurze Zeit darauf wieder stehen, um sich seinem Verfolger zuzuwenden. Nunmehr sprühte der Angeklagte dem Zeugen N. Pfefferspray ins Gesicht, um seine weitere Flucht mit der Beute zu ermöglichen.
18Wiederum nahm der Zeuge P. die Verfolgung des Angeklagten aus, konnte ihn an einem Bauzaun stellen und den herbeigerufenen Polizeibeamten übergeben, die ihm die Tatbeute abnehmen konnten.
19Der Geschädigte P. erlitt eine Mittelfinger- und eine Nasenbeinprellung.
20Der Geschädigte N. litt unter starkem Augenbrennen.
21III.
22Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten soweit ihr gefolgt werden konnte sowie den Angaben der Zeugen T., L., P. und N.
23Der Angeklagte gab den Geschehensablauf - insbesondere die Diebstähle und zumindest einen Schlag gegen den Geschädigten P. - im Wesentlichen zu, behauptet aber, der Geschädigte N. habe das Pfefferspray benutzt und nicht er selbst.
24Die Einlassung wird widerlegt durch die übereinstimmenden Angaben der Zeugen L., P. und N., die den weiteren Geschehensablauf widerspruchsfrei und ohne jede Belastungstendenz geschildert haben.
25Danach hat der Angeklagte seine Flucht mehrfach unterbrochen, um sich des jeweiligen Verfolgers gewaltsam - erst durch Schläge und als dies nichts half durch den Gebrauch von Pfefferspray - zu entledigen.
26Seine Einlassung ist daher als Schutzbehauptung zu werten.
27IV.
28Der Angeklagte hat sich damit eines räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und eines Diebstahls schuldig gemacht, §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 242 Abs. 1, 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 252, 52, 53 StGB.
29V.
30Der Strafrahmen für den räuberischen Diebstahl ergibt sich aus §§ 242 Abs. 1, 249 Abs. 1, 250 Abs. 1, Abs. 3, 252 StGB mit Freiheitsstrafe von 1 bis zu 10 Jahren.
31Dabei war dem Angeklagten das Vorliegen eines minderschweren Falles zugute zu halten, weil sich sowohl der Wert der Tatbeute, als auch die eingesetzte Gewalt am unteren Rand des Denkbaren hielten.
32Für den Diebstahl ergibt sich der Strafrahmen aus § 242 Abs. 1 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren.
33Für den Angeklagten sprach sein Teilgeständnis in der Hauptverhandlung, an dessen Glaubhaftigkeit das Gericht keinen Zweifel hegt.
34Gegen ihn war allerdings zu werten, dass er nur kurz nach seiner Einreise bereits durch schwerwiegenden Straftaten aufgefallen ist und auch vor Gewalteinsatz nicht zurückschreckt.
35Vor diesem Hintergrund hielt das Gericht unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte folgende Einsatzstrafen für tat- und schuldangemessen:
36 für den Diebstahl eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten und
37 für den räuberischen Diebstahl eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten.
38Aus diesen Einzelstrafen war gemäß §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 StGB unter angemessener Erhöhung der höchsten Einzelstrafe eine Gesamtstrafe zu bilden, die dem Gericht nach erneuter Abwägung mit einer
39Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten
40erforderlich und angemessen, aber auch ausreichend erschien.
41Gründe für eine ausnahmsweise Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung nach § 56 Abs. 2 StGB rechtfertigen würden, konnte das Gericht nicht erkennen.
42Der Angeklagte hat sich nur kurz nach seiner Einreise bereits durch erhebliche Straftaten schuldig gemacht und ist in der Sylvesternacht 2015/16 zur Begehung von Straftaten eigens von F. nach Köln angereist.
43V.
44Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.
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