Urteil vom Amtsgericht Lemgo - 17 C 146/05
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 687,34 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 09.04.2005 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 12 %, der Beklagte zu 88 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in selbiger Höhe leistet.
Der Kläger kann die Sicherheit in Form einer unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse leisten.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Nachzahlung von Nebenkosten aus einer Nebenkostenabrechnung.
3Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über die im Obergeschoss des Hauses pp. gelegene Wohnung. Nach § 1 des schriftlichen Mietvertrages beträgt die Wohnfläche ca. 160 m² einschließlich 25% der Fläche des Balkons bzw. des Terrassenanteils. Nach § 7 des schriftlichen Mietvertrages trägt der Beklagte alle Betriebskosten gemäß Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung. Die Parteien vereinbarten weiter eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung von insgesamt 230,00 €. Nach § 7 Nr. 4 b) des schriftlichen Mietvertrages sollten die Heiz- und Warmwasserkosten zu 100% nach dem durch diese Geräte ausgewiesenen Verbrauch umgelegt werden. Weiter heißt es: "Der Vermieter ist befugt, die Abrechnungsmaßstäbe in gesetzlich zulässigen Rahmen zu ändern, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse gegeben ist."
4Im Haus pp. sind zwei Wohnungen vorhanden. Die Erdgeschosswohnung ist mit einem Einzelwasserzähler für Kaltwasser ausgestattet. Des weiteren gibt es einen Wasserzähler, der den gesamten Kaltwasserverbrauch des Hauses erfasst. An dem Haus befinden sich zwei Außenzapfhähne. Im Frühjahr 2004 führte der Kläger Sanierungsarbeiten an dem Haus durch. Hierzu wurde die Nordseite des Gebäudes ausgeschachtet und abgedichtet.
5Unter dem 02.02.2005 erteilte der Kläger eine Abrechnung über die Nebenkosten für das Verbrauchsjahr 2004. Wegen des genauen Inhalt der Abrechnung wird auf Bl. 11 bis 16 d.A. Bezug genommen. Die Abrechnung schließt mit einem Nachzahlungsbetrag von 784,17 €. Den Kaltwasserverbrauch hat der Kläger unter Abzug des Wasserverbrauchs entsprechend des Einzelwasserzählers der anderen Mietpartei von dem Gesamtwasserverbrauch ermittelt. Hierbei ergab sich ein Kaltwasserverbrauch von 229 m³. In der Zeit vom 01.05.-31.12.2003 verbrauchte der Beklagte 67 m³ Kaltwasser. Im Jahre 2005 betrug der abgerechnete Verbrauch insgesamt 78 m³. Die Kosten für die Versorgung mit Heizung und Warmwasser hat der Kläger zu 70% nach Zählerstand und zu 30% nach Wohnfläche abgerechnet. Er forderte den Beklagten mit Schreiben vom 29.03.2005 unter Fristsetzung zum 08.04.2005 zur Zahlung des Abrechnungssaldos auf.
6Der Kläger behauptet, den Wasserverbrauch des Beklagten zutreffend ermittelt zu haben. Die Wasserzähler hätten ordnungsgemäß gemessen und seien geeicht gewesen. Die Außenzapfstellen würden über einen Brunnen betrieben und seien im Verbrauchsjahr 2004 bereits stillgelegt gewesen. Für die Bauarbeiten im Frühjahr 2004 sei die Wasserversorgung über das Wohnhaus pp. erfolgt.
7Der Kläger beantragt,
8den Beklagten zu verurteilen, an ihn 784,17 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 09.04.2005 zu zahlen.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er bestreitet den abgerechneten Kaltwasserverbrauch. Hierzu behauptet er, die Kaltwasserzähler seien im Verbrauchszeitraum nicht geeicht gewesen. Er habe sein Verbrauchsverhalten im Jahre 2004 nicht geändert. Vielmehr habe er den Wasserverbrauch kontrolliert. Er habe einen auffallenden Verbrauch im März sowie in den Monaten Mai-August festgestellt, obwohl er vom 28.06. bis 20.07.2004 im Urlaub gewesen sei und Wasserverluste nicht habe feststellen können. Lediglich im September 2004 sei ein Schaden am Spülkasten der Toilette festgestellt worden, der jedoch unverzüglich repariert worden sei. Im übrigen sei nicht auszuschließen, dass anlässlich der Bauarbeiten Wasser über die Außenzapfhähne entnommen und dem Beklagten berechnet worden sei. Der Beklagte hält zudem die Abrechnung des Kaltwasserverbrauchs nach der Differenz des Gesamtwasserverbrauchs und des durch Einzelwasserzähler ermittelten Verbrauchs für die Erdgeschosswohnung für unzulässig.
