Urteil vom Amtsgericht Köln - 612 Ls 60/16
Tenor
Der Angeklagte wird wegen 2-facher tätlicher Beleidigung sowie wegen Diebstahls und einer Straftat nach dem Aufenthaltsgesetz kostenpflichtig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt.
- §§ 185 2. Alt., 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3, Nr. 6 1. Var., 53 StGB, 95 Abs. 2 Nr. 1a, Nr. 1b, Nr. 2, 11 Abs. 1 AufenthaltsG –
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G r ü n d e :
2I.
3Der 24-jährige, ledige und kinderlose Angeklagte verfügt weder über Schul- noch Berufsausbildung. Er hält sich seit dem Jahre 2008 in verschiedenen europäischen Ländern auf. In Deutschland verwendete er auch die Alias-Namen L. B. und S. C. Zuletzt war er der im Rubrum genannten Asylbewerberunterkunft in M. zugewiesen und erhielt Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Über seinen aktuellen Asylantrag ist noch nicht entschieden worden. Zu seinen Zukunftsplänen hat der Angeklagte trotz mehrfachen gerichtlichen Nachfragens Angaben ausdrücklich verweigert.
4Bislang ist der Angeklagte in Deutschland wegen Straftaten zweimal rechtskräftig verurteilt worden, und zwar wie folgt:
5- am 18.08.2015 (rechtskräftig seit 25.09.2015) unter der leicht geänderten Schreibweise seines Namens („N. D.“) durch einen Strafbefehl des AG Dresden wegen eines Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,- €, die bereits gezahlt worden ist. Laut Strafbefehl entwendete der Angeklagte dem O. F. am 17.08.2014 gegen 02:00 Uhr auf dem Dresdener Schlossplatz dessen Handy Galaxy S4 mini im Wert von 220,- €, um es für sich zu behalten.
6- zudem am 17.02.2016 (rechtskräftig seit 17.03.2016) unter dem Alias-Namen S.C. durch Strafbefehl des AG Geldern wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 10,- €, deren Erledigung unklar ist. Laut Strafbefehl benutzte der Angeklagte am 22.12.2015 in Geldern den Zug Nr. 75051 des Verkehrsunternehmens „NordWestBahn“ von Geldern nach Düsseldorf ohne gültigen Fahrausweis und hatte von Anfang an vor, das Fahrgeld von 5,50 € nicht zu entrichten.
7II.
81.
9Der Angeklagte reiste am 29.04.2014 erstmals nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Ihm wurde eine Asylbewerberunterkunft in I. zugewiesen. Nach Ablehnung des Asylantrags am 09.09.2014 wurde durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge/Außenstelle Chemnitz die Abschiebung angeordnet. Der Angeklagte war jedoch für die Behörden nicht greifbar, sondern befand sich in der Schweiz. Von dort reiste er am 25.01.2015 über die Bahnstrecke Basel - Freiburg wieder nach Deutschland ein und meldete sich unter den Alias-Personalien L.B., geb. am 00.00.0000 in G./Marokko, beim Ausländeramt Bochum, das ihm eine Flüchtlingsunterkunft in T. zuwies. Zudem stellte er unter den Alias-Personalien S.C., geb. am 00.00.0000 in Marokko, einen erneuten Asylantrag bei der Ausländerbehörde in Bielefeld, die ihm die aktuelle, im Rubrum genannte Asylbewerberunterkunft in M. zuwies. Die falschen Namen benutzte er, um nicht dem alten Asylverfahren zugeordnet zu werden.
102.
