Urteil vom Amtsgericht Mannheim - 10 C 314/11

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 464,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.03.2011 zu bezahlen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Gründe

 
Die zulässige Klage ist unbegründet, die gemäß § 33 ZPO zulässige Widerklage dagegen begründet.
Das Amtsgericht Mannheim ist aufgrund der Regelung unter Nr. 13 der AGB der Klägerin örtlich zuständig. Diesen Transportauftrag hat die Beklagte konkludent dadurch angenommen, dass sie unstreitig am 17.02.2011 zwischen 14:00 und 15:00 Uhr mit der Durchführung des Transportes begonnen hatte (§ 151 BGB), bevor sie das Telefax mit den handschriftlichen Änderungen und Ergänzungen erst gegen 15:29 Uhr auf den Weg brachte.
Allerdings kann die Klägerin nicht gemäß Nr. 6 der AGB von der Beklagten Schadensersatz für nicht getauschte Paletten verlangen. Grundsätzlich dürften nach der Deregulierung des Transportrechts und der damit verbundenen Aufhebung des Tarifzwangs sogenannte "Palettenklauseln" zwar auch als AGB grundsätzlich möglich sein (vergleiche hierzu Koller Transportrecht 7. Auflage, § 407 HGB Rn. 59a). Diese müssen dann aber auch im kaufmännischen Verkehr den Anforderungen gemäß §§ 307 Abs. 1, 309 BGB standhalten. Dies ist für die vorliegende Klausel nicht der Fall.
Diese ist schon entgegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht hinreichend bestimmt, da nicht erkannt werden kann, wie verfahren werden soll, falls der Empfänger nicht bereit oder nicht in der Lage ist, die erforderliche Anzahl von Paletten zurückzutauschen. Welche Rolle hierbei eine dann einzuholende Weisung der Klägerin spielen soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Realisierbarkeit eines Palettentauschs entscheidet sich in der Regel erst nach dem Eintreffen an der Ladestelle. Transporte und Ladevorgänge spielen sich aber üblicherweise innerhalb eines äußerst engen zeitlichen Rahmens ab. Welche Funktion dann noch eine erst von der Klägerin einzuholende Weisung haben soll, gegebenenfalls mit welchem Inhalt, ist aus der Klausel nicht ersichtlich. Auch fehlt eine Regelung, wie und in welcher Höhe bei einem ungenügenden Rücktausch dann die Ansprüche des in Vorleistung gegangen Frachtführers befriedigt werden sollen.
Entscheidend kommt es aber darauf an, dass die Klausel den Vertragspartner entgegen § 307 Abs. S. 1, Abs. 2 BGB unangemessen benachteiligt. Wirtschaftlich bürdet diese das Tauschrisiko im Ergebnis dem Transportunternehmer auf. Dieser wird - ohne dass er eine vertragliche oder tatsächliche Möglichkeit hätte, einen entsprechenden Rücktausch gegebenenfalls durchzusetzen - verpflichtet, für Lademittel, die nicht an der Ladestelle Zug-um-Zug getauscht oder nicht innerhalb von 14 Tagen ab Ladedatum an den Absender zurück geführt werden, ohne weiteres und verschuldensunabhängig zur Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes verpflichtet. Dabei geht es auch um wirtschaftlich erhebliche Beträge, die - wie auch der vorliegende Fall zeigt - schnell Dimensionen erreichen können, die bis zur Höhe des für die Fahrt geschuldeten Frachtlohns und darüber hinaus reichen. Der Vertragspartner der Klägerin läuft damit also Gefahr, für von ihm nicht zu verantwortende und nicht zu beherrschende Störungen im Rahmen der Abwicklung des Tauschs der Lademittel unter Erbringung erheblicher eigener Vorleistungen den Transport für die Klägerin ohne oder doch mit nur erheblich geminderten Entgelt durchzuführen, was eine sowohl wirtschaftlich wie rechtlich (§ 242 BGB) grob unbillige Verlagerung der wirtschaftlichen Risiken auf den Frachtführer bedeutet. Dies führt zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, da nur eine auf vernünftigen wirtschaftlichen Erwägungen beruhende und unter deren Berücksichtigung ausgestaltete Tauschmittelvereinbarung wirksam sein kann (vergl. hierzu OLG Celle TranspR 2001, 97; OLG Bremen, Urt. vom 16.08.2007, Az. 2 U 29/07), welchem die von der Klägerin verwendete Klausel nicht genügt.
Dieses Ergebnis wird zudem bestätigt durch die zwischen Frachtführern im deutschen Rechtsraum regelmäßig anzuwendenden ADSp, deren Geltung im übrigen auch für die Abwicklung dieses Transports ergänzend ausdrücklich vereinbart wurden. Hierbei handelt es sich zwar nicht um Normen, sondern um AGB des Transportgewerbes, deren Regelungen aber den Verkehrssitten dieses Berufsstandes entsprechen (vergl. hierzu Koller Transportrecht 7. Auflage, vor 1 ADSp Rn. 11). Aus Ziff. 41.3, 4.2 der ADSp ergibt sich aber eindeutig, dass danach eine Verlagerung des Tauschrisikos auf den Frachtführer ohne einen angemessenen wirtschaftlichen Ausgleich nicht möglich ist.
Die Klägerin kann daher gemäß § 306 BGB keinen Schadensersatz für die nicht vollständig zurück getauschten Paletten verlangen.
Umgekehrt folgt aus obigem, dass die Widerklage begründet ist, weshalb die Beklagte gemäß § 407 Abs. 2 HGB von der Klägerin mangels eines gemäß § 387 aufrechenbaren Schadensersatzanspruches noch die Zahlung des Frachtlohns verlangen kann samt der Verpflichtung zum Ersatz des entstandenen Verzugsschadens gem. §§ 280 Abs. 2, 286, 288, 249 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713, 108 ZPO. Mangels Einschlägigkeit des § 511 Abs. 4 ZPO wurde die Berufung nicht zugelassen.

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