Urteil vom Amtsgericht Mannheim - 3 C 259/12

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Mannheim vom 20.09.2012 bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte zur Zahlung von EUR 791,80 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2012 sowie zur Zahlung von EUR 147,56 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2012 verurteilt wird. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten ihrer Säumnis. Im Übrigen tragen die Kläger 3/20, die Beklagte 17/20 von den Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckbaren Betrages leistet.

Tatbestand

 
Die Kläger machen gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung einer Überzahlung geltend.
Die Beklagte war in dem Zeitraum vom 01.08.2010 bis (mindestens) 14.03.2012 die Tagesmutter des Kindes der Kläger. Die Kindesbetreuung fand in den Räumlichkeiten von Frau (...) statt. In dieser Kinderbetreuungsstätte arbeitete die Beklagte zusammen mit Frau (...) als Tagesmutter. Zu Beginn des Monats März 2012 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen der Beklagten und Frau (...). Frau (...) untersagte der Beklagten mit Wirkung zum 14.03.2012 die weitere Nutzung ihrer Räumlichkeiten und erteilte ihr ein Zutrittsverbot. Eine behördliche Genehmigung zur Kinderbetreuung bei sich zu Hause besitzt die Beklagte nicht. Mit Schreiben vom 14.03.2012 kündigten die Kläger daraufhin den Betreuungsvertrag "außerordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt".
Die Vergütung der Beklagten erfolgte zum Teil über das Jugendamt und zum Teil über die Kläger. In den Anfangsmonaten einigten sich die Parteien darauf, dass die Kläger den gesamten monatlichen Betrag zum Monatsbeginn im Voraus bezahlen. Die Beklagte hatte nach Zahlungseingang durch das Jugendamt, den auf das Jugendamt entfallenden Teil an die Kläger zurückzuerstatten. Ab Dezember 2010 leisteten die Kläger nur den auf sie entfallenden Anteil.
Die Kläger sind der Auffassung, es habe eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 799,80 EUR gegeben, die von der Beklagten zurück zu zahlen sei. Nachdem sich zunächst eine Überzahlung in Höhe von 921,80 EUR errechnet habe (vgl. Aufstellung Anlage K 4, AS 17), sei diese Berechnung zunächst um 81.- EUR (Zahlendreher - Leistung des Jugendamts im Oktober 2010 in Höhe von 509.- EUR statt der ursprünglich angesetzten 590.- EUR) und dann noch um 41.- EUR (Erstattung von Singkreiskosten für die Monate Februar und März 2011) zu reduzieren. Ein Fehlbetrag für November 2011 gehe auf einen Fehler des Jugendamts zurück und sei daher nicht den Klägern anzulasten.
Das Betreuungsverhältnis sei mit Schreiben von 14.03.2012 gegenüber der Beklagten außerordentlich beendet worden. Eine Verpflichtung, das Betreuungsverhältnis trotz der eingetretenen Veränderungen (s.o.) länger bestehen zu lassen, habe nicht bestanden. Die von der Beklagten vorgeschlagene Vertretung sei nicht berechtigt gewesen, Kinder zu betreuen. Sie sei außerdem nur noch eine weitere Woche in der Kinderbetreuungsstätte tätig gewesen. Eine Verpflichtung zur Zahlung habe daher auch lediglich bis zum 14.03.2012 bestanden, da die Beklagte ab diesem Zeitpunkt auch keine Leistungen mehr erbracht habe.
Mit Versäumnisurteil vom 20.09.2012 wurde die Beklagte verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von EUR 921,80 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2012 sowie einen Betrag in Höhe von EUR 185,64 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2012 zu zahlen. Dagegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.10.2012 rechtzeitig Einspruch eingelegt.
Mit der Klage hat die Klägerin zunächst einen Betrag in Höhe von EUR 921,80 nebst Zinsen gefordert. In Höhe von EUR 122,00 haben die Kläger die Klage zurückgenommen.
Die Kläger beantragen - im Wege der Auslegung - zuletzt zu erkennen:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger EUR 799,80 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2012 sowie einen Betrag in Höhe von EUR 185,64 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2012 zu zahlen und das Versäumnisurteil vom 20.09.2012 entsprechend aufrecht zu erhalten.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Versäumnisurteil vom 20.09.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
12 
Im Wege der Widerklage beantragt sie - auch hier im Wege der Auslegung,
13 
die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte EUR 407,70 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Wiederklage abzuweisen.
