Urteil vom Amtsgericht Lemgo - 17 C 80/90
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung von 1.000,-- DM abzuwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger darf die Sicherheit auch durch selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder Sparkasse leisten.
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T a t b e s t a n d
2Der Beklagte ist Pächter der Jagd pp. in pp. Die Parteien und der Zeuge pp. hatten vereinbart, die Jagd gemeinsam auszuüben. Für das Jagdjahr vom 1. April 1989 bis 31. März 1990 hatte der Kläger an den Beklagten 8.000,-- DM bezahlt.
3Am 18. September 1989 kam es zwischen den Parteien zu einem Gespräch, dessen Inhalt von beiden Partein unterschiedlich dargestellt wird. Unstreitig ist, dass seit diesem Tag der Kläger sich an der gemeinsamen Jagt nicht mehr beteiligte.
4Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihn kurz zuvor zu Unrecht von einem abendlichen Ansitz auf Schwarzwild am Rande eines Maisackers verdrängt. Dadurch sei das Verhältnis der Parteien derart eingetrübt gewesen, dass sie übereinstimmend am 18. September 1989 beschlossen hätten, die gemeinsame Jagdausübung zu beenden. Der Beklagte habe dem Kläger versprochen, mit ihm nach dem Stand vom 1. Oktober 1989 abzurechnen.
5Der Kläger behauptet, ihm hätte jedenfalls noch der Abschuss eines Bockes und einiger Stücke Rehwild zugestanden, außerdem die Teilnahme an der winterlichen gemeinsamen Treibjagd sowie die Jagd auf Schwarzwild und Niederwild. Im übrigen ist er der Ansicht, dass es bei der rechtlichen Betrachtung ohnehin nicht auf die Ausbeute von Wildbret ankomme, sondern auf den Freizeitwert der Jagdausbeutung. Er meint deshalb, dass er gegen den Beklagten mit Rücksicht auf die zeitliche Aufteilung des Jagdjahres (1. April 1989 bis 31. März 1990) aus § 812 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung von 4.000,-- DM habe.
6Der Kläger beantragte,
7den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 4.000,-- DM nebst 8 % Zinsen
8seit dem 1. Dezember 1989 zu zahlen.
9Der Beklagte beantragte,
10die Klage abzuweisen.
11Er behauptet, es habe zwischen den Parteien überhaupt keine Absprache über eine gemeinsame Jagdausübung gegeben. Der Beklagte sei Jagdgast des Klägers gewesen seit 1988 und habe freiwillig im Jahre 1988 6.000,-- DM und im Jahre 1988 8.000,-- DM gespendet.
12Hinsichtlich des Vorfalles vom 18. September 1989 behauptet der Beklagte:
13Die Parteien und der weitere Jagdausübende, der Zeuge pp. hätten vereinbart, dass im Herzen des Reviers kein Schwarzwild geschossen werden sollte, außerdem im Revier nur Knopfböcke geschossen werden sollten. Abredewidrig habe der Kläger mitten im Revier einen Frischling geschossen und außerdem einen Bock mit Gablergehörn geschossen, der nach den klaren Vertragsvereinbarungen geschont werden sollte. Als er deshalb Vorwürfe bekam, habe er sich uneinsichtig und beleidigt gezeigt und erklärt, dass er sich von der gemeinsamen Jagd zurückziehen wolle. Unstreitig händigte er sodann dem Kläger die Jagderlaubnis und die Schlüssel zur Jagdhütte aus und räumte diese.
14Der Beklagte behauptet, der Kläger habe die ihm vertraglich zustehenden drei Böcke geschossen. Rehwild habe ohnehin seit 16. Oktober bzw. 31. Januar Schonfrist. In der restlichen Jagdzeit habe der Kläger allenfalls etwas Niederwild, Tauben oder Füchse schießen können.