12Darüber hinaus ist er der Beklagte der Ansicht, dass die Kosten für Heizung und Warmwasser entsprechend der mietvertraglichen Vereinbarung zu 100% nach Verbrauch abzurechnen sind.
13Hinsichtlich der Abrechnung der übrigen Nebenkosten ist der Beklagte der Ansicht, die Wohnfläche seiner Wohnung sei unter Abzug der Balkonfläche zu berücksichtigen.
14Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß der Beweisbeschlüsse vom 07.12.2005 und 24.03.2006, Bl. 110, 145-146 d.A. sowie durch Einnahme eines richterlichen Augenscheins.
15Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen pp. vom 07.03.2006, Bl. 131-135 d.A. sowie die Sitzungsprotokolle vom 08.11.2005 und 08.05.2006, Bl. 98-99, 164 f. d.A. Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Klage ist überwiegend begründet. Dem Kläger steht im erkannten Umfang ein Anspruch auf Nachzahlung von Nebenkosten aus der Abrechnung vom 02.02.2005 i.V.m. dem schriftlichen Mietvertrag vom 11.01.2003 zu.
18Die Nebenkostenabrechnung ist zunächst formell ordnungsgemäß und prüffähig. Sie beinhaltet eine geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der Umlageschlüssel, die Ermittlung der auf den Beklagten entfallenden Nebenkostenanteile und eine Berücksichtigung der Vorauszahlungen.
19Der Kläger hat den Kaltwasserverbrauch zutreffend mit 229 m³ berechnet. Dem steht nicht bereits entgegen, dass der Kläger den Verbrauch unter Anwendung der sogenannten Differenzmethode, mithin unter Abzug des für die Erdgeschosswohnung ermittelten Einzelverbrauchs von dem Gesamtverbrauch berechnet hat. Eine derartige Berechnungsform unterliegt aufgrund gewisser Messungenauigkeiten der Haupt- und Einzelwasserzähler Bedenken jedenfalls dann, wenn in einem Mietobjekt mehrere Wohnungen vorhanden sind und lediglich einzelne Wohnungen nicht mit einem Einzelwasserzähler ausgestattet sind. Da es aufgrund durchaus zulässiger Messetoleranzen sein kann, dass die Summe der Verbräuche der Einzelwasserzähler nicht dem Verbrauch des Wasserzähler entspricht, wird in einem solchen Fall bereits das Risiko unzutreffender Messungen vollständig auf diejenigen Mieter abgewälzt, deren Wohnung nicht mit einem Einzelwasserzähler ausgestattet ist (vgl. Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, G Rn. 153). Etwas anderes gilt jedoch, wenn in einem Mietobjekt lediglich zwei Wohnungen vorhanden sind, von denen eine mit einem Einzelwasserzähler ausgestattet und ein Hauptwasserzähler vorhanden ist. Das Risiko von Messtoleranzen beschränkt sich in diesem Fall auf das zulässige Maß. Es liegt auf der Hand, dass jedenfalls grundsätzlich die Differenz des Gesamtverbrauchs entsprechend dem Hauptwasserzähler und dem über den Einzelwasserzähler ermittelte Einzelwasserverbrauch derjenigen Mietpartei zugeordnet werden kann, deren Wohnung über keinen Einzelwasserzähler verfügt.
