Urteil vom Amtsgericht Lüdinghausen - 19 OWi 89 Js 1127/09 - 90/09
Tenor
Der Betroffene wird wegen fahrlässigen Fahrens mit einem überladenen Fahrzeug zu einer Geldbuße von 80,00 Euro verurteilt.
Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene
(§§ 34 III, 69 a StVZO, 24, 25 StVG, 2 BKatV.).
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G r ü n d e :
2Der Betroffene ist verheiratet und Vater eines Kindes im Alter von 21 Jahren. Von Beruf ist er Berufskraftfahrer. Der Betroffene hat angegeben, für den Fall der Festsetzung einer Geldbuße in Höhe des angefochtenen Bußgeldbescheides (120,00 Euro) bedürfe es keiner Ratenzahlungsanordnung.
3Straßenverkehrsrechtlich ist der Betroffene nicht vorbelastet.
4Der Betroffene fährt als Berufskraftfahrer mit LKW. Am Tattage, 05.03.2009 musste er aus dem Bereich H von der dortigen Autobahn 2 abgefrästen Straßenbelag abfahren. Er hatte bereits mit seiner LKW Fahrzeugkombination mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40.000 kg eine Fahrt erledigt. Beim Abladen des Fräsgutes wurde ein Gewicht von etwa 39 Tonnen festgestellt. Vor Ort an der Autobahnbaustelle ist keine Fahrzeugwaage vorhanden. Je nach Konsistenz, Witterung und Größe der einzelnen Straßenteile des Fräsgutes ist das Gewicht des Fräsgutes unterschiedlich, so dass es dem Betroffenen nicht möglich war, das Gewicht zuverlässig zu schätzen. Die Beladung des LKW mit dem Fräsgut erfolgt durch ein Förderband, welches an der Fahrbahnfräse angebracht ist. Der Betroffene muss sich hier in Fräsrichtung mit seinem Fahrzeug so vor die Fräse und das Förderband der Fräse stellen, dass das Förderbandende das Fräsgut in seinen LKW hineinbefördern kann. Durch ein kurzes Antippen der Hupe der Fräse wird dem Betroffenen dann signalisiert, dass er wieder 2 bis 3 Meter vorfahren soll. Genauso geschah dies am Tattage. Der Betroffene schaut dementsprechend nicht nach hinten auf seinen Kipper und die Ladung, sondern vielmehr nur nach vorne und wartet auf das Signal, vorfahren zu dürfen. Genauso geschah dies am Tattage. Wenn der Fräser und Führer meint, das zu beladene Fahrzeug sei ausreichend voll beladen, gibt er ein längeres Hupsignal, so dass das beladene Fahrzeug das Fräsgut abfahren kann. Auch dies geschah am Tattage, ohne dass der Betroffene seine Ladung weiter kontrollierte. Der Betroffene fuhr dann über die Autobahn 2 auf die Autobahn 1 und kam hier in den Bereich B, wo er mit seinem Fahrzeug dem Polizeibeamten W auffiel, der bereits häufig Fahrzeuge der Arbeitgeberin des Betroffenen mit Überladungen angehalten hatte. Obwohl offenbar keinerlei Überladungsindikatoren wahrnehmbar waren, hielt der Zeuge W eine Überladung für möglich und sogar wahrscheinlich, da er meinte, die Reifenflanken seien bei dem LKW durchgedrückt und auch das Fahrverhalten sei behäbig. Der Betroffene wurde daraufhin angehalten und zu einer Fahrzeugwaage gebracht. Diese gültig geeichte Fahrzeugwaage der A- GmbH in M zeigte für die Fahrzeugkombination des Betroffenen ein Gesamtgewicht von 43.200 kg an. Die Waage ist gültig bis Ende 2009 geeicht und zwar durch Eichung vom 10.01.2007.
5Hiervon waren 60 kg Toleranzabzug vorzunehmen, so dass sich ein vorwerfbares Gesamtgewicht von 43.140 kg ergibt.