15Der Beklagte behauptet, dass durch das vorzeitige Aufhören des Klägers Unkosten nicht erspart worden seien. Sämtliche Unkosten der Jagdausübung des Jagdjahres 1. April 1989 bis 31. März 1990 seien unabhängig vom Ausscheiden des Klägers weitergelaufen.
16Im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
17Das Gericht hat gemäß seinem Beweisbeschluss vom 5. April 1990, Bl. 33 d. A., Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen pp. Bezüglich des Beweisergebnisses wird auf die Niederschrift vom 21. Juni 1990, Bl. 54 d. A., verwiesen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
19Die Klage ist nicht begründet. Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten wegen des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers aus der gemeinsamen Jagdausübung aus rechtsgrundloser Bereicherung, § 812 BGB, lässt sich nicht feststellen. Im einzelnen gilt:
20Der Kläger kann einen Anspruch aus Überzahlung von Pachtzins bzw. Unterpachtzins nicht aus den Regeln über den Jagdpachtvertrag ableiten, denn ein rechtswirksam abgeschlossener Jagdunterpachtvertrag zwischen den Parteien lässt sich nicht feststellen. Unstreitig waren die entsprechenden Vereinbarungen der Parteien zur gemeinsamen Jagdausübung lediglich mündlich abgesprochen.
21Sowohl nach § 11 des Bundesjagdgesetzes als auch nach § 11 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen ist für einen Jagdpachtvertrag, auch Unterpachtvertrag, die Schriftform vorgeschrieben. Es ist deshalb, weil Pachtrecht nicht anzuwenden ist, nicht zulässig, zwischen den Parteien lediglich auf der Basis des Zeitablaufs abzurechnen, also die 12 Monate der ursprünglich in Aussicht genommenen gemeinsamen Jagdausübung ins Verhältnis zu setzen zu den knapp 6 Monaten der tatsächlichen gemeinsamen Jagdausübung.
22Das Gericht folgt aber nicht der Rechtsansicht des Landgerichts Verden in seinem Urteil vom 9. Juni 1983 – 8 O 349/82 -, gleich Bl. 43 ff. d. A., dass die Formnichtigkeit des zwischen den Parteien nur mündlich abgeschlossenen Unterpachtvertrages die Rechtsfolge habe, dass nunmehr insgesamt zwischen den Parteien nach den Regeln der rechtsgrundlosen Bereicherung abzurechnen sei. Es ist vielmehr festzustellen, dass zwar ein Pachtvertrag zwischen ihnen nicht gilt, wohl aber ein Gesellschaftsvertrag, welcher nicht an die Schriftform gebunden ist. Danach ist festzustellen, dass die Parteien sich jedenfalls vertraglich zur gemeinsamen Jagdausübung sowohl im Jahre 1988, damals zu viert, als auch im Jahre 1989, nunmehr zusammen mit dem Zeugen pp. zu dritt, zusammengeschlossen haben, und zwar mit der ausdrücklichen Abrede, dass die bei der Jagdausübung entstehenden Unkosten zwischen ihnen geteilt werden sollten. Sie haben auch, wie der Zeuge pp. glaubhaft bekundet hat, hinsichtlich der Form der Jagdausübung, der Aufteilung der möglichen Abschüsse etc., der gemeinsamen Benutzung des angemieteten Jagdhauses klare vertragliche Abreden getroffen. Sie haben auch vereinbart, dass die voraussichtlichen Unkosten von 24.000,-- DM jährlich in gleichen Teilen zwischen ihnen aufgeteilt werden sollten, was im Jahre 1988 für jeden beteiligten Jagdausübenden einen Betrag von 6.000,-- DM ausmachte, im Jahre 1989 für nur noch drei Beteiligte demgemäß einen auf jeden entfallenden Betrag von 8.000,-- DM. Es kann also keine Rede davon sein, dass der Kläger dem Beklagten lediglich eine freiwillige Spende gab und das im Übrigen zwischen ihnen rechtsverbindliche vertragliche Beziehungen nicht eingegangen worden wären.
