Urteil vom Amtsgericht Lemgo - 18 C 406/89
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.321,05 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 6. Dezember 1988 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.800 DM vorläufig voll-streckbar
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin macht Schadenersatzansprüche aus abgetretenem Recht nach der gegen den Beklagten geltend. Die L wurde durch notariellen Grundstückskaufvertrag des Notars K aus L vom 1. Juni 1981, Urkundenrolle-Nr. 1/81, Eigentümer des Betriebsgrundstücks D, . Die Klägerin erwarb das Grundstück von der Firma H, vertreten durch den Liquidator, den Beklagten. Der verstorbene Vater des Beklagten war persönlich haftender Gesellschafter der H. Dieser wurde von dem Beklagten beerbt.
3Die H nutzte bis 1972 auf dem Grundstück D, B-straße 9, einen Heizöltank. Dieser wurde von der L erst im Herbst 1987 bei Baumaßnahmen erkannt. Der Domschacht war nicht verschlossen, ein Öl-Wasser-Gemisch war im Domschacht sichtbar. In Absprache mit der Unteren Wasserbehörde des Kreises L Umweltamt wurde der Sachverständige hinzugezogen. Es wurden Bodenuntersuchungen durch das Laboratorium für Wasseruntersuchungen durchgeführt. Im Anschluß daran wurde der Tank verfüllt und der Domschacht verschlossen.
4Der Sachverständige erteilte am 6. Dezember 1987 eine Rechnung in Höhe von 1.776,35 DM, das Laboratorium für Wasseruntersuchungen erteilte am 11. November 1987 eine Rechnung in Höhe von 638,40 DM und die Firma Umweltschutz W erteilte am 30. Oktober 1987 eine Rechnung in Höhe von 906,30 DM.
5Die Klägerin zahlte als Haftpflichtversicherung der L die Rechnungsbeträge. Sie ist der Ansicht, der Beklagte hafte für den Schaden. Sie behauptet, der Heizöltank sei 1972 nicht ordnungsgemäß stillgelegt worden. Es sei Öl ausgetreten und habe das Erdreich verseucht. Durch den nicht fachgerecht stillgelegten Öltank sei eine Gefährdung gegeben gewesen, die hätte beseitigt werden müssen.
6Die Klägerin beantragt,
7den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.321,05 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 6. Dezember 1988 zu zahlen.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Er trägt vor, er sei nicht Nachfolger der H geworden, so daß er schon aus diesem Grund nicht hafte. Im übrigen seien nach dem notariellen Grundstückskaufvertrag jegliche Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen worden. Er ist der Ansicht, der Tank als solcher stelle keinen Fehler des Grundstücks dar. Andernfalls müsse sich die L Kenntnis entgegenhalten lassen, da die Ölzuleitungsrohre sichtbar gewesen seien und sie von unterirdischen Öltanks auf einem Betriebsgrundstück hätte ausgehen müssen. Darüber hinaus beruft sich der Beklagte auf Verjährung.
11Darüber hinaus bestreitet der Beklagte, daß überhaupt ein Ölschaden eingetreten ist und behauptet, der Tank wäre dicht gewesen. Es habe sich allenfalls etwas Kondenswasser mit Öl vermischt, was vom Volumen her keine Gefahr für das Grundwasser und die Umwelt dargestellt habe. Wenn überhaupt sei auch nur bis 1972 Öl aus den eisernen Zuleitungsrohren ausgetreten, das zwischenzeitlich, soweit es überhaupt ins Erdreich gelangt sei, abgebaut worden sei. Er hält sich nicht für verantwortlich, da die Einschaltung des Sachverständigen sowie des Laboratoriums für Wasseruntersuchung Vorsichtsmaßnahmen der L darstellten, die ihm nicht angelastet werden könnten. Im übrigen sei er auch vor Einschaltung des Sachverständigen benachrichtigt worden. Er hätte das Öl selbst abpumpen können. Die Einschaltung des Sachverständigen und des Laboratoriums sei überflüssig gewesen, so dass er zumindest mit diesen Kosten nicht belastet werden könne. Im übrigen hätten die Untersuchungen, die der Sachverständige vorgenommen habe, die Untere Wasserbehörde des Kreises L selbst kostenlos durchführen können.
12Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung wird gemäß § 313 Absatz 2 Satz 2 ZPO auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die von den Parteien überreichten Unterlagen Bezug genommen.
13Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluß vom 12. Oktober 1989 Zeugenbeweis durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen erhoben. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 1990 verwiesen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
15Die Klage ist begründet.
16Der Beklagte ist der Klägerin aus abgetretenem Recht nach der L, gemäß §§ 398, 823 Abs. 2, 670, 683, 1922, 1967 Abs. 1 BGB, 22 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz, 128, 161 Abs. 1 HGB zum Schadenersatz in Höhe von 3.321,05 DM verpflichtet.
17Der Schadenersatz- bzw. Aufwendungsersatzanspruch der L gegen den Beklagten wegen des nicht ordnungsgemäß versorgten Öltanks ist der Klägerin wirksam gemäß § 398 BGB abgetreten worden.
18Die L hatte einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Beklagten gemäß §§ 677, 683, 670 BGB aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag. Im übrigen haftet der Beklagte gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 22 Abs. 2 BGB, da er bei der Stillegung des Öltanks Prokurist der H gewesen ist und bei dem Verkauf des Grundstücks als Liquidator der vorgenannten Gesellschaft nicht auf den Öltank hingewiesen hat.
