Urteil vom Amtsgericht Langenfeld - 25 C 82/08
Tenor
1. Die Beklagten haben es bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, das im Grundbuch des Amtsgerichts Langenfeld von Gemarkung A Blatt aaaa verzeichnete Hausgrundstück der Gemarkung A, Flur bb, Flurstück ccc, Gebäude- und Freifläche, Straße d, Haus-Nr. e, PLZ f, Ort g zu betreten. Dies gilt für den Beklagten zu 1) dann nicht, wenn er einen rechtlichen Anspruch auf Zutritt hat.
2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, dem Beklagten zu 1) jeweils zum 1.12. und 1.6. eines jeden Kalenderjahres in der Zeit von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr Zutritt zu dem vorbezeichneten Grundstück zu gewähren.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien wie folgt:
Von den Gerichtskosten trägt die Klägerin 14,2 %, der Beklagte zu 1) 42,9 % und die Beklagte zu 2) 42,9 %;
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt diese selbst 14,2 %, der Beklagte zu 1) 42,9 % und die Beklagte zu 2) 42,9 %;
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt dieser selbst 75 % und die Klägerin 25 %;
Die Beklagte zu 2) trägt ihre außergerichtlichen Kosten allein.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Tenors zu Ziffer 1. durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Tenors zu Ziffer 2. durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500,00 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Hinsichtlich der Kosten können die Parteien die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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TATBESTAND
2Die Parteien streiten über das Zutrittsrecht der Beklagten zu dem im Tenor dieses Urteils näher bezeichneten Grundstücks.
3Die Klägerin lebt getrennt von ihrem Ehemann, dem Beklagten zu 1), der jetzt mit der Beklagten zu 2) zusammenlebt. Der Beklagte zu 1) ist vor Jahren aus der gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen und hat eine ernstliche Rückkehrabsicht der Klägerin gegenüber nicht bekundet. Der Beklagte zu 1) ist Miteigentümer des Grundstücks.
4Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.11.2005 (Anlage 1 Bl. 5 der beigezogenen Akte 54 C 290/07) wurde dem Beklagten zu 1) mitgeteilt: " Ausdrücklich untersagen wir erneut Ihrem Mandanten das Betreten des Grundstücks. Für den Fall der Zuwiderhandlung kündigen wir eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch an". Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.12.2005 (Anlage 2 Bl. 6 f. der beigezogenen Akte) wurde dem Beklagten zu 1) mitgeteilt: "Bezüglich des Grundstücks wird nicht etwa versucht, Dir den Zutritt zu verweigern; er wird Dir tatsächlich verweigert....X ist Besitzerin der Immobilie und damit in der Lage das Hausrecht auszuüben. Würdest du also das Objekt erneut gegen den mehrfach erklärten Willen von X betreten, so würde X ohne weitere Ankündigung eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch erstatten". Mit anwaltlichem Schreiben vom 6.3.2006 (Anlage 3 Bl. 8 f. der beigezogenen Akte) wurde dem Beklagten zu 1) mitgeteilt: " Sie hatten Ihrem Mandanten Namens und in Vollmacht unserer Mandantin – ebenso wie Frau Y bereits unmittelbar – jegliches Betreten des Hausgrundstückes H, untersagt. Gegen dieses Betretungsverbot hat Ihr Mandant wiederholt verstoßen....".
5Am 17.11.2007 sollte die Übergabe von Gegenständen zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) stattfinden. Zu diesem Zweck stellte die Klägerin die abzuholenden Gegenstände mit Ausnahme einer Deckenlampe, die zunächst vergessen worden war, vor die Grundstücksgrenze an den Straßenrand. Die Beklagten erschienen zur Abholung der Gegenstände gemeinsam und betraten hierbei auch das Grundstück selbst.
6Die Klägerin behauptet, beide Beklagten seien durch den Zeugen "Z" vor Ort noch einmal darauf hingewiesen worden, dass die Klägerin den Zutritt zum Grundstück verwehre. Hieran hätten sich beide Beklagten nicht gehalten. In der Folge sei es zu einer Rangelei gekommen, bei der sich der Zeuge den Beklagten insgesamt 4 mal in den Weg gestellt, diese sich aber um ihn herumbewegt bzw. ihn zur Seite gedrückt hätten. Beide seien dann bis auf die Terrasse vorgerückt, wo dann von ihnen Fotos gefertigt worden seien.
7Auf Antrag der Klägerin vom 21.11.2007 erging durch das Amtsgericht Langenfeld am 22.11.2007 zur Geschäftsnummer 54 C 290/07 eine Unterlassungsverfügung gegen beide Beklagte, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 13 der beigezogenen Akte). Auf Widerspruch der Beklagten kam es am 9.1.2008 zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme. Mit Urteil vom 21.1.2008 wurde die Unterlassungsverfügung aufrechterhalten.
8Im Nachgang hieran begehrte die Klägerin mit Abschlussschreiben vom 28.2.2008 von den Beklagten, bis zum 13.3.2008 zu erklären, dass sie die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkennen. Eine derartige Abschlusserklärung gaben die Beklagten nicht ab.
9Die Klägerin beantragt,
10hinsichtlich des Tenors zu Ziffer 1. wie zuerkannt.
11Die Beklagten beantragen,
12die Klage abzuweisen, hilfsweise die Unterlassungsverfügung zeitlich zu begrenzen.
13Der Beklagte zu 1) beantragt widerklagend,
14wie zuerkannt.