16 
Die Beklagte ist der Auffassung, das Betreuungsverhältnis sei durch die Kündigung erst zum 30.04.2012 beendet worden, da es an einem wichtigen Grund gefehlt habe. Die Kläger seien daher verpflichtet, bis einschließlich April 2012 die Betreuungsvergütung zu zahlen. Darüber hinaus entspreche die Kündigung nicht der erforderlichen Form - ein Kündigungsgrund sei nicht angegeben. Die Beklagte habe daher einen Anspruch auf Bezahlung der vereinbarten Pauschalen bis Ende April 2012. Unter Berücksichtigung der vorgelegten Zahlen und unter Einberechnung einer zwischenzeitlichen Zahlung des Jugendamts für einen anteiligen März 2012 (i.H.v. 248.- EUR; hier teilweise Erledigungserklärung), sei noch ein Betrag i.H.v. 407,70 EUR offen, der von Klägerseite zu bezahlen sei.
17 
Das Gericht hat mündlich verhandelt im Termin vom 06.12.2012. Mit Zustimmung der Parteien wurde das schriftliche Verfahren angeordnet. Der 14.10.2013 entsprach dem Ende der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.
19 
Die Kläger haben die Beklagte in Höhe von EUR 791,80 überbezahlt; in dieser Höhe besteht ein Erstattungsanspruch der Kläger.
20 
Die von Klägerseite mitgeteilten Zahlen über geleistete Zahlungen sind im Kern nachvollziehbar und zwischen den Parteien unstreitig. Die von Klägerseite ursprünglich zu hoch angesetzten Beträge für Oktober 2010 (81.- EUR) und Februar/März 2012 (41.- EUR) sind zwischenzeitlich durch entsprechende Klagerücknahmen der Kläger korrigiert. Eine fehlende Zahlung für November 2011 i.H.v. 8.- EUR war zugunsten der Beklagten im Tenor zu berücksichtigen. Die Kläger sind in erster Linie zahlungsverpflichtet, Fehler des Jugendamtes haben sich die Kläger grds. zurechnen zu lassen. Die fehlende Zahlung i.H.v. 8.- EUR ist zwischen den Parteien unstreitig.
21 
Mit den ansonsten übereinstimmend vorgelegten Zahlen ergibt sich ein Zahlungsanspruch der Kläger i.H.v. 791,80 EUR, der von der Beklagten zu erstatten ist.
22 
Hieraus errechnen sich außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 147,56. Die außergerichtliche Inanspruchnahme der Prozessbevollmächtigten war erforderlich und zweckmäßig, da die Beklagte auf die Aufforderung der Kläger zur Erstattung der Überzahlung trotz Fristsetzung nicht reagierte.
23 
Der Zinsausspruch folgt aus §§ 280 II, 286 III, 288 I, 291 BGB. Die Beklagte befand sich im Hinblick auf die Hauptforderung ab dem 01.04.2012 in Verzug.
24 
Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.
25 
Der Beklagten steht gegen die Kläger ein Anspruch in Höhe von EUR 407,80 nicht zu (unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Zahlung des Jugendamtes i.H.v. 248.- EUR). Das Betreuungsverhältnis wurde von den Klägern durch außerordentliche Kündigung vom 14.03.2012 beendet. Ein wichtiger Grund für die sofortige Beendigung des Betreuungsverhältnisses war gegeben. Der Beklagten war es nicht möglich die Betreuung des Kindes der Kläger weiterhin in der Kinderbetreuungseinrichtung der Frau (...) fortzusetzen. Eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit durch die Beklagte lag auch nicht vor. Denn die Beklagte besaß keine behördliche Genehmigung, die ihr eine Betreuung der Kinder von Zuhause aus ermöglicht hätte. Die von der Beklagten vorgeschlagene Vertreterin war ebenfalls nicht in Betracht zu ziehen. Es kann dahin gestellt bleiben, ob dieser die Erlaubnis des Jugendamtes zur Kinderbetreuung fehlte oder nicht. Bei der Betreuung eines Kindes ganz wesentlich ist die persönliche Beziehung des Kindes zur Betreuungsperson bzw. der Eltern zur Betreuungsperson. Die Eltern müssen sich bei einem solch engen Verhältnis nicht auf - zunächst nicht absehbare Zeit - eine andere Bezugsperson verweisen lassen. Ein außerordentliches Kündigungsrecht beim (zeitlich nicht absehbaren) Ausfall der ursprünglichen Betreuerin, hier der Beklagten, ist aus Sicht des Gerichts zu bejahen.
26 
Für die Wirksamkeit der Kündigung spielt es dabei keine Rolle, ob der Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben angegeben wurde oder nicht. Der Kündigungsgrund muss auf Verlangen schriftlich mitgeteilt werden, § 626 II BGB - eine Verletzung führt zu einer Schadensersatzpflicht, jedoch nicht zu einer Unwirksamkeit.
27 
Somit war die Widerklage abzuweisen.
28 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 I, 344 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