19Die H wäre verpflichtet gewesen, den Öltank ordnungsgemäß zu entsorgen. Dies hat sie verabsäumt. Die erforderlichen Maßnahmen wurden nun von der L durchgeführt, die damit auch ein Geschäft der H geführt hat. Denn die L handelte nicht nur als Eigentümerin des Grundstücks, sondern auch für die H, da die Entsorgung die Aufgabe der Gesellschaft war. Denn die Kommanditgesellschaft hatte die Gefahrenquelle geschaffen. Sie hatte den Heizöltank bis 1972 betrieben. Sie ist daher nach § 22 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz materiell für den eingetretenen Ölschaden bzw. für die von dem Öltank ausgehende Gefährdung verantwortlich. Von dem Heizöltank ist ein Ölschaden ausgegangen. Das hat die Beweisaufnahme ergeben. Wenn der Umfang der Verseuchung des Erdreichs im einzelnen auch nicht mehr festgestellt worden ist, so hat der sachverständige Zeuge doch bekundet dass anhand der Bohrungen des Laboratoriums für Wasseruntersuchungen Hannover zumindest an zwei Stellen Belastungen des Erdreichs festgestellt wurden, die als wesentlich zu bezeichnen sind. Im übrigen ist der sachverständige Zeuge hinzugezogen worden, weil Öl im Vorfluter vom Grundstück D aufgetreten ist, das nur von dem nicht ordnungsgemäß entsorgten Heizöltank stammen konnte. Der Domschacht war offen, so daß entgegen der Ansicht des Beklagten jederzeit Oberflächenwasser dort eindringen konnte und den Domschacht zum Überlaufen bringen konnte. Im übrigen bestimmt § 22 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz, dass derjenige zum Schadenersatz verpflichtet ist, der für eine Anlage verantwortlich ist, die bestimmt ist, Stoffe zu lagern, die geeignet sind, ein Gewässer pp. zu verändern. Diese Gefährdungshaftung besteht auch ohne daß die Stoffe in das Gewässer eingebracht oder eingeleitet werden. § 22 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz verlangt nicht den Schadenseintritt sondern ist auch bei der Möglichkeit eines Schadenseintritts anzuwenden. Von dem nicht ordnungsgemäß entsorgten Öltank ging aber eine Gefährdung aus, die fachgerecht beseitigt werden mußte. Der sachverständige Zeuge hat bekundet, daß der Tank nicht ordnungsgemäß stillgelegt war. Der Zeuge hat des weiteren ausgesagt, daß, auch wenn keine abschließenden Feststellungen getroffen wurden, neben den Ölbelastungen im Boden ein Öl-Wasser-Gemisch noch im Tank vorhanden war, was entsorgt werden mußte. Dieses wäre die Aufgabe der H gewesen. Da die L dies nunmehr vorgenommen hat, war dies auch ein Geschäft der H.
20Der Beklagte kann sich weder auf den Gewährleistungsauschluß noch auf die Verjährung berufen, da entsprechend § 22 Abs. 3 S. 2 Wasserhaushaltsgesetz eine 30jährige Verjährungsfrist nicht angezeigt ist.
21Der verstorbene Vater des Beklagten hätte als Komplementär gemäß §§ 161, 128 HGB für den Schaden gehaftet. Es kommt nicht darauf an, ob der Beklagte Nachfolger nach der Kommanditgesellschaft geworden ist, da er als Erbe nach seinem Vater gemäß §§ 1922, 1967 BGB für dessen Verbindlichkeiten einzustehen hat.
22Der Anspruch ist auch der Höhe nach gegeben.
23Soweit die Rechnung der Firma Umweltschutz W. W geltend gemacht wird, erhebt der Beklagte keine Einwendungen, so daß davon auszugehen ist, dass ihm bei einer selbst durchgeführten Entsorgung entsprechende Kosten entstanden wären.
24Der Beklagte kann sich aber auch nicht mit Erfolg gegen die Kosten wenden, die durch die Einschaltung des Sachverständigen und des Laboratoriums für Wasseruntersuchungen entstanden sind. Denn die Untere Wasserbehörde des Kreises L Umweltamt führt selbst aus, daß die Einschaltung des Sachverständigen erforderlich war, um den Umgang und die Sanierungsmaßnahmen festzustellen. Da also von vorneherein nicht feststand, ob und gegenbenenfalls in welchem Umfang Schäden eingetreten waren, war es im Sinn des Umweltschutzes erforderlich, umfassende Untersuchungen durchzuführen. Wenn im nachhinein festgestellt worden ist, dass keine größeren Belastungen tatsächlich vorliegen, bedeutet dies nicht, daß die Untersuchungen überflüssig waren. Wer aber den Grund setzt, daß solche Untersuchungen erforderlich werden, muß sie unabhängig von dem Ausgang der Untersuchungen bezahlen. Denn der Sachverständige hat ausgesagt, daß der Heizöltank nicht ordnungsgemäß stillgelegt worden war, so dass der Grad der Gefährdung festzustellen war und eine ordnungsgemäße Stillegung herbeigeführt werden mußte. Da der Kreis Lippe den Sachverständigen eingeschaltet hat, konnte er entgegen der Ansicht des Beklagten die möglicherweise durchzuführenden Untersuchungen selbst nicht durchführen. Das Entnehmen von Bodenproben ist unerlässlich, um den Grad der Belastungen des Bodens um den Tank herum festzustellen.
25Es kommt nicht darauf an, ob der Tank dicht war oder nicht, da sich Ölbelastungen um den Tank herum im Erdreich befanden, der Domschacht nicht verschlossen war und durch weiter eindringendes Oberflächenwasser ein Überlaufen des Öl-Wasser-Gemisches nicht auszuschließen war.
26Die Entscheidung über die Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.