Urteil vom Amtsgericht Mannheim - 9 C 440/11

Tenor

1. Die Klage wird als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten im Urkundenprozess um Ansprüche auf Mietzinszahlungen.
Zwischen den Parteien bestand vom 01.09.2002 bis zum 30.09.2011 ein Mietverhältnis, für das die Beklagten zu Beginn des Mietverhältnisses eine Kaution in Höhe von 1.650,00 EUR bezahlt haben. Seit 01.11.2006 betrug die Bruttomiete 615,00 EUR. Seit Juli 2011 zahlten die Beklagten keine Miete mehr.
Der Kläger behauptet, er habe mit Schreiben vom 03.05.2007 die Nebenkostenvorauszahlung um 5,00 EUR monatlich erhöht, da die monatlichen Vorauszahlungen nicht kostendeckend gewesen seien. Daher stehe ihm ein Anspruch in Höhe von zwei Bruttomonatsmieten à 620,00 EUR zu.
Da der Kläger die Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen nicht mit Urkunden nachweisen konnte, hat er seine Klage in Höhe von 2x 5,00 EUR, also 10,00 EUR zurückgenommen.
Da die Beklagten auch im September 2011 keine Miete mehr bezahlten, hat der Kläger seine Klage um weitere 615,00 EUR, insgesamt also 1.845,00 EUR, erweitert.
Der Kläger ist der Ansicht, die Rückzahlung der Kaution an die Beklagten sei noch nicht fällig, da ihm fällige Gegenansprüche, insbesondere ein Anspruch auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen durch die Beklagten zustünden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1.240,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 620,00 EUR seit dem 05.07.2011 und 04.08.2011 zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen,
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die Klage als unbegründet oder unstatthaft abzuweisen,
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hilfsweise den Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.
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Die Beklagten sind der Ansicht, die Kaution in Höhe von 1.650,00 EUR sei seit dem 01.11.2011, also einen Monat nach Beendigung des Mietverhältnisses, zur Rückzahlung fällig. In dieser Höhe haben sie die Aufrechnung erklärt. In Höhe der dann verbleibenden 195,00 EUR machen sie ein Zurückbehaltungsrecht geltend, da ihnen für die Kaution auch noch Zinsen in Höhe von mindestens 3,00% zustünden. Zudem sind die Beklagten der Ansicht, die Klage sei im Urkundenprozess unstatthaft, da der Kläger seine angeblich fälligen Gegenansprüche nicht durch Urkunden beweisen könne.
13 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die Klage ist als im Urkundenprozess unstatthaft abzuweisen, § 597 Abs. 2 ZPO.
15 
Erklärt der Beklagte die unbedingte Aufrechnung mit einer urkundlich bewiesenen Gegenforderung, welcher der Kläger schlüssige Gegeneinwendungen entgegensetzt, die er nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln beweisen kann, dann ist die Klage durch Prozessurteil als in der gewählten Prozessart unstatthaft abzuweisen (Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 598 Rn. 5).
16 
Zwar kann der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung der Bruttomiete mit Hilfe des Mietvertrags urkundlich beweisen.
17 
Während aber die Beklagten mit Hilfe des Mietvertrags und der unstreitigen Tatsache, dass sie die Kaution zu Beginn des Mietverhältnisses gezahlt hatten, beweisen können, dass ihnen ein Anspruch auf Rückzahlung der Kaution zzgl. Zinsen zusteht, soweit dem keine fälligen Gegenansprüche des Klägers entgegenstehen, obliegt es diesem, solche Gegenansprüche zu beweisen. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen durch die Beklagten kann aber nicht allein mit Hilfe von den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln (§ 595 Abs. 2 ZPO) bewiesen werden. Denn Schönheitsreparaturen sind fällig, wenn die Räume unansehnlich geworden sind. Hierfür ist eine objektive Bewertung maßgeblich, nicht die persönliche Vorstellung des Vermieters (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 538 Rn. 214). Erforderlich wäre also ein Sachverständigenbeweis, mindestens aber ein richterlicher Augenschein. Diese sind aber im Urkundenprozess nicht statthaft, § 595 Abs. 2 ZPO.
18 
Zwar betrifft die unbedingte Aufrechnung der Beklagten nicht den ganzen eingeklagten Betrag in Höhe von 1.845,00 EUR, sondern zunächst nur 1.650,00 EUR. Vom Kläger nicht bestritten und damit unstreitig ist aber, dass der Kautionsbetrag mit mindestens 3,0% verzinst wird. Auf neun Jahre gerechnet ergäbe dies - ohne Zinseszins - einen Betrag von mindestens 445,50 EUR und damit weit mehr als 195,00 EUR. Selbst wenn man der Kautionsanlage nur den hälftigen Zinssatz in Höhe von 1,5% zugrunde läge, wäre dies immer noch ausreichend, um ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten in Höhe von 195,00 EUR zu begründen.
19 
Unstreitige oder zugestandene Tatsachen bedürfen nicht des Urkundenbelegs i.S.v. § 592 ZPO (Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 592 Rn. 11). Dies gilt zwar nur für die Fälle, in denen Lücken in der Beweisführung gefüllt werden. Ohne jede Urkunde wäre eine Verteidigung im Urkundenprozess nicht statthaft (a.a.O.). Da die Beklagten hier aber den Kautionsrückzahlungsanspruch bereits mit Hilfe des Mietvertrags, dort § 4.3, beweisen können, geht es im vorliegenden Fall in der Tat nur um die Auffüllung einer Lücke in der Beweisführung.
20 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 4 ZPO i.V.m. § 711 S. 1, 2 ZPO.