Gründe

 
18 
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.
19 
Die Kläger haben die Beklagte in Höhe von EUR 791,80 überbezahlt; in dieser Höhe besteht ein Erstattungsanspruch der Kläger.
20 
Die von Klägerseite mitgeteilten Zahlen über geleistete Zahlungen sind im Kern nachvollziehbar und zwischen den Parteien unstreitig. Die von Klägerseite ursprünglich zu hoch angesetzten Beträge für Oktober 2010 (81.- EUR) und Februar/März 2012 (41.- EUR) sind zwischenzeitlich durch entsprechende Klagerücknahmen der Kläger korrigiert. Eine fehlende Zahlung für November 2011 i.H.v. 8.- EUR war zugunsten der Beklagten im Tenor zu berücksichtigen. Die Kläger sind in erster Linie zahlungsverpflichtet, Fehler des Jugendamtes haben sich die Kläger grds. zurechnen zu lassen. Die fehlende Zahlung i.H.v. 8.- EUR ist zwischen den Parteien unstreitig.
21 
Mit den ansonsten übereinstimmend vorgelegten Zahlen ergibt sich ein Zahlungsanspruch der Kläger i.H.v. 791,80 EUR, der von der Beklagten zu erstatten ist.
22 
Hieraus errechnen sich außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 147,56. Die außergerichtliche Inanspruchnahme der Prozessbevollmächtigten war erforderlich und zweckmäßig, da die Beklagte auf die Aufforderung der Kläger zur Erstattung der Überzahlung trotz Fristsetzung nicht reagierte.
23 
Der Zinsausspruch folgt aus §§ 280 II, 286 III, 288 I, 291 BGB. Die Beklagte befand sich im Hinblick auf die Hauptforderung ab dem 01.04.2012 in Verzug.
24 
Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.
25 
Der Beklagten steht gegen die Kläger ein Anspruch in Höhe von EUR 407,80 nicht zu (unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Zahlung des Jugendamtes i.H.v. 248.- EUR). Das Betreuungsverhältnis wurde von den Klägern durch außerordentliche Kündigung vom 14.03.2012 beendet. Ein wichtiger Grund für die sofortige Beendigung des Betreuungsverhältnisses war gegeben. Der Beklagten war es nicht möglich die Betreuung des Kindes der Kläger weiterhin in der Kinderbetreuungseinrichtung der Frau (...) fortzusetzen. Eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit durch die Beklagte lag auch nicht vor. Denn die Beklagte besaß keine behördliche Genehmigung, die ihr eine Betreuung der Kinder von Zuhause aus ermöglicht hätte. Die von der Beklagten vorgeschlagene Vertreterin war ebenfalls nicht in Betracht zu ziehen. Es kann dahin gestellt bleiben, ob dieser die Erlaubnis des Jugendamtes zur Kinderbetreuung fehlte oder nicht. Bei der Betreuung eines Kindes ganz wesentlich ist die persönliche Beziehung des Kindes zur Betreuungsperson bzw. der Eltern zur Betreuungsperson. Die Eltern müssen sich bei einem solch engen Verhältnis nicht auf - zunächst nicht absehbare Zeit - eine andere Bezugsperson verweisen lassen. Ein außerordentliches Kündigungsrecht beim (zeitlich nicht absehbaren) Ausfall der ursprünglichen Betreuerin, hier der Beklagten, ist aus Sicht des Gerichts zu bejahen.
26 
Für die Wirksamkeit der Kündigung spielt es dabei keine Rolle, ob der Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben angegeben wurde oder nicht. Der Kündigungsgrund muss auf Verlangen schriftlich mitgeteilt werden, § 626 II BGB - eine Verletzung führt zu einer Schadensersatzpflicht, jedoch nicht zu einer Unwirksamkeit.
27 
Somit war die Widerklage abzuweisen.
28 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 I, 344 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

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