20Die Ermittlung des Wasserverbrauchs nach dieser Differenzmethode setzt jedoch voraus, dass der Einzelverbrauch der übrigen Mietpartei und der Gesamtverbrauch korrekt ermittelt sind. Dies ist vorliegend der Fall. Dem steht nicht entgegen, dass der Einzelwasserzähler der anderen Mietpartei im Verbrauchszeitraum nicht mehr geeicht war. Das Gericht verkennt nicht, dass der Kläger nach § 10 EichO grundsätzlich verpflichtet ist, geeichte Wasserzähler zu verwenden. Diese Verpflichtung besteht zum Schutz der Allgemeinheit vor unzutreffend ermittelten Verbrauchswerten. Zudem soll eine Auseinandersetzung über die Messgenauigkeit eines Zählers vermieden werden, als im Falle einer Eichung die Vermutung besteht, dass das Gerät ordnungsgemäß misst. Dies schließt jedoch nicht die Möglichkeit aus, im Einzelfall den Nachweis einer ordnungsgemäßen Messung anderweitig zuführen, wie umgekehrt auch im Falle eines geeichten Geräts die Beweisführung, dass das Gerät unzutreffend misst, eröffnet sein muss. Dem Kläger ist der Nachweis der ordnungsgemäßen Messung vorliegend gelungen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen pp. war der im fraglichen Verbrauchszeitraum installierte Einzelwasserzähler technisch einwandfrei. Der Sachverständige hat plausibel und nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund des Zustands des Einzelwasserzählers von einer richtigen Messung auszugehen ist. Die Sachkunde des Sachverständigen sowie seine Feststellungen unterliegen keinen Bedenken. Es ist mithin trotz der abgelaufenen Eichung davon auszugehen, dass der Einzelwasserzähler einen zutreffenden Verbrauchswerte angezeigt hat. Die Messgenauigkeit des Hauptwasserzählers steht außer Frage, zumal dieses Gerät geeicht ist.
21Dem steht nicht entgegen, dass der Sachverständige Feststellungen zur Installation des Wasserzählers nicht getroffen hat. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Einzelwasserzähler unzutreffend installiert war. In diesem Falle hätte auch der für das Verbrauchsjahr 2003 ermittelte Verbrauch unzutreffend sein müssen. Dies behauptet der Beklagte nicht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass der Kläger im Verbrauchsjahr 2004 Änderungen an der Installation des Einzelwasserzählers vorgenommen hat.
22Der Abrechnung eines Wasserverbrauchs von 229 m³ steht auch nicht entgegen, dass der Verbrauch im Vergleich zu den Verbrauchjahren 2003 und 2005 eklatant höher ist. Zwar ist anerkannt, dass im Falle eines außergewöhnlichen Wasserverbrauchs eine Kürzung nach Maßgabe des Verbrauchs früherer Jahre in Betracht kommt (vgl. Langenberg, a.a.O., A Rn. 39 f.). Dies setzt jedoch voraus, dass zum einen der ermittelte Verbrauchswert nicht nur außergewöhnlich hoch ist, sondern auch, dass eine Kürzung des Verbrauchs unter Abwägung der Risiken für eine unzutreffende Verbrauchsermittlung geboten ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Steigerung des Verbrauchs unerklärlich ist und den Vermieter das Risiko der Unaufklärbarkeit trifft. Insoweit kommt dem Vermieter die Verpflichtung zu, bei Anzeichen eines ungewöhnlich angestiegenen Verbrauchs nach möglichen Ursachen zu forschen. Demgegenüber ist der Vermieter nicht verpflichtet, gleichsam vorsorglich ständig den Verbrauch zu überprüfen, um etwaigen Verbrauchssteigerungen entgegenzuwirken. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es zunächst der Mieter in der Hand hat, durch sein Verbrauchsverhalten Einfluss auf den Verbrauch zu nehmen. Hinzukommt, dass der Mieter aufgrund seiner räumlichen Nähe in der Lage ist, etwaige Schäden an Verbrauchseinrichtungen wahrzunehmen und dem Vermieter anzuzeigen, um so unfreiwilligen Verbräuchen entgegenzuwirken.
23Vorliegend ist in der Tat der erheblich gestiegene Wasserverbrauch nicht aufzuklären. Insbesondere steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass eine Wasserentnahme zulasten des Beklagten im Zuge der Bauarbeiten im Frühjahr des Jahres 2004 nicht erfolgte. Sämtliche Zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass die Außenwasserhähne ausschließlich über den auf dem Grundstück befindlichen Brunnen betrieben wurden. Des weiteren haben die Zeugen übereinstimmend bekundet, dass der Brunnen spätestens im Jahr 2004 stillgelegt wurde. Es ist nicht ersichtlich, dass hiernach ein Anschluss der Außenwasserhähne an die Wasserleitung erfolgte. Vielmehr hat der Zeuge pp. ausdrücklich bekundet, dass die Wasserhähne nicht an die Wasserleitung angeschlossen wurden. Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen sieht das Gericht nicht. Allein der Umstand, dass es sich bei dem Zeugen pp. in um den Bruder des Klägers handelt, vermag dessen Glaubwürdigkeit nicht in Zweifel zu ziehen. Im übrigen stimmen die Zeugenaussagen in ihrem Kern überein.
24Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass anlässlich der Bauarbeiten kein Wasser zulasten des Beklagten entnommen wurde. Die Zeugen pp. und pp. haben insoweit übereinstimmend bekundet, das Wasser ausschließlich aus den Anschlüssen im Haus pp. entnommen wurde.
25Gleichwohl gebietet die Unaufklärbarkeit des Wasserverbrauchs nicht, das Risiko der Unaufklärbarkeit dem Kläger aufzuerlegen. Der Kläger hatte aufgrund der Verbrauchswerte des Vorjahres keinen Anlass, Verbrauchssteigerungen zu befürchten und die Verbrauchseinrichtungen vorsorglich auf ihre Funktionstauglichkeit zu überprüfen. Da ferner im Verbrauchszeitraum Leckagen ausgeschlossen werden können, ist das Risiko für die Verbrauchssteigerungen dem Beklagten aufzuerlegen. Zunächst steht fest, dass im Verbrauchszeitraum keine Rohrbrüche oder ähnliches aufgetreten sind. Anderenfalls hätte der Wasserverbrauch ab einem bestimmten Zeitpunkt regelmäßig überhöht sein müssen. Dies war jedoch nach dem Vortrag des Beklagten nicht der Fall, als Verbrauchssteigerungen lediglich in den Monaten März, April bis August beobachtet worden sein sollen. Unstreitig sind auch dem Beklagten irgendwelche Undichtigkeiten nicht aufgefallen. Des weiteren spricht gegen das Vorhandensein verbrauchserhöhender Mängel, dass der Kläger nach Abschluss des Verbrauchsjahres 2004 keine Arbeiten an den Wasserversorgungseinrichtungen durchgeführt hat. Sofern mithin Mängel vorhanden gewesen wären, hätten sich diese auch auf den Verbrauch für das Jahr 2005 auswirken müssen, was unstreitig nicht der Fall war.
26Das Gericht hält es für angemessen, dem Beklagten den festgestellten Verbrauch in vollem Umfang anzulasten. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten will dieser in den o. g. Monaten für ihn nicht nachvollziehbare Verbrauchssteigerungen festgestellt haben. Eine Anzeige bei dem Kläger erfolgte jedoch unstreitig nicht. Dem Kläger wurde so jegliche Möglichkeit genommen, etwaige Mängel, die zu einer Verbrauchssteigerung führten, zu beheben. Da der Kläger zudem aus den o. g. Gründen nicht verpflichtet war, vorsorglich den Wasserverbrauch zu überprüfen, entzog sich der Mehrverbrauch seiner Kenntnis und war für ihn erst bei Erteilung der Nebenkostenabrechnung feststellbar. Zu diesem Zeitpunkt war der Verbrauch jedoch bereits eingetreten.
27Im Ergebnis ist daher ein Kaltwasserverbrauch von 229 m³ in der Abrechnung zu berücksichtigen.
28Bei der Ermittlung der Hausnebenkosten hat der Kläger die Wohnfläche der Beklagtenwohnung zu Recht mit 160 m² berücksichtigt. Die Wohnfläche ist vertraglich festgelegt. Eine vertraglich vereinbarte Wohnfläche darf der Nebenkostenabrechnung als Umlagemaßstab zugrundegelegt werden (vgl. Sternel, Mietrecht aktuell, Rn. 792 m.w.N.). Etwas anderen gilt nur dann, wenn sich im nachhinein herausstellt, dass die vertraglich festgelegte Wohnfläche zum Nachteil des Mieters unzutreffend ermittelt wurde und die Abweichung nicht nur unerheblich ist. Dies ist vorliegend nicht ersichtlich.