23Das Rechtsverhältnis der Parteien richtet sich deshalb nach Gesellschaftsrecht, § 705 ff. BGB. Es gilt deshalb § 723 BGB.
24Aufgrund des Aussage des Zeugen pp. ist bewiesen, dass nicht etwa die Parteien mit übereinstimmenden gegenseitigen Willenserklärungen einen auf die vorzeitige Beendigung der gemeinsamen Jagdausübung gerichteten Vertrag am 18. September 1989 geschlossen haben, sondern dass lediglich der Kläger eine einseitige, auf Vertragsbeendigung gerichtete Willenserklärung abgegeben hat, welche der Beklagte lediglich entgegengenommen hat, weil ihm nichts anderes übrig blieb. Dies hat der Zeuge pp. eindeutig so bekundet. Es handelt sich also um die vorzeitige Kündigung des Gesellschaftsvertrages durch den Kläger gemäß § 723 BGB. Da unstreitig die Gesellschaft der Parteien (und des Zeugen pp.) über das laufende Jagdjahr 1. April 1989 bis 31. März 1990 abgeschlossen war, ist eine vorzeitige Kündigung gemäß § 723 Abs. 1 S. 2 BGB vor Ablauf der Pachtzeit nur dann zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund ist insbesondere dann vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt. Eine solche schwerwiegende Vertragsverletzung des Beklagten hat der Kläger nicht bewiesen. Der Zeuge pp. hat insoweit glaubhaft bekundet, dass zwar die Parteien ihm übereinstimmend und nicht kontrovers geschildert haben, dass wegen des Hochsitzes am Rande des Maisfeldes einige Zeit zuvor zwischen ihnen eine Unstimmigkeit herrschte. Der Beklagte hatte nämlich diesen Hochsitz sorgfältig und zeitaufwendig präpariert, indem er mehrere Tage zuvor schon Ablenkungsfütterungen angelegt hat, um auf diese Weise zu erreichen, dass Sauen, die aus dem Niedersächsischen über die Jagdgrenze hinweg in dieses Maisfeld zogen, in die Nähe des Abends zum Hochsitz gekommen sei, sei dieser schon vom Kläger besetzt gewesen. Der Beklagte habe den Kläger darauf hingewiesen, dass er, der Beklagte, den Hochsitz extra präpariert habe und auch den Wildwechsel der Sauen vorbereitet habe. Er habe den Kläger gebeten, doch an einer anderen Stelle anzusitzen. Das habe der Kläger daraufhin auch getan.
25Der Zeuge pp. hat also insoweit erstens bekundet, dass zwischen den Parteien wegen dieser Geschichte überhaupt keine besondere Unstimmigkeit herrschte. Er hat außerdem bekundet, dass diese Geschichte ohnehin vom Kläger nicht zum Anlass genommen worden war, das gemeinsame Jagen zu beenden. Nach der Aussage des Zeugen pp. war die Ursache nämlich etwas wesentlich Anderes. Danach musste der Kläger zugeben, dass er entgegen den klaren Absprachen der Parteien und des Zeugen pp., nur Knopfböcke abzuschießen und im Herzen des Reviers kein Schwarzwild zu jagen, erstens einen gut entwickelten Bock geschossen habe, der hätte geschont werden sollen, und zweitens einen nur ca. 12 kg schweren Frischling mitten im Revier geschossen habe. Er habe deshalb von ihm, dem Zeugen pp erheblich Vorwürfe zu hören bekommen und daraufhin erklärt, er wolle mit dem gemeinsamen Jagen aufhören.
26Damit steht fest, dass die Kündigung des Klägers am 18. September 1989 ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam war. Ein wichtiger Grund zur Kündigung, insbesondere eine erhebliche Vertragsverletzung durch den Beklagten, lag nicht vor. Es war im Gegenteil der Kläger selbst, der sich erheblich vertragswidrig verhalten hatten.