11Am 01.01.2016 gegen 00:40 Uhr wurden die Zeuginnen J.J. und K.K. auf dem domseitigen Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs plötzlich von einer Gruppe von mindestens 10 bis 15 ausländischen Männern derart eingekreist, dass sie sich nicht mehr fortbewegen konnten. Gleichzeitig wurde ihnen aus dieser Gruppe heraus immer wieder krakenartig fest an die Brüste, in den Genitalbereich und an das Gesäß gegriffen, wobei dies jedenfalls bei der Zeugin J.J. ausschließlich über der Kleidung erfolgte. Der Angeklagte war Teil dieser Gruppe, wobei das Bestehen und ggf. der genaue Inhalt eines gemeinsamen Tatplanes unklar sind. In der geschilderten Situation, in der die Zeuginnen panisch, aber letztlich erfolglos versuchten, sich gegen die Zudringlichkeiten zur Wehr zu setzen, entwendete der Angeklagte der Zeugin J.J. aus ihrer durch Reißverschluss gesicherten linken Jackenaußentasche deren Mobiltelefon Samsung Galaxy S3 mini (1 Jahr alt; Neupreis 180,- bis 190,- €), um es für eigene Zwecke zu verwenden. Aus Taten dieser Art wollte er sich eine regelmäßige Einkommensquelle verschaffen. Zudem griff auch der Angeklagte der Zeugin J.J. in der beschriebenen Weise in den Brust-, Genital- und/oder Gesäßbereich. Erst nach geraumer Zeit konnten die Zeuginnen J.J. und K.K. schließlich in den Hauptbahnhof fliehen. Die Zeugin J.J. hatte in der Folgezeit Angst vor fremden, insbesondere ausländischen Menschen, wenn sie ihr nahe kamen oder in Gruppen auftraten, sowie Angst davor, bei Dunkelheit noch unterwegs zu sein. Wegen dieser Tatfolgen nahm sie psychotherapeutische Hilfe in Anspruch. Inzwischen haben sich die psychischen Folgen abgeschwächt. Zudem hat die Zeugin J.J. ihr Handy mittlerweile zurückerhalten, nachdem es dem Angeklagten bei einer polizeilichen Kontrolle am 06.01.2016 abgenommen werden konnte.
123.
13Etwa eine Stunde später, gegen 01:45 Uhr des Neujahrstages, griff der Angeklagte im von Menschenmassen bevölkerten Kölner Hauptbahnhof der Zeugin U.U. von hinten unter das Kleid fest in den Genitalbereich, wobei ihre dicke Strumpfhose ein Eindringen in die Vagina verhinderte. Sie drehte sich sofort herum und sah den Angeklagten als einen von mindestens drei Männern, der sie herausfordernd anstarrte. Ihr Freund, der Zeuge W.W., brachte sie sodann weg. Die Zeugin U.U. vermeidet seit dem Vorfall Menschenmassen und geht in Köln abends nicht mehr ohne Begleitung raus.
14III.
15Die Feststellungen zur Person beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten, dem verlesenen und als richtig anerkannten Bundeszentralregisterauszügen (auch bezüglich der Alias-Personalien) sowie den auszugsweise verlesenen Strafbefehlen des AG Dresden vom 18.08.2015 – 203 Cs 62399/14 – und des AG Geldern vom 17.02.2016 – 16 Cs 51/16.
16Die Feststellungen zur Sache beruhen auf dem Teilgeständnis des Angeklagten, dem zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Auszug aus dem Ausländermelderegister, den glaubhaften Aussagen der Zeuginnen J.J., K.K. und U.U., den nach Maßgabe des Sitzungsprotokolls in Augenschein genommenen Lichtbilder, auf die wegen der Einzelheiten gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen wird, sowie den nach Maßgabe des Protokolls (auszugsweise) verlesenen polizeilichen Vermerken.
17Der Angeklagte hat den obigen 1. Fall in vollem Umfang glaubhaft eingeräumt. Aus der Verwendung der Alias-Personalien wird deutlich, dass ihm die Illegalität seiner Wiedereinreise nach Deutschland bewusst war und er sich ein Aufenthaltsrecht erschleichen oder letztlich hier untertauchen wollte.
18Dagegen hat der Angeklagte eine Beteiligung an den beiden Vorfällen in der Silvesternacht bestritten. Er sei am 31.12.2015 mit zwei Freunden per Zug über Düsseldorf nach Köln gefahren und dort gegen 22:30 Uhr eingetroffen. Man habe nach gemeinsamen Freunden gesucht, diese jedoch in den Menschenmengen nicht gefunden. Zudem habe ihnen die aufgeheizte Stimmung nicht gefallen. Daher sei man bereits gegen 23:00 Uhr nach Düsseldorf zurückgefahren und dort nach dem Feuerwerk ab etwa 01:00 Uhr in einer Diskothek gewesen. Gegen 06:00 Uhr habe er – der Angeklagte – dort von einem wohl Tunesier das Handy für 30,- € gekauft, das ihm am 06.01.2016 von der Polizei als gestohlen abgenommen worden sei. Ein eigenes Handy habe er in der Silvesternacht zuvor nicht dabei gehabt. Am Morgen des 01.01.2016 sei er dann von Düsseldorf zu seiner Flüchtlingsunterkunft nach T. gefahren, habe dort eine SIM-Karte bekommen und das gekaufte Handy im Laufe des Tages in Betrieb genommen. Das Mobiltelefon, das die Polizei bei ihm anlässlich der vorläufigen Festnahme am 04.05.2016 gefunden habe, habe er erst etwa zwei Monate zuvor von einem anderen Heimbewohner erhalten.
