Urteil vom Amtsgericht Langenfeld - 32 C 87/14
Tenor
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Die Beklagte mit Sitz in N. vermittelt über das Internet Mietwagen in Europa. Der Kläger gelangte über das Internetvergleichsportal D. de auf die Internetseite der Beklagten und buchte dort einen Mietwagen der Firma I. in E./J.land zum Mietpreis von 303,68 €. Der Internetbuchungsvorgang kann nur abgeschlossen werden, wenn an entsprechender Stelle durch Anklicken die Kenntnisnahme und das Einverständnis mit den Allgemeinen Vermittlungs- und Geschäftsbedingungen der Beklagten bestätigt wird. Die Beklagte erstellt sodann einen sog. Voucher, gegen dessen Vorlage bei dem Mietwagenunternehmen der Mietwagen in Empfang genommen werden kann.
3Auf dem über die Buchung des Klägers von der Beklagten ausgestellten Voucher heißt es unter anderem auf Seite 1 unter "Anmerkungen" als im Mietpreis enthalten:
4*Inklusive Haftungsbeschränkung und Diebstahlschutz für das Mietfahrzeug mit einer Selbstbeteiligung von ca. EUR 2.500,00
5* Erstattung der Selbstbeteiligung im Schadensfall.
6In den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist unter "Erstattung der Selbstbeteiligung" bestimmt, dass es sich insofern um keine Versicherung sondern einen Service der Beklagten handelt, über den diese nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet und dass folgende Dokumente einzureichen sind: ….. Unfall-/Schadensprotokoll der örtlichen Polizei oder Anzeige falls kein Unfallgegner beteiligt war oder dieser nicht zu ermitteln war……
7Der Kläger zahlte bei Übernahme des Fahrzeugs an die Vermieterfirma I. die Kaution in Höhe von 2.500,00 €. Er erlitt mit dem Mietwagen einen Verkehrsunfall mit einem Fahrzeugschaden von mehr als 3.000,00 €. Nach seinen Angaben habe er einem ihm auf seiner Fahrspur entgegen kommenden Reisebus ausweichen müssen, sei von der Straße abgekommen und in eine Hecke und gegen eine Mauer gefahren. Eine Unfallaufnahme durch die Polizei erfolgte nicht, auch erstattete der Kläger keine Anzeige. Die Beklagte verweigerte daraufhin die Erstattung der Selbstbeteiligung.
8Der Kläger ist der Meinung, das angerufene Amtsgericht Langenfeld sei gemäß § 215 Abs. 1 VVG örtlich zuständig, weil die Parteien über Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag streiten würden. Bei dem Versprechen der Beklagten über die Erstattung der Selbstbeteiligung handele es sich um eine Versicherungsleistung. Die allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten seien nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Jedenfalls seien die Bestimmungen über die Voraussetzungen der Erstattung der Selbstbeteiligung unwirksam.
9Der Kläger beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2013 zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie rügt die Unzuständigkeit des angerufenen Amtsgerichts Langenfeld und trägt vor, sie habe mit der Erstattung der Selbstbeteiligung keiner Versicherung gestellt.
14Entscheidungsgründe
15Die Klage ist nicht zulässig. Das Amtsgericht Langenfeld ist aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt für die Klage des Klägers örtlich zuständig.
16Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Langenfeld ergibt sich insbesondere nicht aus § 215 Abs. 1 VVG, da es sich vorliegend nicht um eine Klage aus einem Versicherungsvertrag oder einer Versicherungsvermittlung handelt. Zwischen den Parteien besteht kein Versicherungsvertrag im Sinne des § 1 VVG.
17Nach herrschender Meinung (vgl. BGH 29.09.1994 VersR 1995, 344, 345 f.) liegt eine Versicherung dann vor, wenn sich ein Unternehmen gegen Entgelt für den Fall eines ungewissen Ereignisses zur Erbringung bestimmter Leistungen verpflichtet, wobei das übernommene Risiko auf eine Vielzahl durch die gleiche Gefahr bedrohter Personen verteilt wird und der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Zahl beruhende Kalkulation zugrunde liegt, und wenn schließlich die Risikoübernahme selbstständiger Gegenstand des Vertrages und nicht nur (gesetzliches oder vertraglich erweitertes) Akzessorium eines auf eine andere Hauptleistung gerichteten Vertrages ist. An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend hinsichtlich der von der Beklagten in Aussicht gestellten Erstattung der Selbstbeteiligung.
18Bei der Beklagten handelt es sich nicht um ein Versicherungsunternehmen. Als solche kommen nach Aufsichtsrecht (§ 7 VAG) nur Aktiengesellschaften einschließlich der Europäischen Gesellschaften (SE), VVaG sowie Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts in Betracht. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
19Die Beklagte hat sich auch nicht für den Fall eines ungewissen Ereignisses zur Erbringung bestimmter Leistungen verpflichtet. Das Ereignis, im Schadensfall eine Selbstbeteiligung bis zu 2.500,00 € tragen zu müssen, ist nicht ungewiss, sondern steht nach dem Inhalt des von der Beklagten vermittelten Mietwagenvertrages mit dem Vermieter I. fest. Lediglich der Schadensfall selbst, der zum Verlust der als Selbstbeteiligung gestellten Kaution führen kann, ist ungewiss.
20Nach dem Inhalt des Vermittlungsauftrages hat sich die Beklagte auch nicht zur Erstattung der Selbstbeteiligung verpflichtet, sondern diese nur als in ihr Ermessen gestellte Entscheidung in Aussicht gestellt. Insofern handelt es sich auch nicht um einen selbständigen Gegenstand des Vertrages, sondern lediglich um eine zusätzliche vertragliche Nebenabrede zu der eigentlichen vertraglichen Hauptleistung der Vermittlung eines Mietwagenvertrages.
21Ob das von der Beklagten übernommene Risiko der Erstattung der Selbstbeteiligung auf eine Vielzahl durch die gleiche Gefahr bedrohter Personen verteilt wird und der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Zahl beruhende Kalkulation zugrunde liegt, steht mangels Vortrages des Klägers hierzu nicht fest.
22Schließlich fehlt es auch an einer vom Kläger als möglichem Versicherungsnehmer an die Beklagte als möglicher Versicherer zu leistende vereinbarte Zahlung (Prämie). Nach dem Vortrag des Klägers und dem von ihm vorgelegten Voucher war lediglich ein vom Kläger an die Beklagte als Vermittler zu zahlender Mietpreis vereinbart.
23Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
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