29Der Kläger durfte auch die Balkonfläche bei der Bestimmung der Wohnfläche berücksichtigen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Ermittlung der Wohnfläche entgegen § 42 der 2. Berechnungsverordnung erfolgte. Auch nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der Wohnflächenverordnung gehören die Grundflächen von Balkonen zur Wohnfläche. Die Berücksichtigung der Balkonfläche ist auch nicht deshalb unbillig, als diese Fläche regelmäßig keinen Einfluss auf den Umfang der Nebenkosten hat (vgl. Langenberg, a.a.O., F Rn. 34 –35). Eine Unbilligkeit ergibt sich allenfalls dann, wenn Wohnungen eines Hauses in erheblich unterschiedlichen Umfang berücksichtigungsfähige Balkon- oder Terrassenflächen bei im übrigen vergleichbarer Wohnfläche aufweisen. Dies ist vorliegend nicht ersichtlich. Zudem unterliegt es der Vertragsautonomie der Parteien, ausdrücklich eine Umlage von Nebenkosten lediglich nach der Fläche des umbauten Raumes zu vereinbaren, was vorliegend nicht erfolgt ist. Vor diesem Hintergrund ist schon aus Gründen der Rechtssicherheit die vertraglich festgelegte Wohnfläche als Umlagemaßstab zu berücksichtigen, um Auseinandersetzungen über die Wohnfläche zumindest im Rahmen der Nebenkostenabrechnung zu vermeiden.
30Die Klage ist abzuweisen, soweit der Kläger die Heiz- und Warmwasserkosten lediglich zu 70 % nach Verbrauch und zu 30 % nach Wohnfläche umgelegt hat. Zwar entspricht der Umlagemodus den §§ 7, 8 HeizkostenVO. Die Parteien haben jedoch in § 7 Nr. 4 b) des schriftlichen Mietvertrages vereinbart, dass die Heiz- und Warmwasserkosten zu 100% nach Verbrauch umgelegt werden. Diese Vereinbarung ist nach § 10 HeizkostenVO wirksam und vorrangig. Der Kläger war auch nicht berechtigt, den Umlagemaßstab einseitig abzuändern. Soweit der Kläger auf die Abänderungsbefugnis nach § 6 Abs. 4 HeizkostenVO verweist, ist nicht ersichtlich, dass der Kläger die Abänderung des Abrechnungsmaßstabs gemäß § 6 Abs. 4 S. 3 HeizkostenVO vor Beginn des Verbrauchsjahres 2004 angezeigt hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 7 Nr. 4 b) des Mietvertrages. Soweit der Kläger hiernach befugt ist, den Abrechnungsmaßstab zu ändern, ist ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Änderung nicht dargetan.
31Im Ergebnis sind die Heiz- und Warmwasserkosten daher zu 100 % nach Verbrauch abzurechnen. Dass der Kläger einen unzutreffenden Abrechnungsmaßstab gewählt hat, führt nicht zum Wegfall der Prüffähigkeit und damit der Fälligkeit der Abrechnung. Vielmehr handelt es sich um einen Berechnungsfehler, den das Gericht zu korrigieren berechtigt ist.
32Es ergibt sich folgende Berechnung:
33
| Heizung Gesamtkosten | Gesamtverbrauch | Kosten/MWh | Einzelverbrauch | Betrag |
| 2.300,95 € | 26,89 MWh | 85,568985 | 13,38 MWh | 1.144,913 € |
| Warmwasser Gesamtkosten | Gesamtverbrauch | Kosten/m³ | Einzelverbrauch | Betrag |
| 273,23 € | 55 m³ | 4,9678181 | 21 m³ | 104,32418 € |
| Summe | 1.249,24 € |
34
Da der Kläger in der Nebenkostenabrechnung die Heizungs- und Warmwasserkosten mit 1.346,07 € berechnet hat, unterliegt die Klage mithin in Höhe eines Betrages von 96,83 € der Abweisung.
35Insgesamt ergeben sich unter Berücksichtigung der übrigen Nebenkosten über 2.511,30 € und der Heizkosten von 1.249,24 € Betriebskosten für 2004 über 3.760,50 €. Abzüglich der in der Abrechnung eingestellten Gutschrift von 73,20 € ergibt sich ein Betrag von 3.687,34 €. Unter Abzug der Vorauszahlungen über 3.000,00 € ergibt sich der zuerkannte Betrag.
36Die Zinsentscheidung folgt aus Verzug, §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB. Der Beklagte befindet sich aufgrund der Zahlungsaufforderung vom 29.03.2005 seit dem 09.04.2005 in Verzug.
37Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
38Der Streitwert wird auf 784,17 € festgesetzt.
39B
40Richterin am Amtsgericht
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