Urteil vom Amtsgericht Lemgo - 20 C 192/10
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 100,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2009 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten der Rechtsanwälte pp. in Höhe von 46,41 Euro freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 89% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 11%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Si¬cherheitsleistung in Höhe von 110 % abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 900,00 Euro festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin macht restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am pp. vor dem Grundstück der Klägerin pp. ereignete.
3Am 15.10.2009 stellte die Klägerin eine Beschädigung des Zaunes auf ihrem Grundstück auf einer Länge von 7,50 Metern fest, die darauf zurückzuführen war, dass der unbekannter Fahrer eines Kraftfahrzeugs gegen den Zaun gefahren war. Die Klägerin erstattete daraufhin Strafanzeige gegen unbekannt.
4Noch am 15.10.2009 setzten die Klägerin und ihr Ehemann durch einen Aushang am Gartenzaun eine Belohnung von 500,00 Euro für einen zutreffenden Täterhinweis aus. Am 19.10.2009 erhöhten die Klägerin und ihr Ehemann die Belohnung durch eine Änderung des Aushangs auf 2.000,00 Euro.
5Am 21.10.2009 meldete sich ein Informant bei der Klägerin und nannte die Beklagte zu 2) als die Person, die den Schaden mit ihrem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Fahrzeug verursacht hatte. Gegenüber der insoweit benachrichtigten Polizei räumte die Beklagte zu 2) sodann die Verursachung ein.
6Mit Anwaltsschreiben vom 04.11.2009 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung auf den 13.11.2009 auf, den auf 1.200,00 Euro geschätzten Schaden in der Zaunanlage, die Auslobungskosten in Höhe von 2.000,00 Euro und eine Kostenpauschale von 25,00 Euro zu ersetzen. Die Beklagte zu 1) regulierte daraufhin zunächst lediglich die Reparaturkosten für den Zaun und die Kostenpauschale. Später zahlte sie 100,00 Euro auf die Auslobungskosten. Weitere Zahlungen lehnte die Beklagte zu 1) ab.
7Zwischenzeitlich einigte sich die Klägerin mit dem Hinweisgeber auf eine endgültige Belohnung von 1.000,00 Euro. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Erstattung der restlichen Auslobungskosten von 900,00 Euro sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.
8Die Klägerin beantragt daher,
9- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 900,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.11.2009 zu zahlen,
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen anwaltlichen Kosten in Höhe von 124,36 Euro freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
11die Klage abzuweisen.
12Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst deren Anlagen.
13Entscheidungsgründe:
14Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
15Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatz in Höhe von 100,00 Euro gegen die Beklagten aufgrund des Verkehrsunfalls vom 14./15.10.2009. Ein Anspruch ergibt sich aus §§ 7, 18 StVG, 823 BGB, 115 VVG.
16Die Haftung der Beklagten für alle Unfallschäden der Klägerin steht außer Streit. Zu ersetzen sind von ihnen solche Schäden, die ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch Belohnungen, die dafür erbracht werden, dass der Gläubiger Kenntnis von den zur Durchsetzung seines Ersatzanspruchs erforderlichen Umständen (wie etwa der Person des Schuldners) erlangt, zum ersatzfähigen Schaden zählen.
17Der Höhe nach müssen sie sich aber in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe des sonstigen Schadens halten; dieser zu sog. Fangprämien geltende Grundsatz (vgl. BGH NJW 1980, S. 119; Palandt, BGB, 69. Auflage, § 249 Rn. 63) ist wegen der gleichgerichteten Interessensituation auch auf die Fälle sonstiger Auslobungen, die zur Ergreifung eines Täters erfolgen, anzuwenden.
18Vorliegend war das Interesse der Klägerin an der Auslobung darauf gerichtet, den Schadensverursacher namhaft zu machen, um so ihren Schadensersatzanspruch durchsetzen zu können. Der Schaden bestand bis dahin in erster Linie aus den zur Instandsetzung des Zaunes erforderlichen Kosten, die – wie sich im Nachhinein ergab, auf 756,92 Euro beliefen. Bei der Prüfung, in welcher Höhe die Auslobungskosten verhältnismäßig sind, ist insoweit allein auf die Höhe des tatsächlichen Schadens abzustellen. Dass der Klägerin die genaue Schadenshöhe bei der Auslobung unbekannt war, ist daher unerheblich; ggfs. hätte sie vor der Auslobungen Erkundigungen zur Schadenshöhe einholen müssen. Angemessen, aber auch ausreichend erscheint es, die Höhe der erstattungsfähigen Auslobungskosten auf etwa ein Viertel des tatsächlichen Sachschadens, mithin vorliegend auf 200,00 Euro zu begrenzen.
19Soweit die Klägerin sich auf die ergangene Rechtsprechung zu Graffiti-Schmierereien beruft, die deutlich höhere Auslobungskosten als erstattungsfähig zubilligt, übersieht sie den darin zum Ausdruck kommenden Präventivgedanken, potentielle Täter von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Dieser Gesichtspunkt ist für den vorliegenden Sachverhalt von untergeordneter Bedeutung, weil eine erneute Schadensverursachung nicht ernsthaft zu befürchten ist.
20Den Anspruch auf Erstattung von Auslobungskosten hat die Beklagte zu 1) vorgerichtlich in Höhe von 100,00 Euro erfüllt. Die Beklagten sind daher zur Zahlung weiterer 100,00 Euro zu verurteilen.
21Der Zinsanspruch ist nach §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt.
22Daneben haben die Beklagten vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 200,00 Euro zu erstatten; die Klägerin ist insoweit von der Zahlung freizustellen. Der Höhe nach berechnen sich diese Kosten wie folgt:
231,3 Geschäftsgebühr nach §§ 2, 13 RVG, Nr. 2300 VV 32,50 Euro
24Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV 6,50 Euro
25Zwischensumme netto 39,00 Euro
26Umsatzsteuer Nr. 7008 VV (19,00%) 7,41 Euro
27Gesamtbetrag 46,41 Euro.
28Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 1 ZPO, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
29X
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