19Diese Einlassung ist bereits für sich gesehen nicht überzeugend. Es stellt doch einen übergroßen Zufall dar, dass der Angeklagte das der Zeugin J.J. am 01.01.2016 gegen 00:45 Uhr in Köln entwendete (und bei ihm am 06.01.2015 sichergestellte) Handy – eine polizeiliche Zuordnung dieses Geräts und dessen Identifizierung durch die Geschädigte J.J. sind erfolgt – einige Stunden später in einer Düsseldorfer Diskothek angekauft haben will. Man muss bekanntlich nicht erst nach Düsseldorf fahren, um in Köln gestohlene Handys zu „verticken“. Nach den polizeilichen Auswertungen der Handydaten/des IMEI-Suchlaufs hat der Angeklagte das Mobiltelefon der Zeugin J.J. am 01.01.2016 um 17:21 Uhr in T. mit derjenigen SIM-Karte zur Nr. 00000/000000 in Betrieb genommen, die in der Silvesternacht zumindest im Zeitraum vom 31.12.2015, 22:23 Uhr, bis 01.01.2016, 01:09 Uhr, mit dem Mobiltelefon mit der IMEI i000000000000000 in der Funkzelle des Kölner Hauptbahnhofs eingeloggt war. Das letztgenannte Handy ist wiederum jenes, das beim Angeklagten anlässlich der vorläufigen Festnahme am 04.05.2016 aufgefunden wurde. Spätestens hier werden die vom Angeklagten bemühten Zufälle schlicht grotesk. Die einzig sinnvolle Erklärung der Handydaten ist die, dass der Angeklagte mit dem zuletzt genannten Mobiltelefon auch noch am 01.01.2016 im/am Kölner Hauptbahnhof gewesen ist und im Laufe dieses Tages die SIM-Karte von diesem Gerät in das Handy der Zeugin J.J. gewechselt hat.
20Weiterhin hat die Zeugin U.U. den Angeklagten in der Hauptverhandlung eindeutig als Täter des von ihr in der oben dargestellten Weise geschilderten 3. Falles identifiziert. Dies hat zwar überrascht, weil sie den Angeklagten – u.a. an seiner Gesichtsform - bei einer polizeilichen Wahllichtbildvorlage (ca. 200 Bilder am PC-Bildschirm) nur mit einer Wahrscheinlichkeit von „50 %“ wiedererkannt hatte. Sie konnte dies jedoch nachvollziehbar aufklären. Zunächst war der bei der Polizei genannte Wahrscheinlichkeitsgrad schlicht eine Falschbezeichnung. Die Zeugin hat nämlich in der Hauptverhandlung klargestellt, dass sie sich bereits bei der Polizei bei der Wiedererkennung ziemlich sicher gewesen sei, aber wegen des kleinen Lichtbildes und der nicht ganz passenden Haare vorsichtig sein wollte. Sie konnte weiterhin erklären, warum sie denn jetzt in der Hauptverhandlung ganz sicher ist, nämlich weil sie nun – anders als auf dem polizeilichen Lichtbild – auch die längeren Haare des Angeklagten im Nackenbereich sehen konnte. Es ist auch nachvollziehbar, dass sich die Zeugin an den Täter erinnern kann, weil sie betont hat, dass dieser sie nach ihrem Umdrehen herausfordernd angestarrt hatte. Da es die einzige Person war, die nach ihrem sofortigen Umdrehen unmittelbar hinter ihr stand, gibt es auch keinen Zweifel, dass es sich dabei um den Täter handelt. Die Zeugin U.U. hat auf das Gericht einen in jeder Hinsicht glaubwürdigen Eindruck gemacht. Ihr Freund, der Zeuge W.W., konnte dagegen zum Vorfall und Täter – auch wenn er zunächst einen anderen Eindruck zu erwecken versuchte – letztlich keine Angaben machen.