27Aus Gesellschaftsrecht lässt sich also eine rechtsgrundlose Bereicherung des Beklagten ebenfalls nicht ableiten. Es ist vielmehr festzustellen, dass die vorzeitige Kündigung des Klägers am 18. September 1989 grundlos und damit rechtsunwirksam war und deshalb nicht die Rechtsfolge hatte, das Vertragsverhältnis, den Gesellschaftsvertrag der Parteien, vorzeitig zu beenden. Dieser fand demgemäß erst durch Zeitablauf am 31. März 1990 sein Ende. Folglich hat der Kläger seine vertragliche Einlage in Höhe von 8.000,-- DM mit Rechtsgrund aufgrund des geltenden Gesellschaftsvertrages der Parteien geleistet.
28Lediglich zur Abrundung wird darauf hingewiesen, dass angesichts des bewiesenen Fehlverhaltens des Klägers und des nicht feststellbaren Fehlverhaltens des Klägers und des nicht feststellbaren Fehlverhaltens des Beklagten irgendwelche Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten nicht festzustellen sind.
29Die Klage ist schließlich auch nicht aus § 782 BGB begründet.
30Zwar behauptet der Kläger, dass die Parteien sich wenigstens dahingehend verglichen hätten, dass zwischen ihnen über die Gesellschaftseinlage des Klägers per 1. Oktober 1989 abzurechnen sei, und zwar in der Form, dass jedenfalls der Beklagte dem Kläger bestimmte Geldbeträge zurückzuerstatten habe. Zwar wäre grundsätzlich eine solche Abrede als Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis im Wege eines Vergleichs formfrei wirksam. Der Kläger hat aber den Schluss seines solchen Vergleiches nicht bewiesen.
31Der Zeuge pp. hat nicht bestätigt, dass am 18. September 1989 die Parteien vereinbart hätten, in irgendeiner Weise miteinander abzurechnen.
32Die Klage ist auch nicht deshalb aus § 812 BGB begründet, weil etwa durch das vorzeitige Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft der Beklagte etwas erspart hätte. Durch die Aussage des Zeugen pp. steht fest, dass die Unkosten der Jagdausübung des Jagdjahres 1. April 1989 bis 31. März 1990 durch die gemeinsam aufgebrachten 24.000,-- DM nicht einmal in voller Höhe gedeckt waren, sondern dass der Beklagte und er, der Zeuge pp., am Ende noch je ca. 1.000,-- DM zuschießen mussten. Der Zeuge pp. hat insoweit glaubhaft bekundet, dass die jährliche Jagdpacht allein 20.000,-- DM betrage, das Entgelt des des Jagdaufsehers 1.000,-- DM, der Mietzins für das Jagdhaus monatlich 75,-- DM, dass zusätzlich ein Entschädigungsbetrag für Wildverbiss im Wald an den Landesverband zu zahlen sei, die Kosten der jährlichen Treibjagd und des Treiberfestes und Unkosten für die Pacht und Bestellung eines Wildackers. Die Unkosten der Jagd sind also durch das vorzeitige Ausscheiden des Klägers um keinen Pfennig geringer geworden. Man könnte allenfalls in Auge fassen, dass der Kläger in der verbleibenden Jahreshälfte noch etwas Wildbret hätte schießen können, welches nunmehr in dem Jagdgebiet verblieb und deshalb in irgendeiner Weise dem Beklagten und dem Zeugen pp. zugute kam. In dieser Beziehung hat der Kläger aber nicht konkret genug vorgetragen, insbesondere auch keinerlei Bezifferungen vorgenommen, so dass das Gericht nicht in der Lage ist, hier irgend etwas festzustellen.
33Auf diesen Punkt hätte das Gericht bereits im Beweisbeschluss vom 5. April 1990 hingewiesen, ohne dass der anwaltlich vertretene Kläger konkreten und bezifferten Sachvortrag gebracht hätte.
34Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
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