15Die Beklagten sind der Auffassung, dass ein Anspruch auf ein strafbewehrtes, unbefristetes Betretungsverbot nicht bestünde. Dem Beklagten zu 1) müsse eine Zutrittsmöglichkeit im Zusammenhang mit den notwendigen Besuchen und Hausbegehungen bzgl. eines Verkaufes des Hauses bewilligt werden. Er habe als Miteigentümer ein Recht sich von dem Zustand des Hauses selbst überzeugen zu können.
16Am 17.11.2007 habe es mehrfachen Anlass gegeben, die Garageneinfahrt zu betreten. Zum einen habe sich der Beklagte zu 1) ein Übergabeprotokoll unterzeichnen lassen wollen, zum anderen habe es Klärungsbedarf wegen der fehlenden Jugendstillampe gegeben. Der Beklagte zu 1) habe dann einen kurzen Blick von der Garageneinfahrt, in der er bereits stand, Richtung Garten nehmen wollen, um sich einen kurzen Eindruck über den Zustand der äußeren Anlagen des Hauses zu verschaffen. Als er den ungepflegten Zustand des Gartens gesehen habe, habe er die Beklagte zu 2) gebeten, Fotos vom Zustand der Terrasse zu machen. Hierbei sei von keinem der Beklagten das Haus oder der Garten selbst betreten worden. Der Zeuge Z sei ihnen unbekannt gewesen und habe lediglich geäußert: "Z, verlassen sie bitte das Grundstück".
17Die Klägerin beantragt,
18die Widerklage abzuweisen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
20Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 13.10.2008 (Bl. 58 der Akte) und die Akte 54 C 290/07 beigezogen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.12.2008 (Bl. 84 der Akte) Bezug genommen.
21ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
22Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Unterlassen des Zutritts zu dem in ihrem Besitz befindlichen Grundstück gemäß dem §§ 861, 823, 1004 BGB zu. Der Klägerin steht das alleinige Nutzungsrecht gemäß § 1361 b Abs. 4 BGB an dem Grundstück zu.
23Ein Zutrittsrecht der Beklagten zu 2) ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben. Da sie das Grundstück gegen den erklärten Willen der Besitzerin betreten und die Abgabe einer Abschlusserklärung verweigert hat, war gegen sie wie beantragt zu erkennen.
24Hinsichtlich des Beklagten zu 1) führt das sogenannte "Wohlverhaltensgebot" nach § 1361 b Abs. 3 BGB dazu, dass der Beklagte zu 1) in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht alles zu unterlassen hat, was die Ausübung des alleinigen Nutzungsrechts der Klägerin erschweren oder vereiteln könnte. Dies führt im Ergebnis dazu, dass die Klägerin es dem Beklagten zu 1) berechtigter Weise untersagen konnte, dass streitbefangene Grundstück zu betreten. Ausweislich der vorgerichtlichen Korrespondenz war dem Beklagten zu 1) hinlänglich bekannt, dass die Klägerin ein Zutrittsverbot ausgesprochen hatte. Gleichwohl haben beide Beklagten gegen den Widerstand des Zeugen Z das Grundstück betreten und die wiederholt im Namen der Klägerin ausgesprochene Aufforderung das Grundstück zu verlassen, ignoriert. Beide sind bis zu der auf dem Grundstück befindlichen Terrasse vorgedrungen und haben dort Fotos gefertigt. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der Aussagen der Zeugen Z und Z2 fest. Die gegenteiligen Behauptungen der Beklagten sind beweislos. Ein berechtigtes Interesse zum Betreten des Grundstücks bestand in diesem Zusammenhang nicht. Das Unterzeichnen einer Liste bzw. die Abklärung des Fehlens einer Lampe bedingten nicht, dass das Grundstück betreten werden musste.
25Eine zeitliche Beschränkung im Sinne des Hilfsantrages der Beklagten war nicht zuzuerkennen. Hinsichtlich der Beklagten zu 2) wird auf die vorgenannten Ausführungen verwiesen. Hinsichtlich des Beklagten zu 1) ist mit der Einschränkung der Zutrittsgewährung bei Bestehen eines rechtlichen Anspruchs sowie dem Tenor zu Ziffer 2.) hinreichend Rechnung getragen.
26Aber auch die Widerklage ist begründet. Durch die Unterlassungsverfügung ist der Beklagte nicht an der Ausübung seiner übrigen (mit Ausnahme der Nutzung) sich aus der Gemeinschaft nach § 740 BGB, insbesondere nach § 744 Abs. 2 BGB, ergebenden Rechte ausgeschlossen. Der Beklagte zu 1) kann von der Klägerin weder daran gehindert werden, die zur Erhaltung des Grundstückes notwendigen Maßregeln zu treffen bzw. die Zustimmung der Klägerin hierzu zu verlangen, noch besteht ein Veräußerungsverbot hinsichtlich seines Miteigentumsanteils. Dies führt dazu, dass dem Beklagten zu 1) in Bezug auf die Ausübung dieser Rechte auch ein Zutrittsrecht zu gewähren ist, damit sich der Beklagte selbst darüber informieren kann, ob zur Erhaltung notwendige Maßregeln zu treffen sind. Auch kann ihm ein Zutritt zur Vorbereitung einer möglichen Veräußerung nicht verwehrt werden. Das auf die Widerklage tenorierte Zutrittsrecht zwei Mal jährlich zu einer bestimmten Uhrzeit ist hierfür nicht zu weitgehend gefasst. Es steht auch nicht im Widerspruch zu der Einschränkung hinsichtlich der Unterlassungsverfügung. Dem Beklagten zu 1) ist auch dann Zutritt zum Grundstück zu gewähren, wenn sich Ansprüche anderer rechtlicher Natur auf Zutritt ergeben.
27Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO.
28Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 9, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
29Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
30- Klage 1.500,00 Euro,
- Widerklage 500,00 Euro.
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Referenzen
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