21Auch die Zeugin J.J. hat den Angeklagten, nachdem sie den obigen 2. Fall in der dort dargestellten Weise glaubhaft geschildert hat, in der Hauptverhandlung ohne Restzweifel als Teil der sie umstellenden Männergruppe, allerdings ohne Tathandlungszuordnung, wiedererkannt. Dies hat ebenfalls überrascht, da im Protokoll zur polizeilichen Wahllichtbildvorlage, die auch ein Lichtbild des Angeklagten beinhaltete, keinerlei Wiedererkennung dokumentiert ist. Die Zeugin hat dazu erklärt, sie habe sehr wohl auf das Lichtbild des Angeklagten als Möglichkeit hingewiesen, aber der Vernehmungsbeamte sei nur an einer 100 %igen Wiedererkennung interessiert gewesen. Letzteres hat der Zeuge V. bestritten. Möglicherweise hat es zwischen beiden ein Missverständnis gegeben. Auf dieser Grundlage würde die Wiedererkennung der Zeugin J.J. allein kaum für eine Überführung des Angeklagten im 2. Fall ausreichen. Vorliegend kommt aber zweierlei hinzu: Zum einen war der Angeklagte – wie oben bereits dargelegt – ausweislich seines zur Tatzeit in der Funkzelle des Kölner Hauptbahnhofs eingeloggten Mobiltelefons am Tatort. Zum anderen war er – insoweit sogar unstreitig - am Tattag im Besitz des der Zeugin J.J. entwendeten Handys. Beides lässt in Verbindung mit der unschwer als Lügengeschichte zu entlarvenden Einlassung des Angeklagten letztlich nur den Schluss zu, dass er selbst der Zeugin J.J. das Handy entwendet hat. Ihre Wiedererkennung passt insoweit ins Bild, ist aber keineswegs entscheidend. Dass die Entwendung des Mobiltelefons in der von der Zeugin J.J. geschilderten Gruppensituation erfolgt ist, ergibt aus ihrer Angabe, das Handy noch unmittelbar vorher für ein Abschiedsfoto vom Kölner Dom benutzt und den Verlust sogleich nach der Flucht in den Bahnhof bemerkt zu haben. Damit steht auch fest, dass der Angeklagte unabhängig von einer nicht nachweisbaren Gruppenabrede jedenfalls die durch die Gruppensituation faktisch geschaffene Hilflosigkeit der Zeugin J.J. zur Entwendung des Handys ausgenutzt hat. Aus der Art der Tatbegehung und der Zusammenschau mit der einschlägigen Vorstrafe vom 18.08.2015 (ebenfalls Handy-Diebstahl) folgt die Gewerbsmäßigkeit seines Handelns. Es muss jedoch zusätzlich davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte die Zeugin J.J. nicht nur bestohlen, sondern auch in der im obigen Sachverhalt beschriebenen Art und Weise unsittlich „begrapscht“ hat. Dies folgt letztlich aus seiner nur etwa eine Stunde später begangenen Tat zum Nachteil der Zeugin U.U.. Die dreiste und provozierende Art dieser Tatbegehung lässt es zusammen mit dem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang ausgeschlossen erscheinen, dass sich der Angeklagte bei der Zeugin J.J., die massiven Griffen mehrerer Personen aus der sie umstellenden Gruppe ausgesetzt war, insoweit zurückgehalten und auf das Stehlen beschränkt hat. Dies würde jeder Lebenserfahrung und dem typischen Naturell von Sexualstraftätern (im weitesten Sinne) widersprechen. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Zeugin K.K. die von der Zeugin J.J. geschilderte Drangsalierung durch eine Gruppe ausländischer Männer eindrucksvoll und in jeder Hinsicht glaubhaft bestätigt, selbst aber nicht den Angeklagten wiedererkannt hat.
22IV.