6Der Betroffene hat die Überladung objektiv eingestanden. Er hat erklärt, er sei selbst überrascht gewesen über das Wiegeergebnis. Er schilderte die Beladung mittels der Fräse und des Förderbandes an der Fräse wie in den tatsächlichen Feststellungen genannt. Er erklärte, er habe aufgrund der ersten Tour von 39 Tonnen gedacht, dass es auch bei dieser zweiten Tour zu keiner Überladung komme, obgleich er einräumte, dass alles zu ladende Fräsgut stets unterschiedlich schwer sei. Im Übrigen sei es so, dass eine Überladung in diesem Umfange auch gar nicht bemerkbar für den Fahrer sei. Dies liege daran, dass das in Rede stehende Fahrzeug mit viel belastbareren Reifen versehen sei, bei denen ein Ausbeulen der Reifenflanken nicht stattfinde bei einer Überladung in dem in Rede stehenden Umfange. Zudem sei das Fahrzeug luftgefedert, so dass auch durch federungstypische Überladungsinikatoren keine Feststellungen zu treffen seien. Letztlich sei es auch so, dass das Fahrverhalten sich nicht anders darstelle bei einer Überladung in dem in Rede stehenden Umfang und einer Beladung knapp unterhalb von 40 Tonnen, d.h. im zulässigen Gewichtsbereich. Der Betroffene erklärte, dass es ihm ansonsten natürlich klar sei, dass die Beladung durch einen Dritten ohne eigene Kontrolle unzuverlässig sei, zumal das Fräsgut stets unterschiedlich sei und dementsprechend das Abschätzen des Gewichtes des Fräsgutes nur schwer möglich sei. Gleichwohl habe er gedacht, dass er nicht zu viel geladen habe. Im Übrigen sei es aber immer so, dass vor Ort auf den Baustellen keine Wiegung stattfinde, sondern eine Wiegung des geladenen Gutes erst beim Abladen erfolge. Das Aufsuchen einer Fahrzeugwaage unmittelbar im Bereich der jeweiligen Baustellen führe zu zusätzlichen Fahrtkilometern, was für den Betrieb eine Belastung darstelle.
7Der Zeuge W schilderte, dass er gemeinsam mit seinem mitfahrenden Kollegen auf das Fahrzeug des Betroffenen aufmerksam geworden sei und ein schwerfälliges Fahren des Fahrzeuges und ausgebeulte Reifenflanken gesehen habe. Er habe daher sofort bemerkt, dass das Fahrzeug überladen sei. Dies habe er auch deshalb durchaus für möglich gehalten, weil er schon häufiger Fahrzeuge der Arbeitgeberin des Betroffenen angehalten habe, die noch bei jeder Kontrolle durch den Zeugen überladen gewesen seien. Der Zeuge W schilderte dann, dass der Betroffene von 43.200 kg angezeigt worden sei. Hinsichtlich dieses festgestellten Gewichtes des Fahrzeuges hat das Gericht den Wiegeschein vom 05.03.2009 urkundsbeweislich verlesen, der unter Protokollnummer ##### für den 05.03.2009 um 11.54 Uhr eine Menge von 43.200 kg als Wiegemenge ausweist.
8Die gültige Eichung der Waage hat das Gericht durch urkundsbeweisliche Verlesung des Eichscheins des Landesbetriebs- und Eichwesens NRW vom 10.01.2007 –gültig bis zum 31.12.2009- festgestellt.
9Der Sachverständige S hatte gegen die Richtigkeit der Wägung, bei der die gesamte Fahrzeugkombination auf der Waage stand, keine Bedenken. Er erklärte, dass es eines Toleranzabzuges von 60 kg bedürfe, so dass ein Gesamtgewicht von 43.140 kg maßgeblich sei. Der Sachverständige erklärte weiterhin, dass bei einer Gewichtsüberschreitung von nicht einmal 10% des zulässigen Gesamtgewichts bei einem luftgefederten Fahrzeug aktueller Bauart, wie es von dem Betroffenen zur Tatzeit geführt wurde, keine Überladungsindikatoren festzustellen sind. Insbesondere sei auch ein schwerfälligeres Fahren nicht feststellbar. Vergleichbar sei die Zuladung etwa mit der eines PKW, in dem noch 2 Erwachsene Personen einsteigen. Hierdurch verändere sich das Fahrverhalten auch nicht wesentlich. Gleiches gelte für eine evtl. Verformung der Reifen. Auch eine solche sei rein optisch für einen Beobachter nicht wahrnehmbar.
10Der Betroffene war dementsprechend wegen fahrlässigen Fahrens eine Fahrzeuges im überladenen Zustand gem. §§ 34 Abs. 3, 69 a StVZO, 24 StVG zu verurteilen. Der Fahrlässigkeitsvorwurf entfällt nach Ansicht des Gerichtes vor allem nicht deshalb, weil Überladungsindikatoren (die der Betroffene hätte feststellen müssen) nicht feststellbar waren. Das Gericht meint vielmehr, dass ein Fahrer, der bei der Beladung seines Fahrzeuges mit einem Ladegut unbekannten spezifischen Gewichts und unbekannter Menge und einem Abfahren dieses Ladeguts ohne vorherige Wägung schon fahrlässig handelt. Dies gilt umso mehr, als das Fahrzeug an sich keine Überladungsindikatoren feststellen lässt. Die Tatsache, dass zuvor eine ähnliche Fahrt mit ähnlichem Fräsgut in nicht überladenem Zustand stattgefunden hat, kann den Betroffenen nicht entlasten, da es sich angesichts der vorgenannten Umstände hierbei lediglich um Glück handelt.
11Mangels irgendwelcher Voreintragungen war gegen den Betroffenen insoweit die Regelgeldbuße von 80,00 € festzusetzen.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StP0, 46 OWiG.
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Referenzen
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