Gründe

 
14 
Die Klage ist als im Urkundenprozess unstatthaft abzuweisen, § 597 Abs. 2 ZPO.
15 
Erklärt der Beklagte die unbedingte Aufrechnung mit einer urkundlich bewiesenen Gegenforderung, welcher der Kläger schlüssige Gegeneinwendungen entgegensetzt, die er nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln beweisen kann, dann ist die Klage durch Prozessurteil als in der gewählten Prozessart unstatthaft abzuweisen (Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 598 Rn. 5).
16 
Zwar kann der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung der Bruttomiete mit Hilfe des Mietvertrags urkundlich beweisen.
17 
Während aber die Beklagten mit Hilfe des Mietvertrags und der unstreitigen Tatsache, dass sie die Kaution zu Beginn des Mietverhältnisses gezahlt hatten, beweisen können, dass ihnen ein Anspruch auf Rückzahlung der Kaution zzgl. Zinsen zusteht, soweit dem keine fälligen Gegenansprüche des Klägers entgegenstehen, obliegt es diesem, solche Gegenansprüche zu beweisen. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen durch die Beklagten kann aber nicht allein mit Hilfe von den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln (§ 595 Abs. 2 ZPO) bewiesen werden. Denn Schönheitsreparaturen sind fällig, wenn die Räume unansehnlich geworden sind. Hierfür ist eine objektive Bewertung maßgeblich, nicht die persönliche Vorstellung des Vermieters (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 538 Rn. 214). Erforderlich wäre also ein Sachverständigenbeweis, mindestens aber ein richterlicher Augenschein. Diese sind aber im Urkundenprozess nicht statthaft, § 595 Abs. 2 ZPO.
18 
Zwar betrifft die unbedingte Aufrechnung der Beklagten nicht den ganzen eingeklagten Betrag in Höhe von 1.845,00 EUR, sondern zunächst nur 1.650,00 EUR. Vom Kläger nicht bestritten und damit unstreitig ist aber, dass der Kautionsbetrag mit mindestens 3,0% verzinst wird. Auf neun Jahre gerechnet ergäbe dies - ohne Zinseszins - einen Betrag von mindestens 445,50 EUR und damit weit mehr als 195,00 EUR. Selbst wenn man der Kautionsanlage nur den hälftigen Zinssatz in Höhe von 1,5% zugrunde läge, wäre dies immer noch ausreichend, um ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten in Höhe von 195,00 EUR zu begründen.
19 
Unstreitige oder zugestandene Tatsachen bedürfen nicht des Urkundenbelegs i.S.v. § 592 ZPO (Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 592 Rn. 11). Dies gilt zwar nur für die Fälle, in denen Lücken in der Beweisführung gefüllt werden. Ohne jede Urkunde wäre eine Verteidigung im Urkundenprozess nicht statthaft (a.a.O.). Da die Beklagten hier aber den Kautionsrückzahlungsanspruch bereits mit Hilfe des Mietvertrags, dort § 4.3, beweisen können, geht es im vorliegenden Fall in der Tat nur um die Auffüllung einer Lücke in der Beweisführung.
20 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 4 ZPO i.V.m. § 711 S. 1, 2 ZPO.

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