23Der Angeklagte hat sich damit wegen einer Straftat nach dem AufenthG, eines Diebstahls im besonders schweren Fall (gewerbsmäßiges Handeln und Ausnutzen der Hilflosigkeit der Geschädigten J.J.) sowie wegen 2-facher tätlicher Beleidigung (zum Nachteil der Geschädigten J.J. und U.U.) gemäß den §§ 185 2. Alt., 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3, Nr. 6 1. Var., 53 StGB, 95 Abs. 2 Nr. 1a, Nr. 1b, Nr. 2, 11 Abs. 1 AufenthaltsG strafbar gemacht. Die nach § 194 Abs. 1 S. 1 StGB erforderlichen Strafanträge sind von den Geschädigten J.J. und U.U. ordnungsgemäß gestellt worden. Die Annahme einer sexuellen Nötigung zum Nachteil der Geschädigten J.J. schied abgesehen von der problematischen Gewaltanwendung schon deswegen aus, weil „Begrapschen“ über der Kleidung nicht ohne weiteres eine ausreichend erhebliche sexuelle Handlung im Sinne der §§ 177 Abs. 1, 184h StGB ist (vgl. Fischer, StGB, § 184h Rn. 6 f. m.w.Nachw.). Da dem Angeklagten keine konkrete Handlung zugeordnet werden konnte, ist zu seinen Gunsten von einer Begehungsform auszugehen, die nur den Tatbestand der tätlichen Beleidigung erfüllt. Eine Zurechnung von qualitativ anderen Taten sonstiger Personen kommt mangels nachweisbarer diesbezüglicher Absprache nicht in Betracht.
24V.
25Der gesetzliche Strafrahmen sieht für eine tätliche Beleidigung Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe, für die Straftat nach dem AufenthG Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe und für einen Diebstahl im besonders schweren Fall nur Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 10 Jahren vor.
26Bei der konkreten Strafzumessung waren zugunsten des Angeklagten insbesondere sein Teil-Geständnis (Straftat nach dem AufenthG) sowie die Wiedererlangung des gestohlenen Handys durch die Zeugin J.J. (Rückgabe durch die Polizei) zu berücksichtigen. Dagegen mussten sich vor allem die einschlägige Vorstrafe vom 18.08.2015 (Handy-Diebstahl), die insgesamt besonders dreiste Vorgehensweise des Angeklagten sowie die erheblichen psychischen Tatfolgen für die Geschädigten J.J. und U.U. negativ auswirken. Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden und in der Hauptverhandlung im Einzelnen erörterten Gesichtspunkte hielt das Gericht Einsatzstrafen von 6 Monaten für den Diebstahl im besonders schweren Fall, jeweils 9 Monaten für die beiden tätlichen Beleidigungen und von 120 Tagessätzen, wobei die Tagessatzhöhe im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten auf 10,- € festzusetzen war, für die Straftat nach dem AufenthG für tat- und schuldangemessen. Daraus hat es nach nochmaliger Gesamtabwägung aller Gesichtspunkte unter besonderer Berücksichtigung des zeitlichen und sachlichen Verhältnisses der Einzeltaten eine angemessene Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten gebildet. Eine Einbeziehung der Geldstraffe aus dem Strafbefehl des AG Geldern vom 17.02.2016 – 16 Cs 51/16 – gemäß § 55 StGB kam nicht in Betracht, weil in der Hauptverhandlung trotz Beiziehung der Akte die etwaige Erledigung dieser Strafe nicht geklärt werden konnte.
27Eine Aussetzung der Vollstreckung der erkannten Strafe zur Bewährung schied sowohl mangels günstiger Sozialprognose als auch wegen fehlender besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB aus. Der Angeklagte wechselt die Namen wie andere die Kleidung und begeht an ganz verschiedenen Orten Deutschlands immer wieder Straftaten. Von der Untersuchungshaft zeigte er sich in der Hauptverhandlung nicht sonderlich beeindruckt. Trotz mehrfacher gerichtlicher Nachfragen hat er Angaben zu seinen Zukunftsplänen ausdrücklich verweigert. Auf dieser Grundlage ist bei ihm nicht die Erwartung gerechtfertigt, dass er schon aufgrund der erstmaligen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe künftig keine Straftaten mehr begehen wird. Vielmehr ist eine solide Grundlage für ein straffreies Leben in keiner Weise erkennbar, zumal sein früherer Asylantrag bereits abgelehnt worden ist. Zusätzlich fehlt es auch an besonderen Umständen, die gemäß § 56 Abs. 2 StGB für die Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von mehr als 1 Jahr erforderlich sind.
28VI.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 S. 1 StPO.
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Referenzen
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